Detektion der Reaktionsbereitschaft beim hochautomatisierten Fahren vorgelegt von M. Sc. Jürgen Schmidt geb. in Mediasch von der Fakultät V - Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften - Dr.-Ing. - genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. Henning Jürgen Meyer Erster Gutachter: Prof. Dr. Matthias Rötting Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Klaus Bengler Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 03.07.2018 Berlin 2018 Danksagung Mein besonderer Dank für die Fertigstellung meiner Dissertation gilt meinem Doktorva- ter Prof. Dr. Matthias Rötting. Durch seine kontinuierliche Unterstützung, Anregungen und Nachfragen gab er mir den nötigen Rückhalt für die wissenschaftliche Ausarbeitung. Prof. Dr. Bengler danke ich für die fachlichen Anregungen zur Erstellung dieser Arbeit und die Unterstützung im Prüfungskomitee als Gutachter. Prof. Dr. Henning Jürgen Meyer möchte ich meinen Dank für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes aussprechen. Da diese Arbeit im Rahmen einer Promotion bei der Daimler AG entstanden ist, gilt ein nicht minder großer Dank allen Kollegen und Kolleginnen, die diese Arbeit begleitet und unterstützt haben. Im Besonderen möchte ich meinen fachlichen Betreuer im Kon- zern, Dr. Wolfgang Stolzmann hervorheben, der mit seinem umfangreichen fachlichen und menschlichen Erfahrungsschatz den Inhalt und meinen Weg vor und während der Erstellung dieser Arbeit geprägt hat. Speziell die vielen Diskussionen, das Hinterfragen von Bestehendem, aber auch das pragmatische Handeln in manchen Phasen halfen un- gemein. Ein besonderer Dank gilt auch Dr. Katja Karrer-Gauß während und nach ihrer Zeit am Fachgebiet Mensch-Maschine-Systeme der TU Berlin, die meine Fragestellungen und Auswertungen aus einem anderen Blickwinkel beleuchten konnte und so einen wert- vollen Beitrag für das finale Ergebnis lieferte. Im Speziellen möchte ich mich bei meinen ehemaligen Studenten, Mohamed Hedi Baccour, Mathis Berroth, Mariella Dreißig, Ri- hab Laarousi und Sabrina Pohl für die erstklassige Zusammenarbeit, den gemeinsamen Austausch und das voranbringen einzelner Aspekte dieser Arbeit danken. Für die fortwährende Unterstützung und den Glauben an mich und das Ergebnis, möch- te ich auch meiner Familie und allen Freunden herzlich danken. Speziell bei euch beiden, Horst und Doris, möchte ich mich dafür bedanken, dass ihr mir den Rücken über die gesamte Zeit gestärkt und freigehalten habt. Vielen Dank! II Kurzfassung Während des hochautomatisierten Fahrens ändert sich die Aufgabe des Fahrers. Dieser muss lediglich reaktionsbereit sein und die Fahraufgabe nach einer Aufforderung durch das System innerhalb einer Übergabezeit sicher übernehmen können. Zur Untersuchung der erforderlichen Reaktionsbereitschaft für diese Übernahme in langen, monotonen und hochautomatisierten Fahrten wurde das Verhalten der Fahrer in drei Fahrsimulatorstu- dien untersucht. Aus der ersten Studie wurden die Aufzeichnungen von 14 Probanden (Fahrtdauer 2:25 ± 0:34 h, manuelle Fahrt), der zweiten von 41 Probanden (Fahrtdauer 2:41 ± 0:23 h, hochautomatisierte Fahrt) und der dritten von 20 Probanden (Fahrtdauer 2:51± 0:17 h, hochautomatisierte Fahrt) ausgewertet. Mit unterschiedlichen Zeitinterval- len von Reaktionsabfragen während der hochautomatisierten Fahrten wurde der Einfluss der Abfragen und deren Intervall zur Überwachung der Reaktionsbereitschaft getestet. Dies wurde speziell in Phasen sehr hoher Fahrermüdigkeit bis hin zur Fahruntüchtig- keit gemacht. Zusätzlich mussten die Probanden das Fahrzeug in mehreren Situationen während der hochautomatisierten Fahrten übernehmen. Speziell die letzte Übernahme in den Fahrten war gekoppelt an die Ausführungen der Reaktionsabfragen, um die Pro- banden im schlechtesten Zustand hinsichtlich ihrer Reaktionsbereitschaft und Müdigkeit in einer anspruchsvollen Situation zu testen. Die Auswertungen der Fahrparameter aus den Situationen zeigten, dass die Probanden trotz des hohen Müdigkeitslevels auch bei hohem Anspruch sicher und adaptiv reagierten. Der Anstieg der Müdigkeit während der hochautomatisierten Fahrten war vergleichbar mit dem Müdigkeitsanstieg bei den ma- nuellen Fahrten und zeigte, dass die Automatisierung diesen nicht positiv beeinflusst. Das Lidschlagverhalten und die Kopfbewegungen der Fahrer bei manuellen und hoch- automatisierten Fahrten waren signifikant unterschiedlich. Bei einem Vergleich von Lid- schlagdetektionen mit Kamera- und elektrookulogrammbasierten Detektionsverfahren ergaben sich unterschiedliche Erkennungsraten aufgrund des geänderten Fahrerverhal- tens in den zwei Fahrmodi. Ein eingesetzter Algorithmus basierend auf dem Lidschlag- und Kopfbewegungsverhalten der Fahrer zeigte zudem, wie die Reaktionsfähigkeit wäh- rend hochautomatisierter Fahrphasen überprüft werden könnte. Schlüsselwörter: Hochautomatisiertes Fahren, Müdigkeit, Übernahmen, Reaktionsfä- higkeit, Reaktionsabfragen, Lidschlagdetektion III Abstract The task of the driver is changing with conditionally automated driving. He or she only has to stay alert and take over the control of driving safely in a set hand-over time if requested by the system. Three simulator studies were conducted to analyse the be- havior of drivers in respect to the necessary reaction ability for a take-over in long, monotonous, conditionally automated drives. From study one there were evaluated 14 drives (duration 2:25 ± 0:34 h, manual driving), from study two 41 drives (duration 2:41 ± 0:23 h, conditionally automated driving), and from study three 20 drives (du- ration 2:51 ± 0:17 h, conditionally automated driving). In the conditionally automated drivings different time intervals between alertness requests were tested. The goal was to investigate their influence as test of the drivers’ reaction ability, especially in phases with a high drowsiness state. Additionally the drivers had to take back the control of driving from the automated system in several situations. Especially the last of these take-over requests was designed to be challenging. Therefore it was connected to missing responses of the alertness requests in order to test the drivers in their worst-case state regarding drowsiness. The analysis of the driving parameters in the situations showed that the drivers reacted safely and adaptively to all take-over requests. They even performed well facing high drowsiness and a challenging road situation. The rise of the drowsiness level during the conditionally automated phases was similar to the rise in the manual drivings and shows that the automation does not prevent drowsiness. The analysis of lid closures and head movements showed further significant differences between the drivers’ behavior in conditionally automated driving and manual driving. In a comparison between sever- al camera and electrooculography algorithms to detect lid closures, different detection rates were found due to the driver behavior and driving mode. A presented algorithm using the behavior of lid closures and head movement showed further how the reaction ability can be assessed during conditionally automated driving. Keywords: Conditionally automated driving, Drowsiness, Take-over, Reaction ability, Alertness requests, Lid closure detection IV Abkürzungsverzeichnis Abkürzung Beschreibung ]Blinken Anzahl der Probanden die links vor dem Spurwechsel blink- ten. ∆Bremsen Minimale Zeitdifferenz zum Vorausfahrer bei der Bremssitua- tion ]DHAF Anzahl der Probanden aus, die das hochautomatisierte Fahren durch ihre Übernahme vor Ende der Übergabezeit deaktivier- ten ∆Kiste Minimale Distanz zur Kiste ]Kurve Anzahl der Probanden, die von der Spur abkamen ∆Panne Minimale Distanz zu dem Pannenfahrzeugen ∆tende Kiste Zeitdifferenz zur Kiste bei Abschluss des Spurwechsels ∆ts Zeitspanne zwischen letzter Reaktionsabfrage und Beginn der Situation ∆tstart Kiste Zeitdifferenz zur Kiste bei Initiierung des Spurwechsels ∆Unfall Minimale Distanz zu den Unfallfahrzeugen B1 Anschaltbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 und 3 B2 Anschaltbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 und 3 B3 Anschaltbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 B3b Anschaltbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 3 B4 bis B6 Anschaltbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 und 3 BASt Bundesanstalt für Straßenwesen bspw. Beispielsweise bzw. Beziehungsweise D1 Abbruchbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 D2 bis D4 Abbruchbedingung für das hochautomatisierte System in Stu- die 2 und 3 DARPA Defense Advanced Research Projects Agency DIN Deutsches Institut für Normung ECT European Commission for Mobility and Transport V EEG Elektroenzephalografie EKG Elektrokardiografie EOG Elektrookulografie FK Untergruppe der Probanden in Studie 2 FL Untergruppe der Probanden in Studie 2 FS Untergruppe der Probanden in Studie 1 und 2 GPS Global Positioning System HAF Hochautomatisiertes Fahren HAFS Hochautomatisiertes Fahrerassistenzsystem HM Untergruppe der Probanden in Studie 2 HW Untergruppe der Probanden in Studie 2 ISO International Organization for Standardization KSS Karolinska Sleepiness Scale Maxq Maximale Querbeschleunigung nach der Übernahme Maxv Maximale reale Geschwindigkeit zwischen der Übernahme und dem Start der Situation Maxa Maximale Bremsverzögerung nach der Übernahme Minv Minimale reale Geschwindigkeit zwischen der Übernahme und dem Start der Situation MM Untergruppe der Probanden in Studie 1 MW Untergruppe der Probanden in Studie 1 n. Chr. Nach Christi Geburt NHTSA National Highway Traffic Safety Administration o.ä. Oder ähnliches o.J. Ohne Jahresangabe Perclos Percentage of Eye Closure Pm Lidschlagparameter Prometheus Programme for a European Traffic of Highest Efficiency and Unprecedented Safety SAE Society of Automotive Engineers Sifa Sicherheitsfahrschaltung SK Untergruppe der Probanden in Studie 2 SL Untergruppe der Probanden in Studie 2 SS Untergruppe der Probanden in Studie 1 und 2 StVO Straßenverkehrs-Ordnung v.a. Vor allem v.Chr. Vor Christi Geburt VDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informations- technik z.B. Zum Beispiel VI Symbolverzeichnis Symbol Beschreibung Einheit r(t) Führungsgröße (Sollwert) - d(t) Störung - q(t) Störung - n(t) Messrauschen - y(t) Regelgröße (Istwert) - u(t) Stellgröße - e(t) Regelfehler - w, wi Zeitliche Länge eines Zeitfensters zur Berechnung von Perclos s pe Schwellwert bei der Berechnung von Perclos - c Summe mehrerer Zeitfensters zur Berechnung von Perclos s sw Schwellwert bei der Berechnung von Perclos - TP Summe richtig-positiv erkannter Lidschläge - FP Summe falsch-positiv erkannter Lidschläge - FN Summe falsch-negativ erkannter Lidschläge - TN Summe richtig-negativ erkannter Lidschläge - TPR Detektionsrate/Sensitivität % P Vorhersagewert % FDR Falsch-Detektions-Rate % FDRBR Lidschlagabhängige Falsch-Detektions-Rate % FDRNBR Falsch-Detektions-Rate ohne Teil eines Lidschlags % K Korrektklassifikationsrate % fp Fenstergröße bei dem Verfahren von Appel, Santini und ms Kasneci (2016) Pw Perzentilwert bei dem Verfahren von Appel et al. (2016) - SD Standardabweichung - M Mittelwert - F, p, T, t, z Statistische Abkürzungen und Symbole - F1, α, η, τ , χ Statistische Abkürzungen und Symbole - t1 bis t11 Zeitfenster in den Studien 1, 2 und 3 - f1, f2 Signalfrequenzen Hz R1 bis R4 Verschiedene Augenregionen - Aa bis Af Verschiedene Klassifikationen der Lidbewegungen - L1 Signal für die Lidschlagdetektion Pixel L2 bis L5 Signale der Lidschlagdetektion - VII Q1 bis Q3 Quantile des Lidschlagalgorithmus von Sukno, Pavani, Buta- - koff und Frangi (2009) Aout, A80, A100 Schwellwerte des Lidschlagalgorithmus von Sukno et al. - (2009) GTa, GTb Ground-Truth-Daten der Lidschlagdetektion - si, sj, si0, sj0 Position des Lids zu verschiedenen Zeitpunkten mm vi, vj, vi0, vj0 Geschwindigkeiten des Lides zu verschiedenen Zeitpunkten mm/s vimax, vjmax Geschwindigkeiten des Lides zu verschiedenen Zeitpunkten mm/s ai, aj, ai0, aj0 Beschleunigungen des Lides zu verschiedenen Zeitpunkten mm/s2 aimax, ajmax Beschleunigungen des Lides zu verschiedenen Zeitpunkten mm/s2 ti, tj, t0, t−1, t1 Verschiedene Zeitpunkte s timin, tjmin, tk, tl Verschiedene Zeitpunkte s a1, a2, a3, a4, a5 Algorithmen zur Lidschlagdetektion - a5b, a6, a7 Algorithmen zur Lidschlagdetektion - P1, P2 Kriterien zum Lidschlaglabelling - thouth, thoutl, tho Schwellwerte der eigenen Lidschlagdetektionsverfahren - thu, thd, thm Schwellwerte der eigenen Lidschlagdetektionsverfahren - thpeak Schwellwerte der eigenen Lidschlagdetektionsverfahren - xi, xj, xk, xl, xm Lidspaltensignal zu den Zeitpunkten ti, tj, tk, tl und tm Pixel Mi, Md, Mu, Mengen der detektierten Minima des eigenen Lidschlagalgo- - rithmus Mm, Mas Mengen der detektierten Minima des eigenen Lidschlagalgo- - rithmus mo Teilmenge von Mi - Sd, Su, Sm, Sas Mengen von Lidabstandswerte des eigenen Lidschlagalgorith- - mus Ed, Eu, Em Mengen der Lidabstandswerte des eigenen Lidschlagalgorith- - mus Eas Menge der Lidabstandswerte des eigenen Lidschlagalgorith- - mus Md1, Md2, Teilmengen der Menge Md - Sd1, Sd2 Teilmengen der Menge Sd - Ed1, Ed2 Teilmengen der Menge Ed - Ampq Amplitudenschwellwert mit Index q Pixel muq, suq, euq Einzelwerte mit Index q der Mengen Mu, Su, Eu Pixel Mmr, Mdr, Teilmengen der Mengen Mm, Md - Mur Teilmenge der Menge Mu - Sur, Smr Teilmengen der Mengen Sm, Su - Eur, Emr Teilmengen der Mengen Em, Eu - Wn, Wm, Wh Mengen der Maximawerte des eigenen Lidschlagdetektions- - verfahrens Gn, Gm, Gh Mengen der Maximawerte des eigenen Lidschlagdetektions- - verfahrens VIII Fp Lidschlagfrequenz 1/min Ts Schließzeit s To Öffnungszeit s Tp Lidschlagdauer s As Schließamplitude mV Ao Öffnungsamplitude mV Ap Amplitude mV Ep Energie Vs Vs Maximale Lidschließgeschwindigkeit V/s Vo Maximale Lidöffnungsgeschwindigkeit V/s Vms Mittlere Lidschließgeschwindigkeit V/s Vmo Mittlere Lidöffnungsgeschwindigkeit V/s Tas Schließamplitude/maximale Lidschließgeschwindigkeit s Tao Öffnungsamplitude/maximale Lidöffnungsgeschwindigkeit s Pls Lidschlag- und signalabhängiges Perclos - Pl Lidschlagabhängiges Perclos - Sp EOG-basierte lange Lidschläge - IX Inhaltsverzeichnis Kurzfassung III Abstract IV Abkürzungsverzeichnis V Symbolverzeichnis VII 1. Einführung 1 1.1. Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2. Ziele dieser Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.3. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Automatisierung der Fahrt des Kraftfahrzeugs 5 2.1. Entwicklung der Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2. Entwicklung der Automatisierung in Kraftfahrzeugen . . . . . . . . . . . 7 2.3. Klassifizierung des automatisierten Fahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3. Reaktionsfähigkeit des Fahrers 1 11 3.1. Allgemeine Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.2. Generelle Einflüsse auf die Reaktionsfähigkeit im manuellen und assistier- ten Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.3. Reaktionsfähigkeit im Kontext des automatisierten Fahrens . . . . . . . . 16 3.4. Modell und Studien zu den Einflüssen der Reaktionsfähigkeit beim hoch- automatisierten Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Fahrermüdigkeit und Systeme zur Fahrerbeobachtung 23 4.1. Die Müdigkeit des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2. Einfluss der Müdigkeit auf die Reaktionsfähigkeit bei automatisierten Sys- temen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.2.1. Studien zur Müdigkeit und dem automatisierten Fahren . . . . . . 25 4.2.2. Müdigkeit bei der Steuerung automatisierter Transportmittel . . . 29 4.3. Müdigkeitsdetektion des Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.4. Subjektive Messverfahren der Müdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.4.1. Verfahren zur Selbstbewertung des Müdigkeitszustandes . . . . . 31 4.4.2. Verfahren zur Fremdbewertung des Müdigkeitszustandes . . . . . 33 1Auszüge des Kapitels wurden in J. Schmidt, Dreißig, Stolzmann und Rötting (2017) veröffentlicht X 4.5. Detektion der müdigkeitsbedingten Abnahme der Leistungsfähigkeit . . . 34 4.6. Physiologische Messverfahren zur Müdigkeitsdetektion . . . . . . . . . . . 36 4.7. Aktuelle Fahrerbeobachtungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.7.1. Müdigkeits- und Aufmerksamkeitserkennung im Kraftfahrzeug . . 39 4.7.2. Aktuelle Beobachtungssysteme in anderen Verkehrsmitteln . . . . 41 4.7.3. Systemvoraussetzungen zur Fahrerbeobachtung für das hochauto- matisierte Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 5. Lidbewegungen 2 45 5.1. Das Auge und seine Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5.2. Grundlagen zu Lidbewegungen und Lidschlägen . . . . . . . . . . . . . . 46 5.3. Messtechnik zur Detektion der Lidbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5.4. Zustandsparameter von Lidschlägen und Lidbewegungen . . . . . . . . . 53 5.5. Lidschlagdetektion und zugehörige Abhängigkeiten . . . . . . . . . . . . 56 5.5.1. Bewertungsgrundlage einer Lidschlagdetektion . . . . . . . . . . . 57 5.5.2. Bewertung der Detektionsleistung von Lidschlagalgorithmen . . . 60 5.5.3. Abhängigkeiten von der Aufnahme und dem Fahrerverhalten . . . 62 5.6. Studienergebnisse zum Lidschlagverhalten und zur Müdigkeitsdetektion mit Lidschlagparametern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 5.6.1. Lidschlagdetektionsverfahren mit EOG und Kameradaten . . . . . 65 5.6.2. Lidschlagverhalten und Müdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5.6.3. Klassifikation des Müdigkeitszustandes mit der Lidstellung . . . . 70 6. Methodischer Ansatz zur Untersuchung des Fahrerverhaltens 3 73 6.1. Gemeinsamkeiten von Studie 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.2. Detailliertes Konzept der Studie 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.3. Detailliertes Konzept der Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 7. Müdigkeitsentwicklung in Studie 1, 2 und hochautomatisiertes Fahrver- halten 4 94 7.1. Müdigkeitsentwicklung in Studie 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 7.2. Müdigkeitsentwicklung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 7.3. Reaktionsverhalten bei ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 7.4. Übernahmezeiten bei Fahrzeugübernahmen aus dem hochautomatisierten Fahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 7.4.1. Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen . . . . . . . . . . . . 101 7.4.2. Übernahmezeiten bei verpassten ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Laarousi, Stolzmann und Karrer-Gauß (2017) veröf- fentlicht 3Auszüge des Kapitels wurden und werden von J. Schmidt, Stolzmann und Karrer-Gauß (2016), J. Schmidt, Laarousi et al. (2017) und J. Schmidt und Stolzmann (o. J.) veröffentlicht 4Auszüge des Kapitels wurden und werden von J. Schmidt, Stolzmann und Karrer-Gauß (2016), J. Schmidt und Stolzmann (o. J.) und Schittenhelm und Schmidt (2018) veröffentlicht XI 7.5. Fahrverhalten in den Testsituationen der Studie 2 . . . . . . . . . . . . . 105 7.5.1. Auswertung der wichtigsten Kenngrößen zur Fahrausführung . . . 105 7.5.2. Detaillierte Auswertung des Fahrverhaltens in der letzten Testsi- tuation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 7.5.3. Vergleich der Unfall- und Kistensituation . . . . . . . . . . . . . . 108 7.6. Rückmeldungen der Probanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 7.7. Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 8. Lidschlagdetektion in Studie 1 und 2 5 123 8.1. Eigene Definition einer Lidbewegung als Lidschlag . . . . . . . . . . . . . 124 8.2. Lidschlagdetektion auf Basis von EOG-Aufnahmen . . . . . . . . . . . . 127 8.3. Bildverarbeitung der Videos des Head-mounted Eye Trackers . . . . . . . 129 8.4. Lidschlagdetektion mit Verfahren aus der Literatur . . . . . . . . . . . . 133 8.5. Test der Lidschlagdetektion mit den Verfahren aus der Literatur . . . . . 135 8.5.1. Ergebnisse der Lidschlagdetektion mit dem EOG-Verfahren . . . . 141 8.5.2. Labelling mit der Signalverarbeitung von Bergasa et al. . . . . . . 142 8.5.3. Labelling mit dem Verfahren von Sukno et al. . . . . . . . . . . . 143 8.5.4. Labelling mit dem Verfahren von Appel et al. . . . . . . . . . . . 143 8.5.5. Zeitbasierte Auswertung mit den Signalen L3 und L4 . . . . . . . 147 8.6. Entwicklung eigener Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 8.6.1. Lidschlagdetektion mit den Signalen L1 und L2 . . . . . . . . . . 148 8.6.2. Lidschlagdetektion mit der zeitbasierten Auswertung von L2 und L5152 8.7. Test der eigenen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 8.8. Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 9. Fusionierte Lidschlagdetektion und -untersuchungen in Studie 1 und 2 158 9.1. Fusion der Lidschlagdetektionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 9.2. Evaluation der Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 9.3. Überblick, Vergleich und Auswahl der Lidschlagparameter . . . . . . . . 164 9.4. Auswertung der Lidschlagparameter in Studie 1 und 2 . . . . . . . . . . . 166 9.5. Diskussion und Rückschlüsse aus den Ergebnissen . . . . . . . . . . . . . 173 10.Studie 3 mit abhängigen Reaktionsabfragen 6 180 10.1. Methodischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 10.2. Müdigkeitsentwicklung und Fahrverhalten in Studie 3 . . . . . . . . . . 190 10.2.1. Müdigkeitsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 10.2.2. ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 10.2.3. Übernahmezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 10.2.4. Fahrverhalten in den Testsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . 197 10.2.5. Rückmeldungen der Probanden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 10.2.6. Diskussion zum Müdigkeits- und Fahrverhalten . . . . . . . . . . 200 5Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Laarousi et al. (2017) veröffentlicht 6Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Braunagel, Stolzmann und Karrer-Gauß (2016) und J. Schmidt, Dreißig et al. (2017) veröffentlicht XII 10.3. Kopfbewegungen und Lidschlagverhalten in Studie 3 . . . . . . . . . . . 205 10.3.1. Auswertungen der kamerabasierten Parameter . . . . . . . . . . . 205 10.3.2. Diskussion zu den kamerabasierten Parametern . . . . . . . . . . 209 11.Zusammenfassung und Ausblick 211 11.1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 11.2. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 A. Vorbefragung von Studie 2 215 B. Nachbefragung von Studie 2 217 C. Fahrverhalten in den Situationen in Studie 2 223 D. Detailauswertung zur Detektionsleistung der Lidschlagdetektionsverfahren 226 E. Nachbefragung von Studie 3 234 F. Fahrverhalten in den Situationen in Studie 3 242 Abbildungsverzeichnis XI Tabellenverzeichnis XIII Literaturverzeichnis XVII Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII XIII 1. Einführung 1.1. Motivation Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren hauptsächlich fehlende Verkehrsregeln, eine rück- sichtslose Fahrweise und technische Probleme die Ursachen für Fahrunfälle mit dem Au- tomobil (siehe Loomis, 26.04.2015). Heutige Verkehrsregeln, die detaillierten Anforde- rungen zur Betriebserlaubnis von Fahrzeugen und eine umfassende Führerscheinausbil- dung sind Ergebnis regulatorischer Maßnahmen des Gesetzgebers zur Verbesserung der Sicherheit. Zusätzlich verbesserten technische Entwicklungen der Automobilhersteller die Sicherheit für die Menschen im Straßenverkehr. So nahm die Zahl der in Deutschland getöteten Personen im Straßenverkehr von 20.37 Personen im Jahr 1955 auf 0.6 Personen im Jahr 2016 pro 10 000 Fahrzeugen ab (Statistisches Bundesamt, 2017, S. 60). Trotz dieser positiven Entwicklung, betrug die gesamte Zahl der polizeilich erfassten Unfälle im Jahr 2016 allein in Deutschland 2 585 327 Unfälle (Statistisches Bundesamt, 2017, S. 54). Dabei wurden 3 206 Personen getötet. Der Mensch ist mit 94 % die hauptverantwortliche Ursache bei Unfällen (Singh, 2015). Eine besonders große Rolle bei schweren Unfällen spielt der Einfluss von Müdig- keit und Unaufmerksamkeit bei den Fahrern8 (T. Brown, Lee, Schwarz, Dary Fiorentino & McDonald, 2014). Ziel der Einführung des automatisierten Fahrens ist es, die Unfall- zahlen und die Schäden in diesen zu reduzieren. So berechneten bereits Chira-Chavala und Yoo (1994) eine potentielle Reduktion der Unfallzahlen durch einen adaptiven Ab- standsregeltempomaten um 7.5 %. Mit einer potentiellen Reduktion der Unfallzahlen von 24 % bei der flächendeckenden Nutzung eines Totwinkelassistenten, Spurverlassenswar- ner und Kollisionswarnung, gehen Harper, Hendrickson und Samaras (2016) sogar ohne automatisierte Systeme von einem größeren Effekt aus. Basierend auf den genannten Zahlen hätten noch stärker automatisierte Last- und Personenkraftwagen das Potential, allein in Deutschland pro Jahr über zwei Millionen Unfälle zu verhindern. Darüber hin- aus soll das automatisierte Fahren zur Senkung des Fahrzeugverbrauchs, Verbesserung der Verkehrseffizienz und zum Komfort des Fahrers aufgrund dessen reduzierter Belas- tung beitragen (Brookhuis, de Waard & Janssen, 2001, Rhede, 2017, Kapitel 2.2). Aufbauend auf den Entwicklungserfolgen auf dem Weg zum fahrerlosen Fahren (Dickmanns, 2002; Özgüner, Stiller & Redmill, 2007; Ziegler et al., 2014) erfolgte bereits eine schrittweise Serieneinführung von automatisierten Systemen mit der Übernahme der 7In Anlehnung an den APA-Stil wird in dieser Arbeit ein Punkt als Dezimaltrennzeichen genutzt 8In dieser Arbeit sollen bei der Nutzung der maskulinen Subjektform stets beide Geschlechter gleich- bedeutend eingeschlossen sein. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im gesamten Folgenden Text die maskuline Subjektform ersatzweise genutzt. 1 Längs- und Querführung (BMW AG, 2017; Daimler AG, 2017a). Bis zur vollständigen Umsetzung des fahrerlosen Fahrens ist es wahrscheinlich, dass das automatisierte Fahren in weiteren Zwischenstufen eingeführt wird und der Fahrer weiterhin zur Fahrzeugfüh- rung gebraucht wird. Im Vergleich zum manuellen Fahren ändert sich die Aufgabe des Fahrers in diesen Zwischenstufen im Fahrzeug von einem aktiven Lenker zu einem Beob- achter der Leistung eines Systems. Von den verschiedenen Automatisierungsstufen auf dem Weg zum fahrerlosen Kraftfahrzeug stellt speziell das hochautomatisierte Fahren eine große Änderung der Aufgabe für den Fahrer dar. Bei der Aktivität eines Systems dieser Art ist der Fahrer von jeglicher Fahr- und Beobachtertätigkeit befreit. Trotzdem muss er während der gesamten Fahrt verfügbar bleiben und im Falle einer Aufforderung durch das System die Fahraufgabe innerhalb einer systembedingten Übergabezeit über- nehmen. Dieses neue System verändert dadurch die gesamte Fahrweise. Besonders für Fahrphasen, in denen die Fahrzeugführung durch den Fahrer als eine Last wahrgenom- men wird, kann die Automatisierung des Fahrens eine große Erleichterung sein. Durch diese Veränderungen stellt sich die Frage, wie und ob die Änderung der Fahrausführung das Verhalten des Fahrers beeinflusst. Im Fokus aktueller Untersuchungen und dieser Arbeit steht deshalb die Reaktion und Fahrausführung der Fahrer eines hochautomati- sierten Systems. Während der Aktivität eines hochautomatisierten Systems ist der Fahrer in seinen Tätigkeiten freigestellt. Er ist bei diesen lediglich darin eingeschränkt, für eine Übernah- me der Fahrausführung jederzeit reaktionsbereit zu bleiben. Ebenfalls hängt die Über- nahme und Sicherheit des Fahrers und Umfelds von seiner Fähigkeit zur Übernahme ab. Da dies auch die Fahrfähigkeit zu diesem Zeitpunkt einschließt, ist davon auszugehen, dass auch bisherige Unfallursachen mit dem Menschen als Verursacher entscheidende Einflussfaktoren bei der sicheren Übernahme sind. In Hinblick auf die Unfallursachen im aktuellen Verkehr ohne hochautomatisierte Fahrzeuge, ist die Müdigkeit dabei einer der größten Einflussfaktoren bei schweren Unfällen. So wird angenommen, dass allein in den USA jedes Jahr circa 80 000 Unfälle und 850 Verkehrstote aufgrund der Müdigkeit von Fahrern entstehen (T. Brown et al., 2014). Das Verhältnis aus Unfalltoten und Unfall- zahlen aufgrund von Müdigkeit beträgt circa ein Prozent. Das Verhältnis ist somit um den Faktor zehn höher als das Verhältnis zwischen der Gesamtzahl der Unfalltoten zur Zahl der gesamten Unfällen und zeigt das Risiko mit Müdigkeit zu fahren. Hinzu kommt eine hohe Zahl an Fahrern, die ohne Unfälle müde am Straßenverkehr teilnehmen und aufgrund ihres Zustandes eine erhöhte Gefahr für sich und die anderen Verkehrsteilneh- mer darstellen (siehe bspw. McCartt, Ribner, Pack & Hammer, 1996; Vanlaar, Simpson, Mayhew & Robertson, 2008). 1.2. Ziele dieser Arbeit Wie in Kapitel 1.1 beschrieben, hat die Müdigkeit einen großen Einfluss bei den aktu- ellen Unfallzahlen. Insbesondere die zunehmende Automatisierung könnte schneller zu einer Müdigkeit führen, die eine sichere Fahrt gefährdet. Deshalb ist das Hauptziel dieser Arbeit den Einfluss von Müdigkeit während des hochautomatisierten Fahrens zu untersu- 2 chen. Im Fokus steht das Verhalten des Fahrers bei mentaler Unterforderung, die durch die längere, kontinuierliche Nutzung eines hochautomatisierten Fahrzeugs, monotone Umgebungsbedingungen und eine lange Fahrt hervorgerufen wird. Ohne Beschäftigung des Fahrers mit einer Nebentätigkeit stellt die Kombination dieser Einflussfaktoren den ungünstigsten Fall für die Müdigkeitsentwicklung und eventuelle Einflüsse dieser auf die Reaktionsfähigkeit dar. Speziell in sehr dünn besiedelten Regionen (Mittlerer Westen der USA/Australien) oder nachts bei sehr wenig Verkehr und einer guten Funktionalität eines zukünftigen hochautomatisierten Systems, wird der beschriebene Anwendungsfall in naher Zukunft auftreten. Insbesondere stellt eine lange abendliche Fahrt nach einem Arbeitstag ein naheliegendes Szenario dar. Unter den genannten Randbedingungen soll diese Arbeit untersuchen: • wie sich die Müdigkeit von Fahrern bei der Nutzung eines hochautomatisierten Systems in langen Fahrten, ohne Nebentätigkeiten und unter monotonen Umge- bungsbedingungen nach einem Arbeitstag entwickelt • wie der Fahrer speziell unter dem Einfluss starker Müdigkeit auf eine anspruchs- volle Aufforderung zur Übernahme reagiert • ob der Fahrer die Fahrausführung auch nach der Übernahme sicher beherrscht • wie sich der Fahrer während der Nutzung des hochautomatisierten Systems unter Einfluss von Müdigkeit verhält • ob und wie sich das Verhalten im Vergleich zum manuellen Fahren ändert • welchen Einfluss bestehende Konzepte zur Überwachung des Fahrers auf dessen Reaktionsfähigkeit haben • ob und wie durch messbare Verhaltensänderungen auf die Reaktionsfähigkeit des Fahrers geschlossen werden kann Insgesamt soll diese Arbeit durch die Untersuchung eines möglichst ungünstigen Szenario in Hinblick auf Müdigkeit und hochautomatisiertes Fahren helfen, wichtige Erkenntnisse für zukünftige Systeme zu gewinnen. 1.3. Aufbau der Arbeit Zum besseren Verständnis der Automatisierung im Kraftfahrzeug ist in Kapitel 2 des- sen historische Entwicklung erläutert. Eine Beschreibung der technischen Funktionsweise und eine Klassifizierung der Abstufungen des automatisierten Fahrens dient zum Ver- ständnis des hochautomatisierten Fahrens in Bezug zu weiteren Automatisierungsstufen. In Kapitel 3 wird ein Überblick über die verwendeten Begrifflichkeiten zur Reaktion des Menschen und der Einfluss auf diese im Fahrzeug gegeben. Ebenfalls wird ein Über- nahmemodell des Fahrers inklusive Einflussfaktoren auf den Prozess der Übernahme 3 des Fahrzeugs vorgestellt. Grundlagen zur Müdigkeit des Fahrers und Studien zur Un- tersuchung des Einflusses während des automatisierten Fahrens werden in Kapitel 4 vorgestellt. Ebenfalls wird ein Überblick über die unterschiedlichen Methoden zur Mü- digkeitsmessung und aktuellen Fahrerbeobachtungssysteme im Fahrzeug gegeben sowie die mögliche Anwendung für das hochautomatisierte Fahren diskutiert. Zur Untersu- chung des Fahrers während des hochautomatisierten Fahrens wurde in dieser Arbeit das Lidschlagverhalten gewählt. Physiologische Grundlagen, Messmethoden, ein Überblick zu Lidschlagparametern und eine Analyse zu Lidschlagdefinitionen in der wissenschaft- lichen Literatur werden hierzu in Kapitel 5 vorgestellt. Das Kapitel schließt mit einer Übersicht zu Studien zur Müdigkeitsdetektion auf Basis von Lidschlagdetektionen ab. In Kapitel 6 werden zwei Studien zur Untersuchung von Fahrern in langen manuellen und hochautomatisierten Fahrten vorgestellt. Auswertungen zum Müdigkeitsverhalten der Probanden in den Studien werden in Kapitel 7 präsentiert. Ebenfalls werden die Auswertungen zu den Reaktionszeiten auf ä, benötigte Zeit zur manuellen Übernahme der Fahrzeugführung, die anschließende Fahrleistung der Probanden und eine Auswer- tung der Vor- und Nachbefragung der Probanden in der hochautomatisierten Studie beschrieben und diskutiert. In Kapitel 8 wird die Definition des Lidschlags für diese Arbeit präzisiert und darauf aufbauend verschiedene genutzte Verfahren zur Detektion des Lidschlags in den durchgeführten Studien präsentiert, verglichen und die Ergebnisse diskutiert. Basierend auf den Ergebnissen der Lidschlagalgorithmen wird in Kapitel 9 ein optimiertes Fusionsverfahren mit einer verbesserten Lidschlagdetektion vorgestellt, analysiert und verschiedene Lidschlagparameter in den durchgeführten Studien berech- net. Abschließend wird in diesem Kapitel das Lidschlagverhalten der Probanden während des manuellen und hochautomatisierten Fahrens in den Studien verglichen und erläutert. Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten hochautomatisierten Studie, wird in Kapi- tel 10 der methodische Ansatz und die Ergebnisse einer weiteren hochautomatisierten Fahrstudie vorgestellt und diskutiert. Abschließend erfolgt in Kapitel 11 eine Zusam- menfassung der Arbeit und ein Ausblick über Ansätze für weiterführende Arbeiten. 4 2. Automatisierung der Fahrt des Kraftfahrzeugs Die Automatisierung von Maschinen ist die Basis einer Vielzahl technischer Errungen- schaften. Dieses Kapitel zeigt in diesem Zusammenhang die allgemeine historische Ent- wicklung der Automation zusammen mit der Beschreibung zu Grundlagen einer Rege- lung. Speziell wird anschließend der Fortschritt im Bereich des Kraftfahrzeugs bis zu dem aktuellen Forschungsschwerpunkt des automatisierten Fahrens gezeigt. Abschlie- ßend wird ein Überblick über die Klassifizierung der unterschiedlichen Automatisierungs- grade von Fahrsystemen inklusive der Anforderungen an den Fahrer gegeben. 2.1. Entwicklung der Automatisierung Der Begriff Automatisierung und Automat leitet sich aus dem griechischen Wort der Göttin Automatia (die von selbst kommende) ab. Nach der DIN IEC 60050-351 (2014) heißt automatisch: „Einen Prozess oder eine Einrichtung bezeichnend, der oder die un- ter festgelegten Bedingungen ohne menschliches Eingreifen abläuft oder arbeitet“ (DIN IEC 60050-351, 2014, S. 30). Ziel der Automation ist es, dem Menschen Arbeit abzuneh- men oder einen Prozess zu verbessern. Allgemein teilt sich die Automatisierung in die Steuerungs- und Regelungstechnik, wobei speziell letzteres im Fokus dieser Übersicht und der aktuellen Entwicklung steht. Bereits vor mehreren tausend Jahren wurden erste automatisierte Systeme be- schrieben. So beschreibt Homer in der Ilias um das Jahr 750 v.Chr. Gefäße, die sich selbstständig bewegen konnten. Als bekannte Konstrukteure aus jener Zeit gelten Kte- sibios, Philon von Byzanz und Heron von Alexandria (Kalligeropoulos, 1988). Sie ent- wickelten Wecker, Uhren, Lampen, automatisierte Schließmechanismen in Tempeln oder Hilfsmittel für das Schauspiel im Theater. In den Systemen wurde häufig Wasser als Hilfsmittel genutzt und die Automation mit Hilfe thermodynamischer Prozesse sowie mechanischer Konstruktionen in Gang gesetzt. Auch im arabischen Raum entstanden zwischen dem Jahr 800 und 1200 n.Chr. verschiedene Fließregulatoren durch Ingenieure wie die Brüder Musa, Al-Jazari und Ibn al-Sa’a ti (Lewis, 1992, Kapitel 1). Als Basis für die Regulatoren diente ein Binärsystem. Im anschließenden Zeitraum zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert wurde die Entwicklung maßgeblich durch europäische Entwickler wie Leonardo da Vinci (1452 - 1519), Salomon de Caus (1576 - 1626) und René Descartes (1596 - 1650) beeinflusst (Kalligeropoulos, 1988). Bis zur industriellen Revolution war die mechanische Uhr das automatisierte System, welches das Leben der Menschen am meisten beeinflusste. De- 5 tailliert sind die einzelnen Entwicklungsschritte der Uhr aus dieser Zeit in einem Artikel von Headrick (2002) beschrieben. Die industrielle Revolution veränderte das alltägliche Leben der Menschen ab ihren Anfängen um das Jahr 1600 grundlegend. Technische Entwicklungen wie die Dampfma- schine erleichterten den Alltag des Menschen und wären ohne die Automatisierung nicht denkbar. Durch die Elektrifizierung, die Erfindung weiterer Motorenarten und die Kom- munikationstechnik wurde im Laufe der anschließenden 300 Jahre eine Vielzahl weiterer Einsatzgebiete für die Automatisierungstechnik geschaffen. Insbesondere seit Beginn des 20. Jahrhunderts eroberte die Technik weite Teile des täglichen Lebens und der Einsatz von elektrischer und elektronischer Komponenten gewann immer mehr an Bedeutung. Für eine detaillierte Beschreibung der Entwicklungen im Zeitraum der industriellen Re- volution bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wird in Hinblick auf die Regelungstechnik auf Kapitel eins im Buch von Lewis (1992) und den Artikel von Bernstein (2002) ver- wiesen. Seit dem Altertum wurden Regelungssysteme für technische Anwendungen genutzt um deren Prozess stabil zu halten. Im Fokus dabei standen besonders seit demMittelalter eine effizientere Arbeitsausführung und Verbesserungen im Bereich der Kommunikati- on und Mobilität. Seit dem 20. Jahrhundert nahmen die Entwicklung und der Einsatz der Regelungstechnik stark zu, wobei auch interdisziplinäre Bereiche, wie die Mensch- Maschine-Interaktion im Fokus der Anwendungen und Forschung standen. Ein rege- lungstechnisches System lässt sich allgemein durch einen Standardregelkreis beschreiben. Dieser ist in Bild 2.1 abgebildet. Abbildung 2.1.: Standardregelkreis In dem System beschreibt r(t) die Führungsgröße (Sollwert), d(t) und q(t) Störungen, n(t) das Messrauschen, y(t) die Regelgröße (Istwert), u(t) die Stellgröße und e(t) den Re- gelfehler. Ziel der Regelungstechnik ist es, das Gesamtsystem durch eine geeignete Wahl und Auslegung des Reglers in Richtung eines gewünschten Verhaltens der Regelgröße y(t) zu beeinflussen. 6 2.2. Entwicklung der Automatisierung in Kraftfahrzeugen Seit der Erfindung des Automobils vor mehr als 130 Jahren war es das Bestreben der Entwickler dieses Fortbewegungsmittel für den Menschen einfacher, sicherer und komfor- tabler zu gestalten. Die Automatisierung einzelner Fahrzeugkomponenten durch die Re- gelungstechnik spielte hierbei eine entscheidende Rolle das Automobil als Massentrans- portmittel nutzbar zu machen. Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren technische Verbesserungen wie die Entwicklung des Startergenerators, die Zündung oder die Regelung der Kraftstoffeinspritzung entscheidende Schritte. Neben weiteren Entwick- lungen im Bereich der Umweltbelastung (Lambdasonde) und der Verbrauchsreduktion, wird die Automatisierung seit Mitte des 20. Jahrhunderts in vielen Assistenzsystemen zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr genutzt. So unterstützen die elek- tronische Stabilitätskontrolle und das Antiblockiersystem den Fahrer in der Längs- und Querführung durch den direkten Eingriff auf die Bremsen. Auf Basis einer Abstands- messung wurden in den 1990ern erstmals Geschwindigkeitsregelanlagen angeboten, die den Fahrer bei der Längsführung unterstützen und Informationen durch die Analyse des Umfelds einbeziehen. Hierdurch gelingt es dem Assistenzsystem einen konstanten Abstand zu einem Vorausfahrer zu halten und bei Unfallgefahr eine aktive Bremsung auszulösen. Besonders die Regelung der Fortbewegung (Längs- und Querführung z.B. K. Liu, Gong, Kurt, Chen & Özgüner, 2017) und deren Auswirkungen ist der Fokus vieler aktueller Forschungsprojekte. Bis heute ist der menschliche Fahrer für die fehlerfreie Umfeldwahrnehmung, kon- tinuierliche Einschätzung der Verkehrssituation sowie die Fahrausführung als Regler ver- antwortlich. Diese Verantwortung wurde in vielen Ländern gesetzlich durch die Über- nahme der Wiener Konvention in die nationale Gesetzgebung geregelt (United Nations, 1968). Die Aufgabe der Fahrzeugführung umfasst neben der Längs- und Querführung das Einhalten von Verkehrsregeln, die Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern und die Ausführung der Fahraufgabe bei schwierigen Straßen- und Umweltverhältnissen. Spe- ziell die letztgenannten Aufgaben stellen die größten Herausforderungen für eine rein technische Umsetzung eines Reglers für die Fahraufgabe dar. So gibt es den gesellschaft- lichen Wunsch nach automatisierten Fahrzeugen bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts (Kröger, 2015). Mit Projekten wie Prometheus (Programme for a European Traffic of Highest Efficiency and Unprecedented Safety; Williams, 1992) und der DARPA Grand und Urban Challenge (Seetharaman, Lakhotia & Blasch, 2006) rückte auch die techni- sche Umsetzung des fahrerlosen Fahrens zum Ende des 20. und Beginn des 21. Jahr- hunderts verstärkt in den Fokus der Entwickler. Finales Ziel ist ein Fahrzeug, welches mit oder ohne Insassen komplett selbstständig jede Verkehrssituation fehlerfrei meistern kann und Personen oder Güter sicher transportiert (Bimbraw, 2015). Unterstützt wird dies durch die fortschreitende Entwicklung der Fahrzeugsensorik, sowie der Verbesserung der Algorithmen und Rechenleistung der Steuergeräte im Fahrzeug. Die Assistenzsyste- me nutzen hierbei Informationen aus mehreren Sensortechnologien wie Radar-, Lidar-, Kamera- und Ultraschallsensoren. Mit Hilfe einer genauen Lokalisierung mit einer digi- 7 talen Karte, der aktuellen Position auf dieser durch GPS-Daten und den Informationen und Auswertungen der Daten der Sensoren zur Erfassung der Umwelt erfolgt eine Pla- nung des Fahrweges. Gestützt wird die Planung zusätzlich durch Informationen über die Straßenverhältnisse und die Kommunikation zwischen einzelnen Fahrzeugen und einer Leitstelle. Mit Hilfe eines bekannten Fahrtziels und der Planung der Fahrt steuert das System anschließend das Fahrzeug unter einer kontinuierlichen Regelung der Fahrausfüh- rung und aktueller Sensor- und Kommunikationsdaten. Y. Song und Liao (2016) stellen in diesem Zusammenhang beispielsweise die Funktion und Entwicklung für automatisier- te Parkassistenzsysteme dar. Aus rechtlicher Sicht erfolgte aufgrund der Entwicklungen bereits eine erste Anpassung der Wiener Konvention (Economic Commission for Europe, 2014) zur Regelung des automatisierten Fahrens und eine Übernahme dieser Änderung in Deutschland (Deutscher Bundestag, 2016). Basierend auf dieser Regelung darf der Fahrer durch Automatisierungssysteme unterstützt werden, muss diese aber überwa- chen. Eine ähnliche Entwicklung und Vorgabe gibt es in den USA (NHTSA, 2016). Pressemeldungen von Automobilherstellern kündigen bereits Serienfahrzeuge mit höhe- ren Automatisierungsstufen an (Audi AG, 2017; BMW AG, 2016; Tesla Motors, 2016), die in naher Zukunft bei einer gesetzlichen Freigabe eingeführt werden sollen. Bezogen auf den Regelkreis in Abbildung 2.1, gehen alle aktuellen Informationen der Sensoren und der Kommunikation in die Regelgröße y(t) ein, die mit einer Führungs- größe r(t) verglichen wird. Gibt es eine Abweichung zwischen der Ist- und Sollgröße, so greift der Regler ein, um die Ist- an die Sollgröße anzugleichen. Im Bezug auf die Längs- und Querführung stehen dem Regler hierzu Aktuatoren wie die Lenkung, die Bremsen oder der Antrieb zur Verfügung. 2.3. Klassifizierung des automatisierten Fahrens Automatisiertes Fahren beschreibt einen Zustand während der Fahrt, in dem das Fahr- zeug bzw. dessen Assistenzsysteme einen Teil oder die gesamte Fahraufgabe selbstständig übernehmen. Neben den rechtlichen Voraussetzungen der automatisierten Fahrzeugfüh- rung durch die Wiener Konvention werden Assistenzsysteme je nach Grad der Automati- sierung und Aufgabe des Fahrers in verschiedene Untergruppen eingestuft. Unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen einzelner Länder, ist die gebräuchlichste Unter- teilung in verschiedene Stufen in der SAE J3016 (2016) zu finden. In dieser wurden speziell in einer überarbeiteten Version im Jahr 2016 verschiedene frühere Definitionen der BAST (Gasser et al., 2012) und NHTSA (2013) aufgegriffen und Details präzisiert. Mittlerweile hat die NHTSA die Unterteilung der SAE übernommen (siehe NHTSA, 2016). Auch in dieser Arbeit wurde die Unterteilung der SAE J3016 (2016) übernom- men, die im Folgenden im Zusammenhang mit den gebräuchlichen deutschen Begriffen der BAST erläutert sind. 8 Keine Fahrerassistenz Diese Stufe entspricht SAE = Level 0, BAST = Driver only. Der „Fahrer führt dauerhaft (während der gesamten Fahrt) die Längsführung (Beschleunigen/Verzögern) und die Querführung (Lenken) aus“ (Gasser et al., 2012, S. 31). In diesem Fahrmodus greift kein System auf die Längs- und Querführung ein. In dieser Arbeit werden Systeme die im Notfall eingreifen (z.B. Elektronisches Stabilitätssystem, Anti-Blokiersystem) auch dieser Kategorie zugeordnet. Dies wird im Folgenden mit manuellem Fahren bezeichnet. Fahrerassistenz Diese Stufe entspricht SAE = Level 1, BAST = Assistiert. Der Fahrer führt die Längs- oder die Querführung hauptsächlich selbst aus. Zusätzlich wird er von einem oder meh- reren Assistenzsystemen unterstützt. Dies schließt aktive und eingreifende Assistenzsys- teme auf die Fahrt wie den adaptiven Abstandsregeltempomat ein. Der Fahrer fährt somit assistiert und kann die Assistenz aktivieren und deaktivieren. Partielle Automation Diese Stufe entspricht SAE = Level 2, BAST = Teilautomatisiert. Der Fahrer führt keine eigene Längs- und Querführung mehr aus. Er muss allerdings die Systemausführung der Längs- und Querführung dauerhaft überwachen und diese, falls erforderlich, korrigieren. Aktuelle Assistenzsysteme bieten diese Funktion während der Fahrt und für das Parken an (BMW AG, 2017; Daimler AG, 2017a). Assistenzsysteme mit dieser Ausprägung werden als teilautomatisierte Systeme bezeichnet. Der Fahrer ist jederzeit in der Lage die Funktion zu übersteuern. Hohe Automation Diese Stufe entspricht SAE = Level 3, BAST = Hochautomatisiert. Der Fahrer führt keine eigene Längs- und Querführung mehr aus und muss die Systemausführung der Längs- und Querführung nicht überwachen. Während der Aktivität des Systems ist er für die Fahrausführung und -überwachung nicht verantwortlich. Er muss die Fahraufgabe allerdings jederzeit übernehmen können, wozu ihm ein Übergabezeitraum (mit definier- ter Übergabezeit) zur Verfügung steht. Innerhalb dieses Zeitraums führt das System weiterhin die Längs- und Querführung unter den beschriebenen Randbedingungen aus, signalisiert allerdings die kommende Abschaltung nach Ende des Übergabezeitraumes. „Das System ist nicht in der Lage, aus jeder Ausgangssituation den risikominimalen Zustand herbeiführen“ (Gasser et al., 2012, S. 31). Auch ist die Nutzung der Assistenz auf definierte Anwendungsfälle beschränkt. Dies könnten beispielsweise spezifische Stre- ckenabschnitte oder Wetterbedingungen sein. Derzeit (Stand Oktober 2017) verfügt kein angebotenes Assistenzsystem eines Automobilherstellers über die beschriebenen System- funktionen. Hochautomatisiertes Fahren (HAF)/ ein hochautomatisiertes Fahrassistenz- system (HAFS) beschreibt im Folgenden eine Fahrt mit/ ein System dieser Art. Der Fahrer ist jederzeit in der Lage die Funktion zu übersteuern. 9 Volle Automation Diese Stufe entspricht SAE = Level 4, BAST = Vollautomatisiert. Systeme mit voller Automation unterscheiden sich von Systemen mit hoher Automation in der Systemaus- prägung, indem sie „in allen Situationen [nach Aktivierung] in der Lage [sind], in den risikominimalen Systemzustand zurückzuführen“ (Gasser et al., 2012, S. 31). Die Anwen- dung ist wie bei dem hochautomatisierten Fahren an definierte Anwendungsfälle (z.B. Wetterbedingungen, Straßenabschnitte) gekoppelt und der Fahrer kann die Funktion je- derzeit übersteuern. Im Gegensatz zum hochautomatisierten Fahren ist das System auch ohne Tätigkeit oder Eingriff des Fahrers in der Lage sicher zu manövrieren. Systeme mit dieser Systemausprägung werden im Folgenden vollautomatisiert genannt. Fahrerloses Fahren Diese Stufe entspricht SAE = Level 5, BAST = Ohne Definition. Systeme dieser Art beherrschen alle Verkehrs- und Straßensituationen gleich oder besser als ein menschli- cher Fahrer. Je nach Systemausprägung hat ein Insasse die Möglichkeit, das Fahrzeug auf Wunsch selbst zu fahren. Das Fahrzeug fährt auch ohne menschliche Insassen selbst- ständig. Diese Systemausprägung wird in dieser Arbeit fahrerlos genannt. 10 3. Reaktionsfähigkeit des Fahrers 1 Mit dem hochautomatisierten Fahren ändert sich die Aufgabenstellung an den Fahrer. So ist dieser bei der Aktivität des hochautomatisierten Systems lediglich dafür verant- wortlich, bei einer Aufforderung eine Fahrzeugübernahme innerhalb einer vorgegebenen Übergabezeit auszuführen. Eine erfolgreiche und sichere Übernahme setzt voraus, dass der Mensch in diesem Moment richtig reagiert und somit reaktionsfähig ist. In diesem Kapitel wird hierzu ein Überblick über die verwendeten Begriffe in dieser Arbeit gegeben. Anschließend werden verschiedene Einflüsse auf die Reaktionsfähigkeit beim manuellen, assistierten und automatisierten Fahren beschrieben. Ein Modell fasst im letzten Teil- kapitel die verschiedenen Einflussfaktoren, den kognitiven Prozess sowie die Ausführung einer Fahrzeugübernahme nach einer Übernahmeaufforderung zusammen. 3.1. Allgemeine Definitionen Die Reaktion eines Menschen wird allgemein als „antwortendes Verhalten auf Reize bzw. Reizsituationen in Form von Bewegungen (z.B. Reflexen) oder - durch Vorerfahrungen und kognitive Prozesse modifiziert - als komplexe Verhaltensweise bzw. zielgerichtete Handlung“ (Wirtz, Strohmer & Dorsch, 2013, S. 1297) definiert. Somit entspricht eine menschliche Reaktion als Fahrer vereinfacht der allgemeinen Zielsetzung eines Reglers und kann mit Hilfe von Abbildung 2.1 beschrieben werden. Eine Reizsituation bzw. Ist- situation der Realität, im Schaubild y(t), muss im ersten Schritt vom Menschen wahr- genommen und somit detektiert werden. Hierfür nutzt der Mensch seine Sinnesorgane. Eine Reaktion erfolgt nur, falls diese die Istsituation verändern soll oder will, wozu ein Vergleich mit einem Sollwert r(t) durchgeführt wird. Durch seine bewussten oder un- bewussten Zielsetzungen regelt der Mensch anschließend seine Handlung. Die Handlung wird wiederum über die Sinnesorgane wahrgenommen, um die Reaktion aufgrund von Störfaktoren (q(t), d(t)) oder Messungenauigkeiten der Sinnesorgane n(t) gegebenenfalls anzupassen. Eine Reaktion selbst kann dabei sehr vielfältig sein und reicht von automa- tischen Reflexen des Augenlides bei Gefahr bis zu Ausweichmanövern im Straßenverkehr. Viele komplexere Modelle zur Beschreibung des Verhaltens des Menschen (z.B. Allen, Szostak & Rosenthal, 1988; Bubb, 2002; Donges, 1982; Endsley, 1995b; Fastenmeier & Gstalter, 2007; Hockey, 1997; Rasmussen, 1983; Sanders, 1983; Sheridan, 2004) bauen auf diesem Ausgangsmodell der Regelung auf. Im speziellen geht Macadam (2003) in seiner Veröffentlichung sehr detailliert auf die Modellierung des Menschen als Regler ein und gibt einen guten Überblick über die Arbeiten auf diesem Gebiet. 1Auszüge des Kapitels wurden in J. Schmidt, Dreißig et al. (2017) veröffentlicht 11 Eine häufige Messgröße im Zusammenhang mit der Reaktion ist die Reaktionszeit. Die- se ist eng verbunden mit der Anforderung einer Handlung bei einer Reaktion. Ent- sprechend sind Reaktionszeiten bei einfachen Reaktionen (Simple Reaction Time) kurz (z.B.: Teichner, 1954) und bei komplexen Reaktionen (Choice Reaction Time) lang (z.B.: Henry & Rogers, 1960). Die Reaktionszeit wird bei komplexeren Reaktionen, wie sie im Straßenverkehr auftreten, laut Green (2000) sowie Oppenheim und Shinar (2012) in drei Teile aufgeteilt. 1. Perzeptionszeit: Die Wahrnehmung und Realisierung der Situation, sowie Planung der Reaktion. 2. Menschliche Ausführungszeit: Die Zeit, die der Mensch braucht, die Handlung auszuführen. 3. Technische Ausführungszeit: Die Zeit, die ein genutztes Hilfsmittel (z.B. Auto) braucht, um die Handlung des Menschen auszuführen. Von den drei Zeiten wird häufig lediglich eine kombinierte Zeit gemessen, da eine objek- tive Messung einzelner Komponenten sehr aufwändig oder im Falle der reinen Perzepti- onszeit unmöglich ist (Green, 2000). In dieser Arbeit beschreibt die Reaktionszeit den Zeitraum zwischen einer Aufforderung an den Fahrer und einer messbaren Handlungs- ausführung. Im Zusammenhang mit der Aufgabe der Fahrzeugführung ist dies beispiels- weise ein Druck auf ein Fahrpedal mit Brems- oder Beschleunigungsauswirkung, eine Lenkbewegung, die eindeutig dem Fahrer zuzuordnen ist oder der Druck auf eine Taste (Pfromm, Khan, Oppelt, Abendroth & Bruder, 2015). Zu beachten ist eine Abweichung zu anderen Definitionen wie der von Boff und Lincoln (1988, Kapitel 9.1) oder Wirtz et al. (2013, S. 1298). Für typische Reaktionszeiten in Bremssituationen oder für Lenkein- griffe wird auf die Veröffentlichungen von Johansson und Rumar (1971), Green (2000), die Übersicht in Boff und Lincoln (1988, Kapitel 9.1) sowie die Zeiten von Wirtz et al. (2013, S. 1298) verwiesen. Basierend auf der üblichen Nutzung von Durchschnittswerten für Reaktionszeiten (siehe Green, 2000, S. 204 und Wirtz et al., 2013, S. 1298) werden Reaktionszeiten in dieser Arbeit durch Nennung des Mittelwertes und der Standardab- weichung angegeben unter der Kenntnis, dass die Verteilungen schief sein können. Der Reaktionszeit gegenüber steht die Zeit, die dem Menschen bleibt, um in einer Situation rechtzeitig zu reagieren. In Studien im Straßenverkehr wird hierzu häufig die Zeitspanne gemessen, die dem Fahrer im Fahrverlauf bis zu einem (potentiellen) Zusam- menstoß zu einem Hindernis bleiben. Aufgrund der Fahrerfahrung kann der Fahrer diese Zeit gut abschätzen (Hoffmann & Mortimer, 1994). Zusätzlich gibt es studienspezifische Adaptionen der Berechnung dieser Zeit (Minderhoud & Bovy, 2001). Der Abstand und die Größe eines Objektes hat wiederum eine Auswirkung auf die Reaktionszeit (Plewan & Rinkenauer, 2017). Neben der Reaktionszeit ist die eigentliche Ausführung der Handlung einer Re- aktion entscheidend. Sie entscheidet über die sichere und unfallfreie Fahrt des Fahrers. Als Maß hierfür dienen beispielsweise die Kraft des Bremsens (Fambro, Koppa, Picha & Fitzpatrick, 1998; Hoedemaeker & Brookhuis, 1998) oder die Spurhaltung (Mok et al., 12 2015; Summala, Hietamäki, Lehikoinen & Vierimaa, 1988). Die Reaktionsfähigkeit beschreibt die „Möglichkeit, auf Reize richtig zu antworten“ (Wirtz et al., 2013, S. 1297). Diese Definition wird in dieser Arbeit um eine Sicherheits- komponente ergänzt, indem die richtige Reaktion auch rechtzeitig stattfinden muss. Im Hinblick auf die bisherigen Definitionen liegt eine Reaktionsfähigkeit vor, wenn die Reak- tionszeit kleiner ist als die verfügbare Zeitspanne zu Hindernissen und die anschließende Handlungsausführung sicher ist. Eine Handlungsausführung gilt als sicher, wenn hierbei eine unfallfreie Fahrt und die Vorgaben des Gesetzgebers erfüllt sind (StVO, 2016). Die Reaktionsbereitschaft ist im allgemeinen Sprachgebrauch eng mit dem Begriff der Vigilanz verbunden. So wird Vigilanz als dauerhafte Reaktionsbereitschaft beschrie- ben (Dudenredaktion, o. J.). In der Wissenschaft wird die Vigilanz häufig als Fähigkeit von Beobachtern beschrieben, über einen längeren Zeitraum fokussiert und aufmerksam für Reize zu bleiben bzw. als generelle Wahrnehmungsbereitschaft definiert (Cabrall, Happee & de Winter, 2016; Hockey, 1988; Mackworth, 1948; Loeb & Alluisi, 1980; Warm, Matthews & Finomore Jr., 2008). Für diese Arbeit wird die Reaktionsbereit- schaft als Bereitschaft eines Fahrers zur Reaktion definiert. Diese Bereitschaft schließt die vollständige und dauerhafte Reaktionsfähigkeit des Fahrers ein, auf einen äußeren Reiz zu reagieren. Somit ist sie eng an eine sichere Fahrausführung gekoppelt. Diese Definition schließt ebenfalls die Definitionen der Vigilanz ein. Der Reiz bei der Reakti- onsbereitschaft ist nicht an eine visuelle Beobachtung gekoppelt, sondern schließt auch akustische oder taktile Reize ein. In einer sehr umfassenden Übersicht von Boff und Lincoln (1988, Kapitel 9.1) wird darüber hinaus auf einzelne Teilaspekte von Reaktion und Reaktionszeit eingegangen, weshalb für weitere Details auf diese verwiesen wird. 3.2. Generelle Einflüsse auf die Reaktionsfähigkeit im manuellen und assistierten Fahren Ein Fahrer im manuellen Fahren ist damit konfrontiert, dass bei einer Fahrt ohne seinen Eingriff in die Spurhaltung und ohne die Regulierung der Geschwindigkeit eine Kollision unausweichlich ist (Fuller, 2005). Entsprechend ist ein reaktives Verhalten des Fahrers ständig nötig. Dies gilt ebenfalls für das assistierte Fahren. Zur sicheren Fahrausführung schätzt der Fahrer dabei laufend seine Fahrfähigkeiten ein. Um den Fahranspruch an ihn in machbaren Grenzen zu halten, orientiert er sich beim manuellen Fahren stark an seinen Erfahrungen und seiner Einschätzung der Straßensituation (Fuller, 2005). Die individuelle Fahrausführung im manuellen Fahren ist entscheidend für die dau- erhafte Reaktionsfähigkeit während der Fahrt. So hängt die Zeit, die den Fahrern zu sicheren Reaktionen bleibt, direkt vom Abstand und der Relativgeschwindigkeit zu den anderen Verkehrsteilnehmern ab. Umweltbedingungen wie Wind (Wierwille, Casali & Repa, 1983), Sichtbedingungen (Plainis & Murray, 2002), Fahrbahnbeschaffenheit (nass - trocken - Schnee - Eis) und Beleuchtung (Akashi, Rea & Bullough, 2007) sind zusätz- liche Einflussfaktoren. Ebenfalls spielen die technischen Voraussetzungen des eigenen 13 Fahrzeugs wie der Zustand der Bremsen und Reifen eine große Rolle. Hinzu kommen konstruktionsbedingte Eigenschaften des Fahrzeugs wie Gewicht, Lenkübersetzung oder Wendekreis. Aktive Assistenzsysteme unterstützen den Fahrer bei der Vermeidung und Fahrreaktionen im Grenzbereich eventuell zusätzlich. Neben den Fahrzeug-, Umwelt- und Verkehrsbedingung ist der Fahrer der wichtigs- te Faktor im Straßenverkehr. Er selber kann einen Großteil der Situationen im Straßen- verkehr beeinflussen, die nahe an die Grenze der Reaktionsfähigkeit und Fahrsicherheit kommen. Diese Situationen werden im Folgenden Grenzsituationen genannt. Grenzsitua- tionen können durch eine angepasste und vorausschauende Fahrweise vermieden werden. Großangelegte Aufklärungs- undWerbekampagnen zielen auf eine Sensibilisierung für die Thematik (Bandmann, 1999). Kommt es zu einer Grenzsituation, so ist die individuelle Reaktionsfähigkeit des Fahrers oder Umgebungsverkehrs entscheidend. Die Studien von Dickerson, Reistetter und Trujillo (2009) mit älteren Personen zeigten in diesem Bezug, dass die generellen Re- aktionszeiten für Dinge des täglichen Lebens eng mit der Fahrfähigkeit verbunden sind. Eine Auswirkung von Faktoren auf die generelle Reaktionszeit ist somit auch auf die Reaktionsfähigkeit beim Fahren naheliegend. Aus diesem Grund werden im Folgenden Einflussfaktoren auf Reaktionszeiten oder auf die Tätigkeitsausführung exemplarisch im und außerhalb des Straßenverkehrs beschrieben. Hierbei wird nicht zwischen Simple Re- action Time und Choice Reaction Time unterschieden. Der erste Schritt vor einer Reaktion besteht in der Wahrnehmung der Notwendig- keit dieser. Bei der generellen Wahrnehmung ist hierbei zwischen der kognitiven und sensorischen Wahrnehmung zu unterscheiden. So hängt die Wahrnehmung und Reakti- onsfähigkeit von der Intensität und Art des Reizes (Galton, 1890) ab. Im Straßenver- kehr setzt der Fahrer zur sensorischen Wahrnehmung hauptsächlich die Informationen des Sehsinnes ein. Entsprechend beeinflusst der Winkel zwischen aktueller Blickrichtung und Reizort die Reaktionszeit (Woods, Wyma, Yund, Herron & Reed, 2015). Nimmt der Fahrer eine Situation aufgrund einer Ablenkung nicht oder verspätet wahr, so kann er eventuell nicht rechtzeitig reagieren. Ablenkungen können beispielsweise durch Telefonie- ren (Alm & Nilsson, 1995; Horrey & Wickens, 2006) mit oder ohne Freisprecheinrichtung (Hendrick & Switzer, 2007), auditiven Nebentätigkeiten (Richard et al., 2002), die Po- sition von Fahrzeugdisplays (Y.-C. Liu & Wen, 2004), eine Sprachsteuerung (J. D. Lee, Caven, Haake & Brown, 2001) oder durch den Einfluss von Mitfahrern (Hing, Stama- tiadis & Aultman-Hall, 2003) eine Auswirkung auf die Reaktionsfähigkeit haben. Eine umfassende Studie zur Untersuchung mehrerer Einflussfaktoren für Ablenkungen wurde beispielsweise von Strayer et al. (2013) durchgeführt. Die genannten Ablenkungen des Fahrers werden häufig als Teil der Oberbegriffe der psychischen Belastung bzw. Betäti- gung (Stress, Workload) zusammengefasst (Silva, 2014). Mit dem Look-but-fail-to-see Phänomen (I. D. Brown, 2002; Langham, Hole, Ed- wards & O’Neil, 2002) gibt es zusätzlich ein bekanntes Beispiel für eine sensorische Wahrnehmung mit fehlender kognitiver Verarbeitung. Des Weiteren spielt die Entfer- nung, Art und Größe der anderen Verkehrsteilnehmer eine Rolle bei der Wahrnehmung (Crundall, Humphrey & Clarke, 2008; Plewan & Rinkenauer, 2017). Eng verbunden da- mit ist die Situationswahrnehmung und -einschätzung der Verkehrsteilnehmer, die auf 14 den kognitiven Prozess der Reaktionswahrnehmung einwirkt (Endsley, 1995a, 1995b; Parasuraman, Sheridan & Wickens, 2008; Wickens, 2008). Die Aufmerksamkeit und Re- aktionsfähigkeit für die Autofahrt ist zusätzlich abhängig von äußeren Anregungen, wie z.B. einem Polizeiauto (Summala et al., 1988). Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer Literaturübersicht zu Reaktionen auf plötzliche Notfallsituationen von Dilich, Kopernik und Goebelbecker (2002) die „Faktoren wie Erwartung, Grad der emotionalen Erregung und Unsicherheit“ (Dilich et al., 2002, S. 10) als signifikante Faktoren bei der Situations- bewältigung identifizierten. Für die Verbindung zwischen dem Aspekt der Überraschung und Reaktionszeit wurde hierzu von Kvålseth (1987) auch ein eigener Zusammenhang hergeleitet. Weitere Einflussfaktoren auf die generelle Reaktionszeit und somit auch die des Fahrers sind das Alter und Geschlecht (Alm & Nilsson, 1995; Der & Deary, 2006; Fozard, Vercruyssen, Reynolds, Hancock & Quilter, 1994) sowie die Persönlichkeit (Nettelbeck, 1973; Stelmack, Houlihan & McGarry-Roberts, 1993) beziehungsweise der kulturelle Hintergrund (Oppenheim & Shinar, 2012). Daneben hat die Fahrerfahrung speziell bei Reaktionszeiten in langen Fahrten einen Einfluss (Lisper, Laurell & Stening, 1973). Wei- tere Effekte gibt es durch neurologische/ psychische Krankheiten wie die Aufmerksam- keitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (Hervey et al., 2006), kognitive Störungen (Anstey et al., 2007) oder Schizophrenie und Affektstörungen (Schwartz et al., 1989). Körperliche Beeinträchtigungen beim Sehen (Wood & Troutbeck, 1994), Herz-Kreislauf Erkrankun- gen (Light, 1978) oder zurückliegende Kopfverletzungen (Stuss et al., 1989) beeinflussen ebenfalls die generelle Reaktionsfähigkeit. Eine ausführliche Beschreibung von weite- ren Auswirkungen durch Erkrankungen (z.B. Stoffwechselerkrankungen, Anfallskrank- heiten) auf die Unfallgefahr, die auf fehlende Reaktionsfähigkeit in einzelnen Phasen zurück schließen lässt, ist in Kapitel drei des Buches von Haffner, Skopp und Graw (2012) beschrieben. Darüber hinaus beeinflussen auch Inhaltsstoffe von Getränken (z.B. Koffein/Teein: Jarvis, 1993; Smith, 2002; Alkohol: Maylor & Rabbitt, 1993; Moskowitz & Robinson, 1988; Tzambazis, 2000) Rauchen (Sherwood, 2004) oder Drogen und Me- dikamente (Kapitel 3 von Haffner et al., 2012; Moskowitz, 1985) die Reaktionsfähigkeit des Fahrers. Als weiterer Einflussfaktor auf die Reaktionsfähigkeit gilt die Müdigkeit aufgrund von Schlafmangel (Dinges et al., 1997; Lisper, Dureman, Ericsson & Karls- son, 1971), Tageszeit (zirkadiane Effekte: Lenné, Triggs & Redman, 1997), Jahreszeit (Hildebrandt, Rohmert & Rutenfranz, 1973), sowie Fahrtdauer und zurückliegende Pau- sen (Philip, Taillard, Quera-Salva, Bioulac & Åkerstedt, 1999). Im Vergleich zwischen assistiertem und manuellem Fahren hat bereits eine Un- terstützung des Fahrers einen zusätzlichen Einfluss auf das Fahrverhalten und dadurch indirekt auf die zur Verfügung stehende Reaktionszeit, wie Versuche von Hoedemaeker und Brookhuis (1998) zeigten. So hatte die Zuverlässigkeit, Erfahrung mit dem System und antizipative Information eine Auswirkung auf Reaktionszeiten bei der Nutzung eines Kollisionwarnsystems (Ruscio, Ciceri & Biassoni, 2015). 15 3.3. Reaktionsfähigkeit im Kontext des automatisierten Fahrens Im Gegensatz zum manuellen und assistierten Fahren ändern sich die Voraussetzungen eines Fahrers in höheren Automatisierungsgraden (siehe Kapitel 2.3). Liegt die Ver- antwortung für die Ausführung der Streckenführung beim manuellen und assistierten Fahren fast vollständig beim Fahrer, übernimmt dies das Fahrzeug beim teilautomati- sierten Fahren. Im Hinblick auf die Verantwortung zur Reaktion auf Straßensituationen unterscheidet sich dieser Automatisierungsgrad allerdings nicht vom manuellen und as- sistierten Fahren. So werden dem Fahrer durch das System lediglich einfache Reaktionen, wie eine Geschwindigkeitsanpassung oder Abstandshaltung abgenommen. Eine Reaktion des Fahrers muss bei allen äußeren Reizen, die das System nicht beherrscht, erfolgen. Aus diesem Grund ist der Fahrer aufgefordert, eine dauerhafte Beobachterrolle einzuneh- men. In dieser muss er nicht nur die anderen Verkehrsteilnehmer und die Straßensituation überwachen, sondern zusätzlich eine Kontrollfunktion der Systemausführung einnehmen. Falls das System die Aktivität abbricht, muss der Fahrer die Fahraufgabe sofort überneh- men. Die richtige Reaktion ist hierbei in jeder Situation und trotz einer Überraschung des Fahrers nötig. Diese Handlung als Teil einer Reaktion ist somit ein zusätzlicher Aspekt der Reaktionsfähigkeit während des teilautomatisierten Fahrens. Die Reaktionsbereit- schaft im teilautomatisierten Fahren umfasst somit eine fortwährende Überwachung und einen sofortigen Eingriff des Fahrers. Diese Aufgabe des Fahrers könnte schwieriger sein als das manuelle Fahren, wie Bainbridge (1983) beschreibt. Grund ist unter anderem eine verminderte Situationswahrnehmung in der Beobachterrolle des Fahrers (Endsley, 1996). Kommt es zu einer Situation, die eine Reaktion des Fahrers erfordert, so hängt die Reaktionsfähigkeit von mehreren Teilaspekten ab. Entscheidend sind hauptsächlich der Zeitpunkt und die Verkehrssituation, bei denen der nötige Eingriff des Fahrers statt- findet. Von diesen hängen die Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern ab, die auch durch die Parametrierung des teilautomatisierten Systems bestimmt sein kann. Diese beinhaltet die Fahrzeuggeschwindigkeit, Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern und die Spurhaltung. Ein weiterer Faktor ist der Funktionsumfang des teilautomatisierten Systems und die Häufigkeit, mit der ein Fahrer eingreifen muss. Diese Faktoren haben eine Auswirkung auf das Vertrauen in die Automation, dessen Teilaspekte ausführlich von Parasuraman et al. (2008), Parasuraman und Manzey (2010) und Wiener und Curry (1980) beschrieben und dessen Auswirkung auf die Reaktionszeit beispielsweise von Knapp und Vardaman (1991) untersucht wurden. Hinzu kommen dieselben Einflussfaktoren, wie während des manuellen und assistierten Fahrens (siehe Kapitel 3.2). Hierbei ist vor allem die Än- derung auf den Fahrer bei der psychischen Belastung, Stress und Vigilanz durch die Unterstützung des automatisierten Systems im Fokus vieler Arbeiten zur Untersuchung des Einflusses der Automation (Endsley & Kiris, 1995; Warm et al., 2008). So wird auch auf das bekannte Dilemma durch den Vorteil der Automatisierung mit einer niedrigeren Arbeitsbelastung bei gleichzeitiger Abnahme der Vigilanz hingewiesen (Endsley & Kiris, 1995; Vollrath, 2014; Warm et al., 2008; Wiener & Curry, 1980). Dies zeigt das Risiko 16 Abbildung 3.1.: Modell zur psychischen Belastung (Fastenmeier & Gstalter, 2007) und die Chance, die ein automatisiertes System mit sich bringt, welches den Menschen entlastet, diesen aber nicht ersetzt. In Bezug auf die psychische Belastung ist ein häufig genutztes Modell in Abbildung 3.1 gezeigt, das auf dem Yerkes-Dodson-Gesetz (Yerkes & Dodson, 1908, Versuche mit Mäusen) basiert. Dieses beschreibt mit dem Underload und Overload die beiden psychischen Belastungsarten, die sich negativ auf die Handlungsaus- führung auswirken (de Waard, 1996, Kapitel 2; de Waard, van der Hulst, Hoedemaeker & Brookhuis, 1999; Fastenmeier & Gstalter, 2007; Hancock & Verwey, 1997; Oppenheim & Shinar, 2012; Wickens, Laux, Hutchins & Sebok, 2014). Weitere Untersuchungen zu diesen Belastungsarten, wie von Hancock und Caird (1993) oder Matthews, Sparkes und Bygrave (1996), bestätigen die negativen Auswirkungen der Randbereiche. Hin- zu kommt, dass sich „körperliche Fähigkeiten verschlechtern, wenn diese nicht genutzt werden“ (Bainbridge, 1983, S. 775). Das hochautomatisierte Fahren ist die niedrigste Automatisierungsstufe, die dem Fahrer bei Aktivität des Systems die Fahr- und Beobachteraufgabe komplett abnimmt. Basierend auf der Beschreibung in Kapitel 2.3 muss der Fahrer nur auf Abruf bereit bleiben. Sobald das System aktiv ist, reagiert es auf alle Situationen selbstständig und erfordert keine Überwachung. Lediglich beim Erreichen von Systemgrenzen oder dem Ende einer Freigabe des Systems übergibt das Fahrzeug die Verantwortung der Fahrzeug- führung. Die Reaktionsfähigkeit des Fahrers ist somit lediglich bei der Übernahme der Fahraufgabe nach Start einer Übernahmeaufforderung nötig. Hierbei steht dem Fahrer die Übergabezeit zur Vorbereitung der eigenen Reaktion zur Verfügung. Entsprechend ändert sich auch der Anspruch der Reaktionsbereitschaft an den Fahrer: Der Fahrer muss während der gesamten hochautomatisierten Fahrt bereit sein, auf eine Übergabeauffor- derung des Fahrzeugs die nötige Reaktionsfähigkeit aufzubringen. Je größer die Zeit ist, die der Fahrer zur Übernahme hat, desto geringer ist der Anspruch an diesen. Wie beim teilautomatisierten Fahren hängt die erfolgreiche Übernahme und Re- aktionsfähigkeit hauptsächlich von der Verkehrssituation, der Parametrierung der Funk- tion hinsichtlich Abständen zu anderen Verkehrsteilnehmern oder der Geschwindigkeit des Fahrzeugs ab. Hinzu kommen Einflüsse durch die Länge der Übergabezeit und die 17 technische Gestaltung der Übergabeaufforderung. Wie bei den niedrigeren Automatisierungsgraden spielen die unterschiedlichen Ein- flussfaktoren auf den Menschen im teilautomatisierten, assistierten und manuellen Fah- ren auch beim hochautomatisierten Fahren eine Rolle (siehe Kapitel 3.2). Dadurch, dass der Fahrer für die Fahraufgabe oder -überwachung nicht fortwährend aktiv sein muss, ist die Auswirkung der Faktoren auf die Fahrsicherheit lediglich während der Phasen der Fahrzeugübergabe und anschließenden Fahrt des Fahrers für die Reaktionsfähigkeit entscheidend. Im Umkehrschluss heißt dies, dass der Fahrer sein Verhalten während der Aktivität des hochautomatisierten Systems ändern kann. Er muss lediglich zum En- de der Übernahmeaufforderung die nötige Reaktionsfähigkeit analog zu den niedrigeren Automatisierungsgraden erfüllen und auf jede anschließende Situation sicher reagieren. Diese Änderung der Aufgabenstellung entlastet den Fahrer zusätzlich. Aufbauend auf Abbildung 3.1 kann dies zusätzlich negative Effekte auf die psychische Belastung mit Auswirkungen auf die Reaktionsfähigkeit bzw. das Fahrverhalten haben, auf das un- ter anderem Radlmayr und Bengler (2015) hinweisen. So stellten de Winter, Happee, Martens und Stanton (2014) in einer Übersicht von mehreren Studien zur psychischen Belastung im manuellen, assistierten und hochautomatisierten Fahren fest, dass sich die psychische Belastung beim hochautomatisierten Fahren im Vergleich zum manuellen Fahren nahezu halbiert. Hinzu kommen starke Wechsel der Belastung für den Fahrer zwischen hochautomatisierten Phasen und den Übernahmen inklusive dem Aufbringen der nötigen Reaktionsfähigkeit. Insbesondere starke Belastungswechsel können sich laut Cox-Fuenzalida (2007) negativ auf die Leistung auswirken und eine Verhaltensänderung bei der Fahrweise bewirken (Brandenburg & Skottke, 2014). Speziell die großen Wechsel in der Anforderung an den Fahrer stellen laut Bainbridge (1983) sowie Wickens et al. (2014) eine Gefahr für eine sichere Übernahme dar. Bei einer Fahrt in höheren Automatisierungsgraden ist keine Reaktionsfähigkeit und -bereitschaft des Fahrers mehr erforderlich. Entsprechend ist die Sicherheit des Fah- rers und aller Insassen lediglich an die Systemausführung gekoppelt. 3.4. Modell und Studien zu den Einflüssen der Reaktionsfähigkeit beim hochautomatisierten Fahren Bereits Michon (1985) berichtete vor mehr als 30 Jahren in einem Überblick zu Fahrer- modellen von mehreren hundert Modellen bis zu dem Zeitpunkt seiner Veröffentlichung. Er hielt es deshalb für unmöglich, eine allumfassende Übersicht zu diesen zu geben. Ba- sierend hierauf ist das Ziel an dieser Stelle ebenfalls nicht ein Modell aufzustellen, dass die gesamten kognitiven bis mechanistischen Teilaspekte bestehender Modelle detailliert einbezieht. Der Fokus dieses Kapitels liegt vielmehr darin, eine anwendungsorientierte Sichtweise auf die Reaktionsfähigkeit beim hochautomatisierten Fahren zu geben. Für das hochautomatisierte Fahren beschränkt sich diese auf eine erforderliche Reaktionsbe- reitschaft und -fähigkeit des Fahrers bei einer Fahrzeugübernahme und die sichere Fahrt 18 danach. Entsprechend wird ein Überblick über den Übernahmeprozess des Fahrers im Rahmen einer Übernahmeaufforderung durch das HAFS inklusive der Einflussfaktoren auf diese gegeben (für weitere Übernahmemöglichkeiten siehe bspw. Lu, Happee, Ca- brall, Kyriakidis & de Winter, 2016). In Anlehnung an Parasuraman, Sheridan und Wi- ckens (2000) soll hierbei eine Vereinfachung einzelner Teilaspekte eine bessere Übersicht über den Prozess geben. Exemplarisch wird zusätzlich der Zusammenhang zu weiteren Modellen aus der wissenschaftlichen Literatur aufgezeigt. Das Modell zur Fahrzeugüber- nahme unterscheidet sich von Fahrermodellen wie dem von Bubb (2002), Fastenmeier und Gstalter (2007) oder Hockey (1997) die eine kontinuierliche Aktivität des Fahrers während der Fahrt beschreiben. Ausgangspunkt für das Modell eines Übernahmeprozesses ist die extrinsische Über- nahmeaufforderung durch das hochautomatisierte System. Die Übernahmeaufforderung erfolgt hierzu visuell und/oder auditiv und/oder haptisch. Der erste Schritt einer Re- aktion des Fahrers besteht anschließend darin, die Aufforderung zur Übernahme zu realisieren. Vereinfacht können die weiteren Schritte durch das vierstufige Modell von Parasuraman et al. (2000) (Sinneswahrnehmung - Perzeption - Entscheidungsfindung - Reaktionsauswahl) mit einer anschließenden Reaktionsausführung/Handlung zusam- mengefasst werden. Betrachtet man die geschilderten Schritte in Hinblick auf die hier- archische Analyse der Fahraufgabe von Michon (1985), so ist die Sinneswahrnehmung des Beginns der Übernahmeaufforderung zusammen mit automatischen Aktionsmus- tern und die eigentliche Fahrzeugübernahme zu trennen. Die Sinneswahrnehmung des Beginns und automatische Aktionsmuster sind in erster Linie dem Kontrolllevel von Michon (1985) zuzuordnen. Die anschließende Übernahme durch kontrollierte Aktions- muster entspricht einer Kombination des Manöver- und Kontrolllevels. Im Modell von K. Zeeb, Buchner und Schrauf (2015) zur Beschreibung des Übernahmeprozesses ist die Wahrnehmung der Übernahmeaufforderung inklusive Reaktionen wie dem Blick auf die Straße, der Beendigung von Nebentätigkeiten, die Bewegung der Hände zum Lenk- rad und der Füße zu der Pedallerie mit der Bezeichnung motorische Bereitschaft eben- falls getrennt von der eigentlichen Fahrzeugübernahme. In Bezug auf die Modelle von Donges (1982, aufgabenbezogen) und Rasmussen (1983, fertigkeitsbezogen) sowie die Zusammenführung durch Donges (2015), entsprechen die Wahrnehmung der Übernah- meaufforderung und die Reaktionen in Form der motorischen Bereitschaft von K. Zeeb et al. (2015) (im Folgenden vorbereitende Handlung zur Übernahme genannt) der un- tersten und mittleren Ebene. So werden automatisierte Handlungsmuster unter Nutzung gelernter Regeln eingesetzt. Gleichermaßen entspricht der gesamte Entscheidungs- und Reaktionsprozess sowie die anschließende Fahrausführung einer Mischung aus der Be- schreibung des regel- und wissensbasierten Verhaltens der dritten Stufe von Rasmussen (1983) und der Führungs- und Navigationsebene von Donges (1982). Zur Trennung der einzelnen Schritte wird die Perzeption der Übernahmeaufforderung im Folgenden sim- ple Perzeption genannt. Die Perzeption des gesamten Verkehrsumfelds durch den Fah- rer in seiner Rolle als zukünftig ausführender, verantwortlicher Fahrzeugregler wird im Folgenden komplexe Perzeption genannt. Zur Unterscheidungen der Handlungen wer- den die Sinneswahrnehmung, simple Perzeption und die Teilaspekte der vorbereiten- den Handlung zur Übernahme im Folgenden simple Übernahmereaktion genannt. Die 19 komplexe Perzeption, inklusive der zugehörigen Sinneswahrnehmung und der darauf fol- genden Schritte der Entscheidungsfindung, Reaktionsauswahl und Fahrzeugsteuerung, wird komplexe Übernahmereaktion genannt. Der Übergang zwischen der vorbereitenden Handlung zur Übernahme und Fahrzeugsteuerung nach der Reaktionsauswahl ist nicht mit konkurrierenden Aufgaben wie in den Untersuchungen von Meyer und Kieras (1997) zu verwechseln. Es ist davon auszugehen, dass das Ergreifen des Lenkrades und ein an- schließendes Lenken von manchen Fahrern mit und von anderen ohne zeitliche Differenz erfolgt. Eine Ausführung der Fahrzeugsteuerung als letzter Schritt der komplexen Über- nahmereaktion führt zur Übernahme des Fahrzeugs. Der Fahrer passt die Ausführung der Fahrzeugsteuerung dabei wie in Kapitel 3.1 beschrieben über eine Reflexion seiner Steuerung und die Wahrnehmung der Umwelt an. Ein detailliertes Modell, das die an- schließende Fahrt inklusive Rückführung passend beschreibt, ist beispielsweise in der Veröffentlichung von Fastenmeier und Gstalter (2007) beschrieben. Aus Sicht des Menschen als Regler entspricht der Beginn der Übernahmeauffor- derung einer Sprungantwort. Die simple Übernahmereaktion inklusive der Antizipati- onsreaktion ist hierbei vergleichbar mit einer Vorsteuerung zur Verbesserung der Leis- tung des Menschen als Regler für die komplexe Übernahmereaktion. Abbildung 3.2 fasst das beschriebene Modell für die Übernahme inklusive verschiedener Einflussfaktoren auf die einzelnen Teilschritte zusammen. Der Pfeil zwischen der simplen Perzeption und komplexen Perzeption sowie zwischen vorbereitender Handlung zur Übernahme und der Fahrzeugsteuerung zeigen an, dass die Teilaspekte ineinander übergehen. Zusätzlich ist zu beachten, dass die simple Perzeption zeitlich immer vor der komplexen Perzeption geschieht. Gleiches gilt auch für die vorbereitende Handlung zur Übernahme und Fahr- zeugsteuerung. Der offene Pfeil zwischen Sinneswahrnehmung und komplexer Perzeption symbolisiert, dass sich die Sinneswahrnehmung der komplexen Perzeption von der der simplen Perzeption unterscheidet. Aus zeitlicher Sicht laufen die einzelnen Teilaspekte innerhalb der Bereiche der simplen und komplexen Übernahmereaktion in fortlaufender Reihenfolge der Kästen ab. Bis auf die zeitliche Abfolge der Pfeile zwischen den Perzep- tionen und Handlungen sind die zeitlichen Bezüge der übrigen Teilaspekte individuell vom Fahrer und der Situation. So kann die vorbereitende Handlung zur Übernahme vor der Entscheidungsfindung oder erst nach der Reaktionsauswahl starten. Die abgebildeten Faktoren auf den Menschen während der Übernahme fassen die beschriebenen Einflussfaktoren auf die Reaktionsbereitschaft und -fähigkeit aus den Ka- piteln 3.2 und 3.3 anwendungsorientiert in vier direkten Hauptfaktoren (Einstellung und Entscheidungen des Fahrers; Individuelle Faktoren des Fahrers; Externe systembe- dingte Faktoren; Externe umweltbedingte Faktoren) zusammen. Die beiden Kategorien Einstellung und Entscheidungen des Fahrers sowie individuelle Faktoren des Fahrers wurden ebenfalls von Körber und Bengler (2014) als personenabhängige Faktoren in ei- ner umfassenden Übersicht zu Einflussfaktoren dieser Art auf das automatisierte Fahren beschrieben. Die beiden übrigen Faktoren trennen die externen Einflüsse system- und umweltbedingt auf. Aktuelle Studien, die die Fahrzeugübernahme des Fahrers vom hochautomatisier- ten System untersuchen, vergleichen in diesen meistens einen Faktor (z.B. verschiedene 20 Altersgruppen, Systemausprägungen, Verkehrsbedingungen). Dazu werden die Studien derart konzipiert, dass möglichst alle übrigen Faktoren für die Vergleichsgruppen gleich sind. Im Vordergrund steht dabei immer die Fragestellung, welche Auswirkungen der Faktor auf den Übernahmeprozess hat bzw. wie die anschließende Fahrleistung beein- flusst wird. Der Faktor Einstellung und Entscheidung umfasst alle Auswirkungen aufgrund von zurückliegend und aktuell getroffenen Entscheidungen des Fahrers. Die Auswirkungen der Entscheidungen resultieren dabei in physischen Aktionen oder einer mentalen Hal- tung. Automatisierte Fahrstudien, die sich mit Fragestellungen zu dem Einfluss dieses Faktors befassen, untersuchen beispielsweise den Einfluss aufgrund von Nebentätigkeiten (Merat, Jamson, Lai & Carsten, 2012; Vogelpohl, Vollrath, Kühn, Hummel & Gehlert, 2016, Kapitel 4, K. Zeeb, Buchner & Schrauf, 2016). Des Weiteren wird auch unter- sucht, welchen Einfluss und Zusammenhang es hat, dass Fahrer die Straße während der Fahrt unterschiedlich überwachen (Hergeth, Lorenz, Vilimek & Krems, 2016; K. Zeeb et al., 2015). Zusätzlich umfasst dieser Faktor den Effekt von zu starkem Systemvertrau- en gegenüber dem automatisierten System. So wurde ein Lernprozess des Fahrers bei niedrigeren Automatisierungsgraden festgestellt (Beggiato, Pereira, Petzoldt & Krems, 2015). Die externen systembedingten Faktoren fassen den Einfluss durch die Parametrie- rung und Umsetzung des autonomen Systems zusammen. Einflüsse auf das Übernahme- verhalten entstehen durch unterschiedliche Intensitäten der Aufforderung an den Fahrer, die Fahraufgabe zu übernehmen (Naujoks, Mai & Neukum, 2014). Neuartige Anzeigekon- zepte und die Art der Aufforderung an den Fahrer beeinflussen die Übernahme ebenfalls (Kim, Jeong, Yang, Oh & Kim, 2017; Melcher, Rauh, Diederichs, Widlroither & Bauer, 2015). Des Weiteren spielt auch eine Rolle, wie lange der Fahrer Zeit hat, die Fahraufga- be zu übernehmen (Damböck, Farid, Tönert & Bengler, 2012; Gold, Damböck, Lorenz & Bengler, 2013; Mok et al., 2015). Externe umweltbedingte Faktoren umfassen den Einfluss durch die Umgebung des Fahrers und Fahrzeugs. Dies schließt die Anzahl der übrigen Verkehrsteilnehmer und die Kritikalität von Verkehrssituationen ein (Gold, Körber, Lechner & Bengler, 2016; Radlmayr, Gold, Lorenz, Farid & Bengler, 2014). Desweiteren sind in diesem Faktor Wetterverhältnisse wie die Sicht (Louw et al., 2017) eingeschlossen. Als weiterer Faktor spielen individuelle Voraussetzungen des Fahrers bei der Über- nahmezeit und bei der anschließenden Fahrleistung eine Rolle. Dazu gehören das Alter des Fahrers (Körber, Gold, Lechner & Bengler, 2016), die Fahrerfahrung und die Er- fahrung mit dem hochautomatisierten System (Hergeth, Lorenz & Krems, 2017; Payre, Cestac & Delhomme, 2016). Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Effekten, lassen sich Auswirkungen wie Müdigkeit, psychische Belastung oder Aufmerksamkeit nicht einem der direkten Hauptfaktoren zuordnen. Sie resultieren als Auswirkung des Zusammenspiels einzelner Faktoren. So wird Müdigkeit durch anhaltende Betätigungen und psychologische, sozio- ökonomische oder umweltbedingte Faktoren beeinflusst (I. D. Brown, 1994). Aus diesem Grund werden Auswirkungen von Kombinationen einzelner Faktoren im Folgenden als indirekte Faktoren bezeichnet. Ein Überblick über Studien, die das Zusammenspiel für 21 Abbildung 3.2.: Übernahmemodell und Kategorisierung der Einflussfaktoren auf die Fahrzeugübernahme die beiden indirekten Faktoren mentale Beanspruchung und Situationsbewusstsein un- tersuchen, wurde beispielsweise von de Winter et al. (2014) erstellt. Einen Überblick über weitere durchgeführte Fahrstudien zum automatisierten Fahren und einzelnen Fak- toren sind in Literaturübersichten von Lu et al. (2016); Radlmayr und Bengler (2015), Trimble, Bishop, Morgan und Blanco (2014, Kapitel 2) und Vogelpohl et al. (2016, Ka- pitel 3 und 4) zu finden. 22 4. Fahrermüdigkeit und Systeme zur Fahrerbeobachtung In Kapitel 3 werden unterschiedliche Einflüsse auf die Reaktionsfähigkeit während des manuellen und automatisierten Fahrens geschildert. Im Kontext des Hauptthemas die- ser Arbeit, der Reaktionsfähigkeit während des hochautomatisierten Fahrens, gibt dieses Kapitel einen Überblick über einen der wichtigsten indirekten Faktoren, die Müdigkeit. Hierzu werden zu Beginn des Kapitels theoretische Grundlagen erläutert. Im Anschluss werden Ergebnisse von Studien zum automatisierten Fahren unter dem Einfluss von Mü- digkeit zusammengefasst. Um den Fahrer hinsichtlich seiner Müdigkeit nicht nur vor oder nach einer Fahrt einzuschätzen, ist eine Fahrerbeobachtung notwendig. Diese zeichnet das Fahrerverhalten entweder zu bestimmten Zeitpunkten oder kontinuierlich während der Fahrt auf. In Hinblick auf den Fokus dieser Arbeit mit der Messung der Reaktionsfä- higkeit speziell unter dem Einfluss von Müdigkeit wird deshalb zusätzlich ein Überblick über die unterschiedlichen Methoden zur Müdigkeitsmessung gegeben. Der Überblick beinhaltet hierzu subjektive, leistungsbezogene und physiologische Messverfahren. In einem weiteren Unterkapitel zu aktuellen Fahrerbeobachtungssystemen werden verfüg- bare Seriensysteme im Fahrzeug und in weiteren Verkehrsmitteln (zum Zeitpunkt Okto- ber 2017) zusammengefasst. Ebenfalls wird der Einsatz der vorgestellten Methoden zur Müdigkeitsdetektion für den Einsatz im hochautomatisierten Fahren diskutiert. 4.1. Die Müdigkeit des Menschen Wie die Atmung oder Lidschläge ist der Schlaf ein Grundbedürfnis des Menschen. Ver- gleichbar mit der Atmung und Lidschlägen kann der Schlaf durch den Menschen willent- lich hinausgezögert werden. Sehr lange Phasen ohne Schlaf führen allerdings zu einer Beeinträchtigung des Gehirns (Cirelli, 2006) und können, wie in Studien mit Tieren im 19. Jahrhundert gezeigt wurde, nach einem langen Zeitraum ohne jeglichen Schlaf (zwei Wochen) den Tod zur Folge haben (Bentivoglio & Grassi-Zucconi, 1997). Die Müdigkeit zur Beschreibung des Zustandes des Menschen bei einem Mangel bzw. einer Notwendig- keit an Schlaf ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert und wird häufig vermischt (I. D. Brown, 1994; Johns, 2000). So ist die Beschreibung der Müdigkeit als „Zustand der Muskeln eines Organismus, Eingeweide oder des zentralen Nervensys- tems, die durch vorhergehende physische Akivität und/oder psychische Beanspruchung unter Mangel von ausreichender Erholung in unzureichender zellulärer Kapazität oder systemweiter Energie resultiert, um das ursprüngliche Niveau einer Aktivität und/oder Beanspruchung unter Nutzung gewöhnlicher Mittel aufrecht zu erhalten“ (Job & Dalziel, 23 2001, S. 469) sehr allumfassend. In Bezug auf Fahrstudien wird diese Definition häufig auf die Abnahme der Fähigkeit zur Fahrausführung reduziert (Thiffault & Bergeron, 2003). Im allgemeinen Sprachgebrauch gibt es eine Vielzahl an Synonymen, die sich auf das beschriebene Phänomen beziehen. Üblich sind im deutschen Sprachgebrauch unter anderem Ermüdung, Schläfrigkeit, Erschöpfung, Schlappheit, Übermüdung, Dösigkeit, Trägheit, Hypovigilanz oder Verschlafenheit. Eine ähnliche Vielfalt findet sich auch im englischen Sprachgebrauch (siehe Johns, 1998). Steht der Begriff der Ermüdung laut Saxby, Matthews, Warm, Hitchcock und Neubauer (2013) eher im Zusammenhang mit einer Tätigkeit des Menschen, so beschreibt die Schläfrigkeit in erster Linie Effekte durch den zirkadianen Rhythmus und den müden Zustand aufgrund einer langen Phase oh- ne Schlaf. Aus schlafphysiologischer Sicht setzt sich das Gleichgewicht zwischen Schlaf und Wachheit je nach Modell aus zwei, drei oder vier beeinflussenden Komponenten auf Basis mehrerer unterschiedlicher Nervenzentren im Gehirn zusammen (Beersma, 1998; Cluydts, de Valck, Verstraeten & Theys, 2002; Johns, 1998, 2000). Diese sind primär neuronale Komponenten als Treiber für Schlaf und Wachheit und sekundäre homöosta- tische Komponenten für Schlaf und Wachheit. Erstere sind langfristige Komponenten die beispielsweise durch die Tageszeit beeinflusst werden. Sekundäre Treiber sind im Vergleich dazu kurzfristige Komponenten die z.B. durch Bewegungen beeinflusst werden (Johns, 1998, 2000). Eine umfangreiche Analyse bestehender Modelle hierzu ist in der Übersicht von Beersma (1998) zu finden. Weitere Bezeichnungen für diesen Zusammen- hang ist beispielsweise auch die Haupt- und optionale Schläfrigkeit (Horne, 1988). Zur besseren Beschreibung der Müdigkeit aus anwendungsorientierter Sicht teilten Desmond und Hancock (2001) die Müdigkeit anhand unterschiedlicher Ursachen in zwei Zustän- de. Die aktive Müdigkeit fasst die Müdigkeit aufgrund einer kontinuierlichen Aktivität zusammen. Im Gegensatz dazu beschreibt die passive Müdigkeit eine lange fehlende Sti- mulation, die eng verknüpft ist mit dem Underload der physischen Belastung (siehe Abbildung 3.1; Gimeno, Cerezuela & Montanes, 2006). So sind Auswirkungen dieses Einflusses auf die Reaktionszeit bekannt (Mavjee & Horne, 1994). Aufbauend auf der Definition von aktiver und passiver Müdigkeit von Desmond und Hancock (2001), der Arbeit von Gimeno et al. (2006) und der Unterscheidung zwischen tätigkeitsbezoge- ner (TR = task related) und schläfrigkeitsbezogener (SR = sleep related) Müdigkeit, beschrieben May und Baldwin (2009) ein eigenes Modell mit drei Untergruppen von Müdigkeit. Die drei Untergruppen basieren ebenfalls auf einer Kategorisierung der Ur- sachen der Müdigkeit und sind in Abbildung 4.1 gezeigt. Gemeinsam ist allen Formen der Müdigkeit eine Vigilanz- und Aufmerksamkeitsminderung, die zu einer Reduktion der Fahrleistung und einer erhöhten Unfallgefahr führen. Eine detaillierte Übersicht zu den einzelnen Ursachen und Auswirkungen auf die Müdigkeit auf Basis von Studiener- gebnissen ist zusätzlich in den Publikationen von I. D. Brown (1994); Mackie (1987) und Di Milia et al. (2011) zu finden. 24 Abbildung 4.1.: Modell zur Müdigkeit (May & Baldwin, 2009) 4.2. Einfluss der Müdigkeit auf die Reaktionsfähigkeit bei automatisierten Systemen 4.2.1. Studien zur Müdigkeit und dem automatisierten Fahren In Bezug auf das hochautomatisierte Fahren, ist in dem Modell von May und Baldwin (2009) speziell die passive tätigkeitsbezogene Müdigkeit als Risikofaktor für eine sichere Übernahme hervorzuheben. Durch die Unterforderung aufgrund der Automation, mo- notone Fahrbedingungen, weite Fahrstrecken, sowie den Effekt des autonomen Systems selbst, sind im Vergleich zum manuellen Fahren fast alle Ursachen für diesen Müdig- keitszustand verstärkt. In Hinblick auf die in Bild 3.2 gezeigten Einflüsse sind dies Aus- wirkungen durch externe umweltbedingte Faktoren, externe systembedingte Faktoren, sowie Entscheidungen des Fahrers. Gleichzeitig nimmt der Einfluss der Fahrausführung auf die aktive tätigkeitsbezogene Müdigkeit ab. Anders als beim manuellen Fahren (siehe beispielsweise ECT, 2006; C. C. Liu, Hos- king & Lenné, 2009; Maycock, 1997; Wierwille, Wreggit, Kirn, La Ellsworth & Fairbanks, 1994; Williamson et al., 2011), gibt es bisher wenige Studien, die den Einfluss von Müdig- keit im Zusammenhang mit dem hochautomatisierten Fahren untersuchen. Aufgrund des grundlegenden Unterschiedes einer dauerhaften Fahrtätigkeit bei dem manuellen Fah- ren, wird an dieser Stelle auf die bestehenden Ergebnisse zum manuellen Fahren nicht näher eingegangen. In Bezug auf die Teilautomatisierung gab es bereits zu Beginn der 1990er Jahre erste Versuche zur Übernahme eines Fahrers bei monotonen Umgebungs- bedingungen (Hahn, 1993). In der Studie von Hahn (1993) übernahmen 52 Probanden in weniger als 2.5 s. In einer zweiten Studie aus dem Jahr 1998 wurde der Effekt von Müdigkeit ebenfalls beim teilautomatisierten Fahren analysiert (Desmond, Hancock & Monette, 1998). Hierbei wurden manuelle und teilautomatisierten Fahrten verglichen, bei denen der Fahrtverlauf des Fahrzeugs jeweils aufgrund von Wind oder Automati- onsfehlern korrigiert werden musste. Bei den 40-minütigen Versuchen mit 34 Probanden zeigten sich ähnliche Ergebnisse bei den zwei Automatisierungsstufen hinsichtlich der Fahrmotivation und Müdigkeitsanzeichen. Aus diesem Grunde folgerten Desmond et al. 25 (1998), dass der Müdigkeitseinfluss und die Arbeitsbelastung auf die Beobachterrolle bei der Teilautomation vergleichbar mit dem manuellen Fahren ist. Weitere Studien in- nerhalb der letzten zehn Jahre mit dem Fokus der Untersuchung der Müdigkeit beim teilautomatisierten Fahren folgten (Jamson, Merat, Carsten & Lai, 2013; Körber, Cingel, Zimmermann & Bengler, 2015; Neubauer, Matthews, Langheim & Saxby, 2012; Neubau- er, Matthews & Saxby, 2014; Saxby, Matthews, Hitchcock & Warm, 2007; Saxby et al., 2008). Die Studie von Körber et al. (2015) hatte zum Ziel, den Einfluss eines teilautomati- sierten Systems in Fahrten mit einer Dauer von 42.5 min zu untersuchen. Hierbei wurde ein signifikanter Einfluss der Versuchsdauer auf Messwerte eines Eye-Tracking Systems festgestellt. Eine Auswirkung auf die Reaktionszeit der Probanden bei der Ausführung ei- ner Nebenaufgabe wurde allerdings nicht festgestellt. Jamson et al. (2013) verglichen das Verhalten von Probanden bei manuellen und teilautomatisierten Fahrten in einer Studie mit Messwiederholungen über eine Länge von 45 min. In der Studie war es den Pro- banden freigestellt, Nebentätigkeiten auszuführen und sich von den monotonen Bedin- gungen während der Fahrt abzulenken. Im Vergleich mit dem manuellen Fahren wurden signifikant höhere Perclos-Werte (Percentage of Eye Closure) der Probanden während der teilautomatisierten Fahrten festgestellt. Eine Schlussfolgerung daraus war, dass die Erregungsschwelle der Probanden während der teilautomatisierten Fahrten abnahm. In einer weiteren Studie verglichen Neubauer et al. (2012) Probanden, die entweder manuell fuhren oder während der 35 minütigen Versuchszeit in fünfminütigen Abschnitten eine Automation aktivieren konnten. Aufgrund der notwendigen Überwachung ist die Au- tomation als teilautomatisiert einzustufen. In den letzten fünf Minuten des Versuches, in denen manuell gefahren werden musste, gab es eine Notsituation mit notwendiger Reaktion des Fahrers. Ziel der Studie war es die freiwillige Wahl der Automation und die Auswirkung dieser auf Müdigkeit und Stress zu untersuchen. Ein Ergebnis der Stu- die war, dass die freiwillige Wahl der Automation die subjektiven Rückmeldungen zu Müdigkeit und Stress der Fahrer während der Fahrt und die Fahrleistung dieser nicht verbessern konnte. Probanden, die die Automation während der Fahrt nutzten, hatten langsamere Reaktionszeiten als Probanden, die immer manuell fuhren. In einer Folgestu- die verglichen Neubauer et al. (2014) das Verhalten von 180 Probanden in 40-minütigen Simulatorfahrten bei drei unterschiedlichen Automatisierungsstufen (manuell, assistiert und teilautomatisiert) und Nebentätigkeiten (Spiel, Gespräch mit Freisprecheinrichtung und eine Kontrollgruppe ohne). Die Ergebnisse zeigten geringere Müdigkeiten bei Ne- bentätigkeiten und langsamere Reaktionen bei der Automation. Zwei Studien von Saxby und ihren Kollegen (Saxby et al., 2007, 2008) mit 108 bzw. 168 Probanden untersuchten den Einfluss von aktiver und passiver Müdigkeit auf Fahrer. Passive Müdigkeit wurde durch die Nutzung eines teilautomatisierten Fahrzeugs (vollautomatisiert mit auftreten- den Fehlfunktionen bzw. einer Reaktionsaufgabe) induziert und hatte als Folge, dass die Beschäftigung mit der Aufgabe (englisch: task engagement; energetische Erregung, Motivation und Konzentration) abnahm. Die Versuchszeit in den Studien betrug zehn, 30 bzw. 50 min. Zusätzlich hatten die Fahrer, die das automatisierte System lediglich überwachen sollten, die langsamsten Reaktionszeiten. Als Vergleich diente eine Kontroll- gruppe die selbst fuhr und eine zweite, die zusätzlich auf Windstöße reagieren musste. 26 Insgesamt bestätigen die genannten Studien die Schilderungen von (Vollrath, 2014), der in eigenen Studien eine Abnahme der Erkennungsleistung beim assistierten Fahren feststellte. Er kam aufgrund dessen zu dem Schluss, dass eine gute Assistierung oder Teilautomatisierung mit Systemfehlern ein hohes Risiko darstellt. Eine Lösung die er vorschlug war deshalb, direkt hochautomatisierte Systeme zu nutzen. In einer Studie mit 16 Probanden von Schömig, Hargutt, Neukum, Petermann- Stock und Othersen (2015) fuhren die Probanden bis zu 2.5 h manuell. Sobald die Probanden ein bestimmtes objektives Müdigkeitsniveau auf Basis ihres Lidschlagver- haltens erreichten, fuhren sie die folgenden 15 Minuten automatisiert, automatisiert mit Quiz oder manuell. Im Vergleich dieser Modi wurde das geringste Müdigkeitsmaß des Lidschlagverhaltens bei der automatisierten Fahrt mit Quiz festgestellt. Mit der Be- schreibung von Schömig et al. (2015) ist der Automatisierungsgrad nicht eindeutig be- stimmbar. Studien zur Müdigkeit in Zusammenhang mit dem hochautomatisierten Fahren wurden von (Feldhütter, Gold, Schneider & Bengler, 2017; Jarosch, Kuhnt, Paradies & Bengler, 2017; Miller et al., 2015; Vogelpohl, Vollrath & Kühn, 2017) durchgeführt. So verglichen Feldhütter et al. (2017) die Reaktionen von 31 Probanden in 45 min langen, hauptsächlich hochautomatisierten Fahrten nach einem zusammenhängenden fünf bzw. 20 minütigen hochautomatisierten Fahrabschnitt zum Ende des Versuches. Zusätzlich führte ein Teil der Probanden eine Nebenaufgabe in den hochautomatisierten Phasen aus. Die Auswertungen zeigten signifikant langsamere Reaktionszeiten nach der länge- ren hochautomatisierten Phase allerdings ohne Einfluss auf die Fahrleistung. Zusätzlich gab es je nach Länge des hochautomatisierten Abschnitts einen Unterschied im Blick- verhalten. Die Nebenaufgaben führten zu langsameren Übernahmezeiten ohne Einfluss auf die Fahrleistung nach dieser. In einer hochautomatisierten Fahrsimulatorstudie ver- glichen Jarosch et al. (2017) das Verhalten von 56 Probanden in 30 minütigen Fahrten bei unterschiedlichen Nebentätigkeiten. Die eine Nebentätigkeit bestand aus der Beant- wortung von Quizfragen, die zweite in der Überwachung und Reaktion auf Anzeigen eines Tablet im Fahrzeug. Die Ergebnisse zeigten steigende Werte der KSS, Perclos, Blinkfrequenz und -dauer bei der Überwachungsaufgabe. Bei der Quizaufgabe waren die Werte signifikant geringer. In abschließenden Übergabeszenarien konnten keine Un- terschiede zwischen den Nebentätigkeiten festgestellt werden. In einer weiteren Studie von Miller et al. (2015) mit hochautomatisierten Fahrten zeigten Probanden, welche die Aufgabe hatten, das System zu überwachen, während einer 40 min Fahrt ein signifikant anderes Verhalten als diejenigen, die sich mit Nebentätigkeiten beschäftigten. So stell- ten Miller et al. (2015) bei den Probanden, die das System überwachen sollten, durch eine Videoanalyse vermehrt Anzeichen für Müdigkeit (lange Lidschlüsse, gähnen) fest als bei den Probanden die Nebentätigkeiten ausführten. Die Zahl der Anzeichen nahm zusätzlich über dem Versuchsverlauf zu. Vogelpohl et al. (2017, Kapitel 3) analysierten in ihrer Studie das Verhalten von Probanden bei bis zu 60 minütigen hochautomatisier- ten Fahrten in einer abschließenden Übernahmeaufforderung im Vergleich zu manuellen Fahrten. Die Übernahmesiutation wurde individuell auf Basis des extern bewerteten Müdigkeitszustandes der Fahrer gestartet. Eine Untergruppe der Probanden kam ausge- schlafen Mittags (15 Probanden manuell, 15 hochautomatisert) und die Zweite Abends 27 nach einer Nacht mit wenig Schlaf (maximal fünf Stunden; 15 Probanden manuell, 15 hochautomatisert) zu dem Versuch. Externe Beobachter stellten bei den Probanden die hochautomatisiert fuhren Müdigkeitsanzeichen früher als bei manuellen Fahrern fest. Die jeweiligen Müdigkeitsanzeichen traten hierbei bei Fahrern schneller ein, die den Versuch mit Schlafmangel starteten. Probanden beider hochautomatisierter Gruppen übernah- men die Fahraufgabe ohne Unfallfolgen. Neben den teil- und hochautomatisierten Studien führten (Kreuzmair, Gold & Meyer, 2017) eine Studie zur Untersuchung der Fahrerreaktionen bei langen monotonen vollautomatisierten Fahrten durch. In dieser fuhren 22 Probanden bis zu 2.5 h. Nach dem individuellen Beginn verschiedener Müdigkeitsstadien auf Basis einer Bewertung des Versuchsleiters, wurden durch diesen Übernahmeaufforderungen an die Fahrer gest- artet. Im Gegensatz zum hochautomatisierten Fahren bremste das Fahrzeug in der Über- gabezeit und wäre jeweils zum risikominimalen Stillstand gekommen, wenn Probanden das Fahrzeug nicht übernommen hätten. Im Anschluss an die Übernahme mussten die Probanden (jeweils elf) entweder eine Baustelle durchfahren (einfache Szenarien) oder bei dieser einen Spurwechsel ausführen (schwere Szenarien). Hierbei zeigten sich Ler- neffekte trotz zunehmender Müdigkeit, die zu besseren Übernahmeleistungen bei den wiederholten Übernahmeaufforderungen führten. Ebenfalls konnte eine Korrelation zwi- schen selbst- und fremdbewerteter KSS sowie Perclos und einem Eyelid Closure Index festgestellt werden. Zusätzlich zu den hier zusammengefassten Studien zeigen Cabrall et al. (2016) in ihrer Literaturübersicht zu Vigilanzstudien im Zusammenhang mit Fahrstudien den Fortschritt in der Forschung, ab der bekannten Studie von Mackworth (1948) bis zum aktuellen Fokus auf dem hochautomatisierten Fahren. So wird ein guter Überblick zu unterschiedlichen Studienansätzen, analysierten Signalen und der Möglichkeit zum Ver- gleich zwischen den Studien gegeben. Zusätzlich wird ein Vergleich mit Vigilanzstudien ohne Fahrerbezug präsentiert. Obwohl der Großteil der geschilderten Studien eine kürzere Dauer der Fahrt haben als viele Studien zur Untersuchung der Müdigkeit bei manuellen Fahrten (ein Großteil der Studien zum manuellen Fahren mit dem Fokus auf Müdigkeit haben eine Länge von mehr als zwei Stunden; ECT, 2006), deuten die Ergebnisse auf ein geändertes Verhalten der Probanden bei fortwährender automatisierter Fahrt hin. Aufgrund der aktuellen Entwicklung automatisierter Assistenzsysteme sollte bei allen geschilderten Studien mit automatisierten Fahrten beachtet werden, dass die Sys- temgrenzen in den Versuchen teilweise voneinander abweichen. In den Studien und der Beschreibung dieser wird teilweise nicht geschildert, welche Systeminformationen den Probanden mitgeteilt wurden, ob und wie Nebentätigkeiten aussahen, wie die System- grenzen des hochautomatisierten Systems waren, wie lange Studien wirklich gingen und wie die Einführung vor Versuchsbeginn aussah. Ebenfalls weichen Schilderungen zum Automatisierungsgrad von den Systemdefinitionen ab. So werden Probanden trotz der Nutzung eines hochautomatisierten Systems zu einer Überwachungsaufgabe des Systems gezwungen (bspw. Jamson et al., 2013; Merat, Jamson, Lai, Daly & Carsten, 2014; Miller et al., 2015). Das System bzw. die Auslegung für die Probanden entspricht mit diesem Zwang nur den Voraussetzungen der Teilautomatisierung. 28 4.2.2. Müdigkeit bei der Steuerung automatisierter Transportmittel Betrachtet man andere Transportmittel wie Züge und Flugzeuge, die bereits automati- siert fahren bzw. fliegen, zeigen Forschungsergebnisse, dass die Überwachung den Zug- führer bzw. Piloten in seiner aktiven Tätigkeit entlastet. Auf der anderen Seite sind die- se Überwachungsaufgaben monotoner. Aufgrund der Unterforderung des Piloten oder Zugführers kann dies zu einer erhöhten Müdigkeit und längeren Reaktionszeiten führen (Coblentz, Cabon & Ignazi, 1989). Diese sind zusätzlich abhängig von der Ausführung der Automation (Spring, McIntosh, Caponecchia & Baysari, 2009). Zusätzlich zu dem Einfluss durch das automatisierte Transportmittel wurde der Einfluss von Faktoren wie dem zirkadianen Rhythmus und unterschiedlichen Schichten in Zusammenhang mit der Reaktionszeit, dem Müdigkeitszustand und Reaktionsfähigkeit von Piloten und Zugfüh- rern untersucht (Cabon, Coblentz, Mollard & Fouillot, 1993; Hildebrandt, Rohmert & Rutenfranz, 1974; Kecklund, Åkerstedt, Ingre & Soderstrom, 1999; Torsvall & Åkerstedt, 1987; Verhaegen & Ryckaert, 1986; Samel, Wegmann & Vejvoda, 1997). Die Ergebnis- se der Studien zeigen einen jeweiligen Einfluss der untersuchten Faktoren. Ein weiterer Versuch mit zehn speziell trainierten Lockheed F-117 Piloten von van Dongen, Caldwell und Caldwell (2006) zeigte zusätzlich, dass die untersuchten Piloten trotz des speziellen Trainings und Auswahlverfahrens ähnliche individuelle Unterschiede bei den Anzeichen für Müdigkeit aufwiesen wie die normale Bevölkerung. Im Vergleich mit automatisierten Systemen in Zügen und Flugzeugen sind die Risikofaktoren im Fahrzeug auf der Straße zusätzlich erhöht. So ist der Fahrer eines Fahrzeugs bei der privaten Nutzung nicht durch Arbeitszeitgesetzte an gewisse Pausen-, Ruhe oder maximale Lenkzeiten gebunden. Aufgrund der Verantwortung welche Pilo- ten und Zugführer bei dem Transport von Passagieren oder Gütern haben, sind diese Berufsgruppen für ihre Arbeit speziell ausgebildet (siehe bspw. Flower, 2001). Auch nach ihrer Ausbildung wird laufend der Gesundheitszustand und Ausbildungsstand in Form des Erwerbs von Qualifikationen und Fortbildungen, sowie durch Eignungstests überprüft und aufgefrischt. Anders als in Flugzeugen fährt ein Fahrer in einem Fahr- zeug häufig alleine. Falls weitere Personen im Fahrzeug sitzen, ist deren Möglichkeit die Fahrt selbst zu beeinflussen im Vergleich zu einem Co-Piloten stark eingeschränkt. Trotz der zusätzlichen Anstrengungen, Regularien und Mechanismen den Transport in Zügen und Flugzeugen sicherer zu machen, ist die Müdigkeit ein Risikofaktor. Basis sind Interviews mit Piloten und Zugführern, sowie der Untersuchung von kritischen Fällen und Unfällen (L. Buck & Lamonde, 1993; ComRes, 2013; Edkins & Pollock, 1997). So werden kurze Phasen von Schlaf (Nap) für Piloten als Verbesserung vorgeschlagen und untersucht (Hartzler, 2014). Betrachtet man die genaue Aufgabenstellung an den Piloten und Zugführer im Vergleich zu den Automatisierungsstufen für ein Kraftfahrzeug (siehe Kapitel 2.3), so ist diese vergleichbar mit teilautomatisierten Systemen. Es gibt somit kein Massen-Transportmittel mit einer Anforderung an den Führer die vergleichbar zur hochautomatisierten Fahrzeugführung ist. 29 4.3. Müdigkeitsdetektion des Menschen Kapitel 4.1 zeigt, dass die Auswirkungen von Ursachen für die Müdigkeit sehr komplex sind. Ebenfalls sind die Ausprägungen der Müdigkeit in den Aktionen des Menschen un- terschiedlich. So prägen weitere Einflüsse durch körperliche Bedürfnisse oder die Kultur und Erziehung den Fahrer. Hierdurch unterscheidet sich das Verhalten zum Teil stark von Person zu Person. Die Unterschiede bei den Verhaltensweisen zeigen sich mitunter an der Unterteilung verschiedener Persönlichkeitstypen. Selbst der Mensch, der von Ge- burt an eine Einschätzung der Bedürfnisse seiner Mitmenschen trainiert und den eigenen Zustand zu beschreiben lernt, interpretiert verschiedene Verhaltensweisen jeweils indi- viduell anders. Trotz der individuellen Einflüsse ist die Fremd- und Selbsteinschätzung von Müdigkeit durch den Menschen aufgrund des lebenslangen Trainings ein gutes Maß und wird in der Wissenschaft unter dem Oberbegriff subjektiver Müdigkeitsschätzungen eingesetzt. Hierbei muss ein Proband seinen Zustand entweder selbst bewerten oder wird von anderen Menschen bewertet. Die Person, deren Müdigkeitszustand ermittelt werden soll, wird im Folgenden Zielperson genannt. In der Forschung versucht man mit einer Vielzahl weiterer Messverfahren die ak- tuellen Aktionen des Menschen als Teil seines Müdigkeitszustandes zu verallgemeinern. Hierfür werden Messwerte bzw. Signale von technischen Systemen aufgenommen. Die Si- gnale werden anschließend analysiert, um Zustandsparameter (bspw. Fahrzeugposition, Augenöffnungsgrad) zu detektieren. Hierzu werden die Zustandsparameter auf prägnan- te Merkmale, das Unter- bzw. Überschreiten eines Schwellwertes oder Änderungen über die Messzeit untersucht, die als Indikatoren für den müden Zustand von Menschen die- nen. Aufbauend auf diesen Indikatoren wird der Müdigkeitszustand geschätzt. Basierend auf der Müdigkeitsschätzung kann ein Fahrer durch ein System gewarnt werden. Zu be- achten ist, dass es derzeit kein Detektionsverfahren und keinen Test für die Müdigkeit gibt, der als Goldstandard in der Forschung anerkannt ist (Johns, 1998; Platho, Pietrek & Kolrep, 2013) und Ergebnisse häufig nicht umgesetzt werden (Mackie, 1987). In Be- zug zum manuellen Fahren gab es in diesem Zusammenhang viele Forschungsprojekte, deren Ziel die Detektion der Müdigkeit des Fahrers war. Ziel war es, diesen durch die Detektion rechtzeitig zu warnen. Übersichten zu Studien auf diesem Gebiet wurden von Dong, Hu, Uchimura und Murayama (2011) und Dawson, Searle und Paterson (2014) veröffentlicht. Allgemein werden die Methoden zur Messung der Zustandsparameter als objektive Messverfahren bezeichnet und in drei Untergruppen unterteilt. Die erste Untergruppe bilden leistungsmessende Messverfahren. So wird die Mü- digkeit einer Person indirekt auf Basis der Bewertung der Ausführung einer Tätigkeit (z. B. Lenken, Reaktionszeiten) geschätzt. Bei der zweiten Untergruppe, den invasiven physiologischen Messverfahren, dringt ein Messgerät in den Körper ein oder befindet sich in diesem. Das Messgerät wird eingesetzt, um beispielsweise einen Blutwert über die Zeit zu messen. Aufgrund der Verletzung des Körpers werden invasive physiologische Mess- verfahren hauptsächlich in der klinischen Müdigkeitsdetektion eingesetzt und spielen zur Detektion bei Fahrern eine untergeordnete Rolle. In dieser Arbeit werden sie aus diesem Grund nicht näher betrachtet. Die dritte Untergruppe bilden nichtinvasive physiologi- sche Messverfahren. Diese unterteilen sich zusätzlich in berührungslose Messverfahren 30 Abbildung 4.2.: Generellen Vorgehen zur Zustands- bzw. Müdigkeitsdetektion mit einem objektiven Messsystem und Messverfahren, bei denen die Messtechnik mit dem Körper des zu Messenden ver- bunden ist. Beispielsweise gehören Analysen eines Kameravideos oder Aufnahmen von mit dem Körper verbundenen Elektroden dieser Gruppe an. Balkin, Horrey, Graeber, Czeisler und Dinges (2011); Bhuiyan (2009); Dinges und Mallis (1998) oder Dong et al. (2011) unterteilen die unterschiedlichen Verfahren aus den drei Untergruppen noch zusätzlich entsprechend dem Zeitpunkt der Messung, loka- ler muskulärer Müdigkeit, einer Beeinflussung der Arbeitsbelastung oder der Nutzung eines biomathematischen Modells. Eine Übersicht über das generelle Vorgehen zur Mü- digkeitsdetektion von objektiven Messverfahren ist in Abbildung 4.2 zu sehen. 4.4. Subjektive Messverfahren der Müdigkeit Bei subjektiven Messverfahren zur Müdigkeitsbewertung kann der Müdigkeitszustand zum einen von der einzustufenden Zielperson selbst oder von einem externen Beob- achter bewertet werden. In Referenz zu Abbildung 4.2 ersetzt ein Mensch durch seine Bewertung die Schritte Aufnahme, Signal, Signalverarbeitung, Zustandsparameter und schätzt den Müdigkeitszustand direkt. Bei der Eigen- oder Fremdbewertung wird die Einschätzung häufig auf Basis einer Ordinalskala durchgeführt. Bei der Selbstbewer- tung des Müdigkeitszustandes muss der Fahrer aktiv sein, was zwangsläufig auch dessen Müdigkeit beeinflusst. Aus diesem Grund sollte die Häufigkeit einer Selbstbewertung der Müdigkeit nicht in kurzen Intervallen stattfinden. So stellte E. A. Schmidt (2010, S. 72-101) fest, dass eine verbale Abfrage des Müdigkeitszustandes die Hirnaktivität bis zu zwei Minuten nach der Abfrage beeinflusst. Der Vorteil der Selbsteinschätzung ist, dass der Mensch den eigenen Müdigkeitszustand gut einschätzen kann (Williamson, Fris- well, Olivier & Grzebieta, 2014). So ist einem müden manuellen Fahrer bewusst, dass seine Fahrleistung eingeschränkt ist (Fairclough & Graham, 1999). In wissenschaftlichen Studien wird eine Vielzahl unterschiedlicher Tests zur Müdigkeitsdetektion genutzt. Aus diesem Grund werden an dieser Stelle lediglich die am häufigsten verwendeten Methoden in Müdigkeitsstudien vorgestellt. 4.4.1. Verfahren zur Selbstbewertung des Müdigkeitszustandes • Karolinska Sleepiness Scale Die Karolinska Sleepiness Scale (KSS) besteht aus neun Stufen, wobei die oberste 31 Abbildung 4.3.: Karolinska Sleepiness Scale Stufe (eins) einen sehr wachen Zustand und die unterste Stufe (neun) einen sehr müden Zustand beschreibt (siehe Abbildung 4.3). Die einzelnen Stufen wurden mit „äußerst wach (eins), wach (drei), weder wach noch schläfrig (fünf), schläfrig - ohne Mühe wach zu bleiben (sieben), sehr schläfrig - kämpfe gegen den Schlaf (neun)“ von Åkerstedt und Gillberg (1990, S. 31) erstmals eingeführt und be- schrieben. Die KSS ist eine der am häufigsten eingesetzten Skalen zur subjektiven Müdigkeitsbewertung der vergangenen Jahre (Dong et al., 2011). Die Abfragehäu- figkeit zwischen unterschiedlichen Abfragen variiert in wissenschaftlichen Studien und liegt zwischen zwei und 30 Minuten (Ebrahim, 2016, Kapitel 2.2). In Hinblick auf eine Fahruntüchtigkeit aufgrund des selbsteingeschätzten Müdigkeitszustan- des, wird ein KSS Wert von sieben in Fahrstudien als Schwelle zur Fahrtüchtigkeit gesehen (Ebrahim, 2016; Schramm, Fuchs, Wagner & Bruder, 2009). Eine ähnliche Grenze zogen auch Sommer und Golz (2010) bei der Nutzung einer zehnstufigen Skala, die sie ebenfalls Karolinska Sleepiness Scale nannten. • Stanford Sleepiness Scale Die Stanford Sleepiness Scale hat zwei Stufen weniger als die KSS zur Müdig- keitsbewertung und wurde von Hoddes, Dement und Zarcone (1972) eingeführt und in einer folgenden Publikation näher beschrieben (Hoddes, Zarcone, Smythe, Phillips & Dement, 1973). Die einzelnen Stufen sind beginnend mit „1 = Fühle mich aktiv und vital, aufmerksam, sehr wach;“ bis „6 = Schläfrigkeit, bevorzuge niederzuliegen, Kampf gegen den Schlaf, benommen; 7 = Nahezu im Tagtraum, bald einsetzender Schlaf, verlorener Kampf, um weiter wach zu bleiben“ (Hoddes et al., 1972, S. 150) beschrieben. Die Abstufungen sind mit denen der KSS ver- gleichbar, wobei auch hier die letzten zwei Stufen eine Fahruntüchtigkeit aufgrund der Müdigkeit beschreiben. Ähnlich zur KSS sollte auch die Stanford Sleepiness Scale in Müdigkeitsuntersuchungen diese so wenig wie möglich beeinflussen. So wählten Hoddes et al. (1973) beispielsweise ein Intervall von 15 min. 32 • Visuelle Analogskala Bei der visuellen Analogskala wird dem Probanden eine durchgezogene Linie mit zwei Enden vorgelegt. Die beiden Enden sind jeweils mit den Extrema für Wachheit und Müdigkeit beschriftet. Auf dieser Linie muss die Zielperson ihre Müdigkeit in Relation zu den Enden markieren. Die Müdigkeit wird anschließend als Verhältnis zu den beiden Enden gemessen. Hierbei gibt es unterschiedliche Ausführungsfor- men, wie der Vergleich dreier visueller Analogskalen in Müdigkeitsstudien von Pilcher, Pury und Muth (2003) zeigt. • Epworth-Test zur Tagesschläfrigkeit Im Gegensatz zu den drei zuvor genannten Verfahren bewertet sich ein Proband mit dem Epworth-Test zur Tagesschläfrigkeit nicht zu festgelegten Zeitpunkten während einer Studie. Ihm werden bereits vor der Studie acht Fragen zur generel- len Einschlafneigung in verschiedenen Situationen (Sitzend lesen, fernsehen, in der Öffentlichkeit sitzen, als Beifahrer im Auto, liegend in der Mittagszeit pausieren, sitzende Unterhaltung, in Ruhe nach einem Mittagessen sitzen, als Fahrer im Stau) gestellt. Der Test wurde von Johns (1991) entwickelt und von ihm in einer Stu- die mit 180 Probanden (150 mit Schlafstörungen) getestet. Je nach Rückmeldung der Probanden werden die Antworten mit einer Zahl von null bis drei bewertet. Die Rückmeldungen werden anschließend aufsummiert und spiegeln je nach Sum- me die allgemeine Einschlafneigung einer Person wieder. Ein Proband mit einem Wert unterhalb von zehn wird als wacher Typ eingestuft (Čolić, Marques & Furht, 2014). Ab 16 besteht generell eine hohe Gefahr des Probanden tagsüber einzuschla- fen. Verwey und Zaidel (2000) stellten bei der Nutzung von Persönlichkeitstests wie dem Epworth-Test einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Fahrfehlern und Persönlichkeitstypen fest. Im Gegensatz zu den anderen Verfahren wird mit dem Epworth-Test die Tendenz tagsüber einzuschlafen erfasst. Diese Untersuchung kann somit nicht für eine Müdigkeitsdetektion während der Fahrt eingesetzt wer- den. 4.4.2. Verfahren zur Fremdbewertung des Müdigkeitszustandes Bei der Fremdbewertung des Müdigkeitszustandes bewerten externe Beobachter den Zu- stand einer Person auf Basis aufgenommener Videos oder durch die aktive Beobachtung der Person während einer Fahrt. Im Allgemeinen ist dieses Vorgehen in der Wissen- schaft als Labelling bekannt. Häufig kommt dieses Verfahren zur Genauigkeitsbestim- mung eines Sensors und dessen zugehöriger Algorithmen zum Einsatz. Hierzu wird der Sensorwert mit einem realen Vergleichswert (Ground Truth) verglichen. Vor der Fremd- bewertung durch Beobachter (auch Bewerter/Rater/Labelling Experten genannt) ist es wichtig, dass diese die gleiche Bewertungsgrundlagen haben. Aus diesem Grund werden die Labelling Experten im Vorfeld ihrer Tätigkeit geschult. Zusätzlich werden Ausschnit- te, die gelabelt werden, mehrmals von verschiedenen Labelling Experten bewertet, um die Ergebnisse zu validieren und Unterschiede im Verständnis der Bewertungsgrundlage aufzudecken. Auch werden dieselben Abschnitte einem Labelling Experten manchmal 33 auch mehrfach gegeben, um zu überprüfen, wie hoch die Test/Retest-Reliabilität ist. Beispielhaft untersuchten dies Wierwille und Ellsworth (1994) mit sechs Labelling Ex- perten und fanden eine große Konsistenz der Ergebnisse zwischen einzelnen Experten. Für die Müdigkeitsbewertung von Fahrern durch Labelling Experten gibt es kein Bewertungssystem, das einheitlich von einer Vielzahl von Forschern eingesetzt wird. Wierwille und Ellsworth (1994) nutzten beispielsweise eine fünfstufige visuelle Analog- skala. Karrer-Gauß (2011) bewertete Probanden anhand einer vierstufigen Müdigkeits- skala mit mehreren Indikatoren für verschiedene Müdigkeitsstufen als Bewertungskrite- rium. Als nicht müde bewertet wurden Probanden mit schnellen Lidschlägen (< 0.5 s), schnellen Blicken, einem normalen Gesichtstonus, gelegentlichen Körperbewegungen und kleineren Lenkradbewegungen. Als müde galten Probanden mit längeren Lidschlüssen (0.5 - 1 s), selten ausgeführten Sakkaden, häufigeren Lidschlägen, geringerem Gesichtsto- nus, Augenreiben, Gesichtsreiben, Grimassieren, Kratzen und ruhelosem Hin- und Her- rutschen im Sitz. Sehr müde galten Probanden bei langen Lidschlüssen (1 - 2 s), bei seit- wärts rollenden Augen, seltenen Lidschlägen, einem geringen Gesichtstonus, nur verein- zelten Körperbewegungen, einer bequemen Position im Sitz und nur vereinzelten großen Lenkradbewegungen. Bei auftretendem Sekundenschlaf, überlangen Lidschlüssen (> 2 s), keinen Körperbewegungen, im Übergang zum Sekundenschlaf, ruckartigen Körperbewe- gungen und Wiederaufrichten des Kopfes/Körpers galten Probanden als extrem müde (Karrer-Gauß, 2011, S. 66). Diese Bewertungen decken sich mit den Anzeichen von Mü- digkeit von Sundelin et al. (2013). Ein großer Nachteil aller subjektiven Messverfahren, die ein Labelling erfordern, ist der hohe Aufwand der Bewertung. Speziell in sehr langen Fahrstudien mit großen Mengen aufgenommener Daten ist eine präzise Bewertung durch mehrere Experten sehr aufwendig. Aus diesem Grund kommt dieses Verfahren selten zum Einsatz. 4.5. Detektion der müdigkeitsbedingten Abnahme der Leistungsfähigkeit • Messung der tätigkeitsbezogenen Leistung Zur Messung von leistungsabhängigen Größen wird die Ausführung einer Tätig- keit des Menschen aufgezeichnet. Aufgrund der abnehmenden Leistung mit zuneh- mender Müdigkeit (Mullaney, Fleck, Daira & Kripke, 1985), wird diese Messung zur Müdigkeitsdetektion herangezogen. Die Größen basieren im allgemeinen auf dem Lenk-, Spurhalte-/Spurverlassens- und Geschwindigkeitsverhalten des Fah- rers (Forsman, Vila, Short, Mott & van Dongen, 2013; Otmani, Pebayle, Roge & Muzet, 2005; C. C. Liu et al., 2009). Ergebnis eines Vergleiches von 87 verschiede- ne Kennzahlen zum Fahrverhalten von Forsman et al. (2013) war, dass vor allem die Variabilität des Lenkverhaltens zur Detektion einsetzender Müdigkeit benutzt werden kann. Für Friedrichs und Yang (2010b) stellte die mittlere Geschwindigkeit des Lenkwinkels den sensitivsten Müdigkeitsindikator im Vergleich von 31 Kenn- zahlen dar. 34 Ein Vorteil dieser Messverfahren ist, dass die Tätigkeit und somit die genutz- ten Messgrößen das direkte Verhalten während der Tätigkeit des Menschen wider- spiegeln. Eine Schwierigkeit hierbei ist, dass sich die Tätigkeit nicht nur müdig- keitsbedingt ändert, sondern auch das generelle Verhalten mit einfließt (C. C. Liu et al., 2009). Im Gegensatz zu subjektiven Messverfahren muss die Zielperson oder ein Bewerter nicht zusätzlich geschult werden. Im Gegensatz zu externer Messtech- nik oder subjektiven Abfragen wird die Zielperson auch nicht daran erinnert, dass sie sich unter Beobachtung befindet. Aufgrund der einfachen Umsetzung dieser Verfahren während des manuellen Fahrens, kommen diese Verfahren häufig als Se- riensystem zur Müdigkeitsdetektion im Fahrzeug zur Anwendung. Eine Übersicht der Anwendungen in Seriensystemen ist in Kapitel 4.7 zu finden. • Messung des Müdigkeitszustandes mit Leistungstests Ein großer Nachteil der tätigkeitsbezogenen Messverfahren ist, dass diese in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen nur stichprobenartige Aussagen zum Müdig- keitsprozess durch die Kopplung mit den Studienbedingungen liefern. So kann sich das Straßenprofil von Studie zu Realität stark unterscheiden oder Hindernisse und der Gegenverkehr das Lenkverhalten zusätzlich beeinflussen. Aus diesem Grund wurden Leistungstests entwickelt, die zusätzlich zu einer Tätigkeit eingesetzt wer- den können. Zum Einsatz kommen beispielsweise Reaktionstests auf Lichtsignale, mathematische Aufgaben, Kodieraufgaben, Logiktests, Tests des Kurzzeitgedächt- nisses oder Unterscheidungsaufgaben von akustischen Signalen (Angus & Hesle- grave, 1985). Speziell in Langzeituntersuchungen zum Müdigkeitsverhalten unter Schlafentzug (Babkoff et al., 1985; Englund, Ryman, Naitoh & Hodgdon, 1985) oder zum Test des Effekts von kurzem Schlaf nach Schlafentzug (Haslam, 1985; Webb, 1985) kommt eine Vielzahl dieser Verfahren zum Einsatz. Ebenfalls wird der Einfluss der Müdigkeit auf Leistungstests wie Liegestützen untersucht (Pleban, Thomas & Thompson, 1985). Die beiden gebräuchlichsten Leistungstests sind der Psychomotorische Vigilanztest und der Mackworth Clock-Test. Bei dem Psychomotorischen Vigilanztest muss die Zielperson in einem Zeit- raum von zehn Minuten möglichst schnell eine Taste betätigen, wenn sich Zahlen in zufälligen Intervallen von drei bis sieben Sekunden auf einem Display ändern. Zur Müdigkeitsanalyse werden die Reaktionszeit und die Fehler ausgewertet. Der von Mackworth (1948) entwickelte Vigilanztest besteht aus einem Zei- ger, der sich ähnlich einem Sekundenzeiger im Kreis auf einer Scheibe bewegt. Der Zeiger bewegt sich dabei in 100 fortlaufenden Positionen in gleich großen Abstän- den in 100 s im Kreis. In zufällig gewählten Zeitpunkten springt der Zeiger anstatt eine Position zwei Positionen weiter. Sobald dies eintritt, soll die Zielperson eine Taste drücken. Wie beim Psychomotorischen Vigilanztest werden Reaktionszeit und Fehler ausgewertet. Durch die einfache Durchführung und die große Zahl bestehender Studien, die den Psychomotorischen Vilgilanztest oder Mackworth Clock-Test bereits einge- setzt haben, kann man den Müdigkeitszustand der Zielperson anhand der Leistung in den Tests gut einschätzen. Der Nachteil bei den Tests ist, dass nicht abgeschätzt 35 werden kann, welchen Effekt die Gewöhnung der Personen an diese hat. Ebenfalls ist nicht bekannt, wie das Ergebnis beeinflusst wird, wenn die Motivation einer Per- son zur Teilnahme an den Tests abnimmt. So kann es sein, dass das Engagement und die Schnelligkeit bei der Durchführung speziell nach einer häufigen Wieder- holung des Tests durch Langeweile und fehlende neue Reize abnimmt. Ebenfalls muss die ursprüngliche Tätigkeit für Leistungstests unterbrochen werden. Neben den vorgestellten Tests und Verfahren werden in Müdigkeitsuntersuchungen eben- falls der multiple Schlaflatenztest oder der multiple Wachbleibetest eingesetzt (Carskadon, 1986; Johns, 1998). Diese Tests werden hauptsächlich in klinischen Untersuchungen wie zur Analyse von Schlafkrankheiten durchgeführt. Da diese Tests in Fahrstudien nicht praktikabel sind, werden sie nicht näher erläutert. Auch werden kognitive Tests einge- setzt, deren Eignung zur frühzeitigen Erkennung der Fahrermüdigkeit allerdings fraglich ist (Williamson, Feyer, Mattick, Friswell & Finlay-Brown, 2001). Eine umfassende Über- sicht zu diesen Verfahren ist in Weeß et al. (2000) und Čolić et al. (2014) zu finden. Für eine weitere umfassende Übersicht über die meist zitierten Fahrstudien mit Vigilanz- tests aus dem letzten halben Jahrhundert wird auf die Arbeit von Cabrall et al. (2016) verwiesen. 4.6. Physiologische Messverfahren zur Müdigkeitsdetektion • Hirnaktivität Eine häufig verwendete Methode zur Untersuchung des Menschen in Zusammen- hang mit Schlaf und Müdigkeit ist die Messung der Hirnaktivität mit Hilfe der Elektroenzephalografie (EEG). Hierzu werden mehrere Elektroden auf der Kopf- haut angebracht, die die elektrische Aktivität des Gehirns messen. Die aufgenom- menen Signale werden nach der Messung im Frequenzspektrum in mehrere soge- nannte Bänder unterteilt. Zur Schätzung der Müdigkeit von Fahrern wird häufig das Signal des Alpha-Bandes (8-12 Hz) betrachtet und die Wellenform der Signale (Spindeln) anhand der Spindelrate, -dauer, -amplitude oder -frequenz genauer ana- lysiert. Speziell das Signal des Alpha-Bandes eignet sich zur Müdigkeitsdetektion (E. A. Schmidt, 2010, Studie 1, 2 und 3), korreliert mit der Fahrleistung (Lin et al., 2005) und kann zusammen mit dem Theta-Band (4-8 Hz) zur Schätzung der Arbeitsbelastung genutzt werden (Lei, 2011). • Herzrate Zur Müdigkeitsdetektion auf Basis der Herztätigkeit wird hauptsächlich die Elek- trokardiografie (EKG) eingesetzt (Kranjec, Beguš, Geršak & Drnovšek, 2014). Hierbei messen Elektroden am Körper den Herzschlag. Aus den aufgenommenen Spannungssignalen werden anschließend weitere Parameter wie die Herzratenva- riabilität abgeleitet. Speziell dieser Parameter dient als Indikator des Müdigkeits- zustandes, da er sich zwischen wachen und müden Phasen signifikant unterscheidet 36 (Chua et al., 2012; Tran, Wijesuriya, Tarvainen, Karjalainen & Craig, 2009; Zhao, Zhao, Liu & Zheng, 2012). • Hautleitwert Der Hautleitwert spiegelt die elektrische Leitfähigkeit der Haut wieder und wird maßgeblich durch austretenden Schweiß aus den Schweißdrüsen beeinflusst. Er wird mit Hilfe von Elektroden auf der Haut gemessen und als Müdigkeitsindikator ein- gesetzt (Bundele & Banerjee, 2009). • Stimmanalyse Durch die Analyse der Stimmencharakteristik von Personen kann man ebenfalls auf deren Müdigkeitszustand schließen. Mit zunehmender Müdigkeit ändern sich einzelne Töne wie „p“, „t“ und Buchstaben, die viel Luft zur Formulierung brau- chen (Greeley et al., 2007; Krajewski, Batliner & Golz, 2009). Diese können in den Aufzeichnungen eines Mikrofons analysiert werden. • Pupillometrie Zur Messung des Pupillendurchmessers wird die Pupille von Kameras aufgezeich- net und anschließend in den Kamerabildern vermessen. Durch die Entwicklung im Bereich der Bildverarbeitung werden dazu heutzutage hauptsächlich automatisier- te Verfahren verwendet. Der Durchmesser der Pupille variiert bei Erwachsenen zwischen zwei und acht Millimetern (Young & Sheena, 1975). Durch die Analyse des Durchmessers der Pupille über die Zeit kann ein Rückschluss auf die Müdigkeit des Menschen getroffen werden (Hoeks & Levelt, 1993; Wilhelm et al., 1999). An- fällig sind diese Messungen allerdings für verschiedene Blickrichtungen, die nicht immer ausreichend berücksichtigt werden (Brisson et al., 2013). Hierzu sind detail- lierte Modelle des Auges, wie das von Hayes und Petrov (2016) nötig. Genutzt wird die Messung der Pupillengröße unter anderem in dem pupillographischen Schläf- rigkeitstest (Weeß et al., 2000). • Lidschläge Zum Schutz und zur Befeuchtung der Augen hat der Mensch ein oberes und ein unteres Lid, die bei Lidschlägen vor den Augapfel geschoben werden. Einsetzende Müdigkeit beeinflusst die Zeit des normalen Lidschlages während des manuellen Fahrens und kann deshalb genutzt werden, um den Müdigkeitszustand des Fahrers zu schätzen (T. L. Morris & Miller, 1996; Picot, Charbonnier & Caplier, 2012). Zur Aufzeichnung des Lidschlagverhaltens stehen unter anderem folgende Methoden zur Verfügung: - Menschliche Bewerter (Labelling Experten) - Elektrookulografie (EOG) - Kamerabasierte Lidschlagdetektion - Elektromyografie - Reflektionen von Infrarotlicht 37 - Magnetische Spulen - Verbindungen mit dem Augenlid Außer den menschlichen Bewertern erzeugen alle Verfahren im ersten Schritt ein Signal, dass die Position der Lider direkt oder indirekt über die Zeit beschreibt. Zur Detektion des Lidschlages in den Signalen ist je nach Messtechnik ein speziel- les adaptives Verfahren zur Signalverarbeitung notwendig. Generell sind Ansätze zur Detektion des Lidschlages in den Signalen schwellwertbasierte Verfahren (z.B. Colzato, van Wouwe & Hommel, 2007; Divjak & Bischof, 2009; Grauman, Bet- ke, Gips & Bradski, 2001), Filterverfahren (z.B. Grauman et al., 2001; Jammes, Sharabty & Esteve, 2008; Pander, Przybyla & Czabanski, 2008), Transformations- verfahren (z.B. Benoit & Caplier, 2010; Malik & Smolka, 2014) oder Verfahren basierend auf Detektionen lokaler Extremwerte im Signal (z.B. Malik & Smolka, 2014; Radlak & Smolka, 2012; Veltman & Gaillard, 1996). Abhängig von der Si- gnalgüte und der Qualität der Signalverarbeitung können Lidschläge und weitere Informationen zu diesen (z.B. Startzeitpunkt, Geschwindigkeit des Lidschließens, Dauer des Lidschlusses) detektiert werden (Picot et al., 2012). Speziell längere Fahrten und Videos erhöhen den Aufwand für eine Einzelbildauswertung durch Labelling Experten schnell. Aus diesem Grund wird die Erkennung von Lidschlä- gen fast immer automatisiert. Änderungen im Lidschlagverhalten werden mit be- kannten Anzeichen von Müdigkeit verglichen und die Müdigkeit anhand dieser Änderungen geschätzt. In Fahrstudien, die das Lidschlagverhalten der Fahrer untersuchen, werden von den beschriebenen Aufnahmeverfahren hauptsächlich EOG und Kameraauf- nahmen genutzt (T. L. Morris & Miller, 1996; Picot et al., 2012). EOG gilt dabei aufgrund der sehr hohen Aufnahmefrequenz als verlässliches Verfahren. Auf der anderen Seite sind Bilder mit einer Kamera einfacher aufzunehmen und bieten speziell im Fahrzeug Vorteile, da die Aufnahme auch ohne Befestigung von Elek- troden am Fahrer erfolgen kann. • Kopfbewegungen Es wird auch die Kopfposition des Fahrers als Indikator für seinen müden Zu- stand herangezogen. Eine generelle Übersicht über den Nutzen der Kopfposition in diesem Zusammenhang wurde von Popieul, Simon und Loslever (2003) zusam- mengestellt. In Studien zeichnete sich die Variation der Kopfposition (Popieul et al., 2003) oder die exponentiell gewichtete Varianz der Frequenz von Nickbewe- gungen (Friedrichs & Yang, 2010a) als sensitive Parameter zur Bestimmung der Müdigkeit aus. Um die Kopfposition zu messen, werden unter anderem optische Verfahren eingesetzt, bei denen die Bestimmung der Position über eine Triangu- lation von zwei Kameras zu mehreren am Kopf angebrachten Punkten erfolgt. Weitere Systeme basieren auf Ultraschallmessungen, der Änderung des elektro- magnetischen Felds oder mechanischen Sensoren mit flexiblen Verbindungen zum Kopf (Young & Sheena, 1975). 38 • Gähnen Oft wird einsetzendes Gähnen eines Menschen mit seinem müden Zustand in Ver- bindung gebracht. Bis heute ist der genaue Grund des Gähnens noch nicht ein- deutig geklärt. So gibt es eine starke Abhängigkeit zwischen dem Dopaminlevel und dem Auftreten von Gähnen. Auch wird angenommen, dass das Gähnen ei- ne reflexartige Antwort bei Monotonie zur Steigerung der Vigilanz ist (Daquin, Micallef & Blin, 2001). Zur Müdigkeitsdetektion wird das Auftreten von Gähnen häufig mit einer Kamera aufgenommen und über eine Bildverarbeitung ausgewer- tet (Abtahi, Hariri & Shirmohammadi, 2011). • Hand- und Körperbewegungen Zur Detektion des Müdigkeitszustandes werden nicht nur Bewegungsmuster des Kopfes oder von Kopfpartien aufgezeichnet. Daneben werden auch Sensoren zur Bewegungsmessung der Arme, Hände und des Körpers eingesetzt. Hierzu werden entweder Kamerabilder mit Hilfe einer Bildverarbeitung, oder Positionsdaten von Sensoren am Körper des Fahrers ausgewertet und zur Müdigkeitsdetektion einge- setzt (A. Buck, Tobler & Borbély, 1989; Cole, Kripke, Gruen, Mullaney & Gillin, 1992; Pollak, Tryon, Nagaraja & Dzwonczyk, 2001). Neben der Nutzung von Einzelverfahren werden diese zur Verbesserung der Müdigkeits- detektion auch kombiniert. So konnten Teyeb, Jemai, Zaied und Amar (2014) beispiels- weise die Müdigkeitsdetektion eines Verfahrens basierend auf Parametern aus dem Au- genbereich der Fahrer durch eine Kombination mit Paramtern zur Kopfposition um fast zehn Prozent steigern. Weitere Methoden koppeln die subjektiven und objektiven Verfahren wie der Karolinska Drowsiness Score von Gillberg, Kecklund und Åkerstedt (1996). Bei diesem werden objektiv aufgenommene Signalverläufe (beispielsweise Au- genbewegungen, Hirnaktivität) in 20 s-Abschnitte unterteilt. Diese Abschnitte werden wiederum in zehn äquivalente Zeitabschnitte von zwei Sekunden geteilt und die Signal- verläufe von Labelling Experten auf Müdigkeitsanzeichen anhand der Bewertungsregeln von Rechtschaffen und Kales (1968) bewertet. Je nach Anzahl der Abschnitte über zwei Sekunden mit einer Einstufung als müde, wird der Proband im Gesamtabschnitt als mü- de eingestuft. Hu und Zheng (2009) nannten beispielsweise einen Schwellwert von mehr als zehn von zwanzig Sekunden als ein Zeichen für einsetzende Müdigkeit. 4.7. Aktuelle Fahrerbeobachtungssysteme 4.7.1. Müdigkeits- und Aufmerksamkeitserkennung im Kraftfahrzeug Um dem müden Fahren entgegen zu wirken und den Fahrer zu warnen, wurden von den Automobilherstellern verschiedene Müdigkeitswarnsysteme entwickelt. Der Großteil die- ser Systeme nutzt zur Müdigkeitsdetektion die tätigkeitsbezogene Abnahme der Fahrleis- tung des Fahrers (siehe Kapitel 4.5). Als Leistungsmaße werden von den Seriensystemen 39 das Lenkwinkelsignal (Daimler AG, 2008; Volkswagen AG, 2016), die Spurhalteeigen- schaften des Fahrers (Ford, 2010) oder beides zusammen (Volvo Car Corporation, 2014) detektiert und verwendet. Diese Signale werden zusätzlich mit Informationen, wie der Betätigung von Tasten oder der Fahrtzeit gekoppelt. Alle genannten Systeme schließen indirekt auf den Müdigkeitszustand des Fahrers, da sie nicht den Fahrer selbst, sondern seine Handlungen (Lenken, Spurhaltung) analysieren und bewerten. Da die Sensoren zur Spurhaltung und zur Messung des Lenkwinkelsignals in einem Großteil der Serienfahr- zeuge bereits vorhanden sind, werden die Systeme zur Müdigkeitserkennung in vielen Fahrzeugen serienmäßig angeboten. Darüber hinaus bot über lange Zeit lediglich Toyota ein System zur Aufmerksam- keitserkennung als Sonderausstattung an, dass den Fahrer mit einer Kamera aufzeichnet. Das System von Toyota wurde erstmal 2006 als Sonderausstattung zusammen mit ei- nem Pre-Collision System eingeführt (Toyota Motor Corporation, 2017). Eine Kamera detektiert bei diesem System, ob der Fahrer aktuell auf die Straße schaut und die Au- gen geöffnet hat. Falls dies für einen gewissen Zeitraum nicht mehr gegeben ist und das Fahrzeug eine mögliche Kollision erkennt, warnt das System den Fahrer frühzeitig. In dieser Ausführung fungiert das System deshalb als Warnsystem anstatt als System zur frühzeitigen Müdigkeitswarnung. Seit 2009 bietet der Lastkraftwagenhersteller Hino dasselbe System wie Toyota an (Hino Motors, 2009). Dieses wird von Denso zugelie- fert (Denso, 2017). Caterpillar bietet mehrere Systeme zur Überwachung des Fahrers und zur Detektion von Müdigkeit an (Caterpillar Inc, 2017). Mit Hilfe eines Aktigraphs wird der Aktivitäts- und Ruhezyklus der Fahrer analysiert, um ein Maß für den Mü- digkeitszustand dieser auszugeben. Zusätzlich wird mit einem Kamerasystem der Firma Seeing Machines der Augenöffnungsgrad und die Kopfposition des Fahrers analysiert. Wird ein abgelenkter oder müder Fahrer detektiert, wird dieser über Sitzvibrationen und/oder akustische Warnungen gewarnt. Darüber hinaus werden spezielle Schulungen für die Mitarbeiter angeboten, um Unfälle durch Müdigkeit zu verhüten (Caterpillar Inc, 2017). Neben den beschriebenen Seriensystemen gibt es eine große Anzahl weiterer Sys- teme, die nachträglich in ein Fahrzeug eingebaut werden könnten (Grace & Steward, 2001; Dawson et al., 2014). So könnte eine Vielzahl der Systeme aus Forschungsarbeiten zur Müdigkeitserkennung auch für eine erfolgreiche Erkennung im Fahrzeug während der Fahrt eingesetzt werden. Anstatt die Systeme aus Forschungsstudien direkt in einem Echtzeitverfahren zu testen und den Fahrer zu warnen, werden die Daten oft erst im Anschluss an die Datenerhebung ausgewertet (vgl. Dinges & Grace, 1998; Friedrichs & Yang, 2010a; Wierwille et al., 1994). So ist es fraglich, ob die Systeme die Warnung auch in der Anwendung rechtzeitig ausgeben und wie der Fahrer auf eine Müdigkeitswarnung zu dem jeweiligen Zeitpunkt reagieren würde. In ihrer Literaturübersicht beschreiben Dawson et al. (2014) insgesamt 16 Sys- teme zur Müdigkeitserkennung. Diese basieren neben den in Kapitel 4.5 vorgestellten Verfahren zum Teil zusätzlich auf der Nutzung der Geschwindigkeit von Augenbewe- gungen oder des Pupillenreflexes. Dawson et al. (2014) merken an, dass es trotz der bisherigen Anstrengungen und Studien keine Detektionsmethode gibt, die aus wissen- schaftlichen Gesichtspunkten die Müdigkeit des Fahrers sicher erkennen kann. Schon 40 17 Jahre vor ihm diskutierte I. D. Brown (1997) die unterschiedlichen Aspekte hierbei ausführlich. Als Grund von Dawson et al. (2014) auch 17 Jahre später hierbei keinen erkennbaren Fortschritt erreicht zu haben wird die Schwierigkeit genannt, Müdigkeit bei Menschen vorherzusagen, zu erkennen und in ein kommerzielles Produkt zu integrieren. Zusätzlich gibt es zu einem Großteil existierender Messsysteme keine wissenschaftliche Validation der spezifischen Erkennungsleistung. Auf dieser Basis und mit der geringen Zahl an durchgeführten Studien mit einzelnen Messtechniken erfüllt „keine der derzeiti- gen Technologien zur Müdigkeitsdetektion alle definierten regulatorischen Kriterien, um als rechtlich und wissenschaftlich zuverlässiges Gerät zu gelten“ (Dawson et al., 2014, S. 150). Neben den Systemen zur Müdigkeitsdetektion und Detektion des Fahrerzustandes vor einem möglichen Zusammenstoß gibt es insbesondere beim teilautomatisierten Fah- ren noch weitere Systeme im Fahrzeug zur Zustandsüberwachung des Fahrers. Hierbei werden hauptsächlich Systeme eingesetzt, die erkennen ob der Fahrer seine Hände am Lenkrad hat (sogenannte Hands-on bzw. Hands-off Detektion siehe Daimler AG, 2017a; BMW AG, 2017). Die Systeme analysieren hierzu das Drehmoment des Lenkrades oder den Druck, den eine Hand auf das Lenkrad ausübt. Diese Systeme sollen den Fahrer an seine Verpflichtung erinnern, das teilautomatisierte System bei dessen Fahrausführung zu überwachen und nötigenfalls zu (über)steuern (Economic Commission for Europe, 2014; Deutscher Bundestag, 2016). Ab Herbst 2017 wird das teilautomatisierte System Super Cruise von Cadillac in einem Fahrzeug angeboten, dessen Funktion an die Aufnah- me einer Infrarotkamera gekoppelt ist (General Motors AG, 2017). Die Infrarotkamera überwacht, ob die Kopfposition des Fahrers auf die Straße gerichtet ist. Ist dies während der Aktivität von Super Cruise nicht der Fall, so wird der Fahrer mit Hilfe eines blin- kenden grünen Lichts hingewiesen, die Straße zu beobachten. Falls das System erkennt, dass der Fahrer die Straße für längere Zeit nicht beobachtet, signalisiert es dem Fahrer, dass dieser die Fahrt manuell fortsetzen muss. Ebenfalls plant Audi ein hochautomati- siertes System für langsame Fahrten (bis 60 km/h) einzuführen, bei dem eine Kamera die Position, Bewegung und Lidschlag des Fahrers überwacht (Audi AG, 2017). Je nach Verhalten des Fahrers wird dieser aufgefordert, das System wieder zu übernehmen. 4.7.2. Aktuelle Beobachtungssysteme in anderen Verkehrsmitteln In Zügen, Flugzeugen oder Schiffen sind bereits seit längerer Zeit automatisierte Funk- tionen zur Fahrt oder dem Flug verfügbar und im Einsatz. Aufgrund der hohen Verant- wortung für die Passagiere, die hohe finanzielle Verantwortung bei Gütertransporten und den schwerwiegenden Folgen eines Unfalls wurden bei diesen Verkehrsmitteln besondere Vorkehrungen getroffen. Der Fahrt- und Flugverlauf der Verkehrsmittel wird laufend von Kontrollstationen überwacht und gesteuert. Im Luftverkehr sind dies regional zuständi- ge Kontrollstationen mit Fluglotsen. Im Schienenverkehr ist dies der Zugleitbetrieb mit Zugleitern und bei der Schifffahrt See- und Hafenlotsen. Die Fluglotsen und Zugleiter haben dabei den Flug- oder Streckenverlauf und die Position von mehreren Flugzeugen oder Zügen im Blick und leiten die Piloten bzw. Zugfahrer für einen sicheren Flug bzw. Fahrt an. Zusätzlich stehen sie im Funkkontakt und können mündlich den Zustand der 41 Piloten und Lokführer erfragen, sowie Anweisungen erteilen. In größeren Flugzeugen gibt es darüber hinaus immer zwei Piloten, die den Flug steuern und absichern. Neben der Funkverbindung zu dem Lotsen gibt es im Flugzeug keine weitere Pilotenüberwachung. Bei Schiffen gibt es lediglich einen Schiffsführer, der eine automatisierte Fahrt auf See überwachen muss. In Zügen gibt es darüber hinaus zusätzliche Vorrichtungen, die eine Fahrt absichern und den Zugleiter in den Regelkreis der Fahrzeugführung einbinden. Diese sollen die dauerhafte Aufmerksamkeit der Lokführer sicherstellen. Die Vorrichtun- gen unterscheiden sich historisch bedingt zum Teil stark von Land zu Land und änderten sich im Laufe der Jahre (Oman & Liu, 2006). An dieser Stelle werden lediglich die in Deutschland eingesetzten Techniken vorgestellt: • Sicherheitsfahrschaltung In der DIN 0119-207-5 (2016) ist die Sicherheitsfahrschaltung (Sifa) für Züge ge- regelt. Es gibt vier Unterformen der Sifa: Die Zeit-, Zeit-Weg-, Zeit-Zeit- und Aufforderungs-Sifa. Bei allen Ausführungsformen muss der Lokführer aktiv eine Rückmeldung in Form eines Tastendrucks geben oder bei einem kontinuierlich ge- drückten Taster diesen auf Aufforderung kurzzeitig loslassen. Hierzu wird er durch einen Leuchtmelder visuell aufgefordert. Als zusätzliche Dringlichkeitsstufe wird der Lokführer je nach Bauart der Sifa nach einem Zeitintervall von 2 - 2.5 s zu- sätzlich durch den akustischen Melder zur Rückmeldung aufgefordert. Sollte der Lokführer je nach Bauart der Sifa innerhalb von 5 - 6 s keine Rückmeldung geben, so wird automatisch ein Bremseingriff gestartet und der Antrieb des Triebfahrzeugs abgeschaltet. Das Intervall zwischen zwei Sifa-Abfragen beträgt je nach Bauart und Zeitpunkt der Rückmeldung circa 30 s. • Zugbeeinflussung Lokführer haben neben der Rückmeldung auf die Sifa die Aufgabe auch strecken- abhängig weitere Zugbeeinflussungen zu bestätigen. Dies sind Sicherheitsvorkeh- rungen mit denen kontrolliert wird, ob ein Zug die richtige Geschwindigkeit und die Erlaubnis hat auf dem aktuellen Streckenabschnitt zu fahren. Die entsprechenden Richtlinien sind in der DIN 0119-207-6 (2017), DIN 0119-207-7 (2016) und DIN 0119-207-8 (2004) beschrieben. Diese Sicherheitssysteme lösen eine automatische Bremsung aus, falls ein Lokführer ein Signal ohne Berechtigung bzw. Bestätigung überfährt oder eine zu hohe Geschwindigkeit hat. Je nach Situation ist es dem Lokführer erlaubt, sich aus der Signalüberwachung zu befreien. Hierzu ist eine ak- tive Signalbestätigung seinerseits nötig. Hierdurch sollen Betriebsbehinderungen verhindert werden. 4.7.3. Systemvoraussetzungen zur Fahrerbeobachtung für das hochautomatisierte Fahren Laut Balkin et al. (2011) hat ein ideales System zur Müdigkeitserkennung drei Eigen- schaften: 42 • „Es prädiziert den müden Zustand eines Fahrers auf Basis der verantwortlichen Faktoren, bevor es eine Abnahme dessen Leistung aufgrund der Müdigkeit gibt. • Es kann die Müdigkeit/Leistung im normalen Arbeitsumfeld messen und beobach- ten. • Es hat die Möglichkeit effektiv in die Tätigkeit des Menschen einzugreifen, wenn entsprechende Defizite erkannt oder erwartet werden, um die Aufmerksamkeit und Leistung so lange aufrecht zu erhalten, wie dies nötig ist.“ (Balkin et al., 2011, S. 566) Zusätzlich ist für jede Messtechnik zur Müdigkeitserkennung laut Dinges und Mallis (1998) wichtig, dass die Daten des Messsystems valide und konsistent sind. Außerdem muss die Detektionsrate des müden Zustandes der Probanden hoch sein und gleichzeitig die Rate an Falschalarmen niedrig. Die beschriebenen Anforderungen lassen sich auf ein optimales System zur Detek- tion der Reaktionsfähigkeit beim hochautomatisierten Fahren übertragen. So muss dies den Zustand des Fahrers derart detektieren, dass eine sichere Übernahme der Fahraufga- be sichergestellt ist. Anders als beim manuellen Fahren ändert sich die Aufgabenstellung des Fahrers während des hochautomatisierten Fahrens. So eröffnet das hochautomati- sierte Fahren dem Fahrer neue Betätigungsmöglichkeiten oder die vollständige Passivität innerhalb seiner Rolle als Fahrer. Dadurch fehlt die dauerhafte Möglichkeit einer perma- nenten Überwachungsmöglichkeit von tätigkeitsbezogenen Messgrößen der Fahraufgabe. Aus Sicht einer einfachen Zustandserkennung ist die Änderung der Aufgabenstellung für den Fahrer somit kontraproduktiv. Neben den tätigkeitsbezogenen Parametern in Bezug auf die Fahraufgabe können alle weiteren Messtechniken aus Kapitel 4.3 auch während dem hochautomatisierten Fahren eingesetzt werden. Betrachtet man Systeme zur Reaktionsfähigkeitserkennung für HAF allerdings aus einer anwendungsorientierten Sicht, so ist die Möglichkeit einer praktikablen und ak- zeptablen Umsetzung begrenzt. So ist die Anwendung für subjektive Messverfahren in- praktikabel und beschränkt sich deshalb auf Fahrstudien. In Hinblick auf ein gutes und akzeptables Seriensystem muss dieses mehrere Voraussetzungen erfüllen, die die zuvor erwähnten Methoden (EEG, EKG, EOG, Stimmenanalyse, Hautleitwert, tätigkeitsbe- zogene Parameter) nicht vollständig erfüllen. Mit dem Ziel einer hohen Akzeptanz bei allen Fahrern, müssen die Systeme berührungsfrei umgesetzt werden (Barr, Howarth, Popkin & Carroll, 2005). Dies ist wichtig, da alleine 2014 in den USA 49 % der Unfall- toten nicht angeschnallt waren (National Center for Statistics and Analysis, 2016). Dies zeigt die Ablehnung von Fahrzeuginsassen trotz des hohen Sicherheitsrisikos. Von den erwähnten Verfahren erfüllen dieses Kriterium das EEG, EKG, EOG und das System zur Ermittlung des Hautleitwerts nicht. Im Hinblick auf eine Detektion der Reaktions- fähigkeit könnte man anstelle von tätigkeitsbezogenen Parametern aus der Fahraufgabe, tätigkeitsbezogene Parameter aus Nebentätigkeiten oder Nebenaufgaben zur Fahrerbe- obachtung einsetzen. So könnte man auf einen reaktionsfähigen Fahrer schließen, falls dieser über eine Benutzerschnittstelle des Fahrzeugs aktiv ist. Dies könnte wie bei der 43 Sifa mit einer Aufgabe für den Fahrer verbunden werden. Eine Studie zum teilautomati- sierten Fahren, die auf diesem Konzept aufbaute, wurde von Wulf, Zeeb, Rimini-Doring, Arnon und Gauterin (2013) durchgeführt. In dieser mussten die Probanden während des teilautomatisierten Fahren alle 20 - 25 s einen Knopf auf dem Lenkrad drücken. Im Fokus der Untersuchung standen das Situationsbewusstsein und die Sicherheit der Probanden während des teilautonomen Fahrens in kurzen Fahrabschnitten. Durch die häufigen Ab- fragen an den Probanden den Knopf auf dem Lenkrad zu drücken, ließen die Probanden ihre Hände auf dem Knopf. Durch die Nähe der Hände zum Lenkrad verbesserte dies die Sicherheit. Für das hochautomatisierte Fahren würde die hohe Frequenz der Abfragen allerdings den Vorteil der Fahrer für diese Automatisierungsstufe im Vergleich zum ma- nuellen und teilautomatisierten Fahren stark einschränken. Der Nachteil dieser Systeme ist zusätzlich, dass sie den Zustand lediglich punktuell abfragen. Gleiches gilt für Systeme zur Stimmanalyse, die das Sprechen des Fahrers voraussetzen. Von allen weiteren Verfah- ren, die die zuvor genannten Kriterien erfüllen und auch in zukünftigen Fortbewegungs- formen funktionieren, scheint der Einsatz einer Kamera, die auf den Fahrer gerichtet ist, am erfolgversprechendsten (Jafar Ali, Sarkar, Kumar & Cabibihan, 2012). So bie- tet eine Kamera das größte Potential zur Beobachtung der Aktivität und Befindlichkeit des Fahrers und wird in der Forschung häufig zur berührungslosen Müdigkeitserkennung eingesetzt. Von den unterschiedlichen Signalen (Pupillendurchmesser, Bewegungsverhal- ten) war speziell die Analyse der Bewegungen der Augenlider und von Lidschlägen als Müdigkeitsindikator der Fokus von vielen Studien im 20. Jahrhundert (Stern, Boyer & Schroeder, 1994). Auch ist die Lidschlagmessung und -analyse noch heute im Fokus vieler Studien wie Dawson et al. (2014) berichten. Aufgrund dessen ist die Analyse des Lid- schlagverhaltens während des hochautomatisierten Fahrens auch der Fokus dieser Arbeit und wird im folgenden Kapitel 5 genauer beschrieben. Die Signale zum Lidschlag können beispielsweise wie von Hörwick (2011) in Kapitel 6.3 und Wimmer (2014) in Kapitel drei vorgeschlagen, in einer Verknüpfung einer Fahrerbeobachtung und eines Potentialtrig- gers kombiniert werden. So verglich Wimmer (2014) in einer eigenen teilautomatisierten Studie (Kapitel 5) unterschiedliche Abfragehäufigkeiten (31.6; 44.3 bzw. 81.0 s) einer rein visuellen Triggeraufforderung. Die geschilderte Häufigkeit der Abfragen wurde zu einem Teil zusätzlich auf Daten einer Fahrerkamera abgeändert, weshalb die Werte le- diglich Mittelwerte darstellen. 40 Probanden absolvierten jeweils zwei Versuchsfahrten mit unterschiedlichen Abfragehäufigkeiten und zwei Übernahmeaufforderungen. Hierbei gab es keine signifikanten Unterschiede der Reaktionszeit bei unterschiedlicher Abfrage- häufigkeit auf anspruchsvolle Übernahmesituationen. Es wurden mehr Bedienfehler des Systems bei seltener Abfrage an den Fahrer aufgezeichnet. 44 5. Lidbewegungen 2 Für das manuelle Fahren im Straßenverkehr sind offene Augen zwingend notwendig. Nur so kann das Verkehrsgeschehen im Blick behalten, richtig interpretiert und gegebenenfalls das eigene Fahrverhalten angepasst werden. Aus diesen Anforderungen folgt das natür- liche Bestreben eines Fahrers, die Zeit eines Lidschlages während der Fahrt möglichst klein zu halten. Durch Müdigkeit während des manuellen Fahrens wird dieses Lidschlag- verhalten beeinflusst (T. L. Morris & Miller, 1996; Picot et al., 2012; Schleicher, Galley, Briest & Galley, 2008). Im Gegensatz zum manuellen Fahren ist das hochautomatisierte Fahren die niedrigste Automatisierungsstufe (siehe Kapitel 2.3), die es dem Fahrer auch ohne Nachteil auf die Fahrsicherheit ermöglicht das Blick- und Lidschlagverhalten zu ändern. Da trotzdem mit einem Einfluss der Müdigkeit auf das Lidschlagverhalten zu rechnen ist, werden in diesem Kapitel physiologische Grundlagen und mögliche Messme- thoden vorgestellt. Darauf aufbauend wird eine Übersicht zu Lidschlagparametern gege- ben, mit denen das Verhalten des Menschen beschrieben werden kann. Eine Übersicht über die Lidschlagdefinition in der wissenschaftlichen Literatur und deren Abhängig- keiten schließen sich an. Ergebnisse zu Studien zur Müdigkeitsdetektion auf Basis von Lidschlagdetektionen werden ebenfalls zusammengefasst. Zur generellen Übersicht über das Vorgehen zur Müdigkeitsschätzung auf Basis von Lidschlägen ist die Übersicht aus Abbildung 4.2 in Abbildung 5.1 angepasst dargestellt. 1. Der Lidschlag wird mit einer Messmethode aufgezeichnet. 2. Die Signalverarbeitung verarbeitet das oder die bereitgestellten Signale und schätzt wann der Fahrer blinzelt. 3. Aus den detektierten Lidschlägen werden einzelne Parameter, wie die Lidschlag- frequenz ausgewertet. 4. Die Lidschlagparameter werden zum Klassifizieren des Müdigkeitszustandes ge- nutzt. 5.1. Das Auge und seine Funktion Der Sehsinn hat einen sehr großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Menschen. Um seine Umgebung zu sehen, wird die Lichtenergie der Umgebung über die Hornhaut und Pupille auf die Linse geleitet. Das Licht wird auf dieser gebrochen und gebündelt auf 2Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Laarousi et al. (2017) veröffentlicht 45 Abbildung 5.1.: Vorgehen zur Müdigkeitsdetektion auf Basis der Lidschlagdetektion die Rückseite des Augapfels weitergeleitet. Auf der Rückseite des Augapfels verarbeiten Rezeptoren anschließend das einfallende Licht und senden Reize an das Gehirn. Mit den Zapfen und Stäbchen gibt es zwei unterschiedliche Arten an Rezeptoren. Mit den Zapfen wird die Farbe des Lichtes unterschieden. Stäbchen dienen zum peripheren Se- hen und zur Unterscheidung zwischen Hell und Dunkel. Zum fokussierten Sehen werden die Zapfen genutzt, von denen sich der Großteil im fovealen Bereich an der Rückseite des Augapfels befindet. Dieser Bereich erstreckt sich über einen Winkel von circa zwei Grad. Zur Fokussierung unterschiedlicher Blickrichtungen dreht der Mensch deshalb sei- ne Augen und den Kopf. Zur Fokussierung ändert der Mensch zusätzlich die Form der Augenlinse und die Größe der Pupille. Durch eine Formänderung der Augenlinse ändert sich der Brechungsindex, wodurch eine Fokussierung auf Blickziele in unterschiedlichen Entfernungen zum Auge möglich wird. Eine Vergrößerung der Pupille erhöht die In- tensität des Lichtes, das auf die Augenlinse fällt. Entsprechend erhöht der Mensch den Durchmesser in einer dunkleren Umgebung, damit das Licht besser auf die Rückseite des Augapfels geleitet wird und verkleinert die Pupille bei hoher Lichtintensität. Allgemein wird der Cornearadius (Hornhautradius) mit 7.7 - 8 mm, ein maximaler Abstand der Pupille von der äußeren Augenkrümmung mit 3.5 - 3.6 mm und ein Irisdurchmesser mit 9 - 13.6 mm angegeben (Abramov & Harris, 1984; Clark, 1975; Gharaee, Abrishami, Shafiee & Ehsaei, 2014; Miyakawa, Takano & Nakamura, 2004; Wilkinson, 1979; Young & Sheena, 1975). Eine Übersicht über das menschliche Auge ist in der Abbildung 5.2 gezeigt. 5.2. Grundlagen zu Lidbewegungen und Lidschlägen Die Lidspalte ist das Maß des größten Abstands zwischen dem oberen und unteren Lid des menschlichen Auges auf der Längsachse des menschlichen Körpers. Eine Lidschlie- ßung beschreibt eine Verringerung und eine Lidöffnung eine Vergrößerung der Lidspalte. Um diese Bewegung auszuführen, nutzt der Mensch mehrere Muskeln des Ober- und Unterlids. Zum Lidschließen innerviert der Nervus facialis den Musculus orbicularis ocu- li (Lidschließer) am Ober- und Unterlid. Zur Öffnung des Lids am Oberlid innerviert der Nervus oculomotorius den Musculus levator palpebrae superioris (Lidheber), wel- cher von dem Musculus tarsalis (Müller-Muskel) unterstützt wird. Zur Lidöffnung am Unterlid wird der Musculus tarsalis inferior (unterer Müller-Muskel) genutzt. Es wird angenommen, dass die Steuerung und Auslösung eines Lidschlages von einem Lidschlag- zentrum im Gehirn gesteuert wird, dass gleichzeitig die Ausführung von Sakkaden be- 46 Abbildung 5.2.: Überblick über das Auge einflusst (Ongerboer de Visser, B. W. & Bour, 2006). Neben der Bewegung der Lider bei einem Lidschlag, dreht sich auch der Augapfel um wenige Grad (Riggs, Kelly, Manning & Moore, 1987). Lidbewegungen und verschiedene Lidstellungen werden vom Menschen für eine Vielzahl von Aufgaben genutzt. Zusammen mit den Augenbrauen, Wimpern, der Bin- dehaut und dem Tränenapparat bilden die Augenlider die Schutzeinrichtung des Auges. Sie schützen das Auge vor zu intensiver Sonneneinstrahlung, Fremdkörpern, dem salzi- gen Stirnschweiß und werden bei einem Abwehrreflex aktiviert (Haamann, 2003). Eine weitere wichtige Aufgabe der Lider ist es, im Zusammenspiel mit den weiteren Augen- muskeln die Mimik einer Person zu formen. Je nach Lidstellung und Kombination mit der Blickbewegung, Blickdauer und Richtung bringt der Mensch beispielsweise Neugier- de, Wohlbehagen, Gleichgültigkeit oder Trauer zum Ausdruck (Hughes, 1900, Kapitel: Die einzelnen Gesichtsbewegungen, III). Zusätzlich werden veränderte Geschwindigkei- ten in den Lidbewegungen, wie eine langsame Lidöffnung bei Lidschlägen, zum Flirten eingesetzt (Meinold, 2005, Kapitel 3). Das Blinzeln bzw. der Lidschlag in Form einer schnellen Bewegung der Lider wird umgangssprachlich häufig als Aktivität des schnellen Schließens und Öffnen der Augen ausgedrückt. Aus anatomischer Sicht ist das Auge selbst allerdings nicht aktiv. Vielmehr wird es passiv durch ein aktiv bewegtes oberes und unteres Lid verdeckt, die das Auge für den Betrachter verschließen. Während der Bewegung der Lider und dem fortschrei- tenden Verdecken der Pupille, nimmt der Lichteinfall auf die Retina und der dortigen Zapfen und Stäbchen schrittweise ab. Sobald kein Licht mehr durch die Pupille fällt ist 47 der Lichteinfall der Außenwelt auf die Retina vollständig unterbrochen. Lidschläge werden in drei Kategorien unterteilt. Die Kategorien sind willkürliche, reflexartige und spontane Lidschläge (Collewijn, van der Steen & Steinman, 1985; Evin- ger et al., 1994; Stern, Walrath & Goldstein, 1984). Willkürliche Lidschläge werden von einer Person bewusst zu selbstgewählten Zeit- punkten oder auf ein Kommando ausgeführt (Collewijn et al., 1985; Pan, Sun, Wu & Lao, 2007). Sie basieren auf bewussten Entscheidungen die Lider zu schließen und zu öffnen (Wolkoff, Nøjgaard, Troiano & Piccoli, 2005). Der Zeitpunkt des Lidschließens und der Öffnung kann getrennt voneinander beeinflusst werden. Im Gegensatz zu einem willkürlich ausgeführten Lidschlag kann der Mensch auch das Gegenteil, den Zwang die Lider zu schließen, eine Zeit lang unterdrücken. Diese bewusste Beeinflussung der Lidbewegung ist vergleichbar mit der Beeinflussung der Atmung. Das Bedürfnis eines Lidschlages setzt sich allerdings auch entgegen dem Willen des Menschen nach einiger Zeit durch. Laut Karson et al. (1981) ist die bewusste Beeinflussung abhängig vom Ge- schlecht, wobei Männer Lidschläge länger unterdrücken können. Diese Folgerung zogen sie auf Basis einer Studie mit 27 Männern und 14 Frauen. Bei Männern lag die maxi- male Zeit zwischen zwei Lidschlägen im Mittel bei 79.9 ± 85.8 s. Dies war gegenüber den Frauen im Mittel um 15.2 s länger. Auch konnten Männer im Schnitt pro Minute 66.4 Lidschläge mehr als Frauen ausführen. Hierzu diente ein Test mit einer Teilgruppe von 12 Probanden (6 männlich, 6 weiblich). Der Mensch kann die Stellung und Bewe- gung der Lider und damit die Größe der Lidspalte sehr gut kontrollieren (Stevenson, Volkmann, Kelly & Riggs, 1986). In einer Studie von Stevenson et al. (1986) wurde das obere Lid auf Aufforderung bei kleinen Lidschlüssen bis in den Bereich zwischen dem oberen Rand der Iris und der Pupille gesenkt. Bei der Aufforderung mittlere Lidschlüsse auszuführen, senkte sich das obere Lid tiefer als bei kleinen Lidschlüssen, wobei Teile oder die gesamte Pupille verdeckt wurden. Lediglich bei großen Lidschlüssen schlossen die Probanden die Lider so stark, dass das untere Lid vom oberen Lid berührt wurde. Reflexartige Lidschläge sind kurze, schnelle Schließbewegungen der Augen, die durch einen externen Stimulus hervorgerufen werden. Der Grund für reflexartige Lid- schläge ist der Schutz der Augen. Reflexartige Lidschläge werden vom Menschen unbe- wusst gestartet. Sie werden durch „akustische, kognitive, trigeminale oder optische Rei- ze, sowie andere motorische Verhaltensweisen“ (Wolkoff et al., 2005, S. 5) hervorgerufen und je nach auslösendem Reiz weiter unterteilt. In Experimenten können reflexartige Lidschläge zum Beispiel durch Luftstöße in Richtung des Auges (Haerich, 1998) oder durch laute Töne als Teil einer Schreckreaktion hervorgerufen werden (Filion, Dawson & Schell, 1998). Spontane Lidschläge sind unwillkürlich, endogen auftretende Lidschlüsse. Sie sind abhängig vom natürlichen Verhalten und treten ohne externe Reize wie einem Reflex oder einer bewussten Entscheidung auf (Stern et al., 1984). Sie werden oft mit der Auf- gabe in Zusammenhang gebracht, die Augen von Partikeln zu reinigen und das Auge mit dem Tränenfilm zu befeuchten. Basierend darauf wird das Auftreten von Lidschlägen von der Luftfeuchtigkeit, Temperatur, chemischen Faktoren und Luftpartikeln beeinflusst oh- ne, im Gegensatz zu reflexartigen Lidschlägen, eine direkte Reiz-Reaktionsbeziehung zu haben (Stern et al., 1994; Wolkoff et al., 2005). Dies ist auch der Grund, weshalb Men- 48 schen die unter Keratoconjunctivitis sicca leiden (Syndrom des trockenen Auges) drei- mal so häufig blinzeln wie gesunde Menschen (Montés-Micó, Alió & Charman, 2005). Die Krankheit verkürzt die Zeit zwischen zwei einzelnen Lidschlägen laut Montés-Micó et al. (2005) auf ungefähr sechs Sekunden. Die Zeit zwischen zwei spontanen Lidschlä- gen wird allerdings auch durch weitere Faktoren beeinflusst. Dies ist unter anderem die aktuelle Art der Beschäftigung. Hierbei steigt die Zeit zwischen zwei Lidschlägen beispielsweise, wenn der Mensch ein digitales Display betrachtet (Patel, Henderson, Br- adley, Galloway & Hunter, 1991) oder eine anspruchsvolle Tätigkeit ausführt (Wolkoff et al., 2005). Bei der Aufgabe einen Text zu lesen, fanden Orchard und Stern (1991) eine signifikante Häufung der Lidschläge bei einem Zeilensprung. Sie schlussfolgerten, dass Lidschläge unbewusst so gesteuert werden, dass sie zu Zeitpunkten auftreten, an denen der Informationsverlust am geringsten ist. Die unbewusste Unterdrückung und Häufung von Lidschlägen beobachteten auch Boehm-Davis, Gray und Schoelles (2000) oder Nakano, Yamamoto, Kitajo, Takahashi und Kitazawa (2009) bei Versuchen mit komplexen Aufgaben. Diese Ergebnisse legen eine Abhängigkeit der Frequenz der Lid- schläge von der Art der Beschäftigung auch während der Fahrt nahe. Die exakten Werte für die Lidschlagfrequenz sind abhängig von der Erneuerung der Tränenflüssigkeit, An- omalien der Lidschlüsse, Einflüsse durch die Tränendrüse oder von Kontaktlinsen und individuell unterschiedlich (Wolkoff et al., 2005). Ein weiterer Faktor für die Häufigkeit der Lidschläge ist auch die Persönlichkeit des Menschen (Colzato, Slagter, van den Wil- denberg & Hommel, 2009). In manchen Arbeiten wird zusätzlich eine weitere Kategorie für längere Lidschluss- phasen beschrieben. So definieren Stern et al. (1984) lange Lidschlüsse, wie Sekunden- schlafereignisse, in einer eigenen Kategorie und legen einen zeitlichen Schwellwert für diese Kategorisierung fest. Auch in der ISO 15007-1 (2014) ist eine Unterteilung von Lidschlüssen in normale bei einer Dauer 6 300 ms, längere Schlussphasen für eine Zeit- spanne zwischen 300 und 500 ms und lange Schlussphasen die auf Sekundenschlafereig- nisse hindeuten für Zeitspannen > 500 ms festgelegt. In Hinblick auf das Fahrerverhalten während einer manuellen Fahrt ist größtenteils mit spontanen Lidschlägen zu rechnen. Zusätzlich könnten einzelne reflexartige Lidschlä- ge während der Fahrt durch visuelle Stimuli hervorgerufen werden. Gründe hierfür sind starkes Sonnenlicht oder Scheinwerferlicht anderer Verkehrsteilnehmer. Im Gegensatz zum manuellen Fahren könnte sich die Art der Lidschläge im hochautomatisierten Fah- ren allerdings ändern. So ist es für den Fahrer nicht notwendig, die Augen aufgrund der Fahraufgabe während des Großteils der Zeit offen zu halten. Durch den fehlenden Zwang offener Augen könnte es deshalb zu längeren Lidschlüssen und willentlichen Lidschlüssen über einen längeren Zeitraum kommen. Aus diesem Grund werden alle Lidschläge auch mit langen Schlussphasen der Augen im Folgenden als Lidschlag bezeichnet. Lidschläge die zwischen dem Start und Ende mit eine Sekunde oder länger gemessen werden, wer- den lediglich zusätzlich als Sekundenschlafereignisse bezeichnet. Ein Lidschlag kann in drei Phasen unterteilt werden: 1. Schließphase 2. Geschlossene Phase (Lidschluss) 49 3. Öffnungsphase Im Mittel blinzelt ein Mensch mit 2 - 30 Lidschlägen pro Minute (Wolkoff et al., 2005). Dieser Wert unterliegt Schwankungen zwischen und während einzelnen Tagen. So teilen Doughty und Naase (2006) Probanden auf Basis ihrer Untersuchung in diejenige die eine normale Lidschlagaktivität haben und diejenige, die eine häufige Lidaktivität ha- ben. In Tests zu einer maximal möglichen Anzahl an willentlichen Lidschlägen mit zwölf Probanden wurden bei Männern bis zu 219.7 ± 26.7 Lidschläge pro Minute gemessen (Karson et al., 1981), was einem 99 % Perzentil von knapp 300 Lidschlägen in der Minu- te, beziehungsweise einer mittleren Lidschlagdauer von insgesamt 200 ms zwischen Start der Schließphase bis Ende der Öffnungsphase entspricht. Studien von Collewijn et al. (1985), die einzelne Phasen eines Lidschlages genauer untersuchten, ermittelten eine hohe Geschwindigkeit des Lids bei unbewussten Lidschlä- gen. Das obere Lid hatte hierbei eine hohe Anfangsbeschleunigung und eine Lidgeschwin- digkeit von bis zu 280 mm/s innerhalb des Zeitraums zwischen Beginn des Lidschlages und den folgenden 70 ms. Die Geschwindigkeit des Lids erreicht 0 mm/s nach 100 - 150 ms und öffnet sich anschließend mit bis zu 100 mm/s. Die gesamte Länge dieses Vorganges dauert circa 300 ms. Eine willentlich längere Schlussphase der Lider von cir- ca zwei Sekunden reduzierte allerdings die maximale Geschwindigkeit der Lidschließung auf maximal 125 mm/s. Stern et al. (1984) geben für die Dauer der Lidschließphase eine Zeitspanne zwischen 50 ms und 145 ms an, wobei ein normaler Lidschluss nicht länger als 300 ms dauert. Hargutt (2003, Kapitel 5) ermittelte eine mittlere Dauer des Lidschlie- ßens von 91 ms, der Öffnung von 169 ms und des gesamten Lidschlages von 260 ms. Diese Werte sind laut ihm stark von der Amplitude des Lidschlages abhängig, wobei ei- ne Bewegung der Lider schneller durchgeführt wird, je länger der zurückzulegende Weg für diese ist. Im Gegensatz dazu berichten Han, Yang, Kim und Gerla (2012) von einer mittleren Dauer von Lidschlüssen zwischen 300 und 400 ms und Ohzeki und Ryo (2006) beschreiben eine normale Dauer mit bis zu 450 ms. Laut Meinold (2005, Kapitel 6) ist die Geschwindigkeit der Lidöffnung ca. 30 % langsamer als die Lidschließung. Zusätzlich ist die Geschwindigkeit für einen Lidschlag laut Lobb und Stern (1986) abhängig von der aktuellen Tätigkeit der Person, den Emotionen und dem Abstand zwischen oberen und unteren Lid vor einem Lidschlag. Eine Abhängigkeit der Lidschließphase von dem zurück- zulegenden Weg berichteten ebenfalls Stern et al. (1984). Sun et al. (1997) beschreiben ebenfalls eine Abhängigkeit der Geschwindigkeit vom Alter der Person. Im Vergleich zwischen unwillentlichen und willentlichen Lidschlägen fanden Sun et al. (1997) darü- ber hinaus höhere Werte bei der mittleren Amplitude, maximalen Geschwindigkeit und allgemeinen Sequenz (Verhältnis zwischen maximaler Geschwindigkeit und Amplitude) für unwillentliche Lidschlüsse. In Studien mit Primaten von Taylor et al. (1999) wurde zudem eine signifikante Korrelation zwischen der Lidschlagrate und dem Dopaminlevel, sowie eine inverse Korrelation des Verhältnisses aus Homovanillinsäure und Dopamin im ventromedialen Teil des Nucleus caudatus gefunden. Zudem stellten Taylor et al. (1999) eine inverse Korrelation zwischen der Lidschlussrate und der Ausgeprägtheit bzw. dem Fortschritt von Parkinson fest. In einer weiteren Studie über das Lidschlagverhalten er- mittelten Carney und Hill (1982), dass sich das obere und untere Lid nur bei ca. 90 % 50 der untersuchten Lidschläge berührten. Bei acht Prozent der Lidschläge schlossen sich die Lider nicht komplett. Übrige Lidschläge wurden als willentlich zusammengepresste Augen oder Lidzuckungen kategorisiert. Basierend auf den ermittelten Lidschlagdauern und den unterschiedlichen Lidab- ständen bei Carney und Hill (1982) wird deutlich, dass es keinen einheitlichen Konsens für die Definition eines Lidschlages und dessen Dauer gibt. Hargutt stellte zudem eine „nicht einheitliche Aussage über die Verteilungsform von Augenöffnungsdauern oder Lid- schlussfrequenzen“ (Hargutt, 2003, S. 19) in der Literatur fest. Speziell die Definition des Anfangs und des Endes eines Lidschlages ist bei einer fortwährenden Bewegung der Lider schwer festzulegen. Wird ein Lidschlag vor oder nach einer oder mehrerer Sakkaden mit Lidbewegungen durchgeführt, gibt es beispielsweise keinen eindeutigen Zeitpunkt, bei dem das Lid in Ruhe ist, um als Start oder Ende festgelegt zu werden. Eine Definition mit der Unterschreitung eines Schwellwertes für die Geschwindigkeit der Lidbewegung ist ebenfalls nicht zielführend. Grund hierfür ist, dass ein Proband ohne Zwang schnel- ler Lidschläge auch sehr langsame Lidöffnungen oder Lidschließungen durchführt und dadurch bei diesen unter Umständen dauerhaft unterhalb eines festen Geschwindigkeits- schwellwertes liegt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Studien nicht angeben, was als Lidschlag definiert wurde oder wie Sayahzadeh, Pourreza und Salehi Fadardi (2014) diesen ohne weitere Angaben lediglich als ein Schließen und Öffnen der Lider in einer kurzen Zeit beschreiben. Fokussiert wird dieses Thema in Kapitel 5.5.1 betrachtet. Eine detaillierte Übersicht über die unterschiedlichen Arten des Lidschlages, Messmethoden und die Anatomie von Lidschlägen ist in der Arbeit von Meinold (2005) zu finden. Eben- falls wird dort ein Überblick über den Zusammenhang zwischen einzelnen Parametern des Lidschlages, der Persönlichkeit, aktueller Tätigkeit und Emotionen gegeben. 5.3. Messtechnik zur Detektion der Lidbewegung In Kapitel 4.6 wurden verschiedene Techniken zur Lidschlagmessung zusammengefasst geschildert. Aufgrund des Fokus auf Lidschlägen wird das genaue Vorgehen der Verfahren im Folgenden näher erläutert. • Elektrookulografie Um ein Signal zur Lidschlagdetektion mit EOG aufzunehmen, werden mehrere Elektroden im Umfeld der Augen angebracht. Dabei wird ausgenutzt, dass die Cornea ein positives Potenzial gegenüber der Retina hat. Dieses elektrische Po- tential ist das Elektrookulogramm. Bei einer Drehung des Auges, sowie einer Be- wegung des Lides ändert sich das Potential zwischen den Elektroden. Aus diesem Grund können Lidschläge aus der Potentialänderung zwischen den Elektroden und dessen Signal über die Zeit detektiert werden (Jammes et al., 2008; Kong & Wil- son, 1998; Osborne, Roach, Au & Gendreau, 1974; Skotte, Nøjgaard, Jørgensen, Christensen & Sjøgaard, 2007; Venkataramanan, Prabhat, Choudhury, Nemade & Sahambi, 2005). Sakkaden beeinflussen das gemessene Potential ebenfalls. Deshalb müssen sie über geeignete Methoden der Signalverarbeitung ausgeschlossen wer- den. Zusätzlich kann der Einfluss durch horizontale Sakkaden durch die Analyse 51 des Potentialsignals zweier Elektroden minimiert werden, die links und rechts des Auges angebracht werden. Laut Meinold ist „das vertikale EOG die am häufigsten angewandte Methode zur Lidschlagregistrierung“ (Meinold, 2005, S. 20). Häufig wird EOG auch als genaue Methode zur Aufzeichnung von Blickbewegungen ge- nutzt (Fisher & Rothkopf, 1982; Young & Sheena, 1975). • Kamerabasierte Lidschlagdetektion In Kameraaufnahmen des Auges sind Lidschläge direkt sichtbar. Je nach Kamera- system zur Aufnahme der Augen werden die Messsysteme dabei in zwei Gruppen geteilt. Es gibt: Head-mounted Eye Tracker und Remote Eye Tracker. Bei Head- mounted Eye Trackern ist die Kamera zur Erfassung des Auges über ein Gestell direkt am Kopf eines Fahrers befestigt. Vorteil ist, dass ein sehr genaues Bild des Auges durch die Nähe der Kamera zu diesem gemacht werden kann. Ebenfalls wird die Aufnahme nicht durch Kopfbewegungen des Fahrers beeinflusst. Bei Remote Eye Trackern ist die Kamera nicht über ein Gestell mit dem Körper des Fahrers verbunden. Die Kamera wird stattdessen beispielsweise auf dem Armaturenbrett eines Fahrzeugs montiert. Der Vorteil hierbei ist, dass der Fahrer in seinen Be- wegungen nicht eingeschränkt ist und keine zusätzliche Apparatur tragen muss. Weitere Systemformen wie Tower-mounted Systeme kommen in Fahrstudien nicht zum Einsatz. Durch geeignete Verfahren der Bildverarbeitung können Lidschläge in den Aufnahmen der Kamera detektiert werden. Hierbei kommt eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren zum Einsatz. Diese sind: – Die Auswertung von Bewegungen im Kamerabild (Chau & Betke, 2005; Fo- gelton & Benesova, 2016; Jiang, Tien, Huang, Zheng & Atkins, 2013). – Eine zweifache Ableitung von Bilddifferenzen (Gorodnichy, 2003) – Eine Klassifikation des Kamerabildes (Choi, Han & Kim, 2011; Missimer & Betke, 2010; Pan et al., 2007; Pan, Sun & Wu, 2008). – Eine Analyse des Farbkontrasts oder der Menge an spezifischen Farbtönen in ausgesuchten Augenbereichen (Appel et al., 2016; Cohn, Xiao, Moriyama, Ambadar & Kanade, 2003; Danisman, Bilasco, Djeraba & Ihaddadene, 2010; W. O. Lee, Lee & Park, 2010). Eine Sonderform hierbei sind optoelektronische Sensoren (Mitalis & Druss, 1985). – Eine Abstandsberechnung zwischen festgelegten Punkten (Landmarks) oder Linien zur Beschreibung des Verlaufes des oberen und unteren Lids (Fuhl et al., 2016; Ito, Mita, Kozuka, Nakano & Yamamoto, 2002; Miyakawa et al., 2004; Moriyama et al., 2002; Sukno et al., 2009). – Analyse fehlender Augenregionen wie der Iris oder der Pupille durch die Ver- deckung durch das Lid (Hansen & Pece, 2005; Pedrotti, Lei, Dzaack & Röt- ting, 2011). Zusätzlich kann zur Lidschlagerkennung auch eine Mischung aus den oben genann- ten Verfahren eingesetzt werden (Sirohey, Rosenfeld & Duric, 2002). Anstatt den Abstand zwischen den Lidern direkt zu messen, basiert der Großteil der Verfahren 52 auf einer indirekten Messung eines Lidschlages (bewegungsbasiert, Klassifikation, Farbkontrast, fehlende Augenregionen). Dies ist ähnlich zu dem EOG Verfahren, bei dem man ebenfalls nur indirekt durch eine Potentialänderung der Augenbewe- gung eines Lidschlages auf diesen schließen kann. • Elektromyografie Bei der Elektromyografie wird die Aktivität der Muskeln des Auges und der Lider mit Hilfe von Nadelelektroden direkt im Muskel gemessen. Durch eine Analyse des Spannungssignals lässt sich ein Rückschluss auf die Muskelkontraktion der Muskeln bei einem Lidschlag ziehen. Eine umfassende Übersicht über das Vorgehen und Studien, die die Elektromyografie zur Lidschlagerkennung einsetzen, ist in der Arbeit von Meinold (2005, Kapitel 4) zu finden. • Reflektion von Infrarotlicht Bei der Nutzung von Reflektionen zur Lidschlagdetektion werden mehrere Infrarot- lichtquellen auf die Sklera und die Haut des Probanden gerichtet. Die Reflektionen unterscheiden sich zwischen diesen Oberflächen. Durch einen Vergleich des Bil- des der Infrarotlichtquellen wird ermittelt, ob sich das Lid gerade vor der Sklera befindet oder nicht (Caffier, Erdmann & Ullsperger, 2003). • Magnetische Spulen Bei der Lidschlagermittlung mit Hilfe magnetischer Spulen werden diese am oberen und unteren Lid befestigt. Je nach Abstand der Lider ändert sich der Abstand der Spulen und die induzierte Spannung dieser. Ein solches System wurde beispiels- weise von Hargutt (2003, Kapitel 4) eingesetzt. Eine vergleichbare Messtechnik nutzten auch Evinger et al. (1994). • Verbindungen mit dem Augenlid Osborne et al. (1974) nutzten ein mechanisches Verfahren zur Messung von Lid- schlägen, welches sie mit einem Vorläufer der Elektrookulografie vergleichen und aus damaliger Sicht als Standard bezeichnen. Bei diesem Verfahren ist ein Draht oder wie bei Collewijn et al. (1985) ein Holzstück mit Hilfe von Kollodium an einem Ende mit dem Lid verbunden. Am anderen Ende bzw. Drehpunkt des Holzstückes/ Draht wird eine Lidbewegung dann über eine induktive Spannungsänderung durch den Zug beziehungsweise die Drehung am Holzstück/Draht gemessen. 5.4. Zustandsparameter von Lidschlägen und Lidbewegungen Aus der Detektion der drei Phasen eines Lidschlages (Schließ-, Schluss- und Öffnungspha- se) kann eine Vielzahl von weiteren Parametern zur Zustandsbestimmung des Lidschla- ges und damit des Menschen abgeleitet werden. Die genutzten Parameter basieren auf folgenden Detektionen: Bestimmung der Start- und Endzeitpunkte der Schließ-, Schluss- und Öffnungsphase sowie die Größe der Lidspalte über der Zeit. Alle weiteren Größen, 53 basieren auf Berechnungen mit diesen Detektionen. Eine Übersicht über die gebräuch- lichsten Größen im Zusammenhang mit der Müdigkeitsdetektion des Fahrers wird im Folgenden gegeben. • Geschwindigkeit der Lidschließung und Lidöffnung Die Geschwindigkeit der Lidbewegungen wird während der Schließ- oder Öffnungs- phase für jeden Lidschlag ermittelt. Die Messgröße wird als Änderung des Signals pro Sekunde in der Einheit des verwendeten Signals angeben. Weitere Parameter in Bezug zur Geschwindigkeit sind die maximale oder mittlere Geschwindigkeit während der Bewegungsphasen der Lider. • Zeitmessungen eines Lidschlages Von einzelnen Lidschlägen können verschiedene Zeitgrößen ermittelt werden. So wird die Dauer der Schließungs-, Schluss- und Öffnungsphase ausgewertet. Die Summe dieser drei Zeitabschnitte, die Lidschlagdauer, ist ein weiterer Parameter, der zur Zustandsbestimmung genutzt und üblicherweise in Sekunden angegeben wird. Zusätzlich werden Lidschläge mit einer Gesamtdauer über einem Schwellwert (beispielsweise eine Sekunde) als gesonderte Ereignisse kategorisiert. • Frequenz der Lidschläge Die Frequenz von Lidschlägen beschreibt die Anzahl von Lidschlägen in einem vordefinierten Zeitabschnitt. In der Regel wird die Anzahl der Lidschläge inner- halb einer Minute als Maß genutzt (Einheit: Lidschläge/Minute). Die Frequenz wird auch Lidschlagrate genannt. Eine verwandte Größe ist das zeitliche Intervall zwischen einzelnen Lidschlägen, dass aus der Frequenz berechnet werden kann. • Amplitude eines Lidschlages Die Amplitude eines Signals beschreibt allgemein die Differenz eines lokalen Ex- tremwertes zu seinem arithmetischen Mittelwert. Übertragen auf ein Signal, das die Lidspalte beschreibt, wäre dies die Differenz zwischen der geringsten Lidspalte während eines Lidschlages und der Lidspalte bei geöffneten Augen. Die Lidspalte eines offenen Auges variiert allerdings von Person zu Person durch unterschiedliche Helligkeiten und verschiedene Blickrichtungen. Zusätzlich würde der berechnete Wert für die Amplitude Verhaltensunterschiede des Fahrers nur im Hinblick auf das maximale Schließen der Lider abbilden. Aus diesen Gründen werden bei der Berechnung von Zustandsparamatern häufig zwei lokale Amplituden berechnet, indem der Lidspaltenwert vor Beginn und zum Ende des Lidschlages mit der mi- nimalen Lidspalte während des Lidschlages verglichen wird. Als lokale Amplitude für den Lidschlag wird entweder das Minimum (Ebrahim, 2016, Kapitel 7.2) oder Maximum (Hu & Zheng, 2009; Jammes et al., 2008) dieser beiden Lidspaltendif- ferenzen (Schließ- und Öffnungsamplitude) gewählt. Da die Amplitude meist auf einem Signal basiert, hat sie häufig dieselbe Einheit wie das zu Grunde gelegte Signal. • Energie Wie die Amplitude basiert auch die Berechnung der Energie eines Lidschlages auf 54 der Analyse eines Messsignals zur Beschreibung der Lidspalte. Die Energie eines Signales beschreibt das Integral des Signalverlaufes zwischen zwei zeitlichen Gren- zen. Auf einen Lidschlag übertragen berechnet sich die Energie als Integral der Signalwerte zwischen Beginn und Ende des Lidschlages (Ebrahim, 2016, Kapi- tel 7.2, Friedrichs & Yang, 2010a). Picot, Caplier und Charbonnier (2009) nutzten im Gegensatz dazu lediglich den Signalverlauf in der Schließphase. Die Einheit des Parameters ergibt sich durch die Einheit des Messsignals und das gewählte Zeitintervall. • Perclos Zur Berechnung des Perclos (Percentage of Eye Closure) - Signal, das auf Dingus, Hardee und Wierwille (1987) und eine weitere Validation von Wierwille et al. (1994) zurückgeht, wird ein bestimmtes Zeitfenster der zeitlichen Länge w be- trachtet. Alle Zeitabschnitte, in denen die Lidspalte kleiner als ein fester Wert pe innerhalb von w sind, werden anschließend zur Summe c addiert. Der Quotient der beiden Parameter c/w gibt den prozentualen Anteil geschlossener Augen innerhalb des Zeitabschnitts wieder. Häufig wird dieser prozentuale Wert (Perclos) anschlie- ßend mit einem weiteren Schwellwert sw verglichen. Liegt der Quotient oberhalb des Schwellwertes sw, so wird der Müdigkeitszustand einer Person in dem aktu- ellen Zeitabschnitt wi als müde kategorisiert; ansonsten als wach. Wierwille et al. (1994) legten Werte von sw oberhalb von 15 % als müde, zwischen 7.5 % und 15 % als zweifelhaft und unter 7.5 % als wach fest. Die Wahl des Schwellwertes sw, des Schwellwertes zur Klassifikation von offenen und geschlossenen Augen pe und die Länge des Fensters zur Auswertung w variiert von Studie zu Studie. So ergab ein Vergleich von (Trutschel, Sirois, Sommer, Golz & Edwards, 2011) mit verschiedenen Zeitfenstern w, dass ein größeres Zeitfenster die Fehler in der Klas- sifikation der Fahrer in müde und wach reduziert. Für das Perclos-Signal gibt es viele Variationen und unterschiedliche Umsetzungen. Auf diese wird in der Bewer- tungsgrundlage einer Lidschlagdetektion in Kapitel 5.5.1 näher eingegangen. Neben den hier vorgestellten Parametern gibt es eine Vielzahl weiterer Größen zur Be- schreibung eines oder mehrerer Lidschläge wie eine ausführliche Übersicht in der Arbeit von Ebrahim (2016) auf S. 121 zeigt. Diese basieren größtenteils auf den hier vorgestell- ten Größen und werden durch eine Kombination dieser Parameter berechnet. Bei der Analyse der Zustandsparameter in Hinblick auf Müdigkeit werden die Parameter häu- fig über Zeitabschnitte mit einer Länge zwischen 1 s und 6 min ausgewertet (Ebrahim, 2016, S. 104). Hierzu werden die Parameter häufig gemittelt. Anschließend können die gemittelten Parameter zwischen einzelnen Zeitfenstern verglichen und Verhaltensände- rung des Lidschlages durch den Vergleich festgestellt werden. Mit einer anschließenden Klassifikation der Änderung kann ein müdigkeitsbedingter Einfluss detektiert werden. Eine Analyse über längere Zeitfenster hat zur Folge, dass Einzelereignisse nicht so stark in die Mittelung eingehen. So hat beispielsweise ein kurzzeitiges Augenreiben keinen großen Einfluss bei der Wahl eines längeren Zeitraum. Nachteil der Wahl eines längeren Zeitraumes ist, dass Verhaltensänderungen erst nach Ablauf der größeren Zeitfenstern 55 festgestellt werden. Neben einer Auswertung über ein bestimmtes Zeitintervall kann die Analyse von Lidschlagparametern auch ereignisbezogen durchgeführt werden. Hierbei werden bei- spielsweise immer einzelne Parameter von 100 Lidschlägen gemittelt. So präferierte Hargutt eine Zustandsklassifikation pro einzelnem Ereignis, in diesem Falle eines ein- zelnen Lidschlages (Hargutt, 2003, S. 157). So wird der Müdigkeitszustand von ihm für jedes einzelne Ereignis in vier Stadien klassifiziert und anschließend innerhalb eines fes- ten Zeitintervalls ausgewertet. Neben dem geschilderten Vorgehen zur Parameteranalyse gibt es bei den Parame- terwerten große Unterschiede von Person zu Person. Ein Grund hierfür ist die Physio- gnomie und der Einfluss dieser auf die Amplitude. Zur Verbesserung der Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Personen können die Lidschlagparameter deshalb individuell normiert werden. Hierzu wird die Messgröße eines Lidschlagparameters einer Person in einem de- finierten Intervall (zeitbasierte Auswertung) oder einer definierten Anzahl (ereignisba- sierte Auswertung) ermittelt. Diese Größe dient als individuelle Norm. Die Messgrößen in allen folgenden Intervallen oder Häufigkeiten werden anschließend im Verhältnis zu dieser Norm angegeben. Dieses Vorgehen ermöglicht einen besseren Vergleich der Lid- schlagparameter zwischen einzelnen Personen. 5.5. Lidschlagdetektion und zugehörige Abhängigkeiten Alle Studienergebnisse zum Lidschlagverhalten und darauf aufbauender Müdigkeitsde- tektionen basieren auf der Auswertung von Probandenstudien. Bei diesen werden im ersten Schritt Lidschläge detektiert. In Hinblick auf die Müdigkeitsdetektion mit Lid- schlägen in Abbildung 5.1 ist zu beachten, dass die einzelnen Auswerteschritte in direkter Abhängigkeit zueinander stehen: 1. Die Messmethode zur Aufzeichnung enthält einen Fehleranteil (bspw. Rauschen, Fehldetektionen, Ungenauigkeiten). 2. Die Genauigkeit der Signalverarbeitung hängt von der Signalqualität und der Güte des Algorithmus zur Lidschlagdetektion ab. 3. Die Berechnung der Lidschlagparameter hängt von den Genauigkeiten der Schritte eins und zwei und der Signalverarbeitung dieser Schritte ab. 4. Die Klassifikation des Müdigkeitszustandes baut auf den richtigen Detektionen und Fehlern der ersten drei Schritte auf und enthält selbst Ungenauigkeiten. In den Studien zur Müdigkeitsdetektion wird häufig berichtet, wie der Müdigkeitszustand des Probanden gemessen wird und wie genau er durch einzelne Lidschlagparameter be- stimmt wird (Klassifikation in Abbildung 5.1). Hierbei gibt es große Unterschiede in der Klassifizierung der Probanden in die Zustände müde und wach, was einen Einfluss auf die Detektionsrate der Verfahren zur Müdigkeitsklassifikation hat. Im Gegensatz 56 zum Verfahren zur Müdigkeitsbestimmung wird häufig allerdings nicht die zu Grunde liegende Detektionsrate des Algorithmus zur Lidschlagdetektion oder die Genauigkeit der Detektion des Öffnungsgrades der Augen berichtet (bspw. EOG: Picot et al., 2009; Kamera: Bergasa, Nuevo, Sotelo, Barea & Lopez, 2006; Friedrichs & Yang, 2010a; Gar- cia, Bronte, Bergasa, Almazan & Yebes, 2012). Daraus schlussfolgert man als Leser, dass in diesen Studien eine hohe bzw. perfekte Detektionsrate von Lidschlägen durch die eingesetzte Messtechnik und eine fehlerfreie Auswertung angenommen wird. Basierend auf einer Studie von Pedrotti et al. (2011) garantiert kein Eye Tracker eine 100 prozen- tige Erkennungsrate von Lidschlägen. Auch unterschiedet sich die Erkennungsleistung einer Messtechnik in verschiedenen Anwendungsfällen, wie Untersuchungen zur Erken- nungsleistung von Remote Eye Trackern für die Blickrichtung und Kopfpositionsmessung unter Kopfbewegungen zeigen (Hessels, Cornelissen, Kemner & Hooge, 2015; Johnson, Liu, Thomas & Spencer, 2007). Ohne die Nennung der Detektionsrate von Lidschlägen ist es schwierig nachzuvollziehen, zu welchem Anteil die fehlerhafte Detektion von Lid- schlägen in den Studien in die Algorithmen zur Müdigkeitserkennung einfließen. Lediglich Performancetests der Lidschlagdetektion können ein Maß für den Fehleranteil der Detek- tionen für die weiteren Prozessschritte zeigen. Diese Tests müssen unter denselben oder annähernd denselben Rahmenbedingungen durchgeführt werden, in denen die Lidschlag- erkennung im Anschluss durchgeführt werden soll. Aus diesem Grund muss das Testen der Lidschlagerkennung zur Detektion von wachen und müden Fahrern beispielsweise ebenfalls in mehreren Fahrphasen durchgeführt werden, in denen die Fahrer in einem Teil der Abschnitte wach und in den anderen müde sind. Da Lidschläge und das Mess- verfahren zur Detektion dieser sehr vielen Einflüssen ausgeliefert sind (beispielsweise EOG: Elektromagnetisches Feld, Kontakt mit der Haut; Kamera: Position, Aufnahme- frequenz, Brillen, Physiognomie der Augen), kann die Detektionsrate von Lidschlägen und die Messung des Lidabstandes von Experiment zu Experiment stark variieren. Im Folgenden wird die Detektion von Lidschlägen und die zugehörigen Abhängigkeiten des- halb genauer betrachtet. 5.5.1. Bewertungsgrundlage einer Lidschlagdetektion Die Definition eines Lidschlages ist für die Bewertung eines Algorithmus zur Lidschlag- detektion sehr wichtig. So beeinflussen unterschiedliche Definitionen die Erkennungsrate. Die Definition eines Lidschlages steht auch in direktem Zusammenhang zur Detektion der Lidschlagparameter und darauf aufbauend auf der Zustandsbeschreibung und Mü- digkeitsdetektion. Dasselbe gilt auch für die Parameter selbst, wie man am Beispiel des häufig verwendeten Parameter Perclos sehen kann. So gibt es zum einen Unterschiede im zeitlich betrachteten Zeitfenster w, das laut Sommer und Golz (2010) zwischen einer und fünf Minuten schwankt. Ebenfalls sind auch kürzere Zeitintervalle wie 20 s (Garcia et al., 2012) oder 30 s bekannt (Bergasa et al., 2006). Die ungenaue Definition von Perclos zeigt sich bereits an der bekannten Studie von Wierwille et al. (1994). In dieser wird Perclos als prozentualer Wert über ein Zeitfenster von einer Minute eingeführt, in der das Auge zu mindestens 80 % geschlossen ist. Leider wird nicht beschrieben, was 80 % geschlossene Augen im Detail sind, welchen realen Bezug sie haben und wie dieser Wert 57 durch eine Lidspaltendetektion schlussendlich überprüft werden kann. Zur Klärung teil- te Herr Wierwille Herrn Hargutt gegenüber mit, dass zur Perclos-Berechnung zusätzlich lediglich eine Lidschlussdauer von über 300 ms betrachtet wird (Hargutt, 2003, Kapi- tel 7). Auch hier ist unklar, wann ein Lidschluss beginnt und aufhört, um schlussendlich betrachtet zu werden. Hargutt (2003, Kapitel 7) selbst weicht beispielsweise von der Definition von Wierwille et al. (1994) ab, indem er alle Lidschläge einbezieht. Für den Schwellwert pe, der von ihm vergleichend mit 80 % und 60 % betrachtet wird, werden zwei Schwellwerte für offene und geschlossene Augen genutzt. Offene Augen wurden als Lidspalte des fünf Prozent Perzentil Rohsignals festgelegt. Geschlossene Augen wurden durch das 95 %-Perzentil des Rohsignals ermittelt. Auch wenn diese Definition bereits genauer ist, bleibt offen, ob diese Berechnungen probandenindividuell erfolgten, zur Be- rechnung der Schwellwerte das Rohsignal der gesamten Fahrten hinzugezogen wurden und wie das Auge im Bild der Kamera von dem Lid bei diesen Zuständen verdeckt war. In anderen Arbeiten ist die Definition von Perclos ebenfalls lediglich mit einem pro- zentualen Wert ohne reale Referenz beschrieben (Dinges & Grace, 1998; Friedrichs & Yang, 2010a; Mortazavi, Eskandarian & Sayed, 2009) oder es wird lediglich die Größe des Auswerteintervalls w beschrieben (Dattel, Popkin & Pollard, 2002). Wie bei Perclos wird eine klare Lidschlagdefinition häufig vernachlässigt und sogar von Forschergruppen, die sich fokussiert mit der Beschreibung des Lidschlages beschäf- tigen, nicht einheitlich beschrieben. Dies zeigt sich in den unterschiedlichen Zeitangaben zu einem Lidschlag in Kapitel 5.2 und häufig fehlender Angaben über die Messmethode zur Bestimmung von Start und Ende des Lidschlages. Zusätzlich sieht man dies unter anderem daran, dass Fogelton und Benesova (2016) einen Unterschied in der Anzahl von gelabelten Lidschlägen von verschiedenen Forschergruppen in denselben Videos von Pan et al. (2007) festgestellt hatten. In ihrem Vergleich variierte die Gesamtzahl der gelabelten Lidschläge der Forschergruppen um bis zu sieben Prozent. In ihren Studien stellten Jiang et al. (2013) sowie Carney und Hill (1982) Unter- schiede im Abstand zwischen oberem und unterem Lid während Lidschlägen fest. So berührten das obere das untere Lid bei Lidschlägen nicht immer und senkte sich un- terschiedlich stark. Basierend darauf gingen Jiang et al. (2013) so weit, jede schnelle Bewegung des oberen Lides auch ohne Überdeckung der Pupille als Lidschlag zu defi- nieren. Andere Forscher beschreiben einen Lidschlag nur vage, mit einer Definition des Lidschlages als ein 90 bis 100 % geschlossenes Auge (Drutarovsky & Fogelton, 2015; Fogelton & Benesova, 2016). So fehlt dieser Definition eine replizierbare Referenz eines geschlossenen (bzw. in diesem Fall offenen) Auges von 0 %. Zusätzlich ist unklar, ob sich der Zustand für ein geöffnetes Auge bei 0 % während der Studiendauer zwischen den Probanden und für denselben Probanden noch ändern konnte. Selbst in der ISO 15007-1 (2014) berücksichtig ein Lidschlag nicht alle real auftretenden Fälle. So wurde ein Auge als offen definiert, wenn die Pupille vom Lid nicht bedeckt ist, als teilver- deckt, wenn nur ein Teil der Pupille sichtbar ist und geschlossen, wenn die gesamte Pupille verdeckt ist. Diese Beschreibung beruht auf der Arbeit von Wild (1983, zitiert nach ISO 15007-1, 2014). Basierend auf der zugehörigen Beschreibung ist das Ende eines Lidschlages erreicht, wenn das Auge vollständig offen ist. Vergleicht man diese Definiti- 58 on mit Beobachtungen des Auges in dunklen Umgebungen und mit gesenktem oberen Lid, so wird das Ende von Lidschlägen trotz visueller Aktivität eines Probanden nie erreicht. Bergasa et al. (2006) geben einen Lidschlag in Abhängigkeit des Verhältnisses zwischen Breite und Höhe der Pupille an. Sobald dieses Verhältnis oberhalb von 80 % des nominalen Wertes lag, galt dies als Lidschlag. Unklar ist allerdings auch hier, welche Daten zur Bestimmung des nominalen Wertes hinzugezogen wurden, ob der Wert pro- bandenindividuell gemessen wurde und wie die Bestimmung der Höhe und der Breite der Pupille durchgeführt wurde. Im Unterschied dazu definieren Mohammadi, Shan- behzadeh und Sarrafzadeh (2015) einen Lidschlag lediglich als Verdeckung der Iris und Pupille. Einen komplett anderen Ansatz wählten Grauman et al. (2001); Grauman, Bet- ke, Lombardi, Gips und Bradski (2003) oder Królak und Strumiłło (2012). Diese baten die Probanden jeweils in einer Aufgabe bewusst zu blinzeln. Ihre Detektionsverfahren mussten anschließend nicht Lidschläge im normalen Verhalten der Probanden, sondern lediglich die Stellen mit bewussten Lidschlägen erkennen. Fraglich hierbei ist, wie gut die Detektion von Lidschlägen beim natürlichen Lidschlagverhalten der Probanden ist. Einen allgemeineren Ansatz wählten Skotte et al. (2007), die einen Lidschlag als Verde- ckung der Cornea durch das obere Lid von mehr als 50 % und einen partiellen Lidschlag bei einer Verdeckung der Cornea von weniger als 50 % oder bei Unsicherheiten in der Klassifikation festlegten. In Hinblick auf eine Klassifikation einer Lidschlagdetektion fehlt allen bisher be- schriebenen Arbeiten die Beschreibung, innerhalb welcher zeitlicher Grenzen ein Lid- schlag als richtig detektiert eingestuft wurde. So ist nicht klar, ob der reale Lidschlag komplett innerhalb des detektierten Zeitrahmens sein musste oder ob es gewisse Toleran- zen gab. Zur besseren Vergleichbarkeit von Studien und Untersuchung des Probanden- verhaltens müssen deshalb folgende Kriterien zur richtigen Erkennung von Lidschlägen beschrieben sein: 1. Bei welcher Lidspaltenänderung innerhalb eines Zeitintervalls liegt ein Lidschlag vor? 2. Wann wird der Beginn der Lidschließphase durch einen Algorithmus richtig detek- tiert? 3. Wann wird das Ende der Lidöffnungsphase durch einen Algorithmus richtig detek- tiert? 4. Die Kriterien für die Punkte eins bis drei müssen probanden- und verhaltensunab- hängig sein. Diese Auflistung reduziert sich, falls lediglich einzelne Parameter wie die Frequenz von Lidschlägen von Interesse sind. In diesem Fall reichen bereits das Kriterium eins und vier, sowie die Unterscheidung, ob detektierte Lidschläge in unterschiedlichen Schlussphasen auftreten. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Verfahren erfüllt die Beschreibung und Detektion von Pedrotti et al. (2011) die aufgelisteten Bedingungen. Sie definier- ten einen Lidschlag als vollständige Überdeckung der Pupille. Zu den Zeitintervallen, in 59 Tabelle 5.1.: Vier-Felder Matrix Detektierter Zustand des Algorithmus Lidschlag detektiert Kein Lidschlag detektiert Wahre Bedingung Lidschlag Richtig-positiv (TP ) Falsch-negativ (FN) Kein Lidschlag Falsch-positiv (FP ) Richtig-negativ (TN) denen dies der Fall war, wurde zusätzlich ein Zeitpuffer von 60 ms vor dem jeweiligen Beginn und Ende addiert. Für eine korrekte Detektion der Länge eines Lidschlages muss- te die Detektion zwischen 100 und 20 ms vor der vollständigen Verdeckung der Pupille starten und 20 bis 100 ms nach dem Ende der vollständigen Verdeckung enden. Anhand dieser Kriterien wurden mit ihrem Algorithmus 79 % der Lidschläge richtig detektiert. 5.5.2. Bewertung der Detektionsleistung von Lidschlagalgorithmen Zur Bewertung der Detektionsleistung von Lidschlagalgorithmen gibt es mehrere Bewer- tungsmaße. Ausgangsbasis für die Erkennungsleistung sind Summen aus richtig-positiv, falsch-positiv, falsch-negativ und richtig-negativ erkannten Lidschläge. Diese werden häufig in einer Vier-Felder Matrix dargestellt (siehe Tabelle 5.1). Die Summe richtig-positiv erkannter Lidschläge (TP ) setzt sich aus allen Lidschlag- detektionen eines Algorithmus zusammen, bei denen gleichzeitig das reale Verhalten des Probanden das gesetzte Kriterium eines Lidschlages erfüllt. Dazu gehören beispielsweise das richtige Detektieren von Beginn und Ende eines Lidschlages, sowie ein Schwellwert für das Minimum der Lidspalte während eines Lidschlusses. Falsch-positiv erkannte Lid- schläge (FP ) sind alle detektierten Lidschläge eines Algorithmus, zu deren Zeitpunkt der Proband in Wirklichkeit keinen Lidschlag ausgeführt hat. Die Summe falsch-negativ er- kannter Lidschläge (FN) beschreibt die Anzahl aller realen Lidschläge eines Probanden, die von dem Algorithmus zur Lidschlagdetektion nicht erkannt worden sind. Richtig- negativ erkannte Lidschläge (TN) stellen eine Sonderform bei der Lidschlagerkennung dar und werden lediglich bei einer Auswertung auf Einzeldatenbasis und bei einer ereig- nisbasierten Auswertung summiert. Die Summe beschreibt alle Sequenzen oder Daten- punkte, bei denen der Proband keinen Lidschlag ausführt und der Algorithmus ebenfalls keinen Lidschlag erkennt. Bei der Detektion wird zwischen einer Auswertung auf Einzeldatenbasis oder ei- ner zeitbasierten bzw. ereignisbasierten Detektion unterschieden. Die Unterschiede dieser Auswertungen sind im Folgenden erläutert: Bei der Bewertung auf Einzeldatenbasis wird lediglich ein einzelner Datenpunkt ausgewertet. Im Zusammenhang mit Lidschlagdetektionen wird dieses Vorgehen bei der Auswertung auf Basis von Einzelbildern angewendet. Hierbei wird dem Algorithmus zur Bestimmung des Fahrerzustandes ein einzelnes Bild präsentiert. Der Algorithmus muss dann entscheiden, ob die Person in dem Bild die Augen geschlossen oder offen hat. Die 60 Rückmeldung des Algorithmus wird oftmals mit dem gelabelten Zustand der Person (Au- gen offen oder geschlossen) verglichen. Die Grundlage für die Summen TP , FP , FN und TN bilden somit keine gesamten Lidschläge, sondern nur ein Teilausschnitt dieser. Die- ses Vorgehen wird beispielsweise von Choi et al. (2011); González-Ortega, Díaz-Pernas und Antón-Rodríguez, Díez-Higuera, J. F. (2013); Missimer und Betke (2010); Pauly und Sankar (2015); und F. Song, Tan, Liu und Chen (2014) angewendet. Dem Algorith- mus wird dabei häufig die gleiche Anzahl an Bildern geschlossener sowie offener Augen präsentiert. Bei der zeitbasierten Detektion wird im ersten Schritt das Video des Fahrers über einen bestimmten Zeitabschnitt (z.B. eine Minute Fahrt) ausgewählt. Der Algorithmus bewertet das Verhalten des Probanden in dieser Zeit und versucht alle Lidschläge zu detektieren. Die detektierten Abschnitte werden dann mit dem realen Verhalten des Probanden in diesem Abschnitt verglichen. Zusätzlich werden alle Lidschläge, die der Algorithmus nicht detektiert hat, notiert. Bei dieser Bewertungsmethode wird keine TN Summe gebildet, da diese Information in die Bewertung der TP , FP und FN Summen auf Basis des ausgewerteten Zeitraums fließt. Dieses Vorgehen wurde z.B. von Ebrahim (2016, Kapitel 5); Pedrotti et al. (2011) oder Skotte et al. (2007) genutzt. Eine Mischform aus der Bewertung auf Einzeldatenbasis und der zeitbasierten De- tektion ist eine ereignisbasierte Bewertung. Hierbei werden dem Algorithmus einzelne kurze Videoabschnitte zur Bewertung übergeben, in denen jeweils ein Lidschlag oder kein Lidschlag vorkommt. Die Anzahl der Zeitabschnitte mit und ohne Lidschlag wird gleich häufig gewählt. Diese Bewertungsform nutzen beispielsweise Appel et al. (2016). Es werden hierbei alle vier Summen TP , FP , FN und TN gebildet. Zur besseren Übersicht der Detektionsleitung des Algorithmus werden die Sum- men TP , FP , FN und TN zusätzlich verwendet, um prozentuale Kennwerte zu der Erkennungsleistung des Lidschlagalgorithmus zu berechnen. Die gebräuchlichsten Kenn- werte für Bewertungen von Lidschlagalgorithmen sind die Detektionsrate/Sensitivität (englisch Sensitivity/Recall/True-Positive-Rate; Abk.: TPR), der positive Vorhersage- wert (englisch Precision; Abk.: P ), die Falsch-Detektions-Rate (englisch False-Detection- Rate; Abk.: FDR) und die Korrektklassifikationsrate (englisch Accuracy; Abk.K). Diese Kennwerte berechnen sich wie folgt: TP TPR = + · 100% (5.1)TP FN TP P = + · 100% (5.2)TP FP = FPFDR + · 100% (5.3)TP FP 61 = TP + TNK + · 100% (5.4)TP TN + FP + FN Da bei der zeitbasierten Detektion keine TN summiert werden, wird die Korrektklassi- fikationsrate in dieser Auswertevariante wie folgt berechnet: = TPK + · 100% (5.5)TP FP + FN Diese Kennwerte geben einen guten Überblick über die Erkennungsleistung des Algo- rithmus bei der Lidschlagdetektion. 5.5.3. Abhängigkeiten von der Aufnahme und dem Fahrerverhalten Die Lidschlagdetektion mit den beschriebenen Messtechniken hängt hauptsächlich von der genutzten Software (Algorithmus) und der Hardware (Messtechnik) ab. Darüber hin- aus gibt es noch eine Vielzahl weiterer Einflussgrößen. Diese haben eine direkte Auswir- kung auf die Detektionsrate, das Verhalten der Fahrer und die Berechnung von Lidschlag- parametern. Um diese Einflüsse kenntlich zu machen, merkte beispielsweise McConkie (1981) an, wie Blickbewegungsdaten von Eye Trackern evaluiert und berichtet werden sollten. Das vorgeschlagene Vorgehen von McConkie (1981) soll einen detaillierten Auf- schluss über die Studienbedingungen geben. Er erstellte hierzu eine Liste, die sich an den Überbegriffen Charakteristik des Signals, Algorithmen zur Datenreduktion und Genau- igkeit der Position der Augendaten orientierten. Neben den aufgeführten Vorschlägen gibt es in Bezug auf die Detektion von Lidschlägen darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer Einflussgrößen. Hargutt (2003, Kapitel 2) kategorisiert diese beispielsweise in Faktoren zur Umgebungsbedingung, überdauernde Personeneigenschaften, Faktoren des momentanen Zustands der Person und die zu bearbeitende Aufgabe. Im Folgenden wird in diesem Zusammenhang eine detaillierte Übersicht der Ein- flussfaktoren auf die Datenaufnahme aufgelistet. Aufgrund der häufigen Nutzung von EOG und Kameraaufnahmen in Fahrstudien, wurden diese beiden Messtechniken als Referenz benutzt. Die einzelnen Einflussfaktoren sind hierzu in vier Hauptfaktoren un- terteilt. Einzelne Einflüsse, die lediglich auf die Kamera- oder EOG Aufnahme wirken, sind entsprechend gekennzeichnet. 1. Einflüsse durch Software und Hardware zur Aufnahme des Auges - Nutzung von Remote oder Head-mounted Eye Tracker (Kamera) - Anzahl der eingesetzten Kameras oder Elektroden - Position der Kamera(s) in Abhängigkeit zur Kopfposition (Kamera) - Position der Elektroden (EOG) - Auflösung des Augenbereiches im Kamerabild (Kamera) - Auflösung des gemessenen Spannungssignals (EOG) 62 - Typ des digitalen Sensors (Kamera: Color Filter Array oder Monochromer Sensor) - Aufnahmefrequenz - Aufnahme von einem oder beiden Augen des Probanden - Rauschen - Bildverarbeitungsalgorithmus (Kamera) - Algorithmus zur Signalverarbeitung 2. Umwelt- und studienbedingte Einflüsse - Lichtverhältnisse - Brillen und Rahmen der Probanden (Kamera) - Kontaktlinsen - Reflektionen (Kamera) - Temperatur - Luftfeuchtigkeit - Aufgabe oder Tätigkeit des Probanden - Verdeckungen der Gesichts/Augenregion (Kamera) - Fixe Position des Fahrers oder Bewegungsfreiheit (Kamera) - Labor- oder Straßenstudie - Einfluss der Straßensituation auf die Testperson - Aufnahme der Umgebung im Bild (Kamera) - Elektrisches Feld (EOG) 3. Subjekt- und verhaltensabhängige Einflüsse - Typ der Lidschläge - Zustand der Probanden - Augenphysiognomie - Lidschlagverhalten - Make-up (Kamera) - Blickrichtung vor und nach der Lidschläge - Sakkaden - Lidschlag mit geschlossenem Lid (EOG) 4. Lidschlagdefinition und Bewertung - Labelling 63 - Entscheidungskriterien wann eine Lidbewegung ein Lidschlag ist Aufgrund der hohen Zahl an Einflussfaktoren ist eine möglichst detaillierte Beschrei- bung von Experimenten zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse wichtig. Da die Detektion direkt von dem Verhalten des Probanden und den Lidschlägen abhängt, sind die Fakto- ren lediglich Kategorisierungen von Einflussfaktoren, die sich zusätzlich untereinander stark beeinflussen. Beispielsweise löst ein starker Lichteinfall während der Fahrt einen reflexartigen Lidschlag aus. Umfassende vergleichende Studien zu den Erkennungsraten von Lidschlägen bei der Modifikation mehrerer unterschiedlicher Studienbedingungen konnten in einer Lite- raturrecherche nicht gefunden werden. Aufgrund der Vielzahl an Einzelfaktoren wären die Komplexität und der Umfang einer solchen Untersuchung sehr hoch. Lediglich für einzelne Einflussgrößen gibt es Studien, wie die von Picot et al. (2009). In dieser wurden verschiedene Aufnahmefrequenzen einer Kamera verglichen, wobei eine höhere Aufnah- mefrequenz bessere Ergebnisse lieferte. In einem weiteren Vergleich von Zhang, Gao, Zhu, Zheng und Lu (2015) wurden verschiedene Signale auf Basis von EOG zur Lidschluss- erkennung verglichen, die zum einen von Elektroden an standardmäßigen Punkten im Gesicht aufgenommen wurden und zum anderen von Elektroden, die an versetzt gewähl- ten Punkten positioniert waren. So lag die mittlere Korrelation zwischen den Signalen von 14 Probanden im Vergleich bei 0.78 für das vertikale und 0.86 für das horizontale Signal. Auch wenn die Signale nicht mit den eigentlichen Lidschlüssen (Ground Truth) verglichen wurden, zeigen sie bereits die Abhängigkeit zwischen der Position der Elek- troden und der Signale. Darüber hinaus können die Lichtverhältnisse mehrere Einflüsse haben. So beeinflusst das Licht die Pupillengröße und die Lidspalte des Probanden. Auf der anderen Seite wird aber auch die Helligkeit und Farbe des Auges im Falle einer Kameraaufnahme verändert. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Tätigkeit des Probanden und die zugehörige Verhaltensänderung. So sank beispielsweise die Detektionsrate eines Remote Eye Trackers bei der Erlaubnis für Bewegungen gegenüber einer Vorgabe unbe- wegt zu sein von 95 % auf 25 % (T. Morris, Blenkhorn & Zaidi, 2002). Darüber hinaus könnte die Lidschlagerkennung speziell beim Remote Eye Tracker durch unterschiedliche Einflüsse wie Haarwuchs, Bart, Piercings, Mützen, Tücher oder Zigaretten stark indivi- duell beeinflusst werden, da im Bild der Kamera im ersten Schritt die Augenregionen gefunden werden müssen. So ist die Detektion der Augenregion ebenfalls nicht perfekt, wie die Detektionsergebnisse der Augenregion von 90 % bei geschlossenen Augen von Sirohey et al. (2002) zeigen. Die Physiognomie der Augen unterscheidet sich darüber hi- naus ebenfalls für verschiedene Ethnien oder aufgrund individueller Ausprägungen, wie die Ptose (herabhänges Lid) oder Schlupflider. Speziell Augapfel- und Lidbewegungen haben einen Einfluss auf das EOG Signal bei geschlossenen Lidern und erschweren eine korrekte Lidschlagdetektion (Meinold, 2005, Kapitel 6). Eine umfassende Übersicht über weitere Studien, die lediglich den Einfluss einzelner Faktoren untersuchen, wird in der Arbeit von Hargutt (2003, Kapitel 2) gegeben. Betrachtet man Studien zur optischen Blickrichtungserkennung, so wird auch in diesen der Einfluss von einigen der aufgelisteten Faktoren festgestellt. Mit Hilfe von vergleichenden Studien wird auch für diese versucht, den Einfluss auf die Erkennungs- 64 leistung der Algorithmen abzuschätzen (Blignaut & Wium, 2014; Nyström, Andersson, Holmqvist & van de Weijer, 2013). So verglichen Nyström et al. (2013) die Erkennungs- leistung der Blickrichtung für 145 Probanden mit 6994 Messungen und 16 Faktoren und fanden jeweils Einflüsse auf die Genauigkeit und Varianz der Faktoren der Blickrich- tungserkennung. Eine detaillierte Beschreibung des Einflusses einzelner Variablen ist im vierten Kapitel des Buches von Holmqvist et al. (2011) beschrieben. Darüber hinaus ist es bei der Präsentation von Ergebnissen einer Lidschlagdetek- tion wichtig zu wissen, wie festgestellt wird, ob ein Proband blinzelt. So macht es einen Unterschied, ob ein Signal lediglich mit definierten Regeln wie der von Rechtschaffen und Kales (1968) oder dem realen Verhalten direkt durch einen Labelling Experten be- wertet wird. Hierbei ist ebenfalls wichtig, welche Hilfsmittel zur Detektion und Analyse der Lidschläge zur Verfügung stehen. So hat eine Bewertung einer Lidschlagdetektion in Echtzeit den Nachteil, dass zweifelhafte Zeitpunkte nicht im Detail klassifiziert werden können. Auch ist man beim Labelling von der verfügbaren Ausstattung und Aufnahme (Auflösung und Größe des Auges im Bild, Aufnahmefrequenz, Lichtverhältnisse etc.) ab- hängig. Insgesamt ist es aufgrund der hohen Zahl an Abhängigkeiten durch die einzelnen Faktoren schwierig Lidschlagalgorithmen zu vergleichen, da viele Studienbeschreibun- gen keine oder nur wenige Informationen zu einem Großteil der aufgeführten Faktoren enthalten. Neben einer Untersuchung der Detektionsrate wäre eine Auflistung der Ein- flussfaktoren somit hilfreich für Vergleiche von einzelnen Studien. 5.6. Studienergebnisse zum Lidschlagverhalten und zur Müdigkeitsdetektion mit Lidschlagparametern 5.6.1. Lidschlagdetektionsverfahren mit EOG und Kameradaten In Hinblick auf die Anwendung eines Algorithmus zur Lidschlagdetektion für lange Fahr- abschnitte ist eine Auswertung des Lidschlagalgorithmus mit einer zeitbasierten Aus- wertung einer ereignisbasierten oder einzeldatenbasierten Auswertung vorzuziehen. Bei einer Auswertung mit Einzelbildern ist die Anzahl der Bilder mit unterschiedlichen Lid- stellungen im Vergleich zu deren Häufigkeit während einer normalen Fahrt unnatürlich verzerrt. Auch sind viele Bilder aus der Übergangsphase der Lidöffnung und -schließung im Datensatz vorhanden. Ebenfalls ist nicht eindeutig, wie die Lidschlagdetektion kon- kret aussieht und bewertet wird, wenn der Algorithmus während einer Schlussphase in einzelnen Datenpunkten ein offenes Auge schätzt. Somit beantworten diese Auswertun- gen schlussendlich nicht, ob ein Lidschlag als Ganzes erkannt wird oder nicht und wie gut einzelne Lidschlagparameter aus den Ergebnissen abgeleitet werden können. Eine ereignisbasierte Auswertung hat den Nachteil, dass die Ergebnisse lediglich eine ver- zerrte Information über die Güte des Algorithmus für lange Fahrten liefern. So kann es sein, dass einzelne Probanden sehr selten blinzeln und lange Phasen mit größeren Lidspalten haben. Bei anderen Probanden dominieren Zeitabschnitte mit Lidschlägen gegenüber Abschnitten mit geöffneten Augen. In beiden Fällen passen die Ergebnisse 65 der ereignisbasierten Auswertung nicht zu der Häufigkeit der Ereignisse in den Fahrten. Eine Auswertung von Zeitabschnitten kann direkt für die gesamte Fahrt hochskaliert werden. Aus diesem Grund liegt der Fokus exemplarisch vorgestellter Studienergebnisse auf Studien, bei denen die Detektionsleistung des Lidschlagalgorithmus in Zeitabschnit- ten ausgewertet wurden. Die Ergebnisse werden unabhängig von den Ausführungen in Kapitel 5.5 vorgestellt und sollen zeigen, welche Güte von Forschern unter den indivi- duellen Randbedingungen erzielt wird. Eine Studie, die die Detektionsrate von Lidschlägen untersucht, wurde von Ebrahim, Stolzmann und Yang (2013) durchgeführt. Auf Basis einer Evaluation von EOG Aufnah- men mit 50 Hz, berichten sie von einer hohen Detektionsrate von 90-100 % bei wachen Fahrern. Sie erreichten jeweils über 80 % für müde Fahrer. Als Basis dienten Fahrab- schnitten von sieben Probanden. Auch legt die niedrige FDR eine gute Erkennungs- leistung des Verfahrens nahe. Zur Detektion von Lidschlägen nutzten sie Schwellwerte der Ableitung des EOG Signals und suchten anschließend nach Vorzeichenwechseln im weiteren Signalverlauf. Im Anschluss wurde die Amplitude der Öffnungs- und Schließ- phase der detektierten Stellen verglichen, um Sakkaden, Lidschläge mit Sakkaden und reine Lidschläge zu unterscheiden. Hierzu wurden zwei k-means clustering Algorithmen genutzt. Die genaue Bewertungsmethode der Labelling Experten und die Definition von Lidschlägen für diese wurden nicht genannt. In einer weiteren Studie berichten Jammes et al. (2008) über eine hohe Detekti- onsrate von Lidschlägen (97.3 %), basierend auf der Auswertung von EOG Daten in 14 zweistündigen Fahrten. Auch Jammes et al. (2008) beschreiben die Bewertungsme- thode und Definition von Lidschlägen nicht. In beiden zuvor aufgelisteten Studien von Ebrahim et al. (2013) und Jammes et al. (2008), wie auch in einer Studie von Skotte et al. (2007) nimmt die Detektionsrate von Lidschlägen für Personen ab, die sich selbst als müde einschätzten oder durch den Studienleiter als müde eingestuft wurden. In einer weiteren Studie von Yang, Yu, Huang, Yang und Metaxas (2012), die den Vergleich der Detektionsraten zwischen wachen und müden Personen untersuchen, wird ebenfalls über eine niedrigere Detektionsrate von Lidschlägen in müden Phasen berich- tet. In ihrem Algorithmus nutzten sie eine Detektion der Lidränder im Kamerabild und die Berechnungen der Mahalanobisdistanz (Mahalanobis, 1936) zwischen den Lidern. So sank die Detektionsrate von wachen zu müden Phasen von 94 % auf 87.3 %. Gleichzeitig erhöhte sich die Falschdetektionsrate von 7.3 % auf 10.6 %. Diese Ergebnisse legen eine Abhängigkeit der Lidschlagdetektion von dem Zustand der Fahrer und des Verhaltens (siehe Kapitel 5.6.2) nahe. Zusätzlich zeigen sie, dass der Probandenzustand unabhängig von der verwendeten Messtechnik eine schlechtere Erkennungsleistung zur Folge hatte. Auch Yang et al. (2012) beschrieben nicht die Bewertungskriterien ihrer Tests. In einem Vergleich der Lidschlagdetektion basierend auf EOG und Kameradaten, nutzten Picot et al. (2009) die detektierten Lidschläge aus EOG Aufnahmen mit 250 Hz als Ground Truth ohne Labelling. Die detektierten Lidschläge wurden anschließend mit den detektierten Lidschlägen einer synchron aufzeichnenden Remote-Kamera mit un- terschiedlichen Aufnahmefrequenzen verglichen. In ihrer Studie mit 64 Aufnahmen von 14 wachen Probanden über jeweils eine Minute ermittelten sie eine abnehmende FP bei der Detektion von Lidschlägen mit höheren Aufnahmefrequenzen der Kamera. So war 66 diese Summe höher für Aufnahmen mit 30 Hz als mit 100 Hz und nahm für 150 Hz und 200 Hz jeweils zusätzlich ab. Dabei ist anzumerken, dass sie die Aufnahmen unter unterschiedlichen Aufnahmeraten nicht parallel durchführen konnten, sondern unter- schiedliche Sequenzen auswerteten. Zusätzlich bleibt offen, wie hoch die eigentliche TP und FP ist, da lediglich die Aufnahmen mit EOG als Ground Truth genutzt wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Detektion mit EOG ebenfalls Fehler enthält. In Tests mit zehn Probanden berichten Bergasa et al. (2006) von sehr genauen Ergebnissen bei der Detektion von Perclos (93.12 %), der Lidschlagdauer (84.37 %) und Lidschlagfrequenz (80 %). Diese Werte setzen eine hohe Detektionsrate von Lidschlägen voraus. In einer anderen Studie testeten Sukno et al. (2009) ihren Algorithmus auf Basis von 360 Videos aus der Datenbank von Ortega et al. (2004). Diese Datenbank enthält die Aufnahmen von 20 Probanden und insgesamt circa 63 min Videoaufnahmen die mit 25 Hz aufgezeichnet wurden. Das Verfahren zeichnete sich durch eine hohe Korrektklas- sifikationsrate (97.1 %) und eine niedrige Rate an FP (2.67 %) und FN (4.41 %) aus. Ein weiteres Verfahren von Appel et al. (2016) wurde auf Basis von 20 Videose- quenzen von 20 unterschiedlichen Probanden mit je 5 min Länge entwickelt. Bei diesem wurde ein lernender Algorithmus trainiert und evaluiert. Hierzu wurden im ersten Schritt alle 2410 Lidschläge in den Abschnitten markiert. Vor dem Training und Test des Ver- fahrens wurde im ersten Schritt ein fixer Wert für ein Zeitfenster fp zwischen 80 ms und 600 ms und Perzentilwert Pw zwischen 5 und 90 gewählt. Anschließend wurde das Verfahren über die Leave-one-out Kreuzvalidierung mit 19 Probanden und deren Lid- schlägen mit der gewählten Fensterlänge fp und Perzentilwert Pw trainiert. Zusätzlich wurden zufällig gewählte Sequenzen ohne Lidschläge zum Training genutzt. Anschlie- ßend wurde der trainierte Klassifikator auf Basis von Sequenzen des 20. Probanden mit und ohne Lidschlägen getestet. Dieses Vorgehen wurde 20-mal wiederholt, wobei immer ein anderer Proband bei dem Training ausgeschlossen und anschließend getestet wurde. Um eine optimale Fenstergröße fp und Perzentilwert Pw zu finden, wurde das gesamte Vorgehen für verschiedene Fensterlängen zwischen 80 ms und 600 ms, sowie Perzentil- werte zwischen fünf und 90 wiederholt. Die beste Korrektklassifikationsrate wurde in der ereignisbasierten Evaluation mit 96.35 % bei einer Fensterlänge von 440 ms und einem 50 % Perzentil erzielt. Suzuki, Yamamoto, Yamamoto, Nakano und Yamamoto (2006) nutzten in ihrer Studie einen Remote Eye Tracker im Innenspiegel eines Fahrzeugs um Lidschläge von 21 wachen Probanden zu detektieren. Zur Detektion der Lidschläge nutzten sie die Ablei- tung der Grauwerte im Aufnahmebild und detektierten mehrere Punkte auf dem oberen und unteren Augenlid (Landmarks). Im Anschluss an ein Clustering berechneten sie den mittleren Abstand zwischen den Punkten auf dem oberen und unteren Lid. Das Signal, dass dadurch entstand, wurde anschließend zweimal abgeleitet und die Schnitt- punkte des zweifach abgeleiteten Signals mit dem Ausgangssignal des Lidabstands er- mittelt. Die jeweiligen Schnittpunkte zwischen den beiden Signalverläufen entsprechen dabei dem Start- und Endpunkt des Lidschlages. Zur Verifikation ihres Algorithmus wurden anschließend kurze zehn-minütige Fahrten aufgenommen. Insgesamt traten in diesen Abschnitten 5813 Lidschläge auf, von denen alle bis auf 142 detektiert wurden. 67 Mit 134 Falschdetektionen konnten sie eine hohe Detektionsrate und niedrige Falschde- tektionsrate in ihrem Anwendungsfall zeigen. Auch hier wurde von den Autoren nicht berichtet, wie ihr Bewertungskriterium zur Lidschlagdetektion im Detail aussah. 5.6.2. Lidschlagverhalten und Müdigkeit In Studien, die das Verhalten von Menschen unter langen Betätigungsphasen mit dersel- ben Aufgabe untersuchen, werden häufig Änderungen des Lidschlag- und Blickverhaltens gemessen (Häkkänen et al., 1999; Ingre, Åkerstedt, Peters, Anund & Kecklund, 2006; T. L. Morris & Miller, 1996; Stern & Skelly, 1984). Diese Änderung ist unabhängig von der individuellen Lidschlagdefinition (siehe Kapitel 5.5). Speziell in Hinblick auf das Müdigkeitsverhalten ist dies wichtig, da lange Betätigungsphasen mit derselben Aufgabe als Einflussfaktor für einen erhöhten Müdigkeitszustand gelten. So wird nach einer lang andauernden Studie von Probanden im Allgemeinen ein erhöhtes Müdigkeitsempfinden zurückgemeldet (Ebrahim, 2016; T. L. Morris & Miller, 1996). Zusätzlich wird ein „ver- minderter Lidabstand in Kombination mit einem tieferen Blickwinkel beobachtet“ Lobb und Stern (1986, S. 17). Dieses Phänomen entspricht der Beschreibung von Personen, die von außen beobachtet einen müden Blick haben (T. L. Morris & Miller, 1996). Durch die verkleinerte Lidspalte verringert sich folglich auch der zurückzulegende Weg bzw. die Amplitude bei einem Lidschlag (Stern et al., 1994). Zusätzlich berichten Stern et al. (1994) in ihrer Literaturübersicht über eine eindeutige Tendenz der Probanden zu einer erhöhten Lidschlagfrequenz im Laufe der Zeit. Diese Rate wird bei langen Betäti- gungsdauern zusätzlich von der jeweiligen Aufgabe und der dazu erforderlichen visuellen Beanspruchung beeinflusst (Stern et al., 1994; Veltman & Gaillard, 1996). Stern et al. (1994) berichten ebenfalls von einem Anstieg von Lidschlagflurries, zum Teil auch Blink bursts oder volleys genannt, die sie als drei oder mehr Lidschläge innerhalb eines dreisekündigen Zeitfensters definierten. In ihrer Studie war die Zahl der Flurrys hinsichtlich der Betätigungszeit, sowie des Interaktionseffekts aus Studientag und Betätigungszeit bei einem dreimalig wiederholten Experiment signifikant. Deshalb war ihre Schlussfolgerung, dass die Häufigkeit der Flurries nicht nur durch die fortschrei- tende Studiendauer, sondern auch durch Langeweile in Bezug auf die Aufgabenstellung beeinflusst wurde. In einer Studie mit 76 Fahrern untersuchten N. Galley, Schleicher und Galley (2004) das Lidschlagverhalten mit EOG in langen simulierten Autofahrten mit einer Länge von zwei bis drei Stunden. In der Studie fanden sie große individuelle Unterschiede in der Änderung der Werte mehrerer Lidschlagparameter bei zunehmender Müdigkeit. Dies waren unter anderem Lidschlagfrequenz, Lidschlagdauer und Amplitude. Manche Pa- rameter änderten sich bei Probanden auch trotz des Müdigkeitsanstiegs nicht. Hierbei war nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich bei Probanden bestimmte Parameter änderten und bei den übrigen Probanden wiederum andere Parameter. Die Autoren nahmen an, dass das Bestreben wach zu bleiben, eine Änderung des Lidschlagverhaltens verhindert, wobei die Probanden individuell das Verhalten unterschiedlicher Parameter beeinflussen. Trotz dessen identifizierten sie in einer Faktoranalyse fünf Faktoren, die sich je nach Proband in der wachen und müden Fahrphase unterscheiden. Dies waren 68 die Zeit zwischen zwei Lidschlägen, die Lidschlagdauer zusammen mit einer Verzögerung der Lidöffnung, die Amplitude des Lidschlags zusammen mit der Öffnungsdauer, die Ge- schwindigkeit der Lidöffnung, sowie die Geschwindigkeit der Lidschließung. Auch Hargutt (2003, Kapitel 6) berichtete von starken individuellen Unterschieden in seinen Studien und schlägt eine individuelle Standardisierung dreier Parameter zur Zustandsbeschreibung vor (Lidschlagfrequenz, Lidschlagdauer und das Augenöffnungs- niveau). Wie bei N. Galley et al. (2004) gab es in seiner Fahrsimulatorstudie mit zwölf Probanden und langen Fahrten mit bis zu 270 min bei manchen Probanden Änderungen in der Augenöffnungsdauer mit zunehmender Müdigkeit und bei anderen nicht. Dasselbe war bei der Lidschlussdauer und der Augenöffnungsdauer der Fall. Zusätzlich beobach- tete er bei einer kombinierten Betrachtung der Blinzlerfrequenz und langen Lidschluss- dauern, dass lange Augenöffnungsdauern selten gekoppelt mit langen Lidschlussdauern auftraten und lediglich in späten Müdigkeitsstadien zusammen mit einer kleinen Lid- spalte vorkamen. So stellte Hargutt fest: 1. „Die Augenöffnungsdauern variieren außer mit Situationsfaktoren vor allem mit time-on-task und Aufmerksamkeit, wobei dieser Zusammen- hang nur in frühen Müdigkeitsstadien vorhanden ist. 2. Verlängerte Lidschlussdauern als auch gesondert betrachtete lange Lid- schlussereignisse sind v.a. mit time-of-day verknüpft und indizieren so- mit eher einen tonischen, energetischen Müdigkeitsaspekt als eine mit Aufgabencharakteristiken schwankende, phasische Aufmerksamkeit. 3. Das Augenöffnungsniveau verringert sich in sehr späten Müdigkeitssta- dien und lässt den Einfluss von Aufmerksamkeit auf die Augenöffnungs- dauern weitgehend verschwinden.“ (Hargutt, 2003, S. 161) Als guter Indikator zur Müdigkeitserkennung auf Kamerabasis gilt das Perclos-Signal, insbesondere nach einer vergleichenden Studie zu Messgrößen zur Müdigkeitsdetektion von Dinges und Grace (1998). Aus diesem Grund wird das Signal bis heute häufig in Studien zur Müdigkeitsdetektion eingesetzt (Bergasa et al., 2006; Friedrichs & Yang, 2010a; Grace et al., 1998; Sigari, 2009; Trutschel et al., 2011). In den Studien von Hargutt (2003, Kapitel 5 bis 7) versuchte dieser die Müdigkeit der Probanden mit Hilfe des Perclos-Signals richtig zu detektieren. Dabei konnte der müde Zustand der Probanden trotz sehr müder Phasen mit dem Perclos Signal nicht frühzeitig erkannt werden. Auch stiegen die Detektionen nicht monoton mit der Zunahme an Fahrfehlern an. So weist die Detektion mit Perclos erst einen Sprung für Zeitabschnitte auf, in denen die Probanden mehr als 30 % der Zeit mit den Rädern außerhalb des eigenen Fahrstreifens fuhren. Im Zusammenhang mit Studien zum automatisierten Fahren wurden Eye-Tracking Daten unter anderem von Jamson et al. (2013) und Körber et al. (2015) ausgewertet. In den Studien wurde eine Änderung des Lidschlussverhaltens im Zusammenhang mit der Tätigkeit und Versuchszeit festgestellt (siehe Kapitel 4.2.1). 69 5.6.3. Klassifikation des Müdigkeitszustandes mit der Lidstellung Verschiedene Studien fokussieren sich auf den Klassifikationsprozess des Fahrers in einen müden und wachen Zustand auf Basis von Lidschlagparametern (EOG: Ebrahim, Abdel- laoui, Stolzmann & Yang, 2014; Hu & Zheng, 2009; Picot et al., 2012; Kamera: Bergasa et al., 2006; Coetzer & Hancke, 2011; Eskandarian & Mortazavi, 2007; Teyeb et al., 2014). Im Fokus steht dabei nicht die Auswertung und Untersuchung der einzelnen Parameter in wachen und müden Phasen. Im Gegensatz dazu ist es das Ziel, eine gegebene Datenba- sis zu nutzen, um die Klassifikation des Fahrers in müde und wach zu optimieren. Da das Lidschlagverhalten sehr komplex ist und es starke individuelle Unterschiede gibt, werden häufig Fuzzy Konzepte und rein lernende Verfahren, wie ein künstliches neuronales Netz, Support Vector Machine oder k-nearest-neighbor Verfahren zur Müdigkeitsdetektion ein- gesetzt. Selten wird in Verfahren versucht auf Basis von bekannten Veränderungen im Lidschlagverhalten (siehe Kapitel 5.6.2) ein deterministisches oder stochastisches Ver- fahren zu entwickeln, dass eine Detektion der Änderung von Lidschlagparametern bei Müdigkeit ausnutzt. Ein Beispiel für ein simples deterministisches Verfahren ist eine Müdigkeitsdetektion und -warnung bei einem Lidschluss von mehr als zwei Sekunden (Chieh, Mustafa, Hussain, Hendi & Majlis, 2005). Im Folgenden wird eine Auswahl an Detektionsverfahren exemplarisch vorgestellt. Lernende Verfahren Hu und Zheng (2009) nutzten die Lidschlusseigenschaften aus EOG Aufnahmen um den Müdigkeitszustand von Probanden mit Schlafentzug zu de- tektieren. Sie berichteten von einer Detektionsrate von 83.3 % bei wachen Personen, 86.7 % bei Probanden im müden Zustand und 100 % bei der Detektion des sehr müden Zustands. Hierfür setzten sie ein lernendes Verfahren ein (Support Vector Machine). Der Algorithmus nutzte alle detektierten Lidschläge (korrekte, sowie falsche Detektionen) und wurde in Bezug zu der neunstufigen KSS und Karolinska Drowsiness Score ausge- wertet. Als Grundlage für ihre Studie zeichneten Friedrichs und Yang (2010a) über 90 Stun- den reale Fahrten von 23 Probanden im Straßenverkehr auf. Mit einer Kamera der Firma Seeing Machines wurden der Öffnungsgrad der Lidspalte sowie die Kopfposition aufge- zeichnet. Aus diesen Signalen wurden insgesamt 18 Parameter zur Zustandsbeschreibung des Fahrers abgeleitet und auf die elf vielversprechendsten reduziert. Mit Hilfe von auf- gezeichneten KSS wurden Abfragen von Fahrphasen mit einer KSS kleiner sieben als wach, KSS von sieben als zweifelhaft und KSS größer sieben als müde kategorisiert. Mit Hilfe dieser Kategorisierung wurde ein künstliches neuronales Netzwerk trainiert und anschließend getestet. Die gemittelte Detektionsrate mit Testdaten der drei Zustände betrug 82.5 %. Ähnlich zu Friedrichs und Yang (2010a) gingen auch Garcia et al. (2012) vor, die aus dem Signal des Lidabstands das Perclos Signal berechneten. Die Perclos-Daten wurden mit Schwellwerten in drei Gruppen unterteilt und mit gelabelten Müdigkeits- bewertungen verglichen. Das genaue Verfahren zur Ermittlung der Schwellwerte wurde nicht genannt. Die Zustände wach, müde und sehr müde wurden mit 83.5 %, 57 % und 46 % richtig klassifiziert. 70 Ebrahim et al. (2014) verglichen die Detektionsrate des Müdigkeitszustandes von drei unterschiedlichen Klassifikationsverfahren. Dabei wurden die Verfahren Support Vec- tor Machine, künstliche neuronale Netze und k-nearest-neighbor evaluiert. Diese detek- tierten jeweils die KSS-basierte Müdigkeitseinschätzung von 43 Probanden mit 18 Lid- schlagparametern mit einer mittleren Detektionsrate von 82 %. Als Grundlage für die Müdigkeitsklassifikation wurden Zeitabschnitte mit einer KSS kleiner sieben als wach und Abschnitte mit einer KSS größer sechs als müde eingestuft. Bei einer Unterteilung in drei Zustände (KSS kleiner sechs wach; KSS gleich sechs oder sieben zweifelhaft und KSS größer sieben als müde) konnte lediglich eine mittlere Detektionsrate von 66 % erzielt werden. Fuzzylogiken Picot et al. (2012) nutzten EOG Aufnahmen, um den Müdigkeitszustand der Probanden mit einem Algorithmus mit Fuzzylogik zu schätzen. Diese Schätzung ver- glichen sie mit einer Klassifizierung des Müdigkeitszustandes anhand der Interpretati- on eines Beobachters. Dieser schätzte den Müdigkeitszustand selbst anhand der EOG- Rohsignale. Der Zustand der Probanden wurde in wach, müde und sehr müde unterteilt. Bei der algorithmischen Umsetzung wurde eine Kombination von mehreren Lidschlag- parametern genutzt. Mit einer Übereinstimmung von 81.4 % bei der Detektion von sehr müden Personen konnte eine hohe Übereinstimmung erzielt werden. Um die Ergebnisse der Klassifikation zu verbessern, schlug Picot et al. (2012) eine Kombination von EOG und EEG Signalen vor. In einer Studie von Bergasa et al. (2006) wurde der Müdigkeitszustand mit Hilfe mehrerer Lidschlagparameter und einem Fuzzy-System getestet. In diesen Tests wurde bei zehn Fahrten im Straßenverkehr ein müdes Verhalten simuliert. Je nach Parame- ter konnte der simulierte müde Zustand mit einer Genauigkeit von 72.5 % bis 93.12 % erkannt werden. Durch die Verknüpfung der Parameter (Perclos, Lidschlagdauer, Lid- schlagfrequenz, Nickfrequenz des Kopfs, Kopfrichtung und Fokus des Blickes) konnte eine richtige Klassifikation des Zustandes in Höhe von 98 % erzielt werden. Unklar ist allerdings, wie wache und müde Verhaltensweisen dargestellt wurden und wie lange die Auswertesequenzen waren. Stochastische und Deterministische Verfahren N. Galley et al. (2004) konzipierten ein sechsstufiges stochastisches Verfahren zur Mü- digkeitsdetektion. Dies sollte müde Fahrer speziell von Fahrern unterscheiden, die ab- sichtlich lange Lidschlussphasen ausführten, allerdings nicht müde waren. Das Verfahren basierte auf mehreren Lidschlagparametern, sowie einer Personalisierung der Lidschlag- parameter während des wachen Zustands durch eine Speicherung der Werte aus den ersten 15 min der Fahrt. Das Lidschlagverhalten während der weiteren Fahrt wurde anschließend mit den personalisierten Werten verglichen. Eine gelbe Zustandswarnung wurde ausgelöst, falls mehrere Parameter eine Änderung zum Ausgangswert aufwiesen, die auf einen Müdigkeitseinfluss schließen ließen. Über eine Steigerung der Warnung mit einer roten Zustandswarnung wurden deutliche Müdigkeitskennzeichen bei mehreren Pa- rametern ausgedrückt. Einen anderen Ansatz verfolgte Hargutt (2003, Kapitel 7). So teilte er einzelne Lid- 71 schläge aufgrund der Länge der Lidschlagdauer und der Länge der Augenöffnung vor den jeweiligen Ereignissen in vier Gruppen auf. Die Schwellwerte für die Grenzen zwischen den Stadien wurden anhand eigener Untersuchungen bestimmt, unterliegen allerdings der Geheimhaltung. Je nach Stadium wurden Probanden als wach, vigilanzgemindert, müde oder schläfrig charakterisiert. Ein weiteres System ist das Copilot System (Grace et al., 1998; Grace & Steward, 2001). Dies nutzt den Öffnungsgrad der Augen, um dem Fahrer eine Meldung zu des- sen Müdigkeitszustand zu geben. Eine Meldung wird dem Fahrer gegeben, sobald der Perclos Wert seinen Signalzustand stark änderte. In einer Folgestudie von Dattel et al. (2002) mit Zugfahrten wurde auf Basis des Copilot-Systems gezeigt, wie das System zur Warnung der Fahrer in automatisierten Fahrten genutzt werden kann. 72 6. Methodischer Ansatz zur Untersuchung des Fahrerverhaltens 3 In diesem Kapitel werden die ersten beiden Studien (Studie 1 und 2) zur Untersuchung des Verhaltens von Fahrern in langen, monotonen manuellen und hochautomatisierten Fahrten vorgestellt. Insgesamt wurden drei Studien in dieser Arbeit ausgewertet. Kein Proband nahm an mehr als einer der drei Studien teil. Das Studienkonzept von Studie 3 baute auf den Ergebnissen von Studie 2 auf. Aus diesem Grund wird der methodische Ansatz von Studie 3 nach der Vorstellung der Ergebnisse aus Studie 1 und 2 zu Beginn von Kapitel 10 getrennt vorgestellt. Studie 1 entstand für eine vorausgehende Arbeit von Ebrahim und wurde als Refe- renz für lange manuelle Fahrten mit induzierter Müdigkeit zu den automatisierten Fahr- ten dieser Arbeit hinzugezogen. Die Beschreibung von Studie 1 basiert auf den Angaben in Ebrahim (2016, Kapitel 4) und zusätzlichen Schilderungen und Dokumentationen der damaligen Studienleiter. Alle Auswertungen und Ergebnisse zu dieser Studie basieren auf eigenständigen Auswertungen mit dem Ziel die Daten im Kontext eines Vergleichs mit Studie 2 zu analysieren. So werden bisher nicht ausgewertete Kameradaten ausgewertet und präsentiert. Hauptziel der manuellen Studie 1 Das Ziel von Studie 1 war es, das Fahrerverhalten während langen, manuellen Fahrten zu untersuchen. Monotone Umgebungsbedingungen sollten Müdigkeit bei den Probanden induzieren. Es wurden Elektookulogramme von Fahrern im wachen und müden Zustand aufgezeichtet. Diese wurden in einer ersten Auswertung zur Detektion der Müdigkeit von Fahrern während manuellen Fahrten genutzt (Ebrahim, 2016, Kapitel fünf bis acht). Aufbauend auf den Daten der Studie und bisher nicht ausgewerteter Messsignale eines Head-mounted Eye Trackers, dienen die Aufzeichnungen als Basis für einen Vergleich zwischen manuellem und hochautomatisiertem Fahren mit Studie 2 dieser Arbeit. Hauptziel der hochautomatisierten Studie 2 In der ersten hochautomatisierten Fahrstudie (Studie 2) war das Hauptziel, die Reak- tionsfähigkeit der Probanden nach einer langen, hochautomatisierten Fahrt zu untersu- 3Auszüge des Kapitels wurden und werden von J. Schmidt, Stolzmann und Karrer-Gauß (2016), J. Schmidt, Laarousi et al. (2017) und J. Schmidt und Stolzmann (o. J.) veröffentlicht 73 chen. Die Probanden sollten über mehr als 80 min unter monotonen hochautomatisierten Fahrbedingungen fahren. Durch diese Umgebungsbedingungen sollte Müdigkeit induziert werden. Ziel war es, die Probanden zum Ende der Studie mit einer anspruchsvollen Über- nahme der Fahrzeugführung zu konfrontieren, um die Reaktionen auf diese zu messen. Der Start der Übernahme sollte dynamisch an den Müdigkeitszustand der Probanden gekoppelt sein, um den Fahrer zum Zeitpunkt seines höchsten Müdigkeitsniveaus mit der anspruchsvollen Übernahme zu testen. Mehrere zusätzliche Übernahmen während der Studie wurden konzipiert, um den Fahrer an das neuartige Assistenzsystem zu ge- wöhnen und die Verantwortlichkeit zwischen ihm und dem Fahrzeug aufzuzeigen. Diese Übernahmen wurden so parametriert, dass sie für die Probanden einfach zu meistern wa- ren. Dadurch wurden die Probanden für die abschließende anspruchsvolle Übernahme nicht vorkonditioniert. Der geringe Schwierigkeitsgrad bei den vorherigen Übernahmen wurde dadurch erreicht, dass im Großteil nur eine Spurhaltung des Probanden nach der Übernahme gefordert war. In einer der einfachen Übernahmen gab es eine Situation, in der einem Hindernis auf der Fahrspur auszuweichen war. Für das nötige Ausweichmanö- ver hatte der Proband eine große Zeitspanne. Die Probanden wurden in zwei Gruppen geteilt und mussten während der hochautomatisieren Fahrt in bestimmten Intervallen (30 s oder 180 s) ähnlich zu dem Versuch von Wimmer (2014, Kapitel 5) eine Reakti- onsabfrage bestätigen. Die Bestätigung war nötig, um das System aktiviert zu halten. Ziel war eine Untersuchung des Einflusses der unterschiedlichen Intervalle der ä. Details zum Konzept werden im Folgenden näher beschrieben. 6.1. Gemeinsamkeiten von Studie 1 und 2 Die beiden Studien 1 und 2 wurden unter Laborbedingungen ohne Einfluss von Son- nenlicht durchgeführt. Zur Verstärkung der Müdigkeit der Probanden, war die gesamte Umgebung neben der Fahrstrecken mit eintöniger Vegetation und nur wenigen Ortschaf- ten aufgebaut. Als Fahrtumgebung wurden Abendbedingungen mit einem dunklen, stark bewölkten Himmel simuliert. Zusätzlich zu der ermüdenden Streckenumgebung war es das Ziel, mit einer langen Dauer der Studie von bis zu vier Stunden Müdigkeit zu indu- zieren. Diese Zeit beinhaltete eine Vorbefragung, die Instruktion, die Fahrt, sowie eine Nachbefragung. Während beider Studien durften die Probanden kein Radio hören und keine Nebentätigkeiten ausführen. Durchschnittlich fuhren die Probanden in der ma- nuellen Studie 321 km (SD = 70 km) in 2:25 h (SD = 34 min). Die Probanden der hochautomatisierten Studie fuhren im Mittel 259 km (SD = 37 km) in einer mittleren Fahrtzeit von 2:41 h (SD = 23 min). Die Startuhrzeit der Probanden in beiden Studien war gleichverteilt 18 Uhr oder 22 Uhr im Anschluss an einen regulären Arbeitstag. Die Probandenakquise in beiden Studien beschränkte sich auf Mitarbeiter der Daimler AG. Mit Hilfe eines Head-mounted Eye Tracker Dikablis (Ergoneers GmbH, 2016) wur- den in beiden Studien objektive Messdaten aufgezeichnet. Das Messsystem ist in Abbil- dung 6.1 dargestellt. Es besteht aus einem Brillengestell und zwei Infrarotkameras mit Ausgabe eines 8-bit Graustufenbildes. Eine der Kameras ist zwischen den Augen posi- tioniert und nimmt die Sicht aus der Kopfrichtung des Fahrers auf (Feldkamera). Eine 74 zweite Kamera ist auf das linke Auge aus Sicht des Trägers gerichtet (Augenkamera). Der Eye Tracker nahm beide Videos mit 25 Hz während der gesamten Fahrten auf. Die Position der Kamera, die auf das Auge des Trägers gerichtet war, konnte über einen biegbaren Haltedraht individuell auf die Physiognomie des Trägers angepasst werden. Der Abstand zwischen Augenkamera und Auge betrug circa 5 cm. Die Kamera wurde so eingestellt, dass sie das Auge von unten unter einem schrägen Winkel von circa zehn Grad aufnahm. Die Auflösung der Augenkamera betrug 384 x 288 Pixel, die der Feldka- mera 768 x 576 Pixel. In den Bildern der Augenkamera nahm das Auge circa eine Breite von 75 % und eine Höhe von 50 % ein. Die Firma Ergoneers bietet zwar eine Blickrich- tungserkennung auf Basis einer Detektion der Pupillenposition im Bild der Augenkamera an, wurde jedoch aufgrund der geringen Genauigkeiten der Blickrichtungserkennung in eigenen Voruntersuchungen in dieser Arbeit nicht verwendet. Der Head-mounted Eye Tracker diente lediglich zur Aufnahme eines Videobildes des Auges, das für eine Lidspal- tendetektion offline ausgewertet wurde. Abbildung 6.1.: Messsystem Dikablis Zusätzlich wurden mit Hilfe der Messtechnik actiCAP (Brain Products GmbH, 2009) Aufzeichnungen des horizontalen und vertikalen Elektrookulogrammes der Fahrer wäh- rend der Fahrt gespeichert. Hierzu wurde für das vertikale Elektrookulogramm eine Elektrode ober- und unterhalb des rechten Auges aus Sicht der Probanden angebracht, sowie eine Elektrode rechts des rechten Auges und links des linken Auges (siehe Ab- bildung 6.2). Über die Spannungsdifferenz des Messsignals der oberen und der unteren Elektrode wurden vertikale Augenbewegungen aufgezeichnet. Mit Hilfe der Spannungs- differenz zwischen der rechten und der linken Elektrode wurden zusätzlich horizonta- le Augenbewegungen gemessen. Das Spannungssignal zweier zusätzlicher retroaurikulär angebrachten Elektroden diente als Referenzsignal, um Einflüsse der Umgebung auf die 75 Messsignale zu minimieren. Die Spannungssignale wurden mit 250 Hz aufgezeichnet und für die Auswertungen in dieser Arbeit mit f1 = 50 Hz und f2 = 25 Hz abgetastet. Abbildung 6.2.: Messsystem EOG 6.2. Detailliertes Konzept der Studie 1 Probanden An der Studie 1 nahmen insgesamt 18 Probanden teil. Diese hatten alle eine kaukasische Augenphysiognomie ohne weitere Auffälligkeiten. Aufgrund von fehlenden Messdaten und Problemen mit dem Simulator in einzelnen Fahrten, konnten die Fahrten von vier Probanden für die gesamten Auswertung nicht berücksichtigt werden. Dies reduziert die Anzahl der Probanden in der Auswertung mit Start um 18 Uhr auf sieben (alle ohne Brille oder Kontaktlinsen, vier männlich und drei weiblich) und die Zahl der Probanden, die die Studie um 22 Uhr anfing auf sieben (alle ohne Brille, einer mit Kontaktlinsen, vier männlich und drei weiblich). Das Alter der Probanden lag zwischen 27 und 56 Jahren (M = 35.5 Jahre, SD = 8.9 Jahre). Keiner der Probanden gab an eine ihm bekann- te Schlafstörung zu haben. Auch standen sie zur Zeit der Studie nicht unter Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss. Die Probanden besaßen den Führerschein im Mittel für 17.5 Jahre (Max = 38 Jahre, Min = 8 Jahre, SD = 9.5 Jahre). Alle Probanden be- stätigten vor Beginn der Fahrt, keine Fahrbeeinträchtigung (Krankheit o. ä.) zu haben. Auf Vergleiche der Probanden hinsichtlich der Startuhrzeit wird aufgrund der ge- ringen Gruppengröße verzichtet. Eine Alters- und geschlechtsspezifische Ausgeglichen- heit konnte im Rahmen der Probandenakquise nicht ermöglicht werden, weshalb eine Betrachtung anhand dieser Kriterien ebenfalls nicht durchgeführt wurde. 76 Simulator Für die Studie wurde der dynamische Fahrsimulator der Daimler AG am Standort Sin- delfingen verwendet (E. Zeeb, 2010). Dieser besteht aus einer Kuppel, die auf einem Hexapod montiert ist. Der Hexapod wiederum ist auf einer fahrbaren Plattform ange- bracht und bewegt sich zur Simulation von Bewegungen auf einer zwölf Meter langen linearen Achse. Zusätzlich kann die gesamte Kuppel über den Hexapod geneigt wer- den. Für die Fahrstudie wurde in die Kuppel ein komplettes Fahrzeug der Mercedes Benz Baureihe V221 (S-Klasse) gestellt, das von den Probanden genutzt wurde. Hierfür war das Fahrzeug direkt mit den Steuerungs- und Aufnahmerechnern verbunden. Auf der gesamten Innenseite der Kuppel befanden sich außerhalb des Fahrzeugs Leinwände. Auf diese wurde das Fahrszenario für die Probanden über acht am Kuppelhimmel an- gebrachten Projektoren rundum (360◦) projiziert. Zusätzlich waren beide Seitenspiegel des Fahrzeugs durch Monitore ersetzt, in denen die Sicht aus dem Fahrzeuginnenraum auf den rückseitigen Verkehr dargestellt wurde. In das Innere der Kuppel konnte kein Außenlicht gelangen. Einzig die Projektoren, Monitore und beleuchteten Elemente in- nerhalb des Fahrzeugs erzeugten Licht. Über Lautsprecher wurde eine realistische Ge- räuschkulisse in Abhängigkeit der Fahrzeuggeschwindigkeit, des Ganges, der Drehzahl und dem akustischen Einfluss von weiteren Verkehrsteilnehmern simuliert. Über eine Gegensprechanlage war der Proband während der gesamten Zeit mit dem Studienleiter verbunden. Dem Studienleiter standen zusätzlich die Kamerabilder von drei Infrarotka- meras im Fahrzeuginnenraum zur Verfügung. Zwei der Infrarotkameras waren auf den Fahrer gerichtet, eine auf den Streckenverlauf. Die Abbildung 6.3 zeigt den Fahrsimulator von außen sowie von innen mit einem beispielhaften Fahrzeug. Jede Lenkbewegung oder Betätigung der Pedalerie im Fahrzeug hatte dieselben Auswirkungen auf die simulierte Umgebung wie es in der Realität der Fall ist. Der Abstandsregeltempomat (Distronic Plus, Mercedes Benz Baureihe V221) war im Fahrzeug integriert, die Probanden aller- dings instruiert diesen nicht zu nutzen. Manuelle Fahrfunktion Während der gesamten Studie fuhr der Proband selbst. Eine Nutzung des Längsregel- systems im Fahrzeug (Distronic Plus, Mercedes Benz Baureihe V221) wurde gebeten zu unterlassen. Entsprechend der Kategorisierung in Kapitel 2.3 entsprach die Fahrt einem Automatisierungslevel von Level null. Messtechnik Während der gesamten Studie wurde das Fahrverhalten des Probanden mit Hilfe von Daten zur aktuellen Position auf der Strecke, der Geschwindigkeit und Beschleunigung, sowie dem Abstand zu weiteren Verkehrsteilnehmern aufgezeichnet. Zusammen mit wei- teren Signalen zur Interaktion des Fahrers mit dem Auto (z.B. Tastendrücke) wurden die Signale mit 50 Hz gespeichert. Neben den drei Infrarotkameras, die bereits während der Fahrt ein Videobild für den Studienleiter zur Verfügung stellten, nahmen zwei weitere Kameras den Fahrer, sowie eine zusätzliche Kamera die Fahrtstrecke auf. 77 Abbildung 6.3.: Moving-base Fahrsimulator (Daimler AG, 2017b) Zur Messung der subjektiven Müdigkeit der Probanden wurden die Probanden während der Fahrt in Abständen von 15 min gebeten, ihre Müdigkeit auf der neunstufigen KSS zu bewerten (siehe Kapitel 4.4.1). Hierzu wurden Sie durch die Einspielung einer aufgezeich- neten akustischen Ansage aufgefordert. Die Skala mit einer zugehörigen Beschreibung der einzelnen neun Stufen war im Fahrzeuginnenraum links neben dem Lenkrad in der in Abbildung 4.3 gezeigten Form angebracht. Zur Einschätzung der Müdigkeit mussten die Probanden im Anschluss an die Aufforderung die entsprechende Zahl zur Beschreibung des Müdigkeitszustandes anhand der Skala laut aussprechen. Der Studienleiter speicher- te den aktuellen Müdigkeitslevel in den Messdaten. Im Anschluss an die Bewertung ihrer Müdigkeit wurden die Probanden gefragt, ob sie ein System zur Müdigkeitserkennung im Moment der Abfrage, aufgrund einer hohen Müdigkeit hätte warnen sollen: Wenn Sie jetzt eine Müdigkeitswarnung bekommen würden, wäre diese richtig, akzeptabel oder falsch? Diese Frage wurde ebenfalls mündlich beantwortet. Bei jeder zweiten KSS-Abfrage mussten die Probanden zusätzlich eine kurze Sprach- aufgabe ausführen. Die Auswertungen des Sprechverhaltens der Probanden in dieser Ab- frage sind nicht Teil dieser Arbeit. Zusätzlich zu dem vorgestellten Head-mounted Eye Tracker (Ergoneers GmbH, 2016) und dem EOG Messsystem (Brain Products GmbH, 2009), wurde die Kopfposi- tion der Probanden während der gesamten Fahrt mit einem Lasertracker aufgezeichnet (Burlington Ascension Technology Corporation, 2004). Hierzu wurden gepulste Licht- strahlen von einem fest im Fahrzeug verbauten Sendegerät ausgesandt. Über die Mes- sung der Zeitdifferenz der Strahlen bis zum Erreichen dreier Empfangspunkte auf einem Empfangsteil am Kopf des Probanden, wird eine sehr genaue Positionsbestimmung des Empfangsteils im Bezug zum Sendegerät möglich. Während der gesamten Studie war das Empfangsteil mit Hilfe eines Bandes fest mit dem Kopf der Probanden verbunden (siehe Abbildung 6.4). Laut Herstellerangaben beträgt die statische Genauigkeit im quadrati- 78 schen Mittel 0.7 mm für die Position und 0.5 Grad für die Messung der Rotationsachsen in einem Abstand zwischen 0.15 m und 1.83 m zwischen Empfangs- und Sendegerät (Burlington Ascension Technology Corporation, 2004). Eigene Voruntersuchungen veri- fizierten diese Angaben. Abbildung 6.4.: Laserbird Mit Hilfe von Elektroden wurde zudem das Elektrokardiogramm der Probanden wäh- rend der Fahrt aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen wurden nicht als Teil dieser Arbeit ausgewertet. Studienablauf Für die Studie wurde als Fahrtstrecke eine vierspurige Autobahn genutzt, die zwei Spu- ren in Fahrtrichtung der Probanden hatte. Die Strecke war als Rundkurs mit 200 km Länge aufgebaut. Jede der Fahrspuren hatte eine Breite von 3.5 m mit einem Seiten- streifen von 3 m Breite. Nach einem kurzen Fragebogen (nicht Teil dieser Arbeit), einer Instruktion und der Kalibrierung der Messtechnik, starteten die Probanden die Fahrt. Außer zwei Bau- stellen, bei denen die Fahrspuren auf eine Spur verengt wurden, gab es keine Hinder- nisse auf der Fahrbahn während der gesamten Studie. Die Baustellen waren bei den Rundenkilometern 62 und 88 platziert. Die Geschwindigkeitsbegrenzung während der gesamten Fahrt betrug 130 km/h. Langsamere Fahrzeuge, die 100 km/h fuhren, muss- ten im Schnitt alle zwei Minuten überholt werden. Schnellere Fahrzeuge mit 160 km/h überholten die Probanden im Schnitt alle fünf Minuten. Die Probanden waren instru- iert, so lange wie möglich zu fahren. Die Fahrt sollten sie auch trotz des Einflusses von Müdigkeit in Form von Sekundenschlafereignissen und einer abnehmenden Fahrleistung fortsetzen. Die Fahrt endete entweder durch den Abbruch des Probanden aufgrund sehr 79 starker Müdigkeit oder wurde vom Studienleiter aufgrund deutlicher Zeichen einer Fahr- beeinträchtigung durch die Müdigkeit der Probanden abgebrochen. Nach der Fahrt fand erneut eine Kalibrierungsschritt der Messtechnik statt und die Probanden füllten einen Nachbefragungsbogen aus. Da die Auswertung der Fragebögen nicht Teil dieser Arbeit ist, werden sie nicht näher erläutert. Aufgrund eines eingeschränkten Zugriffs auf den Simulator war es nicht möglich weitere Fahrten unter der geschilderten Methodik durchzuführen. Die gesamte Studie fand zwischen dem 4.2.2013 und 19.2.2013 an elf Abenden am Standort der Daimler AG in Sindelfingen statt. 6.3. Detailliertes Konzept der Studie 2 Probanden An Studie 2 nahmen 46 Probanden teil. Die Probanden hatten alle eine kaukasische Augenphysiognomie, ohne besondere Auffälligkeiten. Die Probanden wurden anhand zweier Faktoren in vier unterschiedliche Gruppen aufgeteilt. Der eine Faktor war die Uhrzeit des Studienbeginns (Faktor Startuhrzeit). Die Hälfte der Probanden starteten die Studie um 18 Uhr und die zweite Hälfte um 22 Uhr. Der zweite Faktor war das Zeitintervall zwischen zwei Reaktionsabfragen in der Studie (Faktor Intervall) das ent- weder 30 s oder 180 s betrug. Diese punktuellen Abfragen sollten dem Fahrer ähnlich der Sicherheitsfahrschaltung in Zügen (DIN 0119-207-5, 2016) bewusst machen, dass er trotz der Automatisierung verantwortlich bleibt. 30 s wurden gewählt, da die aktuel- le Sicherheitsfahrschaltung in Zügen dasselbe Intervall zwischen zwei Abfragen besitzt (DIN 0119-207-5, 2016). Das Sechsfache dieses Intervalls wurde zum Vergleich gewählt, da der Unterschied zu 30 s größer ist und so eventuelle Effekte besser sichtbar wurden. Trotzdem war mit 180 s sichergestellt, dass mehrere Abfragen zwischen zwei aufeinan- derfolgenden Testsituationen lagen. Die Gruppenverteilung der Probanden ist in Tabelle 6.1 gezeigt. Je nach Gruppenverteilung werden die Probanden im Folgenden mit FK, SK, FL und SL abgekürzt. Tabelle 6.1.: Aufteilung der Probanden in Studien- gruppen Intervall Startzeit Probandenzahl Abkürzung 30 s 18:00 Uhr 12 FK 22:00 Uhr 11 SK 180 s 18:00 Uhr 11 FL 22:00 Uhr 12 SL Aufgrund von fehlenden und fehlerhaften Daten konnten fünf Probanden in der Auswer- tung der Testsituationen und ein zusätzlicher bei allen Auswertungen mit Bezug zur KSS 80 nicht berücksichtigt werden. Bei einem Probanden gab es Probleme bei der Aufzeich- nung des EOG. Dadurch ergab sich folgende Verteilung der Gruppen: Elf Probanden in Gruppe FK (davon einer ohne KSS; Fünf weiblich, sechs männlich), neun Probanden in Gruppe SK (ein Proband weiblich, acht männlich), zehn Probanden in Gruppe FL (davon einer ohne EOG; Fünf weiblich, fünf männlich) und elf Probanden in Gruppe SL (zwei Probanden weiblich, neun männlich). Alle Probanden besaßen zur Zeit der Studie ihren Führerschein seit mindestens elf Jahren (M = 26 Jahre, SD = 7.3 Jahre). Der jüngste Teilnehmer war 33 und der älteste 56 Jahre alt. Im Mittel waren die Proban- den 44 Jahre alt (SD = 6.5 Jahre). Keiner der Probanden hatte eine ihm bekannte Schlafstörung. Kein Proband stand zur Zeit der Studie unter dem Einfluss von Alkohol, Medikamenten oder Drogen und gab auch nicht an zur Zeit der Studie, in seiner Fähigkeit zur Fahrzeugführung beeinträchtigt zu sein. Vor Beginn der Studie waren alle Proban- den bereits mindestens zehn Stunden wach (M = 14 h; SD = 2 h). Zwei Probanden gaben an aufgrund einer Erkältung in einer schlechteren Verfassung als üblich zu sein. Aufgrund der geringen Einschränkung hierdurch wurden diese beiden Probanden nicht gesondert ausgewertet. Zwischen dem Fahrtbeginn und dem letztmaligen Konsum von Kaffee, Schwarztee, Energy-Drinks oder anderen koffein- und teeinhaltigen Getränken gab es bei jedem der Probanden eine Zeitspanne von mindestens 90 min. Die konsumierte Menge an Getränken dieser Art am Tag der Fahrt lag bei allen Probanden außer einem (vier anstatt drei Getränken) unterhalb oder gleich der täglich konsumierten Menge. Keiner der Probanden benutzte zur Fahrt eine Brille (drei Fahrer nutzten Kontakt- linsen; 1 FL, 1 FK und 1 SL). Aufgrund der Studienbedingungen (später Beginn und lange Fahrt) und der Beschäftigungsstruktur der Belegschaft konnte keine geschlechts- und altersspezifische Ausgeglichenheit erreicht werden, weshalb von einer spezifischen Betrachtung dieser Kriterien abgesehen wurde. Simulator Im Gegensatz zu Studie 1 , diente für Studie 2 als Simulator eine Sitzkiste/Mockup mit Cockpitteilen aus der Mercedes Benz Baureihe 222 (S-Klasse). Vor der Sitzkiste befanden sich drei Flachbildschirme zur Anzeige der Fahrszenerie (je 165.1 cm Bildschirmdiagona- le). Der Abstand zwischen dem mittleren Bildschirm und dem Lenkrad betrug 2.54 m. Die beiden äußeren Bildschirme waren in Bezug auf den mittleren Bildschirm unter ei- nem Winkel von 144◦ leicht in Richtung des Fahrers geneigt. Ein kleinerer Bildschirm, der am Dachhimmel der Sitzkiste montiert war (17 cm Bildschirmdiagonale) diente zur Anzeige des Innenspiegels. Abbildung 6.5 zeigt einen Teil der Sitzkiste. Der Raum war bis auf die aktiv beleuchteten Displays (Darstellung Fahrszenerie, Innenspiegel und Kombidisplay) während der gesamten Fahrten dunkel. Die Temperatur wurde auf 20 Grad geregelt. Lautsprecher erzeugten ein realistisches Fahrzeuggeräusch. Während der gesamten Fahrt befand sich ein Studienleiter im Raum, der jedoch während der Fahrt nicht mit den Probanden interagierte und durch eine Trennwand von diesen getrennt war. Zur Übersicht standen dem Studienleiter die Kamerabilder von vier Infra- rotkameras (zwei Kameras auf den Fahrer und zwei auf den Streckenverlauf gerichtet) zur Verfügung. Im Raum für die Studie befand sich keine Uhr und die Probanden muss- 81 Abbildung 6.5.: Statischer Fahrsimulator ten Armbanduhren während der Fahrt abnehmen. Abbildung 6.6 zeigt eine Skizze des gesamten Raumes. Abbildung 6.6.: Skizze des Raumes für Studie 2 82 Hochautomatisierte Fahrfunktion Die implementierte hochautomatisierte Fahrfunktion in Studie 2 erfüllte alle Bedingun- gen der in Kapitel 2.3 geschilderten Definition für ein hochautomatisiertes Fahrassistenz- system (HAFS). Im aktiven Zustand war es in der Lage alle Fahraufgaben in longitudina- ler und lateraler Richtung sicher und fehlerfrei auszuführen. Eine Vorbedingung für die Nutzung für das HAFS im Versuch war, dass der aktuell befahrene Streckenabschnitt für dessen Nutzung offiziell freigegeben ist (Bedingung: B1). Dadurch wurde berücksichtigt, dass der Gesetzgeber oder Hersteller des Systems in gewissen Streckenabschnitten eine manuelle, assistierte oder teilautomatisierte Fahrt vorschreiben könnte, um den Fahrer aktiv in die Fahraufgabe einzubinden. Anders als bei vollautomatischen Systemen musste der Fahrer vor der Aktivie- rung der Funktion selbst fahren. Um das System während des manuellen Fahrens ein- schalten zu können, mussten mehrere Bedingungen erfüllt sein. Der Fahrer musste das Fahrzeug innerhalb zweier Spurmarkierungen (links und rechts) positioniert haben (Be- dingung: B2). Das Anschalten der Funktion musste durch das Ziehen eines Hebels in Richtung des Fahrers links hinter dem Lenkrad erfolgen (siehe Abbildung 6.7, Bedin- gung: B3). Gleichzeitig durfte der Fahrer während des Anschaltvorgangs nicht das Brems- und Gaspedal betätigen (Bedingung: B4 und B5) oder schneller als 110 km/h fahren (Be- dingung: B6). Abbildung 6.7.: An- und Ausschalten des HAF über den Tempomathebel Das HAFS war derart implementiert, dass der Fahrer jederzeit in der Lage war die Funk- tion abzubrechen und die Fahraufgabe selbst wieder zu übernehmen. Um die Funktion zu stoppen konnte er den Hebel drücken, der zur Aktivierung des Systems diente (D1). Eine weitere Abbruchbedingung des Systems war, dass das Gaspedal gedrückt wurde (D2). Eine dritte Option war die Betätigung des Bremspedals (D3). Als weitere Option, brach das System die Fahrzeugführung ebenfalls ab, sobald der Fahrer durch Lenken einen Spurwechsel startete (D4). Sobald eine der vier Optionen (D1-D4) durch den Fah- rer betätigt wurde, brach das HAF sofort ab und der Fahrer war verantwortlich für die weitere Fahrzeugführung. Das HAF war so eingestellt, dass es sich nach einer Ak- 83 tivierung auf eine Tachogeschwindigkeit von 100 km/h regelte. Wurde es hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug eingeschaltet, regelte es die Geschwindigkeit derart, dass ein Abstand von 1.8 s in Bezug auf die Fahrzeuggeschwindigkeit des Vorderfahrzeugs einge- stellt wurde. Um den Fahrer über den aktuellen Systemzustand zu informieren, gab es je nach Systemzustand drei unterschiedliche Anzeigen, die in der Mitte des Tachofeldes eingeblendet wurden. Eine Anzeige machte kenntlich, dass HAF deaktiviert war und die Bedingung B1 nicht erfüllt war. Die Einblendung der Anzeige sollte verdeutlichen, dass es dem Fahrer aktuell nicht möglich war, HAF zu aktivieren und er deshalb manuell fahren musste. Sobald B1 erfüllt war, änderte sich das Bild. Auch in diesem Fall musste der Fahrer manuell fahren. Im Unterschied zum ersten Bild wurde dem Fahrer allerdings kenntlich gemacht, dass er lediglich die Bedingungen B2 - B6 erfüllen musste, um das HAFS zu aktivieren. Nach erfolgreicher Aktivierung des HAFS wurde dies dem Fahrer durch eine Änderung der Anzeige zu einem dritten Bild bestätigt. Während der anschließenden Fahrt mit angeschaltetem System konnte es vorkom- men, dass die Bedingung B1 nicht mehr erfüllt war. Trat dies auf, so wurde dem Fahrer signalisiert, dass er die Fahraufgabe wieder übernehmen musste und sich HAF demnächst abschaltet. Da der Fahrer, im Gegensatz zum teilautonomen Fahren, während aktivem hochautomatisiertem Fahren nicht gezwungen war die Umgebung und das System zu überwachen, wurde dem Fahrer Zeit gegeben sich an die aktuelle Umgebungssituati- on anzupassen, um adäquat zu reagieren. In dieser Übergabephase war HAF trotz der zeitgleich signalisierten Aufforderung der Übernahme weiterhin aktiv und übernahm die gesamte Fahrzeugführung bis zu einer maximalen Übergabezeit. Die Aufforderung, die Fahraufgabe wieder zu übernehmen wurde dem Fahrer durch ein eigenes Bild (siehe Abbildung 6.8) in der Mitte des Tachofeldes angezeigt und überlagerte die bisherige Anzeige des eingeschalteten HAFS. Abbildung 6.8.: Anzeige der Übernahmeaufforderung Zusätzlich wurde die Aufforderung zur Fahrzeugübernahme neben dem Bild im Tacho- feld durch einen kontinuierlichen akustischen Hinweiston begleitet. Erst nach Ablauf der vollständigen Übergabezeit schaltete das Fahrzeug die Längs- und Querregelung ab. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste der Fahrer deshalb übernommen haben, bzw. 84 sich auf eine Übernahme der Fahraufgabe z.B. durch Ergreifen des Lenkrades vorbereitet haben. Ohne die Übernahme des Fahrers fuhr das Fahrzeug mit der letzten Lenkradein- stellung weiter und wurde lediglich durch das Schleppmoment des Motors sowie den Luft- und Rollwiderstand langsam gebremst. Übernahm der Fahrer die Fahraufgabe ak- tiv während der Übergabezeit durch eine der Abschaltbedingungen (D1 - D4), so wurde die akustische Aufforderung zur Fahrzeugübernahme und die Anzeige des Bildes 6.8 im Tachofeld gestoppt. In dieser Studie wurde die Übergabezeit auf fünf Sekunden gesetzt. Diese Zeitspanne mit einer Warnung vor einer Reaktion um fünf Sekunden liegt laut Wan, Wu und Zhang (2016) im Bereich der effektivsten Vorwarnzeit vor einer Reaktion. Um sicherzustellen, dass der Fahrer die Fahraufgabe während aktivem HAFS jeder- zeit übernehmen konnte, wurde eine Reaktionsabfrage in der Studie während aktivem hochautomatisiertem Fahren eingesetzt. Bei einer Reaktionsabfrage wurden den Pro- banden die Anzeige in Abbildung 6.9 im Tachofeld eingeblendet und ein kurzer Ton abgespielt. Abbildung 6.9.: Anzeige der Reaktionsabfrage Hierdurch sollte sich der Fahrer seiner Verantwortung bewusst sein, das Fahrzeug jeder- zeit übernehmen zu können. Nach Start der Reaktionsabfrage, hatte der Fahrer ähnlich wie die Lokomotivführer (DIN 0119-207-5, 2016) fünf Sekunden Zeit, die Abfrage zu bestätigen. Hierzu musste eine Taste auf dem Lenkrad gedrückt werden. Betätigte der Fahrer die Taste innerhalb der fünf Sekunden, blieb HAF aktiv. Falls der Fahrer die Reaktionsabfrage nicht innerhalb der fünf Sekunden bestätigte, wurde automatisch eine anschließende Fahrzeugübergabe gestartet. Nach Start dieser hatte der Fahrer erneut fünf Sekunden Zeit zu reagieren, musste aber in diesem Fall die Fahrzeugführung über- nehmen und manuell fahren. Eine Übersicht über das gesamte Bedien- und Anzeigekon- zept inklusive der jeweiligen Fahrtzustände ist in Abbildung 6.10 gezeigt. Da es bisher kein hochautomatisiertes Seriensystem in einem Automobil gibt, wurden die Vorausset- zungen zur Nutzung des hochautomatisierten Systems auf Basis der Norm SAE J3016 (2016) für die Studie festgelegt. Messtechnik Zur Auswertung des Verhaltens der Probanden während der Studie wurden verschie- dene Fahrzeug- und Simulationsparameter aufgezeichnet. Dazu gehörten Fahrdaten wie die Geschwindigkeit, Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen oder Hindernissen, die 85 Abbildung 6.10.: Gesamtkonzept des hochautomatisierten Systems mit den Aktivierungs- (B1 - B6) und Abschaltbedingungen (D1 - D4) Beschleunigung, sowie das Moment und die Stellung des Lenkrades. Zusätzlich wur- den indirekte Zustände wie die des Blinkers, des hochautomatisierten Assistenzsystems, benutzter ä, sowie der Interaktion des Fahrers mit diesen Zuständen gespeichert. Alle Signale wurden mit 50 Hz aufgezeichnet. Wie in Studie 1 wurden die Probanden in 15 min Abschnitten gebeten ihre Müdig- keit auf Basis der KSS zu bewerten (siehe Kapitel 4.4.1). Zur Minimierung des Einflus- ses dieser Abfragen auf die eigentliche Fahrt und die Fahraufgabe bzw. Bereitschaft zu reagieren, wurde die Skala über der Fahrtstrecke im mittleren Display während der Mü- digkeitsabfragen eingeblendet (siehe Abbildung 6.11). Die eingeblendete Skala enthielt neben den neun Stufen noch zusätzliche Beschreibungen der Zahlenwerte (1 = äußerst wach, 3 = wach, 5 = weder wach noch schläfrig, 7 = schläfrig, kann mich aber ohne Mühe wach halten und 9 = äußerst schläfrig, kämpfe gegen den Schlaf an). Die übrigen Skalenwerte waren nicht beschriftet. Die Probanden waren instruiert, die aktuelle Müdigkeit einzuschätzen, sobald die Skala angezeigt wurde. Nach der Wahl des Müdigkeitsniveaus sollten die Probanden die Zahl des Niveaus laut aussprechen. Die Einschätzungen der Probanden wurden parallel vom Studienleiter gespeichert, der anschließend die Anzeige der Skala ausblendete. Den Probanden wurde erklärt, dass die Speicherung des Müdigkeitsniveaus und Deaktivie- rung der Skala automatisch erfolgte. Durch eine fehlende direkte Interaktion mit dem Studienleiter sollte ein Einfluss auf den Müdigkeitszustand und das Verhalten der Pro- banden minimiert werden. Von der Hälfte der Fahrer wurde die Bewegung der Armgelenke zusätzlich mit einem Produkt der Firma XSENS (XSENS, 2017) aufgezeichnet. Die Auswertung dieser Auf- zeichnungen ist nicht Teil dieser Arbeit. 86 Abbildung 6.11.: Anzeige der KSS während der Fahrt Studienablauf Alle Probanden hatten dasselbe Studienszenario für den Großteil der Strecke (auf den ersten 145 km). Als Strecke wurde der vierspuriger Rundkurs einer amerikanischen Au- tobahn (zwei Spuren mit beidseitigen Standstreifen in jeder Fahrtrichtung) mit einer Länge von 108 km gewählt. Die Fahrspuren hatten eine Breite von 3.7 m und die Sei- tenstreifen links und rechts eine Breite von jeweils 2 m. Alle Kurven des Rundkurses hatten Radien von 4000 m. Vereinzelt gab es Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn, die in Intervallen von fünf Minuten erschienen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung während der gesamten Studie betrug 100 km/h. Vor Beginn der Fahrt mussten die Probanden einen Vorbefragungsbogen ausfül- len. Dieser kombiniert eigene allgemeine Fragestellungen mit dem Schläfrigkeitstest von Johns (1991). Dem Anhang A sind die Teile beigefügt, die in dieser Arbeit ausgewertet wurden. Daneben erhielten die Probanden eine Beschreibung der hochautomatisierten Fahrfunktion, in der die Randbedingungen zur Aktivierung und der Übernahme des Fahrzeugs erklärt wurden. In der Beschreibung wurden die Probanden auch über ein fiktives Fahrziel, sowie ihr fiktives Fahrzeug, eine Mercedes Benz S-Klasse informiert. Ebenfalls wurde den Probanden die KSS im Szenenbild gezeigt und sie mussten erst- mals ihre Müdigkeit bewerten. Die gesamte Fahrt bestand aus verschiedenen Phasen. Zu Beginn sollten sich die Probanden mit dem Fahrzeug, der neuartigen Fahrzeugfunktion (HAFS) und dem Si- mulator vertraut machen. Hierfür waren zehn Minuten (17 km) vorgesehen, in denen die Probanden manuell auf der rechten Spur der Autobahn fuhren. In den ersten fünf Minuten mussten die Probanden vier Lastkraftwägen und einen Bus überholen, die je- weils mit 80 km/h auf der rechten Spur fuhren. Mit den Überholmanövern sollten die Probanden die laterale Fahrdynamik des Simulators in Überholvorgängen kennenlernen. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen war so groß, dass die Probanden nach Abschluss 87 des Überholvorganges aufgrund des Rechtsfahrgebotes in Deutschland jeweils wieder auf die rechte Spur wechselten. Nach Abschluss der Überholvorgänge wurde HAF freigeschaltet und die Proban- den konnten dieses aktivieren. Nachdem HAF erfolgreich aktiviert wurde, testeten die Probanden alle vier Abschaltbedingungen (D1-D4) und übten mehrfach dessen Akti- vierung. Zusätzlich übten die Probanden eine Fahrzeugübernahme, indem sie die erste auftretende Reaktionsabfrage absichtlich nicht bestätigten und dadurch eine Aufforde- rung zur Übernahme startete. Nach der Übungsphase waren die Probanden aufgefordert möglichst häufig HAF zu benutzen. Sie traten ab diesem Zeitpunkt nur noch bei Not- fällen in Kontakt mit dem Studienleiter. Nach Ende der Eingewöhnungsphase fuhren die Probanden immer hinter einem Führungsfahrzeug. So wurde sichergestellt, dass die Probanden die Situationen im weiteren Studienverlauf zu denselben Zeiten erreichten. Da es einen toten Winkel zwischen dem Innenspiegel und den Bildschirmen vor dem Fahrer gab, wurde auf weitere Fahrzeuge verzichtet, die in Fahrtrichtung des Fahrers fuhren. Auf der weiteren Strecke gab es fünf Übernahmeaufforderungen, auf die die Proban- den adäquat reagieren mussten. Mit den ersten vier Übernahmen wurde getestet, wie die generelle Reaktion auf einfache Übernahmeszenarien ist. Zusätzlich wurde sichergestellt, dass die Probanden ihre Verantwortung, reaktionsbereit zu bleiben, verstanden hatten. Die fünfte Übernahme war anspruchsvoll ausgelegt, um die Reaktionsfähigkeit der Pro- banden trotz eines hohen Müdigkeitslevels zu prüfen. Die Übernahmen waren allesamt so ausgelegt, dass das Fahrzeug aufgrund des Endes der Streckenfreigabe für HAF (B1) eine Aufforderung zur Übernahme startete. Direkt im Anschluss an die Übergabezeit von fünf Sekunden wurden verschiedene Fahrsituationen auf der Fahrbahn dargestellt, auf die der Fahrer jeweils reagieren musste. Diese Kombination stellt den Worst Case einer Fahrsituation im Zusammenhang mit der Übergabe der Fahraufgabe an den Fahrer dar. Grund hierfür ist, dass HAF trotz eines Starts der Übernahmeaufforderung weiter- hin bis maximal zum Ende der Übergabezeit auf alle Fahrszenarien reagiert, sollte der Fahrer nicht bereits übernommen haben. In den dargestellten Fällen endete die Assis- tenz durch das HAFS kurz vor dem Moment, in dem eine Fahrsituation jeweils startete. Alle Assistenzsysteme, die den Fahrer in den Situationen nach der Übernahme des Fahr- zeugs unterstützen könnten, wurden zusätzlich deaktiviert (Bremsassistenz, Spurhal- teassistenz, Elektronisches Stabilitätsprogramm), um lediglich die alleinigen Reaktionen des Fahrers zu messen. Dieses Konzept unterscheidet den Studienablauf von anderen Studien zum Test des Übernahmeverhaltens, in denen die Fahrsituationen jeweils die Auslöser für die Übernahmeaufforderung darstellen (z.B. Gold et al., 2016; Radlmayr et al., 2014; K. Zeeb et al., 2015). In dieser Studie ist dies anders, da die Fahrsituationen lediglich zufällig nach Ende der Übergabezeit auftraten. Zur Vereinfachung werden die fünf genutzten Fahrszenarien im Folgenden Testsituationen (Bremsen/Bremssituation; Unfall/Unfallsituation; Kurve/Kurvensituation; Panne/Pannensituation und Kiste auf Fahrbahn/Kiste/Kistensituation) genannt. Nach Ende der zehnminütigen Eingewöhnungsphase fuhren die Probanden weitere 20 min hochautomatisiert. Im Anschluss daran wurden sie aufgefordert das Steuer zu übernehmen. Fünf Sekunden nach Start der Übernahmeaufforderung fing ein vor den 88 Probanden fahrendes Fahrzeug an zu bremsen. Zu diesem Zeitpunkt war das Vorder- fahrzeug und der Proband mit einer angezeigten Geschwindigkeit auf dem Tacho von 100 km/h (reale Geschwindigkeit in der Simulationsumgebung: 96 km/h) im Zeitab- stand von 1.8 s unterwegs, sofern der Proband HAF bis zum Ende der Übergabezeit aktiviert hatte. Die Bremsung des Vorderfahrzeugs erfolgte konstant mit einer Brems- beschleunigung von -2.5 m/s2 bis zu einer Tachogeschwindigkeit von 80 km/h. Diese Geschwindigkeit behielt das Vorderfahrzeug für 28 s bei, bis es mit 1.5 m/s2 wieder auf eine Tachogeschwindigkeit von 100 km/h beschleunigte. Die Zeitabstände, Geschwin- digkeiten und Beschleunigungen während der Situation waren so gewählt, dass es ohne Eingriff der Probanden innerhalb und auch nach Ende der Übergabezeit nicht zu einer Kollision zwischen dem Probanden und dem vorausfahrenden Fahrzeug gekommen wäre. Nach weiteren 23 Minuten, startete die zweite Übernahmeaufforderung aufgrund des Endes der Streckenfreigabe. Zu diesem Zeitpunkt war ein Führungsfahrzeug vor den Probanden zu Beginn der Übernahmeaufforderung gerade dabei die Spur zu wechseln und hatte diesen Vorgang bereits zu 70 % abgeschlossen. Dabei wurde der Blick für die Probanden auf eine Unfallstelle auf der eigenen Fahrbahn frei. Bei der Situation wur- den zwei Fahrzeuge von einem Polizeiauto mit angeschaltetem Blaulicht abgeschirmt. Zu Beginn der Übernahmeaufforderung betrug der Abstand zwischen dem Polizeiauto und dem Fahrzeug der Probanden 277 m. Umgerechnet auf die Geschwindigkeit zu Be- ginn der Situation mit aktivem HAFS mit einer realen Geschwindigkeit von 96 km/h blieben den Probanden somit mehr als 10.4 s Zeit zu reagieren, bis sie mit dem Poli- zeiauto zusammengestoßen wären. Abbildung 6.12 zeigt eine Skizze der Situation mit den Abständen zwischen den einzelnen Fahrzeugen und zwei Pylonen zur Abschirmung vor dem Polizeitauto. Durch das Blaulicht, dass durch die Scheibe des vorausfahrenden Fahrzeugs zum Teil bereits vor dessen Spurwechsel sichtbar war (bis zu circa drei Se- kunden) und den fast abgeschlossenen Spurwechsel des Vorderfahrzeugs zu Beginn der Übernahmeaufforderung konnten aufmerksame Probanden das Polizeiauto bis zu fünf Se- kunden vor der eigentlichen Übernahmeaufforderung wahrnehmen. Der große Abstand zu dem Polizeifahrzeug bei Beginn der Übernahmeaufforderung, das aktive Blaulicht zur besseren Wahrnehmung, sowie die Möglichkeit die Situation bereits vor Beginn der Übernahmeaufforderung wahrzunehmen, begünstigten eine gute und einfache Übernah- me. Nach einer Fahrtzeit von 70 Minuten begann die dritte Testsituation. Bei dieser star- tete die Übernahmeaufforderung in einer langgezogenen Linkskurve (Radius der Kurve: 4000 m). Die Fahrer mussten bei dieser Situation lediglich das Steuer des Fahrzeugs übernehmen und dem Straßenverlauf für mindestens fünf Sekunden folgen, bevor sie HAF wieder aktivieren konnten. Falls die Probanden das Steuer während der Übergabe nicht übernommen hätten wären sie aufgrund der Kurvenfahrt langsam in Richtung des Standstreifens von der Straße abgedriftet. Im Anschluss folgte nach einer Gesamtfahrtzeit von 97 Minuten die vierte Testsi- tuation. Bei dieser Testsituation befand sich ein liegengebliebenes Fahrzeug mit aktiver Warnblinkanlage auf dem Standstreifen. Zusätzlich stand der Fahrer des liegengebliebe- nen Fahrzeugs direkt vor diesem auf dem Standstreifen. Das Szenario spielte sich in einer langgezogenen Linkskurve mit einem Kurvenradius von 4000 m ab. Aufgrund der langen 89 Abbildung 6.12.: Übersicht der Unfallsituation Linkskurve und der angeschalteten Warnblinkanalage des liegengebliebenen Fahrzeugs, konnte die Situation bereits in einer zeitlichen Entfernung von mehr als 30 s vor Er- reichen des liegengebliebenen Fahrzeugs gesehen werden. Die Übernahmeaufforderung der Testsituation begann neun Sekunden bevor das Fahrzeug der Probanden und das liegengebliebene Fahrzeug auf derselben Höhe waren. Die letzte Testsituation war so konzipiert, dass sie die Probanden mit einem an- spruchsvolleren Szenario fordern sollte. Anders als in den vorherigen Testsituationen sollten die Probanden nicht frühzeitig gewarnt werden oder die Situation lediglich durch eine Spurhaltung lösbar sein. Aus diesem Grund befand sich in dieser Testsituation ei- ne Kiste (Dimension: 0.75 x 0.75 x 0.75 m3) auf der rechten der beiden Fahrbahnen. Auf dieser Spur fuhr der Proband. Der Abstand zwischen Kiste und Fahrer betrug zu Beginn der Übernahmeaufforderung 182 m bzw. zeitlich berechnet mit der realen Fahr- zeuggeschwindigkeit 6.8 s. Um einen Unfall mit der Kiste zu vermeiden, hatten die Probanden die Möglichkeit, dieser durch einen Spurwechsel auszuweichen oder rechtzei- tig zu bremsen. Als Schwierigkeit für die Probanden kam hinzu, dass der Blick auf die Kiste zu Beginn der Übernahmeaufforderung durch ein Vorderfahrzeug blockiert war. Um der Kiste auszuweichen, startete das vorausfahrende Fahrzeug genau in dem Mo- ment den eigenen Spurwechsel, bei dem die Übernahmeaufforderung an die Probanden startete. Den eigenen Spurwechsel hatte das Vorderfahrzeug 2.9 s nach Beginn der Über- nahmeaufforderung auf die linke Spur abgeschlossen. Falls die Probanden das Fahrzeug nicht innerhalb der gesamten Übergabezeit übernommen hatten, war der Abstand zu der Kiste zum Ende der Übernahmeaufforderung 49 m (rund 1.8 s). Die Bilder in der Übersicht 6.13 zeigen hierzu den gesamten Ablauf bei Start der Übernahmeaufforderung, dem vollständigen Spurwechsel des Vorderfahrzeugs, sowie eine Übersicht zum Ende der Übernahmeaufforderung. Die Abfolge zeigt dabei den zeitlichen Verlauf, falls der Pro- band das Fahrzeug nicht schon während der Übernahmeaufforderung übernahm und zu lenken anfing. In den Bildern ist das Fahrzeug der Probanden mit EGO und das Vor- derfahrzeug mit LEAD gekennzeichnet. Anders als bei den Testsituationen zuvor, war der Start der letzten Testsitua- tion nicht an einen bestimmten Zeitpunkt während der Fahrt gekoppelt. Hintergrund 90 (a) Start der Übernahmeaufforderung (b) Ende des Spurwechsels des Vorderfahrzeug (c) Situation am Ende der Übergabezeit ohne vorzeitige Fahrzeugüber- nahme Abbildung 6.13.: Übersicht der Kistensituation 91 war, dass diese Testsituation zu einem Zeitpunkt eingesetzt werden sollte, zu dem die Probanden ihr höchstes Müdigkeitsniveau erreicht hatten. Dieses ist individuell zu un- terschiedlichen Zeitpunkten der Fall (Nilsson, Nelson & Carlson, 1997). Der individuelle Start wurde durch eine Kopplung des Beginns der Testsituation an eine verpasste Re- aktionsabfrage erreicht. Dabei wurde folgende Logik implementiert: 1. Im Anschluss an die vierte Testsituation wurde die Anzahl der verpassten Reakti- onsabfragen gezählt. Sobald ein Proband die zweite Reaktionsabfrage nach Über- schreiten einer Fahrtzeit von 97 min verpasst hatte, wurde die fünfte Testsituation direkt nach den fünf Sekunden der Reaktionsabfrage automatisch gestartet. In diesem Fall mussten die Probanden direkt auf die letzte Testsituation reagieren. 2. Nach Überschreiten der Fahrtzeit von 120 min reichte lediglich ein einmaliges Ver- passen der Reaktionsabfrage, um die letzte Testsituation zu starten. Diese begann ebenfalls direkt im Anschluss an die Reaktionsabfrage. 3. Die gesamte Zeit der Studie sollte vier Stunden nicht überschreiten. Dies beinhal- tete neben der eigentlichen Fahrt der Studie das Ausfüllen des Vor- und Nach- befragungsbogens, das Lesen der Instruktionen, sowie das Anbringen und die In- betriebnahme der Messtechnik. Aus diesem Grund wurde die letzte Testsituation manuell vom Studienleiter spätestens 160 - 180 min ab Start der Fahrt gestartet, falls der Proband alle vorhergehenden Reaktionsabfragen bestätigte. Eine Übersicht der gesamten Fahrt und den Testsituationen befindet sich in Abbil- dung 6.14. Abbildung 6.14.: Übersicht des Verlaufes der Studie Während der gesamten Studie wurde sichergestellt, dass die KSS-Abfragen, Reaktionsab- fragen und Testsituationen nicht gleichzeitig auftraten. Die Reaktionsabfragen konnten lediglich bei aktiviertem HAFS auftreten. Aufgrund dessen war ein Konflikt zwischen den Reaktionsabfragen und den Testsituationen nach Beginn letzterer ausgeschlossen. 92 Wäre eine KSS-Abfrage innerhalb eines Zeitfenster von drei Minuten vor bis eine Mi- nute nach einer der ersten vier Testsituationen gestartet worden, wurde der Beginn der KSS-Abfrage verschoben und erst eine Minute nach Start der Testsituation gestartet. Reaktionsabfragen wurden immer in Zeitpunkten zurückgehalten, in denen die KSS ein- geblendet war und konnten erst nach Deaktivierung der Skala durch den Studienleiter wieder starten. Somit galt die oberste Priorität den Testsituationen, gefolgt von den KSS-Abfragen. Die niedrigste Priorität hatten die ä, da sie im Gegensatz zu den KSS- Abfragen und Testsituationen häufig auftraten. Sie wurden maximal von Start bis Ende einer KSS-Abfrage verzögert. Im Anschluss an die letzte Testsituation endete die Fahrt der Studie und die Pro- banden beantworteten schriftlich verschiedene Fragen zur Fahrt. Die Teile des Nach- befragungsbogen, die in dieser Studie ausgewertet wurden sind dem Anhang beigefügt (siehe Anhang B). Aufgrund eines eingeschränkten Zugriffs auf den Simulator und die Zeit für die Stu- die war es nicht möglich weitere Fahrsimulatorfahrten durchzuführen um die Gruppen gleich zu verteilen. Die gesamte Studie fand zwischen dem 23.3.2015 und 24.4.2015 an 23 Abenden in einem statischen Fahrsimulator der Daimler AG am Standort Sindelfingen statt. 93 7. Müdigkeitsentwicklung in Studie 1, 2 und hochautomatisiertes Fahrverhalten 4 In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Auswertungen der Fahrten aus den in Kapitel 6 vorgestellten Studien berichtet. Aus Studie 1 wird hierzu die Müdigkeitsent- wicklung der Probanden näher untersucht. Der Studienaufbau hatte das Ziel, Müdigkeit durch die lange Fahrtdauer und monotonen Fahrbedingungen zu induzieren. Dasselbe Ziel wurde auch in Studie 2 durch vergleichbare Umgebungsbedingungen angestrebt. Hinzu kam allerdings mit dem hochautomatisierten Fahren ein Fahrstil, der die Fahrer zusätzlich entlastet. Fraglich ist deshalb, ob es eine ähnliche Müdigkeitsentwicklung wie beim manuellen Fahren gibt. Da es das Hauptziel von Studie 2 war, die Probanden auf einem hohen Müdigkeitslevel mit einer anspruchsvollen Testsituation zu konfrontieren, wird der Müdigkeitszustand während der finalen Testsituation mit den übrigen Testsi- tuationen verglichen. Eine Auswertung der Reaktionszeiten auf die Reaktionsabfragen sollte zeigen, ob die Zeit zur Bestätigung der Abfrage mit fortlaufender Versuchszeit und ansteigender Müdigkeit zunimmt. Die letzte anspruchsvolle Testsituation wurde an ein Verpassen der Reaktionsab- frage gekoppelt. Grund hierfür ist die Annahme, dass die Probanden mit zunehmender Müdigkeit die Reaktionsabfrage nicht mehr bestätigen können. Speziell wenn dies pas- siert, ist davon auszugehen, dass die Probanden einen Müdigkeitszustand erreicht ha- ben, der sich auf ihre Fahrfähigkeit auswirkt. Aufgrund des monotonen Versuchsablaufs und des hohen Müdigkeitsniveaus wurde damit gerechnet, dass die letzte anspruchsvolle Testsituation häufig an eine verpasste Reaktionsabfrage gekoppelt ist. Durch den zu er- wartenden Anstieg der Müdigkeit wird ferner erwartet, dass sich die Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen trotz der unterschiedlichen Situationen erhöhen. Durch die Kopplung der Kistensituation an verpasste ä, sollten die Übernahmezeiten speziell durch diese Konstellation durch die Müdigkeit beeinflusst sein. Angenommen wurden in diesem Fall längere Übernahmezeiten. In einem Vergleich der Übernahmezeiten von müden mit wachen Fahrern sollte darüber hinaus der Einfluss der Müdigkeit deutlich werden. Eine Detailanalyse der Übernahmezeiten auf alle weiteren verpassten Reaktionsabfragen soll- te zudem zeigen, wie schnell die Probanden in diesen Testsituationen reagierten. Um die Güte der Fahrleistung der Probanden nach der Übernahme des Fahrzeugs zu untersu- chen, wurde die Fahrleistung anhand von mehreren Kennzahlen untersucht. Im Vergleich 4Auszüge des Kapitels wurden und werden von J. Schmidt, Stolzmann und Karrer-Gauß (2016), J. Schmidt und Stolzmann (o. J.) und Schittenhelm und Schmidt (2018) veröffentlicht 94 zu gesetzlichen Vorgaben in der Straßenverkehrsordnung kann so auf eine sichere Über- nahme geschlossen werden. Bei der Auswertung wurde ein Fokus auf die Handlung in der Kistensituation gelegt. Ein Vergleich der Unfallsituation mit der Kistensituation sollte zudem Aufschlüsse über das Verhalten der Probanden bei den Übernahmen und Hand- lungen in den nötigen Spurwechseln geben. In den Vor- und Nachbefragungen sollten die Probanden zudem ihren Zustand vor der Fahrt und ihr Verhalten während dieser reflek- tiert beschreiben. Von Interesse ist dabei, wie häufig die Probanden Sekundenschlafereig- nisse gehabt hatten und ob sie sich aufgrund der Müdigkeit noch für fahrtüchtig hielten. Mit Rückfragen zu den Testsituationen sollte von den Probanden die Schwierigkeit, der zeitliche Handlungsbedarf und die Kritikalität der letzten Testsituation bestätigt wer- den. Ausgewertet wurde zudem, ob die Reaktionsabfragen die Müdigkeit beeinflussten und wie verständlich das Bedien- und Anzeigekonzept war. Zusätzlich wurde im Groß- teil der Fragestellungen untersucht, ob die unterschiedlichen Startzeiten des Versuchs (18 Uhr und 22 Uhr) und Intervalle zwischen den Reaktionsabfragen (30 s und 180 s) einen Einfluss auf die jeweiligen Auswertevariablen haben. 7.1. Müdigkeitsentwicklung in Studie 1 Da das Abbruchkriterium für Studie 1 nicht an eine minimale Länge des Versuches ge- koppelt war, wurde lediglich die subjektiv geschätzte KSS der 13 Probanden, die länger als 90 min fuhren ausgewertet. So gab es einen Probanden, dessen Versuchsdauer ge- ringer als eine Stunde war und dessen Versuch aufgrund des hohen Müdigkeitseinflusses bei einer KSS von acht bereits abgebrochen wurde. Alle übrigen Probanden fuhren je- weils länger als 90 min. Von der Auswertung der Müdigkeitsentwicklung wurden die Fahrphasen zu Beginn und zum Ende des Versuches in denen die Fahrer weniger als 30 km/h fuhren ausgeschlossen. Zusätzlich wurde eine Eingewöhnungsphase von 10 min nach erstmaligem Überschreiten von 30 km/h bei Beginn der Fahrt aus der Auswertung ausgeschlossen. Nach einigen KSS-Abfragen folgten Sprachaufgaben. Aus diesem Grund wurden Abschnitte von zweiminütiger Länge ab Beginn der KSS-Abfragen ebenfalls aus den Auswertungen ausgeschlossen. Die einzelnen Ausgangswerte der zurückgemeldeten Müdigkeitszustände der Probanden wurden mit Hilfe des Median in Abschnitten von zehn Minuten berechnet und sind in Abbildung 7.1 dargestellt. Die Standardabweichung ist in der Abbildung in Form von Fehlerbalken dargestellt. Durch den Ausschluss von Datenabschnitten entsprachen die ausgewerteten Abschnitte von zehn Minuten in etwa der Häufigkeit der KSS-Abfragen. Sie können sich aufgrund der ausgeschnittenen Zeit- fenster aus einem Teil vor und nach einem ausgeschlossenen Intervall zusammensetzen. t1 in Abbildung 7.1 fasst die Angaben aus den ersten 10 Minuten der Fahrt nach der Eingewöhnungsphase zusammen. Die Werte t2 bis t9 fassen jeweils die weiteren 10 min Abschnitte zusammen. Der Wert in t10 entspricht dem mittleren KSS-Wert der Rück- meldungen in den letzten 10 Minuten der Fahrt jedes Probanden. Die Abtrennung von t10 in Abbildung 7.1 zu den übrigen Werten zeigt den variablen Zeitraum zwischen t9 und t10 für die Probanden. Die Auswertung der KSS Werte der 13 Probanden, die länger als 90 Minuten 95 9 8 7 6 5 4 3 2 1 t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 7.1.: Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Ver- suchszeit in den zehn Auswerteabschnitten t1 bis t10 von Studie 1 fuhren, war signifikant unterschiedlich in einer ANOVA mit Messwiederholungen im Hinblick auf die Versuchszeit [F (2.817, 33.805) = 36.03, p < .001, η2p = .75]. Darüber hinaus war ein linearer Trend [F (1,12) = 70.32, p < .001, η2p = .85], sowie ein qua- dratischer Trend [F (1,12) = 3.11, p = .048, η2p = .29] bei der Trendanalyse der KSS- Rückmeldungen signifikant. Für diese und alle weiteren Berechnungen wurde als Signi- fikanzniveau α = .05 gewählt. Ebenfalls wurden Ergebnisse in dieser und aller folgender Auswertungen, falls nötig mit der Bonferroni-Methode korrigiert. War Mauchly’s Sphe- rizitätstest wie in diesem Fall signifikant, wurden die Ergebnisse mit der Greenhouse- Geisser Korrektur angepasst. Für weitere Auswertungen des Versuches hinsichtlich der Fahrparameter und Fragestellungen zu Problemen bei der Spurhaltung, wird auf die Ergebnisse in Kapitel 7 der Dissertation von Ebrahim (2016) verwiesen. 7.2. Müdigkeitsentwicklung in Studie 2 Die Abbildung 7.2 zeigt den mittleren Verlauf der KSS Werte in 10 min Abschnitten in Studie 2 in Relation zum Start der Versuchsfahrt. Einzelne KSS Werte in einem Fahrab- schnitt eines Probanden wurden mit dem Median des entsprechenden Auswerteintervalls bestimmt. Die Daten der Probanden aus Studie 2 wurden je nach Intervalllänge zwischen den einzelnen Reaktionsabfragen und der Startzeit ihres Versuches unterteilt. In blau sind die Angaben der Probanden der Gruppe FK. In grün sind die Werte aller Probanden der Gruppe SK. Die Probanden der Gruppe FL sind in rot und die der Gruppe SL in türkis dargestellt. 96 KSS 9 8 7 6 5 4 30s & 18 Uhr 3 30s & 22 Uhr 180s & 18 Uhr 180s & 22 Uhr 2 1 t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 7.2.: Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Ver- suchszeit in den acht Auswerteabschnitten t1 bis t8 von Studie 2 Vor der Berechnung wurden manuelle Fahrabschnitte, die Zeitabschnitte während der Testsitationen (Start Übernahmeaufforderung bis zur Übergabe der Fahraufgabe vom Fahrer zurück an das Fahrzeug), die Eingewöhnungsphase für das hochautomati- sierte Fahren (erste zehn Minuten) sowie die Zeit während der KSS und den Reaktions- abfragen ausgeschnitten. Hierdurch können einzelne Auswerteabschnitte aus Daten vor und nach ausgeschnittenen Versuchsteilen bestehen. Die Unterteilung in zehn Minuten Abschnitte entsprach auch in diesem Versuch in etwa der Häufigkeit der auftretenden KSS-Abfragen, da die Fahrabschnitte durch den Ausschluss der oben genannten Ab- schnitte gekürzt wurden. Die Darstellung endet bei sieben Werten, da die Kistensitua- tion bei einem Probanden bereits nach 100 Minuten und 15 Sekunden ausgelöst wurde und deshalb die Anzahl der Messwerte der 40 Probanden aufgrund der ausgelösten Kis- tensituationen abnahm. Die Verläufe der subjektiven Müdigkeitseinschätzungen zeigen einen kontinuierli- chen Anstieg während der gesamten hochautomatisierten Fahrt für alle Probandengrup- pen. Die Analyse der Daten mit einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwieder- holungen (ANOVA) war wie bei Studie 1 signifikant für den Faktor KSS im Hinblick auf die Versuchszeit [F (3.332, 119.959) = 109.25, p < .001, η2p = .752]. Der Interaktionseffekt zwischen der Versuchszeit und der Startuhrzeit auf den Faktor KSS war nicht signifi- kant [F (3.332, 119.959) = 1.23, p = .29, η2p = .03]. Ebenfalls war der Interaktionseffekt zwischen der Versuchszeit und dem Intervall der Reaktionsabfragen nicht signifikant [F (3.332, 119.959) = 1.25, p = .29, η2p = .03]. Die Analyse des Interaktionseffektes zwi- schen der Versuchszeit, dem Intervall der Reaktionsabfragen und der Startuhrzeit auf die subjektiven KSS-Rückmeldungen war nicht signifikant [F (3.332, 119.959) = 0.24, 97 KSS p = .89, η2p = .01]. Bei einer Analyse der Verläufe der KSS-Rückmeldungen jeder einzelnen der vier Untergruppen gab es einen signifikanten linearen Trend in jeder der Gruppen [FK: F (1,9) = 91.09, p < .001, η2p = .91; SK: F (1,8) = 48.23, p < .001, η2p = .86; FL: F (1,9) = 71.68, p < .001, η2p = .89; SL: F (1,10) = 59.01, p < .001, η2p = .86]. Zusätzlich gab es einen signifikanten quadratischen Trend des Verlaufes der KSS-Rückmeldungen für die Probanden der Gruppe FL [F (1,9) = 8.74, p = .016, η2p = .49). Einen signifi- kanten kubischen Trend des Verlaufes der KSS-Rückmeldungen gab es zusätzlich für die Probanden FK [F (1,9) = 13.50, p = .005, η2p = .60] und auch zu einem Polynom vierter Ordnung [F (1,9) = 5.53, p = .043, η2p = .38]. Zu einem Polynom vierter Ordnung waren ebenfalls die Rückmeldungen der Probanden SL signifikant [F (1,10) = 8.03, p = .018, η2p = .45]. Das Verhalten der Probanden in der letzten anspruchsvollen Testsituation zu tes- ten und zu analysieren war das Hauptziel des Versuches. So sollten die Probanden zu dieser Zeit ein hohes Müdigkeitslevel erreicht haben und mit dem Fahrzeug und Sys- tem vertraut sein. Die subjektiven Rückmeldungen aller Probanden auf Basis der KSS direkt vor der Kistensituation sind in Abbildung 7.2 im Punkt t8 dargestellt. Da der Versuch für die Probanden zu unterschiedlichen Zeitpunkten endete, ist in t8 die mittle- re KSS-Rückmeldung der letzten zehn Minuten der Probanden gezeigt. Im Vergleich der einzelnen Gruppen gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Personen mit unterschiedlichen Intervallen zwischen den Reaktionsabfragen [F (1,36) = 0.08, p = .78, η2p < .01], einer unterschiedlichen Startuhrzeit des Versuches [F (1,36) = 2.18, p = .15, η2p = .06] oder dem Interaktionseffekt zwischen diesen beiden Faktoren [F (1,36) = 1.04, p = .36, η2p = .03]. In Tabelle 7.1 sind die mittleren KSS-Bewertungen der Probanden in den Testsitua- tionen Bremsen (bremsendes Vorderfahrzeug), Unfall (Unfallsituation), Kurve (Durch- fahrt einer Kurve), Panne (Pannenfahrzeug) und Kiste (finale Kistensituation) gezeigt. Da es keine signifikanten Unterschiede zwischen den subjektiven Müdigkeitsbewertun- gen im Versuchsverlauf zwischen den Gruppen und zur Zeit der Kistensituation t8 gab, wurden die Werte mit allen Rückmeldungen gemittelt. Hierbei deuten die KSS-Werte in der Kistensituation auf ein sehr hohes Müdigkeitsniveau hin. Bei der Analyse der Müdig- keitseinschätzungen mit einer ANOVA mit Messwiederholungen gab es einen signifikan- ten Unterschied der Bewertungen bei den fünf Testsituationen [F (2.358,91.948) = 94.54, p < .001, η2p = .71]. Post-hoc Tests mit Bonferroni-Korrektur zeigten zudem signifikante Unterschiede bei dem direkten Vergleich zwischen den einzelnen Testsituationen (siehe Tabelle 7.1). 7.3. Reaktionsverhalten bei ä Je nach Gruppenzugehörigkeit mussten die Probanden während dem hochautomatisier- ten Fahren die Reaktionsabfragen in 30 oder 180-sekündigen Abständen bestätigen. Äquivalent zu den Auswertefenstern für die KSS, sind in Abbildung 7.3 die Rückmelde- zeiten auf die Reaktionsabfragen abgebildet. Hierzu wurde die Zeit zwischen dem Start 98 Tabelle 7.1.: KSS Werte bei den Testsituationen und statistische Ver- gleiche (post-hoc Tests) Testsituation KSS Testsituationen Bremsen Unfall Kurve Panne Bremsen 3.95 ± 1.54 - - - - Unfall 5.70 ± 1.81 p < .001 - - - Kurve 6.15 ± 1.72 p < .001 p < .001 - - Panne 6.83 ± 1.63 p < .001 p < .001 p < .001 - Kiste 8.08 ± 1.42 p < .001 p < .001 p < .001 p = .001 der Reaktionsabfragen bis zum Drücken der OK-Taste auf dem Lenkrad ausgewertet. Gemittelt wurde über die Anzahl der Probanden und nicht über der Anzahl der ä. Von der Berechnung ausgeschlossen wurden alle zehn Situationen, in denen die Probanden am Ende des Versuches keine Rückmeldung auf die Reaktionsabfragen ga- ben und es in Folge dessen zu einer Übernahmeaufforderung mit Kistensituation kam. Insgesamt gab es darüber hinaus lediglich 18 Übernahmeaufforderungen nach den Ein- gewöhnungsphasen, die aus einer nicht bestätigten Reaktionsabfrage (ohne Start der Kistensituation) resultierten. Diese Situationen verteilen sich auf lediglich sieben Ver- suchsteilnehmer. Da die anschließenden Übernahmeaufforderungen auf das Verpassen der Rückmeldung nicht nur durch einen kurzen akustischen Ton wie bei den Reaktions- abfragen angezeigt wurden, sind die verpassten Rückmeldungen aus der Bewertung der Reaktionszeiten ausgeschlossen. Die Auswertungen hierzu befinden sich im Kapitel zu den Übernahmezeiten (Kapitel 7.4). Bei der Analyse der Reaktionszeiten mit einer zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf die Versuchszeit [F (4.052,149.928) = 1.16, p = .33, η2p = .03]. Die Interaktionseffekte zwi- schen der Versuchszeit und Startuhrzeit, sowie Versuchszeit und Intervall auf die Reak- tionszeit waren ebenfalls nicht signifikant [F (4.052,149.928) = 1.61, p = .18, η2p = .04; F (4.052,149.928) = 0.89, p = .48, η2p = .02]. Es gab keinen signifikanten Interaktionsef- fekt der Versuchszeit, dem Intervall der Reaktionsabfragen und der Startuhrzeit auf die Reaktionszeiten [F (4.052,149.928) = 0.60, p = .66, η2p = .02]. Beim Vergleich der Reaktionszeiten auf die Rückmeldung der Reaktionsabfragen zwischen den einzelnen Gruppen in den letzten 10 min vor der Kiste, gab es einen signifikanten Unterschied zwischen 30 s- und 180 s-Intervallen zwischen den Reaktions- abfragen [F (1,37) = 4.74, p = .036, η2p = .11]. So war die Reaktionszeit der Fahrer mit 180 s zwischen zwei Abfragen (M = 2.3 ± 0.5 s) höher als der Probanden mit 30 s (M = 1.9 ± 0.5 s). Der Vergleich zwischen den unterschiedlichen Startuhrzeiten des Ver- suches [F (1,37) < 0.01, p = .99, η2p < .01] und dem Interaktionseffekt zwischen Intervall und Startuhrzeit [F (1,37) = 2.49, p = .12, η2p = .06] waren allerdings nicht signifikant. Im gesamten Versuch wurde die letzte dynamische Testsituation nur in zehn von 99 3.5 3 2.5 2 1.5 1 30s & 18 Uhr 30s & 22 Uhr 180s & 18 Uhr 0.5 180s & 22 Uhr 0 t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 7.3.: Mittlere Reaktionszeiten und Standardabweichungen auf die Reaktions- abfragen über der Versuchszeit in den acht Auswerteabschnitten t1 bis t8 von Studie 2 41 Fällen durch fehlende Bestätigungen der Reaktionsabfragen ausgelöst. Es gab ledig- lich zwei Probanden, die die Kistensituation durch mehrmalig fehlende Bestätigung der Reaktionsabfrage auslösten (Gruppe 1). Dadurch endete der Versuch bei ihnen vor einer gesamten Fahrtzeit von 120 min. Bei den anderen acht Probanden wurde die Kistensitua- tion erst nach erstmalig fehlender Bestätigung der Reaktionsabfrage und einer Fahrtzeit von 120 min ausgelöst (Gruppe 2). Bei allen übrigen 31 Probanden wurde die Kisten- situation von dem Versuchsleiter aufgrund des nahenden Endes der Gesamtversuchszeit von vier Stunden gestartet (Gruppe 3). Eine Übersicht der Gruppenzugehörigkeit der Probanden aus den untersuchten Faktoren ist in Tabelle 7.2 aufgeführt. Tabelle 7.2.: Ausgelöste Kistensituationen je nach Gruppe Intervall Startzeit Gruppe 1 2 3 30 s 18:00 Uhr 0 2 9 22:00 Uhr 2 5 2 180 s 18:00 Uhr 0 0 10 22:00 Uhr 0 1 10 Da die Fahrtzeit der Probanden direkt vom Zeitpunkt der ausgelösten Kistensituation abhängt, waren die Fahrtdauern in den Gruppen ebenfalls unterschiedlich und speziell 100 Reaktionszeit in s bei den Probanden der Gruppe SK kürzer. 7.4. Übernahmezeiten bei Fahrzeugübernahmen aus dem hochautomatisierten Fahren 7.4.1. Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen Zur Berechnung der Übernahmezeiten (messbare Erstreaktion nach der Übernahmeauf- forderung, siehe Kapitel 3.1) wurde die Interaktion der Probanden mit dem Fahrzeug ausgewertet. Als Referenz für die Berechnung wurde der Beginn der Übernahmeauffor- derung genutzt. Der Zeitpunkt der Erstreaktion wurde durch die Analyse des Brems-, Beschleunigungs-, oder Lenkeingriffes der Fahrer ermittelt. Zur Berechnung eines mess- baren Lenkeingriffs wurde das Signal des Lenkmoments analysiert. Bei der Fahrt auf einer geraden Strecke ist zur Bestimmung des Zeitpunktes eines signifikanten Lenkeingriffes ein Schwellwert des Lenkradmoments von einem Newton ausreichend. Da das automatisierte System in Kurven allerdings mit bis zu 2.6 Newton auf die Lenkung einwirkte, war es nicht möglich, den Lenkeingriff in diesen Zeitpunkten durch einen einfachen Schwellwert des Lenkradmoments zu ermitteln. Aus diesem Grund wurde das maximale Lenkmo- mentensignal in einem Zeitfenster von drei Sekunden vor der Übernahmeaufforderung ermittelt. Lag das Maximum des Lenkmomentensignals oberhalb eines Schwellwertes von einem Newton, so wurde das Signal in dem dreisekündigen Zeitabschnitt differenziert. Als Schwellwert für den Zeitpunkt der Erstreaktion wurde in diesem Fall das 2.5-fache des Maximums des Differenzsignals bis zu einem maximalen Wert von einem Newton pro 0.02 ms genutzt. Der obere Schwellwert der Lenkmomentendifferenz von einem New- ton pro 0.02 ms wurde von dem automatisierten System im Bereich der Testsituationen nicht eingestellt und konnte so lediglich durch den Lenkeingriff der Fahrer hervorgerufen werden. Auf Basis dieser Kriterien war es möglich zu entscheiden, wann ein Fahrer das Lenkrad ergriffen hatte. Bei der durchgeführten Studie 2 kam es vor, dass einige Probanden bereits vor dem Beginn der Übernahmeaufforderung die Fahraufgabe übernahmen. Grund hierfür waren die frühzeitig sichtbaren Verkehrssituationen bei der Unfallsituation (drei frühzeitige Übernahmen) und dem liegengebliebenen Fahrzeug auf der rechten Spur (elf frühzei- tige Übernahmen). Aufgrund dem Aufbau der Testsituationen und der Intention einer einfachen Übernahme war die frühzeitige Übernahme nicht auszuschließen. In einer an- deren Studie von K. Zeeb et al. (2016) übernahmen beispielsweise in einer Testsituation 10 % der Probanden ebenfalls frühzeitig, weshalb diese Probanden aus der anschließen- den Berechnung der Übernahmezeiten ausgeschlossen wurden. Bei diesem Ausschluss wurde nicht berücksichtigt, dass die Reaktionszeit des Menschen keine Werte von na- hezu null Sekunden betragen kann, falls die Aufnahme des Reizes und eine motorische Antwort des Menschen erst nach Start der Übernahmeaufforderung beginnen. Ein Pro- band könnte so die Arme bereits vor der Übernahmeaufforderung gehoben haben und die Messung der Übernahmezeit in wenigen Millisekunden nach Beginn der Übernah- meaufforderung ausgelöst haben. In einem solchen Fall entspräche die Reaktionszeit einer 101 Antizipationszeit (Wirtz et al., 2013, S. 1298). Aus diesem Grund wurden in der hier durchgeführten Auswertung auch Probanden ausgeschlossen, deren Reaktionszeiten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit durch eine vorausschauende Handlung aufgrund einer Erwartung (sogenanntes Priming vgl. Wirtz et al., 2013, S. 1216) vor dem Start der Übernahmeaufforderung beeinflusst wurden. In der Literatur werden minimale Reakti- onszeiten für visuelle und akustische Reize von 180 ms bzw. 140 ms berichtet (Wirtz et al., 2013, S. 1298). Diese Werte beinhalten allerdings nicht den Anwendungsfall mit den Übernahmekriterien im vorliegenden Versuch (situationsgerecht Bremsen, beschleunigen oder Lenken). Aus diesem Grund wurde im ersten Schritt die minimale Übernahme- zeit in einer der drei Testsituationen ermittelt, in denen ein Priming ausgeschlossen ist (bremsendes Vorderfahrzeug, Kurvenfahrt und Kistensituation). Die minimale Zeit lag bei insgesamt 123 ausgewerteten Testsituationen bei 480 ms. Alle Übernahmezeiten, die in der Unfallsituation und der Testsituation mit dem Pannenfahrzeug zwischen 0 und 480 ms lagen wurden im zweiten Schritt aus der Berechnung der Übernahmezeiten ausge- schlossen (Unfallsituation zwei Probanden mit 130 ms bzw. 200 ms und Pannenfahrzeug drei Probanden mit 10, 200 und 340 ms). Auch wenn drei dieser Reaktionszeiten im Vergleich zu den Werten aus der Literatur möglich wären, ist eine Reaktion ohne Pri- ming durch den gesamten Wahrnehmungs- und Bewegungsablauf bei der Übernahme des Fahrzeugs eher unwahrscheinlich. Bei allen weiteren Reaktionszeiten der Unfall- und Pannensituation kann ein Priming nicht ausgeschlossen, allerdings auch nicht voraus- gesetzt werden. Trotz der Abfrage des Priming in der Nachbefragung, wird auf eine Nutzung dieser Information an dieser Stelle verzichtet. Grund hierfür ist, dass selbst bei der Kistensituation fünf der 41 Probanden angaben, die Situation bereits vor Beginn der Übernahmeaufforderung erkannt und vorausschauend gehandelt zu haben. Aufgrund der Randbedingungen dieser Testsituation war dies allerdings nicht möglich. Unabhängig von der Angabe von Priming ist nicht eindeutig, in welcher Form eine frühzeitige Reak- tion die Übernahme unterstützte. Tabelle 7.3 zeigt die berücksichtigten Reaktionszeiten in den einzelnen Testsituationen. Tabelle 7.3.: Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen Testsituation 30 s Intervall 180 s Intervall Gesamter Max 18:00 Uhr 22:00 Uhr 18:00 Uhr 22:00 Uhr Mittelwert Bremsen 2.7 ± 1.1 2.1 ± 0.7 2.3 ± 0.4 2.4 ± 0.7 2.4 ± 0.8 4.8 Unfall 1.2 ± 0.5 1.2 ± 0.9 1.4 ± 0.2 1.9 ± 0.4 1.4 ± 0.6 3.2 Kurve 2.0 ± 0.6 2.0 ± 0.8 2.0 ± 0.8 2.4 ± 0.8 2.1 ± 0.7 4.4 Panne 1.4 ± 0.2 2.4 ± 1.7 1.7 ± 0.6 1.6 ± 0.7 1.7 ± 0.9 5.2 Kiste 1.6 ± 0.3 1.9 ± 0.4 1.8 ± 0.3 1.9 ± 0.4 1.8 ± 0.3 2.6 Eine Innersubjektanalyse der verschiedenen Übernahmezeiten der 24 Probanden ohne frühzeitige Reaktion zeigte einen signifikanten Unterschied der Übernahmezeiten zwi- schen den Testsituationen [F (2.899,66.677) = 6.74, p < .001, η2p = .23]. Paarweise Ver- 102 gleiche über post-hoc Tests mit Bonferroni Korrektur waren signifikant zwischen dem Bremsen und dem Unfall (p < .001), dem Bremsen und der Kiste (p = .012) und dem Unfall und der Kurve (p = .006). Die berichteten Signifikanzwerte der paarweisen Ver- gleiche sind bereits angepasst. Jede der fünf einzelnen Testsituationen wurde zusätzlich mit Hilfe einer zweifak- toriellen Varianzanalyse analysiert, um Effekte durch die Startuhrzeit und das Intervall zwischen den Reaktionsabfragen zu untersuchen. Hierbei wurde bei der Kistensituati- on nicht zwischen den Probanden unterschieden, bei denen die Testsituation aufgrund einer verpassten Reaktionsabfrage gestartet wurde. Die Analysen lieferten lediglich bei der Unfallsituation einen signifikanten Unterschied der Reaktionszeiten aufgrund des unterschiedlichen Intervalls zwischen zwei ä. Alle übrigen Vergleiche im Hinblick auf die Startuhrzeit, Intervall zwischen den ä, sowie der Interaktionseffekte waren nicht signifi- kant wie Tabelle 7.4 zeigt. Tabelle 7.4.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernahmezei- ten hinsichtlich von Gruppeneffekten Testsituation Fragestellung Ergebnis des Vergleiches Bremsen Startuhrzeit F (1,37) = 1.26, p = .27, η2p = .03 Intervall F (1,37) = 0.02, p = .88, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,37) = 2.04, p = .16, η2p = .05 Unfall Startuhrzeit F (1,31) = 1.81, p = .19, η2p = .06 Intervall F (1,31) = 6.60, p = .015, η2p = .18 Interaktionseffekt F (1,31) = 1.87, p = .18, η2p = .06 Kurve Startuhrzeit F (1,37) = 0.31, p = .46, η2p = .02 Intervall F (1,37) = 0.32, p = .45, η2p = .02 Startuhrzeit F (1,37) = 1.38, p = .25, η2p = .04 Panne Startuhrzeit F (1,24) = 1.49, p = .23, η2p = .06 Intervall F (1,24) = 0.73, p = .40, η2p = .03 Interaktionseffekt F (1,24) = 3.14, p = .09, η2p = .12 Kiste Startuhrzeit F (1,37) = 3.01, p = .09, η2p = .08 Intervall F (1,37) = 0.45, p = .51, η2p = .01 Interaktionseffekt F (1,37) = 0.72, p = .40, η2p = .02 Beim Vergleich der Übernahmezeiten zwischen den Probanden, bei denen die Kistensi- tuation aufgrund einer verpassten Reaktionsabfrage ausgelöst wurde (M = 2.0 ± 0.4 s) und der übrigen Probanden (M = 1.8 ± 0.30 s) gab es keinen signifikanten Unterschied [t(39) = -1.66, p = .11]. Da die Bewertungen des Müdigkeitszustandes und der Reaktionszeiten der einzel- nen Gruppen bis auf eine Ausnahme keine signifikanten Unterschiede zeigten, wurde überprüft, ob der Müdigkeitszustand der Probanden unabhängig von der Startuhrzeit und des Intervalls einen Einfluss auf die Übernahmezeiten hatte. Hierzu wurden die 103 Übernahmezeiten der Probanden in den Testsituationen mit einer KSS von kleiner sie- ben (wach) mit denen verglichen, die sich selbst mit einer KSS von größer sieben ein- stuften (müde). Diese Unterteilung entsprach den Beobachtungen des Fahrerzustandes bei unterschiedlichen KSS Werten von Schramm et al. (2009) und der Instruktion an die Probanden sich mit einer KSS von größer sieben zu bewerten, sobald sie sich auf- grund ihres Müdigkeitszustandes als nicht mehr fahrtüchtig einstufen würden. Tabelle 7.5 zeigt die Anzahl der Fahrer in den entsprechenden Gruppen und das Ergebnis des statistischen Vergleiches der Übernahmezeiten in den Testsituationen Unfall bis Kiste. In dem Vergleich wurden Probanden in den Testsituationen Unfall und Panne mit einer frühzeitigen Übernahme ausgeschlossen. Tabelle 7.5.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernahme- zeiten hinsichtlich des Müdigkeitszustandes Testsituation Wach Müde KSS = 7 Ergebnis des Vergleiches Bremsen 37 0 3 - Unfall 20 5 9 t(23) = 0.11, p = .91 Kurve 21 9 10 t(28) = -0.88, p = .39 Panne 9 7 11 t(16) = 1.44, p = .17 Kiste 7 31 2 t(36) = 0.86, p = .40 7.4.2. Übernahmezeiten bei verpassten ä Bei der genauen Analyse der 18 Übernahmezeiten auf die Übernahmeaufforderung nach dem Verpassen der Reaktionsabfrage zeigte sich, dass die Probanden das Lenkrad in vier Fällen bereits vor Beginn der Übernahmeaufforderung ergriffen hatten. Von den restlichen verpassten Rückmeldungen von fünf Probanden ohne Auslösung der Kistensi- tuation befanden sich zwei vor der ersten Testsituation, zwei zwischen erster und zweiter, eine zwischen zweiter und dritter, fünf zwischen dritter und vierter Testsituation und vier in dem Fahrabschnitt vor der Kistensituation. In Tabelle 7.6 sind die Zeiten der Übernahmen der Probanden entsprechend der oben definierten Kriterien einer Erstreak- tion dargestellt. Hierbei sind die Zeiten durch Nummern den fünf Personen zugeordnet: Gruppe FK drei Probanden mit je einer Aufforderung (Nummer 1, 2 und 3) und Gruppe SK mit einem Probanden mit vier Aufforderungen (Nummer 4) und einem mit sieben Aufforderungen (Nummer 5). 104 Tabelle 7.6.: Übernahmezeiten nach verpassten Reaktionsabfragen in s Proband Vor 1 1 - 2 2 - 3 3 - 4 4 - 5 1 - - - 0.3 - 2 - - - - 0.1 3 - - - - 1.5 4 - - - 2.6; 1.9; 2.4; 1.8 - 5 2.7; 2.2 2.5; 0.4 3.7 - 2.8; 3.1 Anmerkung. 1 = Bremsen, 2 = Unfall, 3 = Kurve, 4 = Panne, 5 = Kiste 7.5. Fahrverhalten in den Testsituationen der Studie 2 7.5.1. Auswertung der wichtigsten Kenngrößen zur Fahrausführung Die ersten vier Testsituationen in Studie 2 waren so parametriert, dass sie für die Fah- rer einfach zu meistern waren. So hatten die Fahrer bei all diesen Testsituationen viel Zeit zu reagieren und ihr Verhalten an die Testsituation anzupassen. Dies zeigte sich auch in den Auswertungen der Fahrparameter, die während der Testsituationen aufge- zeichnet wurden. Exemplarisch sind in Tabelle 7.7 die wichtigsten Kennwerte aus diesen Testsituationen aufgelistet. Mit dem minimalen Abstand zu der Kiste aus der letzten anspruchsvollen Testsituation (siehe Tabelle 7.8) ist zusätzlich die wichtigste Kennzahl aus dieser Testsituation aufgeführt. Tabelle 7.7.: Wichtigste Kennzahlen der Testsituationen (M ± SD; Min) Intervall Startzeit ∆Bremsena in s ∆Unfallb in m ]Kurvec ∆Panned in m 30 s 18:00 Uhr 1.6 ± 0.2 ; 1.3 1.3 ± 0.4 ; 0.6 0 1.9 ± 0.3 ; 1.6 22:00 Uhr 1.7 ± 0.3 ; 1.2 1.2 ± 0.3 ; 0.9 0 2.3 ± 0.6 ; 1.0 180 s 18:00 Uhr 1.6 ± 0.3 ; 1.1 1.3 ± 0.1 ; 1.2 0 2.0 ± 0.6 ; 1.0 22:00 Uhr 1.7 ± 0.3 ; 1.1 1.3 ± 0.2 ; 1.0 0 2.1 ± 0.4 ; 1.4 Anmerkung. a ∆Bremsen = Minimale Zeitdifferenz zum Vorausfahrer bei der Bremssitua- tion. b ∆Unfall = Minimale Distanz zu den Unfallfahrzeugen. c ]Kurve = Anzahl der Probanden, die von der Spur abkamen. d ∆Panne = Minimale Distanz zu dem Pannenfahrzeugen. Aus der ersten Testsituation mit dem bremsenden Vorausfahrer wurde als wichtigste Kennzahl zur Bewertung der Fahrausführung die geringste Distanz zwischen dem Fahr- zeug der Probanden zu dem Vorausfahrer ausgewählt. Die Auswertungen zeigen, dass die mittlere minimale Zeitdifferenz zum Vorausfahrer nur 0.2 s kleiner war, als der Abstand zum Vorausfahrer vor dem Start der Übernahmeaufforderung (Zeitdifferenz 1.8 s). Die 105 Tabelle 7.8.: Wichtigste Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min) Intervall Startzeit ∆Kistea in m ∆t bstart Kiste in s ∆tende Kistec in s 30 s 18:00 Uhr 1.7 ± 0.2; 1.1 3.1 ± 0.2; 2.8 1.6 ± 0.6; 0.2 22:00 Uhr 1.5 ± 0.2; 1.0 2.8 ± 0.3; 2.2 1.1 ± 0.6; 0.2 180 s 18:00 Uhr 1.9 ± 0.1; 1.5 3.1 ± 0.3; 2.8 1.7 ± 0.4; 1.1 22:00 Uhr 1.7 ± 0.1; 0.9 2.7 ± 0.4; 1.9 1.2 ± 0.7; 0.0 Anmerkung. a ∆Kiste = Minimale Distanz zur Kiste. b ∆tstart Kiste = Zeitdifferenz zur Kiste bei Initiierung des Spurwechsels. c ∆tende Kiste = Zeitdifferenz zur Kiste bei Abschluss des Spurwechsels. kleinste Zeitdifferenz zum Vorausfahrer aller 40 Probanden betrug in der Testsituation 1.1 s. Von der Berechnung wurde ein Proband ausgeschlossen, der die Spur in dieser Testsituation wechselte und das bremsende Vorderfahrzeug zu überholen begann. Im Vergleich der vier Gruppen gab es keinen signifikanten Effekt hinsichtlich der Startuhr- zeit [F (1,36) = 0.51, p = .48, η2p = .01], des Intervalls zwischen den Reaktionsabfragen [F (1,36) = .05, p = .82, η2p = .001] oder des Interaktionseffekts zwischen den beiden Faktoren [F (1,36) = .02, p =.89, η2p < .001]. Aus der zweiten Testsituation wurde als wichtigster Wert der kleinste Abstand zwischen den Fahrzeugen aus dem nachgestellten Unfallszenario und dem Fahrzeug der Probanden ausgewählt. Bei dem Vergleich der Abstände zwischen den einzelnen Grup- pen gab es auch in dieser Testsituation keinen signifikanten Unterschied für den Effekt der Startuhrzeit [F (1,37) = 0.70, p = .41, η2p = .02], des Intervalls zwischen den Reak- tionsabfragen [F (1,37) = 0.10, p = .75, η2p < .001] und des Interaktionseffekts zwischen den beiden Faktoren [F (1,37) = .02, p = .9, η2p < .001]. Der absolut kleinste Abstand zu der gesamten Unfallsituation war 0.63 m. Dieser Wert liegt oberhalb des gesetzlich gefor- derten Sicherheitsabstandes im Straßenverkehr zu geparkten Fahrzeugen von 0.5 m und zeigt eine verantwortungsbewusste Fahrweise aller Probanden (§6 StVO, 2016 ). Auf- grund des begrenzten Raumes innerhalb der linken Fahrspur (Fahrzeugbreite 2.13 m, Spurbreite 3.7 m) hielt sich der Fahrer mit dem geringsten Abstand zudem nahe der Mitte der freien Fahrspur auf. Bei der Auswertung der dritten Testsituation war es wichtig, ob die Probanden die Spur hielten und dem Kurvenverlauf folgten. Aus diesem Grund wurde analysiert, wie viele Probanden das Fahrzeug nicht in der Spur hielten. Insgesamt gab es zwei Personen, die auf die linke Spur wechselten und zum Überholen des vorausfahrenden Fahrzeugs an- setzten. Außer diesen gab es keine Person, die die rechte oder linke Spurmarkierung mit den Rädern überquerten. Aus der vierten Testsituation wurde als Kennzahl der minimale Abstand zu dem Pannenfahrzeug gewählt. In dieser Testsituation waren die mittleren Abstände zu dem Pannenfahrzeug auf dem Standstreifen größer, als die Abstände während der zweiten 106 Testsituation. Sieben der 41 Probanden führten sogar einen Spurwechsel auf die linke Spur aus, um den Abstand zu dem Pannenfahrzeug zu erhöhen. Diese wurden aus der Berechnung der Abstände in Tabelle 7.7 ausgeschlossen. Der kleinste Abstand aller Pro- banden zu dem Pannenfahrzeug betrug 1.06 m. Auch in dieser Testsituation gab es keine signifikanten Unterschiede der Probanden im Bezug zur Startuhrzeit [F (1,30) = 2.52, p= .12, η2p = .08], dem Intervall zwischen den Reaktionsabfragen [F (1,30) = 0.21, p= .65, η2p = .01] oder bei dem Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren [F (1,30) = 0.80, p = .38, η2p = .03]. Neben den relevanten Parametern in Tabelle 7.7 gab es in übrigen Kennzahlen wie der Querbeschleunigung, Geschwindigkeit etc. in den einzelnen Testsituationen kei- ne Auffälligkeit, weshalb sich die Auswertung auf die gezeigten Parameter beschränkt. Weitere Kennwerte zu der Fahrausführung der Probanden in den Testsituationen sind in Anhang C zu finden. Im Hinblick auf die Distanz zwischen der Kiste und dem Fahrzeug der Proban- den, war diese in Studie 2 mit einem absoluten Minimum von 0.91 m relativ groß. Da der Abstand für den äußeren Rand des Außenspiegels berechnet wurde, der sich ober- halb von 75 cm über dem Boden befindet, hätten die Fahrer im Ernstfall zusätzliche 11.6 cm Platz gehabt. Alle Abstände waren somit jeweils größer als der Mindestabstand, der in Deutschland zu einem parkenden Fahrzeug eingehalten werden sollte, obwohl es sich im Versuchsszenario lediglich um eine Kiste auf der Fahrbahn handelte (StVO, 2016). Der Vergleich der Abstände in Abhängigkeit der Startuhrzeit [F (1,37) = 1.59, p = .22, η2p = .04] und des Intervalles zwischen den Reaktionsabfragen [F (1,37) = 1.96, p = .17,η2p = .05] war ebenso wie der Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren [F (1,37) = 0.08, p = .78, η2p = .002] nicht signifikant. 7.5.2. Detaillierte Auswertung des Fahrverhaltens in der letzten Testsituation Betrachtet man die Kistensituation näher, so zeigen die Spurverläufe des äußeren Ran- des des rechten Außenspiegels der Fahrzeuge in Abbildung 7.4 eine frühzeitige Reaktion und einen frühzeitigen Start des Ausweichmanövers. Die Position der Kiste ist in der Abbildung rot markiert. Die unterschiedlichen Farben der Verläufe entsprechen der vier Gruppen des Versuches (FK = blau, SK = grün, FL = rot, SL = türkis). Die Über- nahmeaufforderung begann 184 m vor der Kiste. Die Kiste ist rot mit schwarzem Rand im Nullpunkt der Abbildung 7.4 verhältnistreu dargestellt. Bei den Spurverläufen ist zu sehen, dass alle Probanden einen Spurwechsel auf die linke Spur ausführten, um der Kiste auszuweichen. Zusätzlich zu dem seitlichen Abstand der Fahrer in der Kistensituation im voraus- gehenden Kapitel 7.5.1 sind in Tabelle 7.8 die zeitlichen Abstände zwischen der Kiste und den einzelnen Teilschritten des Spurwechsels der Probanden auf die linke Spur auf- gelistet. Ein Kennwert hierfür war die Zeit bis zur Initiierung des Spurwechsels in Form des Überfahrens der linken Spurmarkierung zwischen der ersten und zweiten Spur mit dem linken Rad der Vorder- und Hinterachse. Der zweite Wert gibt den zeitlichen Ab- 107 5 4 3 2 1 0 −1 −2 −3 −200 −150 −100 −50 0 50 100 LateraLlearte Arablestr aAnbds tzaunrt zKuisr tKei sinte min m Abbildung 7.4.: Fahrverlauf der Probanden in der Kistensituation in Studie 2 stand zur Kiste an, als der Spurwechsel abgeschlossen war. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Fahrzeug der Probanden vollständig auf der linken Spur. Alle zeitlichen Be- rechnungen zur Kiste basieren auf der als konstant angenommenen Geschwindigkeit des Probanden zum Zeitpunkt der Fahrzeugübernahme. Bei der Analyse der zeitlichen Abstände der Fahrzeugposition bei der Initiierung des Spurwechsels gab es keine signifikanten Unterschiede des Intervalls zwischen zwei Re- aktionsabfragen [F (1,37) = 0.16, p = .69, η2p < .01] und des Interaktionseffekts zwischen Intervall und Startuhrzeit [F (1,37) = 0.07, p = .80, η2p < .01]. Einzig die Startuhr- zeit hatte einen signifikanten Einfluss auf den Zeitpunkt des initiierten Spurwechsels [F (1,37) = 9.36, p = .004, η2p = .20]. Hierbei unterschied sich die Zeit zur Initiierung der Probanden, die die Kistensituation aufgrund einer verpassten Reaktionsabfrage auslös- ten (M = 2.9 ± 0.3 s) nicht signifikant von den anderen (M = 2.9 ± 0.3 s); [t(39) = 0.45, p = .66]. Bezüglich des Endzeitpunktes des Spurwechsels gab es ebenfalls einen signifikanten Unterschied hinsichtlich der unterschiedlichen Startuhrzeiten [F (1,37) = 8.03, p = .007, η2p = .18]. Der Gruppenvergleich hinsichtlich des Intervalls zwischen den Abfragen war auch hier ebenso wie der Interaktionseffekt zwischen den Faktoren nicht signifikant [F (1,37) = 0.36, p = .55, η2p = .01; F (1,37) = 0.01, p = .92, η2p < .001]. 7.5.3. Vergleich der Unfall- und Kistensituation Da sich die Unfallsituation und Kistensituation darin glichen, dass die Probanden je- weils die Spur wechseln mussten, um dem Hindernis auf der eigenen Spur zu entgehen, wurde das Spurwechselverhalten der Probanden in beiden Testsituationen hinsichtlich der individuellen Müdigkeit der Probanden genauer verglichen. Bei der Unfallsituation konnte kein signifikanter Unterschied des Zeitpunktes des initiierten Spurwechsels zwi- schen wachen und müden Fahrern [t(23) = -0.90, p = .38] gefunden werden. Bei der Kistensituation konnte ebenfalls kein signifikanter Unterschied des initiierten Spurwech- 108 Longitudinaler Abstand zur Kiste in m sels und der Müdigkeit gefunden werden [t(36) = 0.25, p = .80]. Ausgewertet wurden jeweils alle Probanden mit einer KSS ungleich sieben. Mit Hilfe einer Korrelationsanalyse wurde überprüft, ob die Übernahmezeiten der Probanden in der Unfall- und Kistensituation korrelierte. Dies war nicht der Fall [Ken- dall’s τ = .12, p = .33, N = 35]. Ebenfalls gab es keine Korrelation zwischen der benötig- ten Zeit zwischen der Übernahme und dem Zeitpunkt des Starts des Spurwechsels durch das Überfahren der Spurmarkierung in den beiden Testsituationen [Kendall’s τ = .02, p = .85, N = 35]. Bei der Analyse der Übernahme- und Handlungszeit in der Unfallsitua- tion gab es allerdings eine signifikante negative Korrelation [Kendall’s τ = -.36, p = .002, N = 35], wie auch bei der Kistensituation [Kendall’s τ = -.55, p < .001, N = 41]. 7.6. Rückmeldungen der Probanden In der Vorbefragung beantworteten die Probanden die Fragen des Epworth-Tests zur Ta- gesschläfrigkeit. Die summierten Rückmeldungen hatten einen Mittelwert von 8.7 ± 3.8 Punkten. Im Anschluss an den Versuch wurden die Fahrer gebeten, ihr Verhalten zu be- werten. 34 der 41 Probanden gaben nach dem Versuch an, während der Fahrt Sekun- denschlafereignisse erlebt zu haben. Da lediglich ein Proband mit einer Startzeit um 22 Uhr angab, kein Sekundenschlafereignis erlebt zu haben gab es hinsichtlich des Fak- tors Startuhrzeit einen signifikanten Unterschied [F (1,37) = 4.21, p = .047, η2p = .10] gegenüber mehreren Probanden, die um 18 Uhr starteten und kein Sekundenschlafer- eignis erlebten. Der Faktor Intervall und der Interaktionseffekt zwischen Intervall und Startuhrzeit waren nicht signifikant [F (1,37) = 0.25, p = .62, η2p = .01; F (1,37) = 0.07, p = .79, η2p < .01]. Die geschätzte Anzahl der Sekundenschlafereignisse durch die Pro- banden lag zwischen einem bis zu 50 Ereignissen. Dabei gab es auch ungenaue Angaben mit Beschreibungen wie: sehr oft, mindestens 20, weshalb keine weitere Analyse dieser Rückmeldungen vorgenommen wurde. Von den sieben Rückmeldungen, die auf eine hohe Anzahl an Sekundenschlafereignissen (20 oder mehr) hindeuten, gab es in jeder der vier Gruppen mindestens eine (FK: 1, SK: 2, FL: 1 und SL: 3). Von den 41 Probanden gaben 28 Probanden an, am Ende der Fahrt aufgrund von Müdigkeit nicht mehr fahrtüchtig für eine Weiterfahrt zu sein. Hierbei gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen der Startuhrzeit [F (1,37) = 0.11, p = .75, η2p < .01), Intervall [F (1,37) = 2.42, p = .13, η2p = .06], und Interaktionseffekt zwischen den beiden Faktoren [F (1,37) = 0.36, p = .55, η2p = .01]. Von den 13 Probanden, die sich nach dem Versuch für weiterhin fahrtüch- tig hielten, hatten zehn in der vorausgegangenen Frage angegeben, während der Fahrt Sekundenschlafereignisse gehabt zu haben. So hielten sich vier Probanden auch ohne erlebte Sekundenschlafereignisse aufgrund der Müdigkeit nicht mehr für fahrtüchtig. Die Probanden bewerteten darüber hinaus die einzelnen Testsituationen hinsicht- lich mehrerer Kriterien auf einer vierstufigen Skala. Die gestellten Fragen bezogen sich auf die zeitliche Handlungsanforderung in den Testsituationen, eine Bewertung der eige- nen Reaktion und die Schwierigkeit sowie Kritikalität der Übernahme. Der Wert vier auf der Skala entsprach jeweils einer hohen Anforderung/Schwierigkeit/Kritikalität/schlech- 109 Tabelle 7.9.: Rückmeldungen zur zeitlichen Handlungsanforderungen Testsituation 30 s Intervall 180 s Intervall Gesamter 18:00 Uhr 22:00 Uhr 18:00 Uhr 22:00 Uhr Mittelwert Bremsen 1.8 ± 0.7 1.7 ± 0.8 1.6 ± 0.7 1.3 ± 0.5 1.6 ± 0.7 Unfall 1.4 ± 0.7 1.5 ± 0.5 1.6 ± 0.7 1.7 ± 0.5 1.5 ± 0.6 Kurve 1.6 ± 0.7 1.5 ± 0.5 1.6 ± 0.5 1.4 ± 0.7 1.5 ± 0.6 Panne 1.4 ± 0.7 1.7 ± 0.5 1.3 ± 0.5 1.6 ± 0.8 1.5 ± 0.7 Kiste 1.9 ± 0.9 2.3 ± 0.9 2.7 ± 1.1 2.1 ± 1.2 2.3 ± 1.1 Tabelle 7.10.: Rückmeldungen zur Bewertung der Ausführungen Testsituation 30 s Intervall 180 s Intervall Gesamter 18:00 Uhr 22:00 Uhr 18:00 Uhr 22:00 Uhr Mittelwert Bremsen 2.0 ± 0.9 2.8 ± 0.9 1.9 ± 0.6 1.6 ± 0.5 2.0 ± 0.8 Unfall 1.4 ± 0.7 1.5 ± 0.5 1.6 ± 0.5 1.7 ± 0.7 1.5 ± 0.6 Kurve 1.6 ± 0.7 1.5 ± 0.5 1.7 ± 0.7 1.4 ± 0.7 1.6 ± 0.7 Panne 1.5 ± 1.0 1.7 ± 0.5 1.3 ± 0.5 1.6 ± 0.8 1.5 ± 0.8 Kiste 1.9 ± 0.9 2.3 ± 0.9 2.7 ± 0.9 2.2 ± 1.1 2.3 ± 1.0 te Ausführung. Tabellen 7.9, 7.10, 7.11 und 7.12 zeigen die einzelnen Bewertungen der Testsituationen durch die Probanden für die zeitliche Handlungsanforderung, Bewertung der Ausführung, Schwierigkeit und Kritikalität. Ausgeschlossen von den Berechnungen sind je nach Fragestellung acht bis zehn Probanden, die nicht alle fünf Testsituationen bewerteten. Eine Innersubjektanalyse der Rückmeldungen zeigte einen signifikanten Unter- schied in der zeitlichen Handlungsanforderung zwischen den verschiedenen Testsitua- tionen [F (2.566,71.852) = 9.43, p < .001, η2p = 0.25]. Paarweise Vergleiche der Rückmel- dungen anhand von post-hoc Tests mit Bonferroni Korrektur waren signifikant unter- schiedlich zwischen dem Bremsen und der Kiste (p = .009), dem Unfall und der Kiste (p = .014), der Kurve und der Kiste (p = .007) sowie der Panne und der Kiste (p < .001). Die berichteten Signifikanzwerte der paarweisen Vergleiche sind bereits angepasst. Bei dem Vergleich der Bewertungen der Fahrausführung gab es einen signifikanten Unter- schied zwischen den Testsituationen [F (2.924,81.871) = 12.81, p < .001, η2p = .31]. In paarweisen Vergleichen der Rückmeldungen gab es einen signifikanten Unterschied der subjektiven Bewertungen der Ausführung zwischen den Testsituationen Bremsen und Unfall (p = .004), Bremsen und Kurve (p = .013), Bremsen und Panne (p = .005), Kiste und Unfall (p = .001), Kiste und Kurve (p = .004), sowie Kiste und Panne (p = .001). Auch die Unterschiede der Rückmeldungen auf die Frage nach der Schwierigkeit waren 110 Tabelle 7.11.: Rückmeldungen zur Schwierigkeit der Übernahmen Testsituation 30 s Intervall 180 s Intervall Gesamter 18:00 Uhr 22:00 Uhr 18:00 Uhr 22:00 Uhr Mittelwert Bremsen 1.5 ± 1.0 2.2 ± 0.7 1.4 ± 0.7 1.4 ± 0.5 1.6 ± 0.8 Unfall 1.3 ± 0.7 1.3 ± 0.5 1.6 ± 0.5 1.5 ± 0.7 1.4 ± 0.6 Kurve 1.5 ± 0.7 1.5 ± 0.5 1.6 ± 0.7 1.4 ± 0.7 1.5 ± 0.7 Panne 1.4 ± 1.0 1.7 ± 0.5 1.4 ± 0.5 1.7 ± 0.8 1.6 ± 0.8 Kiste 1.8 ± 1.0 2.3 ± 0.9 2.6 ± 0.9 2.4 ± 1.2 2.3 ± 1.1 Tabelle 7.12.: Rückmeldungen zur Kritikalität der Testsituationen Testsituation 30 s Intervall 180 s Intervall Gesamter 18:00 Uhr 22:00 Uhr 18:00 Uhr 22:00 Uhr Mittelwert Bremsen 1.6 ± 1.0 1.7 ± 0.8 1.7 ± 0.8 1.5 ± 0.5 1.6 ± 0.8 Unfall 1.1 ± 0.3 1.8 ± 0.7 1.6 ± 0.7 1.7 ± 0.8 1.6 ± 0.7 Kurve 1.3 ± 0.4 1.3 ± 0.5 1.4 ± 0.7 1.5 ± 0.8 1.4 ± 0.7 Panne 1.4 ± 1.0 1.5 ± 0.5 1.1 ± 0.3 1.6 ± 0.8 1.4 ± 0.7 Kiste 2.0 ± 0.9 2.3 ± 0.9 2.4 ± 0.7 2.2 ± 1.1 2.2 ± 0.9 111 Tabelle 7.13.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der zeitlichen Handlungsanforderung Testsituation Fragestellung Ergebnis des Vergleiches Bremsen Startuhrzeit F (1,28) = 0.39, p = .54, η2p = .01 Intervall F (1,28) = 1.16, p = .29, η2p = .04 Interaktionseffekt F (1,28) = 0.08, p = .78, η2p < .01 Unfall Startuhrzeit F (1,28) = 0.26, p = .61, η2p = .01 Intervall F (1,28) = 0.57, p = .46, η2p = .02 Interaktionseffekt F (1,28) < 0.01, p = .98, η2p < .01 Kurve Startuhrzeit F (1,28) = 0.57, p = .46, η2p = .02 Intervall F (1,28) = 0.26, p = .61, η2p = .01 Interaktionseffekt F (1,28) = 0.04, p = .84, η2p < .01 Panne Startuhrzeit F (1,28) = 1.07, p = .31, η2p = .04 Intervall F (1,28) = 0.01, p = .76, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,28) = 0.02, p = .89, η2p < .01 Kiste Startuhrzeit F (1,28) = 0.02, p = .90, η2p < .01 Intervall F (1,28) = 0.50, p = .48, η2p = .02 Interaktionseffekt F (1,28) = 1.60, p = .22, η2p = .05 signifikant [F (2.867, 77.400) = 11.82, p < .001, η2p = .31]. Bei anschließenden post-hoc Tests mit Bonferroni Korrektur gab es jeweils einen signifikanten Unterschied zwischen den Rückmeldungen bei der Kiste und den übrigen Testsituationen (Bremsen: p = .005, Unfall: p < .001, Kurve: p = .002, Panne: p < .001). Die Rückmeldungen hinsichtlich der Kritikalität waren ebenfalls signifikant unterschiedlich [F (2.728,79.100) = 11.50, p < .001, η2p = .28] und waren in post-hoc Tests ebenfalls jeweils signifikant zwischen der Kiste und den anderen Testsituationen (Bremsen: p < .001, Unfall: p = .003, Kur- ve: p = .003, Panne: p < .001). Drei der Fragestellungen für die fünf einzelnen Testsituationen (zeitliche Hand- lungsanforderung, Schwierigkeit und Kritikalität) wurde zusätzlich mit Hilfe einer zwei- faktoriellen Varianzanalyse analysiert, um Effekte durch die Startuhrzeit und das Inter- vall zwischen den Rückmeldungen zu untersuchen. Hiermit sollte analysiert werden, ob die Fahrer die Testsituationen aufgrund der Randbedingungen ihrer Gruppe Intervall und Startuhrzeit unterschiedlich bewerteten. Die Ergebnisse hierzu sind in den Tabellen 7.13, 7.14 und 7.15 aufgeführt. Keiner der Vergleiche zeigte signifikante Unterschiede in der subjektiven Einschätzung der Testsituationen durch die unterschiedlichen Gruppen. Da die Bewertung der eigenen Leistung von sehr vielen Faktoren wie einer frühzeiti- gen Übernahme, den lateralen und longitudinalen Abständen sowie der Spurführung abhängt, wurden diese Rückmeldungen nicht im Vergleich der einzelnen Gruppen un- tersucht. Zu jeder der Testsituationen wurden die Fahrer gefragt, wie sie ihre Leistung rückblickend auf die Anforderung in der Testsituation einschätzten. Bei allen Testsitua- 112 Tabelle 7.14.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Schwierigkeit Testsituation Fragestellung Ergebnis des Vergleiches Bremsen Startuhrzeit F (1,27) = 1.21, p = .28, η2p = .04 Intervall F (1,27) = 2.09, p = .16, η2p = .07 Interaktionseffekt F (1,27) = 1.44, p = .24, η2p = .05 Unfall Startuhrzeit F (1,27) < 0.01, p = .98, η2p < .01 Intervall F (1,27) = 1.09, p = .31, η2p = .04 Interaktionseffekt F (1,27) = 0.11, p = .74, η2p <.01 Kurve Startuhrzeit F (1,27) = 0.11, p = .74, η2p < .01 Intervall F (1,27) < 0.01, p = .96, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,27) = 0.11, p = .74, η2p < .01 Panne Startuhrzeit F (1,27) = 0.94, p = .34, η2p = .03 Intervall F (1,27) = 0.02, p = .88, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,27) < 0.01, p = .97, η2p < .01 Kiste Startuhrzeit F (1,27) = 0.26, p = .61, η2p = .01 Intervall F (1,27) = 1.21, p = .28, η2p = .04 Interaktionseffekt F (1,27) = 0.87, p = .36, η2p = .03 Tabelle 7.15.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Kritikalität Testsituation Fragestellung Ergebnis des Vergleiches Bremsen Startuhrzeit F (1,29) = 0.05, p = .83, η2p < .01 Intervall F (1,29) = 0.05, p = .83, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,29) = 0.13, p = .72, η2p < .01 Unfall Startuhrzeit F (1,29) = 2.99, p = .09, η2p = .09 Intervall F (1,29) = 0.36, p = .55, η2p = .01 Interaktionseffekt F (1,29) = 1.31, p = .26, η2p =.04 Kurve Startuhrzeit F (1,29) = 0.08, p = .78, η2p < .01 Intervall F (1,29) = 0.56, p = .46, η2p = .02 Interaktionseffekt F (1,29) < 0.01, p = .96, η2p < .01 Panne Startuhrzeit F (1,29) = 1.30, p = .26, η2p = .04 Intervall F (1,29) = 0.09, p = .76, η2p < .01 Interaktionseffekt F (1,29) = 0.46, p = .50, η2p = .02 Kiste Startuhrzeit F (1,29) = 0.02, p = .90, η2p < .01 Intervall F (1,29) = 0.21, p = .65, η2p = .01 Interaktionseffekt F (1,29) = 0.71, p = .41, η2p = .02 113 Tabelle 7.16.: Positiver Einfluss der ä Intervall Startzeit nein ein wenig spürbar deutlich 30 s 18:00 Uhr 0 3 6 2 22:00 Uhr 1 4 2 2 180 s 18:00 Uhr 0 5 3 2 22:00 Uhr 0 5 5 1 tionen war dies der longitudinale Abstand zum Vorderfahrzeug. Im speziellen ist diese Rückmeldung bei der Testsituation Bremsen interessant. Im Vergleich der Personen, die die Distanz als zu gering einschätzten mit den Personen, die diese als ausreichend erachteten, gab es keine signifikanten Unterschiede in den real gemessenen Abständen [t(38) = 0.70, p = .49]. Bei den Testsituationen Unfall, Panne und Kiste wurde zusätzlich der absolute Abstand zu den Objekten auf der Fahrbahn abgefragt. Die realen Abstän- de waren im Vergleich der Probanden die sich selbst als zu nah einschätzten in den Testsituationen Unfall [t(39) = -0.41, p = .68] und Panne [t(37) = 0.49, p = .63] nicht signifikant unterschiedlich. Lediglich die realen Abstände zu der Kiste der Probanden, die sich selbst als zu nah einschätzten, war signifikant unterschiedlich zu den Abständen der Probanden, die den Abstand für ausreichend hielten [t(39) = -2.78, p = .008]. So sind die Abstände der Probanden kleiner, die diesen als ausreichend empfanden (Ab- stand ausreichend: M = 1.5 ± 0.3 m, Abstand zu klein: M = 1.9 ± 0.5 m). Im Hinblick auf ein Priming der Übernahme bei der Unfallsituation, gaben 21 Pro- banden an, die Situation vor der Testsituation erkannt zu haben und vorausschauend auf die Übernahmeaufforderung reagiert zu haben. Dies zeigt sich auch durch signifikante Unterschiede bei den Reaktionszeiten zwischen den Probanden die angegeben hatten, vorausschauend reagiert zu haben, gegenüber denen, die selbst einschätzten nicht vor- ausschauend gehandelt zu haben [t(39) = 3.42, p = .001]. Bei dem Vergleich derselben Fragestellung bei der Pannensituation gab es allerdings keinen signifikanten Unterschied in den Reaktionszeiten der Probanden [t(37) = 0.04, p = .97]. Bei beiden Auswertungen wurden auch die Übernahmen vor Beginn und direkt nach der Testsituation berücksich- tigt. Tabelle 7.16 zeigt die subjektive Einschätzung der Beeinflussung der Reaktionsab- fragen auf die Müdigkeit. Bis auf eine Person empfanden alle Personen die Reaktions- abfragen als positive Wirkung auf die Müdigkeit. Bezüglich der konkreten Beeinflussung der Reaktionsabfragen wurde zehnmal an- gegeben, dass die Abfrage nur zu Anfang der Fahrt wacher hielt. Achtmal wurde ange- geben, dass die Abfrage vor allem gegen Ende wach hielt. Neunzehnmal wurde angeben, dass die Abfrage jedes Mal wenn sie kam kurz und dreimal dass die lange wacher hielt. Fünfmal wurde angegeben, dass sie immer gleich wach hielt. Zu beachten ist, dass Mehr- fachnennungen der Probanden möglich waren. Von den 41 Probanden bewerteten 39 die Verständlichkeit des Bedien- und An- 114 zeigekonzept als sehr verständlich. Die zwei übrigen Probanden bewerteten das System mit verständlich auf der 4-stufigen Skala zwischen sehr verständlich und überhaupt nicht verständlich. 7.7. Diskussion der Ergebnisse In der manuellen Studie wurde das Versuchsziel eines Müdigkeitsanstiegs im Versuchs- verlauf erreicht. Dies zeigen die Auswertungen der KSS-Rückmeldungen der Fahrer über die Zeit. So stieg das Müdigkeitslevel von KSS-Werten von kleiner als sieben zu Beginn der Fahrt über die Versuchszeit an. Bei Fahrtende des Versuches gab es lediglich eine Person, die den eigenen Müdigkeitszustand nicht mit einer KSS von acht oder neun bewertete. Fahrphasen mit KSS-Werten dieser Höhe implizieren einen Einfluss der Mü- digkeit auf die Fahrtüchtigkeit (Schramm et al., 2009). Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die Versuchsdaten das Verhaltensmuster der Fahrer während des wa- chen und müdigkeitsbeeinflussten manuellen Fahrens enthalten. Das hochautomatisierte Fahren unterstützt den Fahrer, indem es ihm die Fahr- aufgabe abnimmt. So hat er die Freiheit sich zurückzulehnen und chauffieren zu lassen. Gleichzeit ändert sich seine Aufgabe, da er in dieser Zeit die Aufgabe des Fahrers le- diglich auf Abruf ausüben muss. Diese Entlastung könnte zu einer Verbesserung des Müdigkeitszustandes des Fahrers beitragen. Dies sollte sich speziell bei Probanden zei- gen, die die Fahrt nach einem regulären Arbeitstag durchführten und vor Fahrtbeginn bereits für mehr als elf Stunden wach waren. Nichtsdestotrotz zeigen die steigenden KSS-Rückmeldungen in Studie 2, dass die Kombination aus monotonen Fahrbedingun- gen, langer Fahrtdauer, Untätigkeit, Testsituationen und Reaktionsabfragen trotzdem zu einem Anstieg der Müdigkeit bis hin zur subjektiven Fahruntüchtigkeit führte. Zu- sätzlich zu den Versuchsbedingungen hat sicher auch die Anfälligkeit der Probanden für Schläfrigkeit zu dem müden Zustand zum Versuchsende beigetragen. So hatten die Probanden hohe Summen im Epworth-Test, obwohl keinem eine Schlafkrankheit be- kannt war. Ein Proband hatte sogar einen Wert von 16, was Johns (1991) lediglich bei Testpersonen mit ausgeprägten Schlafkrankheiten fand. Darüber hinaus berichtet Johns auch, dass Schlafkrankheiten in seiner Studie bei Personen mit einer Summe oberhalb von sieben aufgetreten sind. Von den 41 Probanden des Versuches hatten lediglich 14 eine Summe unterhalb von acht. Auch wenn die hohen Summen keine Voraussetzung für eine Schlafkrankheit sind, zeigen sie die Anfälligkeit der Probanden für Müdigkeit speziell bei Untätigkeit. Die signifikant steigenden KSS-Werte zeigen zudem, dass das Ziel, Müdigkeit mit Hilfe von langen monotonen Bedingungen zu induzieren, auch in hochautomatisierten Fahrten äquivalent zu der Induzierung in manuellen Fahrstudien, wie Studie 1, funktioniert. So gab es 31 von 41 Probanden, die sich zum Ende des Versuches mit einer KSS von acht oder neun bewerteten, jedoch alle unterhalb dieses Müdigkeitsniveaus gestartet waren. Auf Basis der KSS-Rückmeldungen war der Großteil der Probanden in einem kritischen Müdigkeitszustand, als sie die abschließende Testsi- tuation mit der Kiste erlebten. Das Müdigkeitsniveau zu dieser Zeit war dabei signifikant 115 höher als in den vorausgehenden Testsituationen. Ein weiteres Indiz ist die hohe Zahl an Sekundenschlafereignissen bis zu diesem Zeitpunkt. Die subjektiv bewertete Müdigkeit zwischen den Vergleichsgruppen mit unterschiedlichen Abfrageintervallen und Startzei- ten war dabei nicht signifikant unterschiedlich. Das hohe Müdigkeitsniveau wurde zusätzlich durch die Rückmeldungen der Pro- banden in der Befragung nach der Fahrt bestätigt. In dieser gaben 28 der 41 Probanden an, sich nicht mehr für fahrtüchtig zu halten. Dies war unabhängig von Startuhrzeit oder Intervall zwischen den Reaktionsabfragen und bekräftigt die Unterteilung der Pro- banden mit unterschiedlichen KSS-Werten unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit. Von den Probanden, die sich zur Zeit der Kistensituation mit einer KSS von acht oder neun bewerteten, gaben sechs Probanden am Ende der Fahrt trotzdem an, fahrtüchtig zu sein. Gründe hierfür könnten sein, dass der Versuch abgebrochen wurde und die Pro- banden zur Zeit der Frage nicht mehr fuhren. Weitere Gründe könnten in der kurzen Interaktion mit dem Versuchsleiter, dem angeschalteten Licht im Raum oder dem Gang auf die Toilette vor Beginn der Beantwortung der Fragen der Nachbefragung liegen. Ebenfalls könnte die Rückmeldung dadurch beeinflusst gewesen sein, dass die Proban- den selbst im Anschluss an den Versuch heimfahren wollten und deshalb nicht zugeben wollten, wirklich fahruntüchtig zu sein. Alle Versuchsleiter legten den Probanden die kostenlose Möglichkeit ein Taxi zur Heimfahrt zu nutzen nahe, doch manche Proban- den nahmen das Angebot nicht an. Das Angebot erhielten die Probanden unabhängig ihrer Rückmeldungen zur Fahruntüchtigkeit. Die Motivation der Heimfahrt könnte auch dazu beigetragen haben, dass zehn Personen zugaben Sekundenschlafereignisse erlebt zu haben, aber trotzdem davon ausgingen, weiterfahren zu können. Da nicht spezifi- ziert wurde, ob die Weiterfahrt automatisiert oder manuell erfolgen sollte, könnte diese fehlende Spezifikation ebenfalls einen Einfluss auf die Rückmeldung gehabt haben. So wurde den Probanden in dem Versuch eventuell deutlich, dass sie trotz starker Fahr- beeinträchtigungen problemlos auf eine anspruchsvolle Fahrsituation reagieren konnten, was ihre Einschätzung im Bezug zur Fahrtüchtigkeit positiv beeinflusst haben könnte. Von den Probanden mit einer KSS kleiner als sieben gab es zwei Probanden, die sich trotz der niedrigen KSS nicht mehr für fahrtüchtig hielten. Ein Faktor hierfür könnte die Anspannung und Reaktion in der Testsituation mit der Kiste gewesen sein, durch die sie ihre Fahrtüchtigkeit im Anschluss eventuell anzweifelten. Auch wurde nicht explizit nach der Müdigkeit als Grund für die Fahruntüchtigkeit gefragt. Ebenfalls bot die Frage einen Interpretationsspielraum, da die hypothetische Weiterfahrt ohne Fahrtlänge oder Fahrtzeit abgefragt wurde. Die kurzen Reaktionszeiten bei den Rückmeldungen auf die Reaktionsabfragen über den gesamten Versuch zeigen, dass es den Probanden unabhängig von der Mü- digkeit nicht schwer fiel, eine Lenkradtaste auf Aufforderung zu drücken. Durch den langen Versuch könnten sich die Fahrer auf die Abfragen eingestellt haben, um auf diese wie im Schlaf zu reagieren. Dieser Gewöhnungseffekt wurde auch über Lokführer im Schienenverkehr (Lal, Lal, Fisher, Penzel & Agbinya, 2011) und in anderen vergleich- baren Versuchen berichtet (Peter, 1980). Interessant ist, dass die Probanden mit einem Intervall von 180 s zwischen zwei Abfragen nicht signifikant langsamer auf diese rea- gierten als die Probanden mit sechsmal häufigeren Abfragen. Ein Grund hierfür könnte 116 sein, dass die Kontinuität der Abfragen trotz der Verlängerung zu einer Vorkonditionie- rung und schnellen Reaktion führte. Erst kurz vor der Kistensituation gab es signifikant unterschiedliche Reaktionszeiten zwischen den Probanden mit unterschiedlichen Abfra- geintervallen. Ursache hierfür könnte sein, dass das Abfrageintervall von 180 s bei hohen Müdigkeitsniveaus zu lang für die Erwartung einer Aufforderung zur Bestätigung ist. Nahezu alle Probanden gaben an, dass die Reaktionsabfragen ihre Müdigkeit po- sitiv beeinflusst hatte und sie durch sie wacher waren. Dies und die geringen Effekte der Müdigkeit auf die Reaktionszeiten ist konsistent mit den Ergebnissen von Baulk, La Reyner und Horne (2001). So ist es möglich, dass durch die Abfragen weitere Se- kundenschlafereignisse oder längere Schlafphasen verhindert wurden. Eventuell hängen auch die sicheren Fahrzeugübernahmen im gesamten Versuch von den Abfragen ab, was auch L. Buck (1968) in seiner Studie schlussfolgerte. Da keine Unterschiede bei den un- tersuchten Fragestellungen zwischen den beiden verglichenen Intervalllängen gefunden werden konnte, scheint das zeitliche Intervall der Abfragen keinen signifikanten Einfluss gehabt zu haben. Die unterschiedliche Anzahl an Probanden in den einzelnen Gruppen, die die Kis- tensituation automatisch ausgelöst hatten, legt eine Abhängigkeit hinsichtlich des Ver- suchsbeginns und des Intervalls zwischen den Reaktionsabfragen nahe. Eine Erklärung für die höhere Anzahl an Probanden bei den 30 s Intervallen könnte die höhere Frequenz und größere Anzahl an Reaktionsabfragen sein. So wurden die Probanden mit 30 s In- tervallen sechsmal häufiger gebeten, die Reaktionsabfrage zu bestätigen. Dadurch ist die Chance eine Reaktionsabfrage zu verpassen ebenfalls um den Faktor sechs erhöht. Durch die niedrige Zahl an verpassten Abfragen bei den Probanden mit 180 s Intervallen konnte kein Indiz dafür gefunden werden, dass die höhere Gefahr des Einschlafens für diese Probanden durch längere unbelästigte Zeitabschnitte eine Auswirkung auf die er- folgreiche Rückmeldung von Reaktionsabfragen hatte. Eine weitere Erklärung, weshalb die Probanden mit einer höheren Abfragefrequenz die einzelnen Abfragen häufiger nicht bestätigten, könnte darin liegen, dass die Probanden es leid waren ständig gestört zu werden und deshalb absichtlich eine Fahrzeugübernahme herbeiführten. Dieser Effekt wurde in ähnlicher Form auch von Peter, Fuchs, Langanke, Meinzer und Pfaff (1983) als physiologischer Stress der konstanten Abfragen und nötigen Rückmeldungen beschrie- ben. Interessant ist, dass nur wenige Probanden die Reaktionsabfragen während der Fahrt verpassten zu bestätigen. Die Auswertung der Übernahmen zeigte, dass die ver- passten Reaktionsabfragen zum Teil beabsichtigt waren, da die Leute bereits die Hände am Lenkrad hatten. Bei den übrigen fünf Probanden gab es zwei Probanden, die Reak- tionszeiten auf die Übernahmeaufforderung von lediglich 120 und 320 ms hatten. Da die Reaktion so schnell war und sie ansonsten keine verpassten Reaktionsabfragen hatten, ist davon auszugehen, dass auch sie die Übernahme beabsichtigten oder lediglich zu spät bei der Rückmeldung waren und in dieser Bewegung anschließend das Lenkrad ergriffen. Von den übrigen drei Personen lösten zwei die Kistensituation auch durch eine verpasste Reaktionsabfrage aus. Die Übernahmezeiten dieser drei Probanden auf die Übernah- meaufforderungen nach Verpassen der Reaktionsabfrage liegen zwischen 1.5 und 3.7 s. Dies ist am besten mit den Reaktionszeiten der Kurvensituation vergleichbar, deren An- forderung sich mit denen einer verpassten Reaktionsabfrage ähnelte. Bei dem Vergleich 117 der Übernahmezeiten in der Kistensituation zeigte sich, dass die Übernahmezeiten in der Testsituation nicht signifikant von den Zeiten der Probanden ohne verpasste Reak- tionsabfrage vor Start der Testsituation abwichen. Dies legt den Schluss nahe, dass sich die Übernahmezeiten hauptsächlich am Start der Übernahmeaufforderung orientieren. So könnten der zugehörige Ton und die visuelle Aufforderung eine Signalwirkung ha- ben, die sogar Probanden anspricht, die auf Reaktionsabfragen nicht mehr fortlaufend reagierten. Die Übernahmeaufforderung könnte somit insgesamt trotz verpasster Reak- tionsabfrage die Reizschwelle der müden Probanden überschritten haben. Auch wenn es keinen Unterschied der subjektiven Müdigkeitsbewertungen zwi- schen den Probanden, die früh und spät starteten, gab, legt die häufigere Auslösung der Kistensituation den Schluss nahe, dass eine spätere Startuhrzeit zu einer Abnah- me der Fähigkeit führte, auf die Reaktionsabfragen zu reagieren. Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit den Ergebnissen einer Studie von Verhaegen und Ryckaert (1986). So fanden auch Verhaegen und Ryckaert eine erhöhte Anzahl an verspäteten Rückmeldun- gen auf Reaktionsabfragen von Lokführern zu denselben Uhrzeiten wie in Studie 2. Die vereinzelt auftretenden verspäteten Rückmeldungen führten dann in Studie 2 zu einer Auslösung der Kistensituation. Diese Zusammenhänge könnten durch den Einfluss des zirkadianen Rhythmus bedingt sein. Auch sind die KSS Stufen von acht oder neun even- tuell nicht detailliert genug zwischen weiteren Unterkategorien der müdigkeitsbedingten Fahruntüchtigkeit und ihrer Auswirkungen auf das Fahrerverhalten zu unterscheiden. Im Vergleich der Übernahmezeiten auf eine Übernahmeaufforderung zeigte sich ein Unterschied zwischen den verschiedenen Testsituationen, der so erwartet wurde. So er- griffen die Probanden in der Unfallsituation das Lenkrad am schnellsten. Aufgrund des sichtbaren Polizeiautos mit aktivem Blaulicht durch die Scheibe des vorausfahrenden Fahrzeugs war dies zu erwarten. Gleiches gilt für die frühzeitig sichtbare Pannensituati- on. Bei den Übernahmezeiten der anderen Testsituationen ist zusätzlich der Lerneffekt der Probanden zu beachten. So war die Reaktion in der Testsituation mit dem brem- senden Vorderfahrzeug allgemein am langsamsten. Da die Probanden die Bewertung ihrer Leistung in dieser Testsituation allgemein signifikant schlechter sahen als die Aus- führungen in den drei Folgesituationen, könnten sie die Zeit ihrer Reaktion angepasst haben. Speziell durch die Übernahmezeiten bei der letzten anspruchsvollen Testsituation zeigt sich, dass die Probanden die Fähigkeit einer schnellen Übernahme bei benötigter schneller Reaktion trotz hoher Müdigkeit abrufen konnten. Besonders an der geringen Standardabweichung und der kleinsten maximalen Reaktionszeit sieht man, dass es kei- ne Person gab, die sich lange Zeit bis zur Reaktion ließ. Dies unterscheidet sich von den vorhergehenden Testsituationen. Die weiteren Vergleiche zwischen den verschiedenen Intervallen der Reaktionsabfragen und der Startzeit des Versuches implizieren keinen Unterschied dieser Einflüsse auf die Übernahmezeiten und Bestätigen die Ergebnisse von Wimmer (2014, Kapitel 5). Die Ursache für die einzige Signifikanz zwischen den unterschiedlichen Intervallen bei der Unfallsituation könnte eher durch das Priming in der Testsituation und entsprechend frühe Reaktionen begründet sein. So hatten 12 der 20 Probanden, die angaben vorausschauend gehandelt zu haben ein Intervall von 30 s zwischen den Abfragen und lediglich acht ein Intervall von 180 s. Der Vergleich der Übernahmen zwischen den müden und wachen Versuchsperso- 118 nen zeigt, dass die subjektive Müdigkeit der Fahrer keinen signifikanten Einfluss auf die Reaktionsfähigkeit in Testsituationen hat. Dies bestätigt die Aussage von I. D. Brown (1994), dass Müdigkeit und Leistung nicht zwingend zusammenhängen. Dies unterschei- det sich von der Zunahme der Übernahmezeiten in Vigilanztests mit fortschreitender Versuchsdauer. Allerdings könnte es sein, dass es eine Zunahme in der Übernahmezeit und der Handlungszeit gab, die aufgrund eines fehlenden vergleichbaren Szenarios im wachen bzw. müden Zustand der Fahrer nicht messbar war. Anders als bei Vigilanztests gab es in der Studie 2 nur fünf Testsituationen, in denen der Proband wirklich gefordert war. Dies könnte dazu beigetragen haben, dass die Probanden die Fahrzeugübernahmen höher priorisierten und dadurch intuitiver und schneller als bei häufig aufeinanderfol- genden Abfragen reagierten. Im Gegensatz zu Vigilanztests oder allgemeinen Reaktionstests hat eine falsche oder späte Reaktion auf Übernahmen aus dem hochautomatisierten Fahren in Form ei- nes Unfalls ernste Folgen. Hierdurch erhöht sich die Anforderung zusätzlich. In allen fünf Testsituationen gab es unterschiedliche Verkehrssituationen. Dies könnte zusätzlich einer Gewöhnung und Langeweile der Probanden auf eine Reaktion von Abfragen anderer Art vorgebeugt haben. Bei der letzten Kistensituation kommt hinzu, dass das nahe Hinder- nis auf der Fahrspur der Probanden zusätzlich Adrenalin freigesetzt und den Probanden einen Energieschub gegeben haben könnte. Trotz des müden Zustandes könnte dies die Probanden kurzzeitig aus dem müden Zustand geholt und zu den gemessenen Reak- tionen befähigt haben. Zusätzlich möglich ist, dass sich die Probanden speziell auf die akustische und visuelle Aufforderung vor den Testsituationen verlassen und sich darauf eingestellt haben. Dieser Fokus könnte eine unbewusste und intuitive Reaktion ausgelöst haben, die dadurch schneller war. Zur Bewertung der anschließenden Handlung nach der Übernahme und Einschät- zung der Fahrleistung hinsichtlich einer guten und sicheren Übernahme wurde die deut- sche Straßenverkehrsordnung (StVO, 2016) als Referenz zum sicheren Abstand zu Objek- ten auf der Fahrbahn genutzt (siehe Kapitel 3.1). So war der Abstand zu allen Objekten auf der Strecke stets größer als gefordert. Bezüglich dem zeitlichen Abstand zu einem Vorderfahrzeug gibt die Straßenverkehrsordnung lediglich an, dass der Abstand so groß sein muss, dass angehalten werden kann wenn das Vorderfahrzeug plötzlich bremst. So gilt als allgemeine Faustformel außerhalb von Ortschaften: Abstand zum Vordermann gleich halber Tachowert. Aufgrund des dynamischen Flusses und der Dichte im realen Straßenverkehr ist es in der Praxis häufig nicht möglich, diese Faustformel während län- gerer Fahrten stets einzuhalten. So werden in der Realität höhere Durchfahrtszahlen von Fahrzeugen auf Fahrspuren gemessen, als es im Idealfall bei einem Sicherheitsabstand von zwei Sekunden geben sollte (Drösser, 2003). Zusätzlich scheren speziell bei Überhol- vorgängen häufig Fahrzeuge innerhalb des Sicherheitsabstandes ein und aus, ohne dass ein Fahrer dies beeinflussen kann. Aus den daraus häufig resultierenden Erfahrungen mit kleineren Abständen als zwei Sekunden auf Autobahnen wurde ein zeitlicher Abstand zum Vorderfahrzeug von zwei Sekunden nicht als Grenze zum sicheren und unsicheren Fahren gezogen. Hinzu kam, dass der zeitliche Abstand zum Vorderfahrzeug während des hochautomatisierten Fahrens 1.8 s betrug und deshalb bereits so ohne negative Fol- gen unterschritten wurde. Da der minimale Abstand zum Vorderfahrzeug im gesamten 119 Versuch 1.05 s betrug, ist diesbezüglich von einer sicheren Fahrzeugführung auszugehen. Bei der subjektiven Einschätzung der Testsituationen bestätigten die Probanden, dass die ersten vier Testsituationen eher eine geringe Kritikalität aufwiesen. Von den ersten vier Testsituationen wurde lediglich die erste Übernahme inklusive Bremssitua- tion schwieriger als die drei folgenden Übernahmen empfunden. Dies kann zum einen daran liegen, dass die Probanden von dem Bremsen überrascht wurden oder sich bei der Übernahme noch nicht so sicher waren. Dies wurde auch an der signifikant schlechteren Bewertung ihrer Leistung in dieser Testsituation deutlich. Ein Einfluss der Müdigkeit auf die Handlung konnte nicht gefunden werden. Die Auswertungen zeigten, dass das Gefühl von Sicherheit von den Probanden unterschiedlich wahrgenommen wird. So gab es keine signifikanten Differenzen im Abstand zum Vorderfahrzeug in der Bremssituation von den Probanden, denen der Abstand zu nah war, gegenüber den weiteren Probanden, die diesen als ausreichend empfanden. Aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen der Fahrer wurden die ersten vier Über- nahmen nicht an das Sicherheitsempfinden der Fahrer gekoppelt und jeweils als sicher eingestuft, da in diesen der Abstand zu den Objekten auf der Fahrbahn laut der Straßen- verkehrsordnung eingehalten wurde. Darüber hinaus wäre in keinem Fahrmanöver der Testsituationen eine Unterstützung eines Assistenzsystems (Antiblockiersystem, elek- tronisches Stabilitätsprogramm oder aktiver Bremsassistent) benötigt worden. Dies un- terstreicht die sichere Beherrschung des Fahrzeugs außerhalb des Grenzbereiches. Da in den ersten vier Testsituationen genau dies beabsichtigt war und diese hauptsächlich zum Lernen des Ablaufes in einer Testsituation ausgelegt und parametriert waren, ist dies nicht verwunderlich. Bei keinem der Gruppenvergleiche (unterschiedliche Startzei- ten und Abfrageintervalle) zeigte sich zudem ein signifikanter Unterschied. Im Hinblick auf die Kistensituation gab es einen signifikanten Unterschied des Zeitpunktes des Spurwechsels der Probanden in Abhängigkeit zum Zeitpunkt zu dem die Fahrt der Probanden begonnen hatte. Im Gegensatz hierzu gab es allerdings keinen signifikanten Unterschied der einzelnen Gruppen bei der ersten Reaktion auf die Auffor- derung zur Fahrzeugübernahme. Anders als beim Ergreifen des Lenkrades mussten die Probanden für den Spurwechsel die Straßensituation realisieren, ihre Reaktion planen und entsprechend eine angepasste Handlung ausführen. Der gesamte Entscheidungs- und Handlungsprozess ist von der individuellen Situationswahrnehmung und der Einstufung der Kritikalität der Testsituation abhängig und scheint bei der anspruchsvollen letzten Testsituation von der Startzeit des Versuches beeinflusst worden zu sein. Obwohl ein Großteil der Probanden, die die Kistensituation aufgrund einer verpassten Reaktionsab- frage auslösten ebenfalls in der Gruppe mit der späten Startuhrzeit fuhren, handelten diese in der Testsituation nicht signifikant später als die übrigen Probanden. Die spä- tere Handlung war nicht auf Probanden zurückzuführen, die sich selbst aufgrund einer hohen KSS als fahruntüchtig einstuften. Trotz der späteren Handlungen gelang es allen Fahrern auch in der Kistensituation sicher und gut anhand der beschriebenen Kriterien zu reagieren. Insgesamt wäre auch bei Fahrten auf der Straße keine Unterstützung durch ein Assistenzsystem durch Erreichen des physikalischen Grenzbereiches benötigt worden. Aufgrund der sicheren Übernahme kann nicht geschlussfolgert werden, ob die Probanden mit späterem Versuchsbeginn lediglich später reagiert haben, weil sie die Testsituation 120 richtig abschätzten und wussten, dass eine spätere Reaktion trotzdem ausreichend war. Erwartungsgemäß bewerteten die Probanden die Kistensituation im Vergleich zu den vier vorhergehenden Testsituationen insgesamt als anspruchsvoller. So wurde die zeitliche Anforderung der Handlung, Schwierigkeit und Kritikalität gegenüber allen an- deren Testsituationen als höher bewertet. Da die letzte Testsituation speziell hierfür ausgelegt war, bestätigt dies das Versuchskonzept. Betrachtet man die Rückmeldungen allerdings in absoluten Zahlen, so bewerteten die Probanden auch die letzte Testsitua- tion eher mit einer mittleren Schwierigkeit, Kritikalität und zeitlichen Handlungsanfor- derung. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Testsituation durch den frühen Eingriff der Probanden entschärft wurde und die Probanden dadurch den hohen Anspruch der Testsituation im Falle eines Ersteingriffes am Ende der Übernahmezeit nicht erlebten. Durch den Vergleich der Unfall- und Kistensituation zeigte sich, dass die Fahrer, die in der einen Testsituation schnell reagierten, nicht zwangsläufig die waren, die auch in der zweiten Testsituation schnell reagierten. Die negative Korrelation zwischen Übernahme und Handlungszeit deutet allerdings darauf hin, dass sich Personen mit der eigentlichen Handlung länger Zeit ließen, falls sie unter denen waren, die schneller übernahmen. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass diese Personen prinzipiell schneller reagieren und handeln könnten, die Testsituationen dies allerdings nicht erforderten. Dadurch ließen sich die Probanden für die Handlung eventuell absichtlich länger Zeit. Andere Proban- den, die später übernahmen, konnten nicht so viel Zeit verstreichen lassen und handelten folglich schneller. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass der grundsätzliche Entschei- dungsprozess zur Handlung auch bei den Probanden die schneller übernahmen, genauso lange dauerte wie bei den Probanden, die später übernahmen. So brachte die frühere Übernahme des Fahrzeugs eventuell keinen Vorteil für eine schnellere Handlung. Da prinzipiell kein Unterschied für die Handlungen der Probanden mit unterschied- lichen Intervallen zwischen Reaktionsabfragen gefunden wurden, könnte man das Inter- vall von 30 s im Schienenverkehr in Frage stellen. Dabei sollte beachtet werden, dass die Aufgabe des Zugführers anders ist, als die des Fahrers eines Fahrzeugs mit hochauto- matisiertem Fahren. So hat der Zugführer die Aufgabe die Schienen während der Fahrt durchgängig zu beobachten und nötigenfalls sofort zu reagieren. Auch sichern die kur- zen Abfrageintervalle im Schienenverkehr ab, dass der Zugführer nicht die Möglichkeit hat, den Führerstand während der Fahrt zu verlassen, um beispielsweise auf die Toilette oder ins Bistro zu gehen. Es ist schwieriger den Fahrzeugsitz eines Fahrzeugs zu verlas- sen als den Führerstand in einem Zug oder das Cockpit im Flugzeug. Gleichzeitig stellt das kurze Abfrageintervall sicher, dass ein Zug möglichst schnell zum Stillstand kommt, sobald der Zugführer ernsthafte Gesundheitsprobleme hat und auf die Abfragen nicht mehr reagiert. Anders als im Kraftfahrzeug sind in diesem Fall keine Assistenzsysteme aktiv. Diese Punkte unterscheiden sich grundlegend von der Zielsetzung der Abfragen im Führerstand eines Zuges und den Reaktionsabfragen im hochautomatisierten Fahren in Fahrzeugen. Ein Grund für die sichere Übernahme der Fahrer in dieser Studie könnte auch ge- wesen sein, dass die Probanden das Bedien- und Anzeigekonzept sehr gut verstanden hatten. Hierzu beigetragen hat sicher auch die Eingewöhnungsphase, in der die Pro- banden jede einzelne Funktion und Bedingung des Systems testen konnten und so das 121 Vertrauen in dieses verstärkten. Im Hinblick auf den hohen Anspruch der Testsituation gepaart mit einem hohen Müdigkeitslevel, war die sichere und gute Reaktion der Fahrer so nicht zu erwarten. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass Fahrer trotz hoher Müdigkeitslevel in der La- ge sind, entsprechende Situationen zu meistern. Insgesamt implizieren alle Handlungen, dass die Probanden trotz Müdigkeit in der Lage sind, für kurze Sequenzen sicher und gut auf unterschiedliche Situationen zu reagieren. Insgesamt deuten die Ergebnisse zu- dem darauf hin, dass die Häufigkeit der beiden Frequenzen der Reaktionsabfragen keinen Einfluss auf die Übernahmefähigkeit in vergleichbaren Testsituationen hat. 122 8. Lidschlagdetektion in Studie 1 und 2 5 Ausgehend von einer Analyse des Lidschlusses der Fahrer während des manuellen und hochautomatisierten Fahrens, sollten Unterschiede in der Verhaltensänderung während des automatisieren Fahrens unter Müdigkeit festgestellt werden. Dies sollte es ermögli- chen einen Ansatz für eine Klassifikation in reaktionsbereit und nicht reaktionsbereit zu liefern. Im Hinblick auf die Nutzung einer Lidschlagdetektion hierfür ist es notwendig, ein Verfahren und einen Algorithmus zu nutzen, die in beiden Fahrphasen den Öffnungs- grad der Augen gut erkennen. Diese Kombination ist notwendig, da es dem Fahrer in manchen Streckenabschnitten freigestellt ist, hochautomatisiert oder manuell zu fahren und es zusätzlich Fahrabschnitte gibt, in denen eine manuelle Fahrt des Fahrers nötig ist. In diesem Kapitel werden deshalb verschiedene Verfahren zur Lidschlagdetektion vorgestellt, die zur Auswertung der Studien 1 und 2 genutzt wurden. Als Grundlage wird zu Beginn eine eigene genaue Definition eines Lidschlages als Basis für die Bestim- mung der Detektionsgüte seiner Erkennung aufgezeigt. So muss festgelegt sein, welche Abläufe zwingend zu einem Lidschlag gehören und welchen Mindestabstand die Lider bei einem Lidschlag voneinander haben müssen. Erst im Anschluss können verschiedene Verfahren zur Lidschlagdetektion hinsichtlich ihrer Erkennungsleistung in Referenz zu den definierten Kriterien eingestuft werden. In einem weiteren Schritt wird die Genauigkeit der Lidschlagdetektion mit ver- schiedenen Verfahren verglichen und erläutert. Als Datenbasis für die Lidschlagdetektion dienen die Aufnahmen mit der EOG-Messtechnik und den Kameraaufnahmen mit dem Head-mounted Eye Tracker in Studie 1 und 2. Der Vergleich der beiden unterschiedlichen Messverfahren soll einen Überblick über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Messtechniken in unterschiedlichen Fahr- und Fahrerzuständen geben. Hierzu werden verschiedene Aufnahmefrequenzen des EOG-Signals (f1 und f2) und verschiedene kame- rabasierte Algorithmen verglichen. Da die Analyse der Fahrer während langer manueller und hochautomatisierter Fahrten das Ziel ist, soll eine möglichst optimale Detektion der Lidschläge in verschiedenen Müdigkeitszuständen der Fahrer eine gute Grundlage zur In- terpretation des Lidschlagverhaltens schaffen. Aus diesem Grund wird die Detektion von Lidschlägen in verschiedenen Fahrerzuständen (wach und müde) verglichen. Diese Er- gebnisse geben einen Anhaltspunkt darüber, welche Messverfahren und Auswertungen in zukünftigen Studien zum hochautomatisierten Fahren unter denselben Randbedin- gungen eingesetzt werden sollten, um das Fahrerverhalten optimal zu beobachten und 5Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Laarousi et al. (2017) veröffentlicht 123 den Lidschlag der Fahrer automatisiert zu bestimmen. Da die Erkennungsleistung von Lidschlagalgorithmen von anderen Forschergruppen während des hochautomatisierten Fahrens bisher nicht publiziert wurden, geben die Auswertungen einen zusätzlichen Hin- weis auf die Erkennungsleistung von Lidschlägen im direkten Vergleich zu bekannten Auswertungen in manuellen Fahrten. 8.1. Eigene Definition einer Lidbewegung als Lidschlag Aufgrund der großen Zahl an Einflussfaktoren (Rauschen, Umgebungsbedingungen, Stör- faktoren) auf die messtechnische Aufnahme ist es im Allgemeinen nicht möglich eine 100 %ige Erkennung von Lidschlägen in Aufzeichnungen eines Fahrers zu erzielen (siehe Kapitel 5.5). Aus diesem Grund sollte in Fahrstudien immer untersucht werden, wie hoch die Erkennungsleistung der eingesetzten Messtechnik in aktuellen oder vergleichbaren Aufnahmen zur durchgeführten Studie ist. Eine eindeutige Definition von Lidschlägen soll es im ersten Schritt möglich machen, Lidschläge für Verfahren zur Lidschlagdetek- tion zu labeln und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Bei der Analyse von Lidbewegungen eines Fahrers erkennt man bei detaillierten Auswertungen deutliche Unterschiede. In Abbildung 8.1 sind hierzu beispielhaft verschie- dene aufgezeichnete Phasen von vier Lidschlägen aus den Studien im Fahrsimulator zu sehen. Die Bilder zeigen das aufgenommene Bild des Auges jeweils in Intervallen von 40 ms. Alle vier Sequenzen beinhalten eine deutliche Schließbewegung der Lider in relativ kurzer Zeit, eine Phase mit verringertem Abstand zwischen oberem und unterem Lid und eine anschließende Phase, in der sich die Lider wieder öffnen bzw. voneinander ent- fernen. Im direkten Vergleich unterscheiden sich die vier Sequenzen allerdings stark im minimalen Abstand zwischen dem oberen und unteren Lid während der Lidbewegungen. Bei der Schließbewegung in Abfolge 1 von Abbildung 8.1 senkt sich das obere Lid, bis es fast das untere Lid berührt. In dieser Abfolge ist das obere Lid soweit gesenkt, dass die Pupille und die Iris des Probanden nicht mehr zu sehen sind. Trotzdem berührt das obere Lid das untere Lid in keinem der aufgezeichneten Bilder. In der Bildabfolge 2 senkt sich das obere Lid ähnlich weit und berührt ebenfalls nicht das untere Lid. Im Gegensatz zu Bildabfolge 1 ist die Blickrichtung des Probanden vor und nach der Lidbe- wegung allerdings nach unten gerichtet. Dadurch wird maximal die Pupille während der Lidbewegung verdeckt. Die Iris bleibt in der gesamten Abfolge sichtbar. In Bildabfolge 3 senkt sich das obere Lid nicht so weit wie bei den anderen beiden Lidbewegungen. Da- durch bleibt ein geringer Teil der Pupille in den Bildern der Kamera sichtbar. Ähnlich verhält sich dies in Bildabfolge 4, in der der verdeckte Teil der Pupille allerdings kleiner ist als in den anderen zuvor beschriebenen Lidbewegungen. Die vier Bildabfolgen verdeutlichen die starken Unterschiede bei Lidbewegungen in Zusammenhang mit Lidschlägen und dem Verdeckungsgrad von Iris und Pupille. Eine teilverdeckte Pupille während eines Lidschlages wurde bereits in anderen Untersuchun- gen beobachtet (Kennard & Glaser, 1964; Kennard & Smyth, 1963). Je nach Definition der Lidschlagdetektion durch verschiedene Forschergruppen werden so eventuell signi- fikante Lidbewegungen ausgeschlossen, die andere Forscher zur Algorithmenevaluation 124 Abbildung 8.1.: Vier Bildverläufe zu Lidbewegungen hinzuziehen. Speziell bei der Untersuchung des Müdigkeitszustandes eines Menschen könnte eine eindeutige Kategorisierung von Lidschlägen je nach Lidspalte zusätzliche Indizien liefern. So stellten W. O. Lee et al. in einer Studie fest, dass „ältere Männer ihre Lider selten gesamt schlossen“ (W. O. Lee et al., 2010, S. 368). Die Häufigkeit und die Unterschiede zu Lidschlägen mit Lidberührungen wurde in der Studie von W. O. Lee et al. allerdings nicht quantifiziert. Eine Aufteilung der Lidschläge je nach Lidspalten- abstand und ein Vergleich mit weiteren Faktoren, wie dem Müdigkeitszustand der Pro- banden, wurde auch in weiteren Untersuchungen nicht durchgeführt. Vergleicht man die Definitionen für Lidschläge aus Kapitel 5.5 mit Ergebnissen von Untersuchungen zum Verlust der Sicht und visuellen Reizwahrnehmung, so sollte nicht nur eine vollständig verdeckte Pupille als Lidschlag interpretiert werden. Wibbenmeyer, Stern und Chen (2009) untersuchten in einer Studie, ab welcher Lidstellung zehn Pro- banden die Außenwelt nicht mehr visuell wahrnahmen. Hierzu wurden die Probanden angewiesen, bei einem akustischen Signal einen willentlichen Lidschlag so schnell wie möglich auszuführen. Gleichzeitig hatten sie die Aufgabe im Nachhinein an den Lid- schlag anzugeben, welche Zahl sie in einem zu beobachtenden Bildschirm gesehen hatten, ob in diesem nichts angezeigt wurde oder sie nicht genau sagen konnten was angezeigt wurde. Die Anzeige wurde dabei zeitlich nah zum Start des akustischen Signals geän- dert. In der Studie konnten die Probanden bereits ab einem Zeitfenster von 60 - 70 ms vor dem Minimum im aufgenommenen Lidschlagsignal nicht genau sagen, was in dem Bildschirm zu sehen war. Als Bezugspunkt für den Lidschlag wurde das lokale Minimum einer Spannungsänderung in einem EOG Signal nach der Aufforderung zum Lidschlag benutzt. Obwohl die Studie keine Aussage über die reale Position des Lids in dem Zeit- fenster liefert, legen die Ergebnisse eine Ausblendung der visuellen Reize der Außenwelt trotz einer Sichtbarkeit der Pupille von außen nahe. So ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Pupille 60 - 70 ms vor dem Minimum im EOG Signal noch zu sehen war, da die 125 Abbildung 8.2.: Die Unterteilung in vier Augenbereiche Probanden die Aufgabe hatten so schnell wie möglich zu blinzeln. Diese Aufgabe lässt eine relativ schnelle Lidschließphase vermuten. Dies bestätigt Ergebnisse aus der Studie von Volkmann, Riggs, Ellicott und Moore (1982), die ebenfalls feststellten, dass insbe- sondere während der Lidschließphase bereits visuelle Reize blockiert werden. Auf Basis der Studie von Karson et al. (1981) mit einer mittleren Lidschlagdauer von insgesamt 200 ms und der Kenntnis, dass die Schließdauer allgemein schneller als die Öffnungsdauer ist (Collewijn et al., 1985, Hargutt, 2003, Kapitel 7, Meinold, 2005, Kapitel 6) sollte die Schließphase deutlich weniger als 100 ms betragen. Aus diesem Grund kann man schluss- folgern, dass im Gehirn eine visuelle Information bereits fehlt, sobald eine Person eine Bewegung der Lider vor einer Pupillenverdeckung startet. Obwohl ein Nachweis dieser Ergebnisse in spontanen Lidschlägen nicht überprüft werden kann, wird angenommen, dass die Ergebnisse auch auf diese Form des Lidschlages übertragbar sind. Als Referenzpunkte für den Lidschlag und seine richtige Erkennung mit einem Al- gorithmus zur Lidschlagdetektion, wurden deshalb die Mitte und der Rand der Pupille im aufgenommenen Bild des Auges genutzt. Hiermit wurde das Auge während eines Lid- schlages in vier Regionen unterteilt (Abbildung 8.2). Um als Lidschlag zu gelten, musste eine Lidbewegung folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Die Lidspalte musste zu Beginn der Lidbewegung schrittweise kleiner werden, ein lokales Minimum erreichen und wieder größer werden. 2. Das obere Lid musste die Pupille bei einer Lidbewegung so stark verdecken, dass die Sicht des Probanden zum Großteil eingeschränkt ist. Dies ist sicher der Fall, wenn die untere Kante des oberen Lids die Region R1 oder R2 (siehe Abbildung 8.2) erreicht. 3. Die Pupille musste zu Beginn und Ende der Lidbewegung vollständig oder zum größten Teil sichtbar sein. Das obere Lid musste sich deshalb in R4 oder R3 befin- den. Bei der algorithmischen Detektion von Lidschlägen sollte das detektierte Fenster, in dem ein Lidschlag vom Algorithmus prognostiziert wurde, ein Bild des Auges mit dem oberen 126 Lid in den Regionen R1 oder R2 enthalten. Auf Basis der Untersuchungen zu Lidschlägen wurde dabei angenommen, dass eine fehlende visuelle Information an das Gehirn auch ohne vollständige Pupillenverdeckung vorliegt. Aus diesem Grund wurden Lidschläge in dieser Arbeit auch als Lidbewegungen ohne komplette Verdeckung der Pupille eingestuft (Region R2). Als Kriterium für einen Lidschlag wurde lediglich eine Verdeckung der Pu- pille von mehr als 50 % genutzt, da so der Großteil der Informationen im Bereich der Fovea Centralis auf der Retina und somit des scharfen Sehens unterdrückt ist. Damit die Detektion eines Algorithmus auch als wirklicher Lidschlag gelabelt wur- de, sollte der exakte Start und Ende des Lidschlages nicht detektiert werden und lediglich zusätzlich die oben beschriebenen Kriterien eins und drei erfüllt werden. Grund hierfür ist, dass der genaue Beginn und das Ende eines Lidschlages schwierig festzustellen und zu definieren sind. Details hierzu sind in Kapitel 5.2 und 5.5 erläutert. In Abhängigkeit der geringsten Lidspalten während einer Lidbewegung, wurden detektierte Lidschläge in zwei Gruppen unterteilt. Lidbewegungen, in denen das obere Lid bis in die Region R1 kam, werden im Folgenden Aa, Lidbewegungen, in denen das obere Lid lediglich R2 erreicht hatte werden Ab genannt. Alle detektierten Lidbewegungen eines Algorithmus, die die drei geschilderten Kri- terien eines Lidschlages nicht erfüllen, wurden wiederum in weitere Unterkategorien unterteilt: Ac Alle Lidbewegungen, in denen das obere Lid im Zeitraum zwischen detektiertem Start und Ende der Lidbewegung lediglich in der Region R3 war, wurden als Ac kategorisiert. Ad Alle Lidbewegungen, die Kriterium zwei erfüllten, jedoch die Bedingungen eins und drei nur innerhalb eines zusätzlichen Zeitfensters vor und nach dem detektierten Start und Ende des Algorithmus erfüllten, wurden in diese Kategorie unterteilt. Hierzu musste zusätzlich folgende Bedingung erfüllt sein: 4.: Die Bedingungen eins bis drei mussten alle innerhalb des detektierten Zeitfens- ters durch den Algorithmus inklusive 200 ms vor und nach dessen detektiertem Start und Ende erfüllt sein. Ae Alle Lidbewegungen, in denen das obere Lid innerhalb des detektierten Starts und Ende in der Region R1 oder R2 waren, allerdings die Zusatzbedingung vier nicht erfüllten, wurden in diese Kategorie unterteilt. Af Alle anderen Lidbewegungen, die in keine der bisher erwähnten Kategorien ein- geteilt werden konnten, wurden in dieser Kategorie als Lidbewegungen ohne Lid- schlagbezug zusammengefasst. 8.2. Lidschlagdetektion auf Basis von EOG-Aufnahmen EOG ist eines der meistgenutzten Lidschlagdetektionsverfahren (Meinold, 2005, Kapi- tel 4) und wurde deshalb neben den Kameraaufnahmen als zusätzliche Messtechnik zur 127 Fahrerbeobachtung eingesetzt. Abbildung 8.3 zeigt hierzu beispielhaft den Signalverlauf eines Lidschlages im aufgezeichneten EOG-Signal (zwischen Sekunde 0.1 und 0.7). 400 300 200 100 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Zeit in s Abbildung 8.3.: Signalverlauf eines Lidschlages im EOG-Signal Aufgrund seiner verbreiteten Anwendung und der guten Detektionsraten in Studien mit manuellen Fahrten (Ebrahim, 2016, Kapitel 5, Jammes et al., 2008), sollte die Lidschlag- detektion auf Basis von EOG genaue Informationen zum Lidschlagverhalten ermögli- chen. Wegen der guten Ergebnisse mit der genutzten manuellen Fahrstudie für wache und müde Probanden in Studie 1, kam das von Ebrahim et al. entwickelte Lidschlag- detektionsverfahren zum Einsatz. Der Algorithmus zur Auswertung der EOG-Signale bestand grob aus folgenden Schritten: 1. Die Ableitung des vertikalen EOG-Signals wurde mit einem Schwellwert verglichen, um Phasen mit hohen Amplituden im Spannungssignal zu detektieren. 2. In der Ableitung des vertikalen EOG-Signals wurde nach einer Abfolge von drei Vorzeichenwechseln gesucht, die (1) im Zusammenhang mit dem Start des Lidschla- ges, (2) dem Maximum im Signal während des Lidschlusses und (3) dem Ende der Öffnungsphase auftreten. 3. Auf Basis von Schritt zwei wurde das Minimum zwischen der Differenz von ers- ter und zweiter Nullstelle und der zweiten und dritten Nullstelle der Werte im vertikalen EOG- Signal ermittelt. 4. Alle Minima aus Schritt drei wurden normalisiert und mit einem 3-means Cluster Algorithmus in drei Gruppen unterteilt. 5. Die Minima, die sich in der Klasse mit den höchsten Spannungswerten befanden, wurden als Lidschläge in der wachen Phase klassifiziert. Alle Werte in der mittleren der drei Gruppen wurden als Lidschläge in der müden Phase klassifiziert. Als Grund für die geringeren Differenzen der Spannungswerte in der dritten Klasse kamen Sakkaden und lange Lidschlüsse in Frage. 6. Für alle Minima aus Schritt drei, die die geringsten Spannungsdifferenzen der drei Gruppen im vorhergehenden Schritt hatten, wurde die Amplitude zwischen Start 128 Spannungsdifferenz in µV und Ende der Detektionen berechnet. Diese Amplituden wurden anschließend mit einem 2-means Cluster Algorithmus geteilt, um Sakkaden von langen Lidschlüssen zu trennen. Falls es nicht möglich war, die Amplituden in zwei Klassen zu tei- len, wurden die Amplituden auf Basis des 95. Perzentils aller Amplituden in zwei Gruppen geteilt. 7. Die Amplituden des Spannungssignals zwischen Beginn und Ende aller potentiel- len Lidschläge wurden mit einem 2-means Cluster Algorithmus in zwei Gruppen unterteilt, um Lidschläge zu unterscheiden, die gekoppelt mit Sakkaden oder ohne Blickwechsel stattfanden. 8. Horizontale Sakkaden wurden äquivalent zu Schritt eins auf Basis des horizontalen EOG-Signals detektiert und die Detektionen aus der Menge potentieller Lidschläge ausgeschlossen. Eine detaillierte Beschreibung und Hintergründe zum Vorgehen innerhalb der einzelnen Schritte sind in der Veröffentlichung von Ebrahim et al. (2013) beschrieben. 8.3. Bildverarbeitung der Videos des Head-mounted Eye Trackers Die Lidschlagdetektion mit Hilfe des Head-mounted Eye Trackers besteht im Gegensatz zur Detektion mit EOG durch die Bildverarbeitung aus einem zusätzlichen Schritt. Dies erhöht zum einen die Komplexität, bietet allerdings auch die Möglichkeit, Lidschläge über unterschiedliche bildverarbeitende Ansätze zu detektieren. Durch die Aufnahmen des Eye Trackers, die beispielhaft in Abbildung 8.1 zu sehen sind, liegen sehr hochauf- gelöste Ausgangsbilder vor. Positiv ist zusätzlich, dass die Lidschlagdetektion durch das Tragen der Kamera auf einem Brillengestell nicht durch Kopfbewegungen des Trägers beeinflusst wird. Hinzu kommt, dass die Augenregion im Gegesatz zu einem Remote Eye Tracker nicht aus einem Ausgangsbild der Aufnahme des gesamten Gesichts detektiert werden muss. Als Basis für die Lidschlagdetektion mit Hilfe des Head-mounted Eye Trackers kamen insgesamt drei bildverarbeitende Verfahren zum Einsatz. Diese lieferten jeweils ein Ausgangssignal für die weitere Signalanalyse. Die drei Bildverarbeitungsalgorith- men wurden alle auf Basis von aufgenommenen Kamerabildern des Head-mounted Eye Trackers Dikablis von der Forschergruppe für Technische Informatik an der Universität Tübingen entwickelt. Da in den Studien 1 und 2 ebenfalls dieselbe Messtechnik einge- setzt wurde und in der Beschreibung der bildverarbeitenden Verfahren gute Ergebnisse berichtet wurden, bot sich eine Verwendung dieser Algorithmen an. Zusätzlich wurden von der Forschergruppe bei der Entwicklung und zum Test Bilder aus realen Fahrstudien verwendet, was dem eigenen Anwendungsfall mit Fahrten im Fahrsimulator nahe kam. 129 Verfahren zur Detektion der Lidspalte Eines der eingesetzten Verfahren zur Bildverarbeitung wurde von Fuhl et al. (2016) entwickelt. Ziel des Verfahrens ist es, einen Wert für die Größe der Lidspalte in einem aufgenommenen Bild des Auges zu detektieren. Zur Lidspaltendetektion wird folgende Vorgehensweise genutzt: 1. Umskalierung des Bildes unter Berücksichtigung dunkler Bildabschnitte zur Re- duktion von Rauschen und Rechenleistung. 2. Filterung des Bildes und Ausgabe einer Likelihood-Karte für die Position der Au- genlider. 3. Detektion der Kante des oberen und unteren Lides. 4. Curve-Fitting der oberen und unteren Kante mit einer Bézier Kurve und den End- punkten der gegenüberliegenden Kante als Kontrollpunkte. 5. Berücksichtigung eines Smearing-Artefakts und Kombination der Kurven durch eine Ellipsendetektion. 6. Berechnung des Nebenscheitels der Ellipse. Der berechnete Nebenscheitel entspricht der geschätzten Lidspalte zum Zeitpunkt des aufgenommenen Bildes. Der Wert der Lidspalte wird dabei in Relation zur Auflösung des Kamerabildes in Pixeln ausgegeben. Die Höhe eines sehr weit geöffneten Auges im Video der Augenkamera hatte dabei etwa eine Größe von 144 Pixel. In einem Vergleich mit einem weiteren Verfahren von Y. Lee, Micheals, Filliben und Phillips (2013) konnte von Fuhl et al. gezeigt werden, dass der Fehler bei der Schätzung der Lidspalte in einem Ver- gleich von 1100 Bildern um bis zu 40 % reduziert ist. Für eine ausführliche Beschreibung des eingesetzten Verfahrens wird auf die Veröffentlichung von Fuhl et al. (2016) verwie- sen. Im Folgenden wird das resultierende Signal aus der Bildverarbeitung zur Angabe der Größe der Lidspalte L1 genannt. Abbildung 8.4 zeigt beispielhaft den Signalverlauf desselben Lidschlages im Bereich 0.1 bis 0.7 s wie Abbildung 8.3 im L1-Signal. Zu beach- ten ist, dass der Signalwert trotz geschlossenen Lides in diesem Fall nicht 0 Pixel wird. Grund hierfür ist, dass die Bildverarbeitung bei geschlossenen Lidern Schwierigkeiten hat, die Kante des oberen und unteren Lides zu detektieren, weshalb Lidschläge häufig nicht einen Lidabstand von 0 Pixeln erreichen. Verfahren zur Detektion der Pupille Das zweite Verfahren zur Bildverarbeitung wurde von Fuhl, Kübler, Sippel, Rosenstiel und Kasneci (2015) entwickelt. Ziel des Verfahrens war es, die Position, Größe und Existenz der Pupille im Kamerabild zu detektieren. Hierzu wurden folgende Teilschritte genutzt: 130 100 80 60 40 20 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Zeit in s Abbildung 8.4.: Signalverlauf eines Lidschlages im L1-Signal 1. Normalisierung und Analyse des Grauwerthistogramms zur Detektion eines dunklen Bereiches im Kamerabild. 2. Falls das Histogramm ein eindeutiges Maximum im Grauwerthistogramm enthielt, wurde weiter wie folgt vorgegangen: 3. Filterung des Bildes mit einem Kantenfilter (Canny, 1986). 4. Ausschluss aller Pixel im gefilterten Bild, die nicht auf einer längeren Linie mit mehr als ein Pixel Dicke oder einer Krümmung lagen. 5. Ausschluss einzelner Linien und Separierung der übrigen Linien durch Prüfung des Winkels in den Schnittpunkten. 6. Verbindung einzelner Linien mit umliegenden Linien und Ausschluss gerader Linien durch Berechnung des geometrischen Schwerpunktes. 7. Auswahl der längsten Linie, die an der Innenseite ihrer Kurvenform den geringsten euklidischen Abstand zum geometrischen Schwerpunkt des dunkelsten Bereiches im Kamerabild aufwies. 8. Ellipsendetektion auf Basis der Linie aus dem vorhergehenden Schritt mit der Direct Least Square Methode. Wurde im Histogramm nach dem ersten Schritt kein einzelnes, eindeutiges Maximum gefunden, wurde ein alternatives Vorgehen gewählt: 2b. Separierung der dunklen Bereiche mit Hilfe eines Schwellwertes für die Grauwerte der Pixel. 3b. Analyse der Separierungen mit der Angular Integral Projection Function (AIPF; Mohammed, Hong & Jarjes, 2012) und Berechnung von vier jeweils 45◦ zueinander gedrehten Linien. 4b. Wahl der Mitte der Pupille als Schnittpunkt zweier orthogonaler Linien oder als Mitte zwischen mehreren Schnittpunkten. 131 Lidabstand in Pixel 5b. Wurde mindestens ein Schnittpunkt gefunden, so wurden die Grauwerte in der lokalen Umgebung untersucht und je nach Verteilung die geschätzte Position der Pupillenmitte angepasst. 6b. Separierung eines lokalen Bereiches um die geschätzte Pupillenmitte mit Hilfe eines von Schritt 2b. abweichenden Schwellwertes. 7b. Berechnung des Randes der Fläche aus dem vorhergehenden Schritt. 8b. Anwendung der Schritte drei bis fünf. 9b. Schnittpunktberechnung zwischen vier Linien auf Basis der geschätzten Pupillen- mitte und der Kante aus Schritt 8b. 10b. Ellipsendetektion mit Hilfe des Ergebnisses aus Schritt 9b. Die Schritte 2b. - 10b. wurden ebenfalls ausgeführt, wenn das Ergebnis der Ellipsende- tektion nicht zu dem Ergebnis der Analyse des Grauwerthistogrammes in den Schritten zwei bis sieben passte. Konnten mit dem alternativen Weg bei Schritt 4b keine Schnitt- punkte in den einzelnen Analyserichtungen gefunden werden, so wurden die Schritte zwei bis sieben durchgeführt. Führte keine der beiden Analysewege zu einer Detektion der Pupille, so wurde eine aktuelle Verdeckung der Pupille durch das Lid angenommen. Auf Basis der Pupillendetektion kann mit dem Algorithmus die Position der Pupillenmitte im Kamerabild, die Höhe und Breite der Pupille sowie die Rotation der Ellipse ermittelt werden. Zusätzlich gab ein Signal an, ob die Pupille und Pupillengröße detektiert wurde oder nicht. In einem Vergleich des Algorithmus auf Basis von 39000 Bildern mit zwei weiteren Verfahren (Li, Winfield & Parkhurst, 2005 und Świrski, Bulling & Dodgson, 2012) konnte eine deutlich bessere Detektion der Pupille gezeigt werden. Weitere Einzel- heiten zu dem Verfahren sind in der Veröffentlichung von Fuhl et al. (2015) beschrieben. Das binäre Signal des Algorithmus, das angab, ob die Pupille oder Teile dieser erkannt wurden, wird im Folgenden L2 genannt. Helligkeits- und bewegungsbasiertes Verfahren Das Verfahren von Appel et al. (2016) nutzte als Basis für eine Lidschlagdetektion die Helligkeit und deren Änderung im Kamerabild der Augen. Folgendes Vorgehen wurde dabei angewendet: 1. Von jedem Einzelbild wurde ein Grauwert auf Basis eines festen Perzentilwertes Pw und der Grauwerte der Einzelpixel berechnet. So wird beispielsweise bei einer Wahl von Pw = 50 der Median der aktuellen Grauwerte aller einzelnen Pixel be- rechnet. Entsprechend berechnet Pw = 0 oder 100 den minimalen bzw. maximalen Grauwert im aktuellen Bild. 2. Die einzelnen Aufnahmen des Auges wurden verzerrt, um Rauscheinflüsse zu mi- nimieren. 132 3. Jedes einzelne Pixel zwischen zwei aufeinanderfolgend Bildern wird verglichen und die absolute Änderung der Grauwerte der einzelnen Pixel berechnet. Anschließend wird die Summe der absoluten Änderungen aller einzelnen Pixel zwischen zwei Bildern gebildet. Durch diese Schritte entstanden zwei Signale, die den Zustand der Helligkeit im Bild und die Zustandsänderung dieser im Kamerabild beschreiben. Das Signal basierend auf der Perzentilberechnung aus Schritt eins wird im Folgenden L3 und das zur Helligkeits- änderung aus Schritt drei L4 genannt. 8.4. Lidschlagdetektion mit Verfahren aus der Literatur Alle vorgestellten bildverarbeitenden Verfahren lieferten die Ausgangssignale L1, L2, L3 und L4, die zur Detektion von Lidschlägen verwendet werden können. Im Gegensatz zum Signal L1 des ersten Verfahrens können Lidschläge mit einer Analyse der anderen Signale lediglich indirekt erkannt werden. Durch die direkte Messung der Augenöffnung steht das Signal des ersten Verfahrens somit ebenfalls im Gegensatz zur Detektion von Lidschlägen mit dem Spannungssignal bei EOG, da Lidschläge mit EOG ebenfalls nur indirekt detektiert werden können. Mit Hilfe einfacher signalverarbeitender Verfahren wie der Nutzung eines Schwell- wertes war es nicht möglich, Lidschläge bei verschiedenen Probanden mit den Signalen L1, L2, L3 und L4 zu erkennen. Grund hierfür könnten Signalrauschen, fehlerbehaftete Detektionen der Algorithmen und hohe inter- und intraindividuellen Unterschiede bei den Probanden sein. Aus diesem Grund war eine verbesserte Signalverarbeitung notwen- dig. In einem ersten Schritt wurden hierzu mehrere signalverarbeitende Verfahren aus der Literatur implementiert. Verfahren von Bergasa et al. Das Ziel von Bergasa et al. (2006) war es, Lidschläge von Fahrern zu detektieren. Hierzu extrahierten sie die Augenregion eines Fahrers in einem Kamerabild. In diesem Bild- ausschnitt detektierten sie die Form der Pupille durch eine Ellipsendetektion. Mit Hilfe des Verhältnisses zwischen Neben- und Hauptachse entstand ein Signal, dass den Ver- deckungsgrad der Pupille beschrieb. Darüber hinaus wurde mit einem binären Signal aufgezeichnet, ob die Pupille erkannt wurde oder nicht. Da die Pupille aufgrund der Position der Augenkamera des Head-mounted Eye Tracker in den eigenen Studien auch ohne Verdeckung der Pupille fast nie ein Verhältnis von eins zwischen Halb- und Ne- benachse hatte, wurde eine Bildverarbeitung zur Erzeugung dieses Signals nicht imple- mentiert. Mit den Signalen L1 und L2 wurden stattdessen äquivalente Ausgangssignale genutzt. Zur Lidschlagdetektion auf Basis der beiden Signale wurde der von Bergasa et al. (2006) vorgestellte Zustandsautomat genutzt. Je nach aktuellem Signalzustand wird die Position und Sichtbarkeit des Auges in sechs Zustände kategorisiert. Mit Hilfe der Zeitpunkte des Überganges zwischen zwei Zuständen (Closing state bzw. Opening state zu Tracking OK, siehe Bergasa et al., 2006) kann anschließend der Beginn und das Ende 133 eines Lidschlages bestimmt werden. Für den Übergang zwischen einzelnen Zuständen im Zustandsautomat nutzen Bergasa et al. (2006) 80 % geschlossene bzw. geöffnete Augen. Da nicht klar definiert ist, wann ein Auge komplett offen bzw. geschlossen war, wurden komplett geöffnete Augen vereinfacht als Durchschnittswert aller Werte oberhalb des 94 %-Perzentils des L1-Signals in einem Intervall von zwei Minuten berechnet. Komplett geschlossene Augen entsprachen dem 2 %-Perzentil des L1-Signals. Entsprechend wurden die Schwellwerte von 80 % geschlossenen bzw. geöffneten Augen mit Hilfe dieser zwei Werte bestimmt. Für weitere Details zum Zustandsautomat und den Übergängen wird auf die Beschreibung von Bergasa et al. (2006) verwiesen. Verfahren von Sukno et al. Für ihre Lidschlagdetektion mit einem Remote Eye Tracker nutzten Sukno et al. (2009) den Abstand von Landmarks auf dem oberen und unteren Lid. Der Abstand der Land- marks beider Augen wurde gemittelt und bildete ein Signal äquivalent zu L1. Zur Lid- schlagdetektion wurde anschließend wie folgt vorgegangen: 1. Der Lidabstand wurde in einem Zeitfenster mit drei Quantilen (25, 50 und 75 %) unterteilt. In dieser Studie wurde als Zeitfenster zwei Minuten gewählt. Die drei Werte, die diese Quantile unterteilen, werden im Folgenden Q1, Q2 und Q3 genannt wobei Q3 < Q2 < Q1 gilt. 2. Zur Bestimmung von Lidschlägen wurde Aout = Q3 - 1.5·(Q1 - Q3) gebildet. 3. Der Mittelwert A100 aller Extrema unterhalb von Aout wurde ermittelt. 4. A80 = 0.8·(Q2 - A100) wurde berechnet. 5. Aus der Menge aller Extrema aus Schritt drei wurden alle Werte unterhalb von A80 entfernt und als detektierte Lidschläge gewertet. 6. Schritt drei, vier und fünf wurden iterativ mit den Extrema wiederholt, die nicht als detektierte Lidschläge gewertet wurden. Die Iteration wurde fortgesetzt, bis in Schritt fünf kein weiteres Extremum als Lidschlag gewertet wird. Für weitere Details zu den einzelnen Schritten wird auf die Beschreibung von Sukno et al. (2009) verwiesen. Als Start und Ende eines Lidschlages wurden die Schnittpunkte mit Aout genutzt. Verfahren von Appel et al. In der Veröffentlichung von Appel et al. (2016) wurde neben der Beschreibung zur Er- mittlung von L3 und L4 ebenfalls ein Verfahren zur Lidschlagerkennung auf Basis dieser beiden Signale vorgestellt. Anders als die beiden Verfahren von Bergasa et al. (2006) und Sukno et al. (2009) basierte die Lidschlussdetektion nicht auf einem deterministischen Ansatz. Stattdessen wurde ein Random Forest Klassifikator (Ho, 1995) trainiert, um Lidschläge aufgrund einer gelernten Signalcharakteristik in den Signalen zu erkennen. Das Vorgehen war dabei wie folgt: 134 1. Ein Labelling Experte markierte Lidschläge in einem Video der Augenkamera. 2. Der Random Forest Klassifikator mit 100 Bäumen wurde mit mehreren Signal- abschnitten einer festen Framelänge fl des Signals L3, L4 und der gelabelten In- formation, ob ein Lidschlag in den Abschnitten vorliegt oder nicht, trainiert. Die Anzahl der Signalabschnitte mit Lidschlägen war beim Training dabei gleich groß wie die Anzahl der Abschnitte ohne Lidschläge. Der Perzentilwert Pw des Signals L3 wurde hierzu für alle Signalabschnitte auf einen festen Wert zwischen fünf und 90 gesetzt. Dem trainierten Klassifikator konnte nach dessen Training ein Signalabschnitt derselben Länge fl übergeben werden. Für diesen gab der Klassifikator einen Wert zur Einschät- zung eines Lidschlages zwischen 0 und 1 aus, wobei 1 ein sicher klassifizierter Lidschlag ist. Das resultierende Signal wird im Folgenden L5 genannt. Abbildung 8.5 zeigt beispiel- haft den Signalverlauf desselben Lidschlages wie in Abbildung 8.3 und 8.4 im Bereich 0.1 bis 0.7 s im L5-Signal. Speziell die Lidschließ- und öffnungsphase hatten einen hohen Klassifikationswert. 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Zeit in s Abbildung 8.5.: Signalverlauf eines Lidschlages im L5-Signal 8.5. Test der Lidschlagdetektion mit den Verfahren aus der Literatur Alle genutzten Detektionsverfahren für Lidschläge aus der Literatur (Appel et al., 2016; Bergasa et al., 2006; Ebrahim et al., 2013; Sukno et al., 2009), berichten über sehr gu- te Erkennungsraten mit Hilfe ihrer Verfahren. Die Forschungsergebnisse der einzelnen Arbeiten sind in Kapitel 4 beschrieben. In keiner der Veröffentlichungen zu den Algo- rithmen ist allerdings die Definition der gelabelten Lidschläge und die Kategorisierung in wahre Lidschläge und falsche Detektionen detailliert beschrieben. Dadurch sind die Detektionsraten in den durchgeführten Tests der Forscher lediglich als Indiz für die Per- formance in den eigenen Aufnahmen und der detaillierten Lidschlagdefinition in dieser Arbeit zu sehen. Da die Datenbasis und Anwendung der Algorithmen in dieser Studie zudem anders als in den vorgestellten Veröffentlichungen ist, wurden die unterschied- lichen Verfahren mit eigenen Aufnahmen getestet. Durch die Nutzung der Messdaten 135 Klassifikationswert eines Lidschlusses von verschiedenen Fahrmodi (hochautomatisiertes und manuelles Fahren), unterschied- lichen Aufnahmefrequenzen (f1 gegenüber f2), unterschiedlichen Fahrerzuständen (müde gegenüber wach) und Algorithmen auf Basis unterschiedlicher Aufnahmetechniken und Signalverarbeitungen (EOG gegenüber mehreren kamerabasierten Verfahren), wurden verschiedene Fahrabschnitte aus den Studien 1 und 2 analysiert. Aufgrund des hohen Aufwandes des Labelns von Videos durch die Labelling Experten musste der Test auf kürzere Fahrabschnitte aus den Studien beschränkt werden, weshalb nicht die gesamten Fahrten analysiert werden konnten. Für die Auswertung der Messdaten mit verschiedenen Fahrerzuständen wurden aus beiden Studien exemplarisch Fahrphasen mit dem Zustand wach aus Zeitabschnitten ge- wählt, in denen die Probanden sich mit einer KSS kleiner sieben bewerteten. Für den Zustand müde wurden Zeitabschnitte mit einer KSS gößer sechs gewählt. Dies basierte auf der zweiklassigen Unterteilung von Ebrahim et al. (2014). Zusätzlich wurden die Probanden vor der Fahrt angewiesen, ihren Müdigkeitszustand lediglich mit einer KSS von acht oder neun zu bewerten, wenn sie sich selbst aufgrund ihrer Müdigkeit nicht mehr als fahrtüchtig einstufen würden. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass die Probanden mit einer KSS gleich sieben in der Übergangsphase zur müdigkeitsbedingten Fahruntüchtigkeit bereits ein Müdigkeitslevel erreicht hatten, welches sich auf die Lid- schlagcharakteristik auswirken könnte. Durch die Bewertung der Lidschlagalgorithmen in dieser Übergangsphase zusammen mit zu müden Probanden, wurden eventuell auf- tretende Effekte der ersten Anzeichen von Müdigkeit somit ebenfalls ausgewertet. Die vier Auswertungsphasen werden im Folgenden mit MW (manuell, wach), MM (manuell, müde), HW (HAF, wach) und HM (HAF, müde) abgekürzt. Da einer der Probanden aus der manuellen Fahrstudie 1 seine Müdigkeit während der Fahrt nicht mit einer KSS von sieben oder höher bewertete, konnte von diesem ledig- lich ein Abschnitt in der wachen Phase bewertet werden. Aus diesem Grund wurde die Lidschlagerkennung in Studie 1 für 14 Probanden in der wachen und 13 Probanden in der müden Phase durchgeführt. Um eine vergleichbare Anzahl an Probanden aus Studie 2 auszuwerten, wurden zufällig 16 Probanden mit validen EOG Aufnahmen zu gleichen Anteilen aus den vier Untergruppen der Studie 2 gewählt (FK; SK; FL; SL). Alle zufäl- lig gewählten Probanden aus Studie 2 bewerteten sich mit einer KSS kleiner und größer bzw. gleich sieben. Aus den Zeitabschnitten mit müden und wachen Bewertungen der Probanden in beiden Studien wurden jeweils zwei zusammenhängende Fahrminuten mit Hilfe des Zufallsalgorithmus von Wong und Easton (1980) gewählt. Hierbei wurde si- chergestellt, dass die Fahrphasen aus der manuellen Studie nicht aus einem Abschnitt während einer KSS-Abfrage, einer Sprachaufgabe oder eines zweiminütigen Abschnittes im Anschluss an eine KSS-Abfrage gewählt wurden. Bei der Wahl der Abschnitte aus Studie 2 wurde sichergestellt, dass HAF während des gesamten Intervalls am Stück ak- tiviert war und dass kein Zeitabschnitt aus einem zweiminütigen Fenster während und nach einer KSS-Abfrage oder einer Testsituation gewählt wurde. Aufgrund der häufigen Reaktionsabfragen (zum Teil 30-sekündige Frequenz), wurden Fahrphasen mit Reakti- onsabfragen nicht ausgeschlossen. Insgesamt wurden so Daten von 118 Minuten Fahrt in der Evaluation ausgewertet. In den untersuchten Fahrabschnitten gab es insgesamt 2941 Lidschläge der Ka- 136 Tabelle 8.1.: Überblick der Ground-Truth Daten Überblick Manuelle Fahrt HAF Wach Müde Wach Müde 2-minütige Abschnitte 14 13 16 16 Lidschläge (GTa und GTb) 655 875 737 674 Anteil von GTa 487 (74.4 %) 718 (82.1 %) 641 (87.0 %) 674 (83.4 %) Anteil von GTb 168 (25.6 %) 157 (17.9 %) 96 (13.0 %) 112 (16.6 %) tegorie Aa und Ab, die auf Basis des Videos des Head-mounted Eye Trackers und der Kriterien in Kapitel 8.1 bestimmt wurden. Die detektierten Lidschläge wurden unabhän- gig von der Länge der Lidschlüsse betrachtet und im ersten Schritt ohne Start und Ende gelabelt. Im Folgenden werden diese Ground-Truth-Daten in Abhängigkeit der beiden Kategorien Aa und Ab als GTa und GTb beschrieben. Tabelle 8.1 gibt einen Überblick über die gesamte Anzahl der einzelnen Lidschläge in den unterschiedlichen Intervallen. Zur Verifikation der zugrunde liegenden Ground-Truth-Daten wurden diese von vier Labelling Experten unabhängig voneinander gelabelt. Die Übereinstimmung der Bewer- tungen des Labelling betrug im Mittel 98.5 % für die manuellen und 95.6 % für die hochautomatisierten Fahrten. Als Basis für die weiteren Bewertungsschritte wurde je- weils das Ergebnis der Mehrheit der Labeller bzw. eine zufällige Wahl zwischen den Einzelbewertungen bei gleicher Verteilung deren Anzahl genutzt. Bei einem Vergleich der Anzahl der Lidschläge der Kategorie GTa mit einem t-Test für abhängige Stichproben und GTb mit einem Wilcoxon-Test für abhängige Stichpro- ben zwischen der wachen und müden Phase, konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden [GTa: t(28) = -1.27, p = .21; GTb: z = -1.03, p = .31]. Gleiches gilt auch für die Anzahl der Lidschläge der Kategorie GTa im Vergleich zwischen manueller und hochautomatischer Fahrt [t(57) = 1.04, p = .31]. Im Vergleich der Häufigkeiten der Lidschläge der Kategorie GTb gab es allerdings einen signifikanten Unterschied (exakter Mann-Whitney U-Test: z = -3.11, p = .002). Für den Vergleich der Güte der Algorithmen auf Basis der Ground-Truth-Daten, Kapitel 5.5 und der Definition von Lidschlägen in Kapitel 8.1, wurden drei Gütemaße berechnet: Die True-Positive-Rate (TPR, Gleichung 8.1), die lidschlagabhängige False- Detection-Rate (FDRBR, Gleichung 8.2) und die False-Detection-Rate ohne Teil eines Lidschlages (FDRNBR, Gleichung 8.3). = |Aa|+ |Ab|TPR |GTa|+ · 100% (8.1) |GTb| 137 = |Ac|+ |Ad|+ |Ae|FDRBR + · 100% (8.2)|Aa| |Ab|+ |Ac|+ |Ad|+ |Ae|+ |Af | = |Af |FDRNBR · 100% (8.3)|Aa|+ |Ab|+ |Ac|+ |Ad|+ |Ae|+ |Af | |Ai| beschreibt die Anzahl der detektierten Lidbewegungen, die der Algorithmus detek- tierte und die durch ein Label der Kategorie Ai mit i = a, b, c, d, e, f kategorisiert wurden. Äquivalent gilt dies auch für |GTi|. Die falschen Detektionen der Algorithmen auf Basis der verschiedenen Unterteilungen in Kapitel 8.1 wurden in fehlerhafte lidschlagabhängige Detektionen und fehlerhafte Detektionen, die nicht lidschlagabhängig waren, unterteilt. Grund hierfür ist, dass die fehlerhaften lidschlagabhängigen Detektionen sehr ähnlich zu richtig detektierten Lidschlägen waren. So detektierten die Algorithmen in den Gruppen Ad und Ae nicht den richtigen Start oder das Ende. Ebenfalls sollte die Unterteilung der Daten in mehrere Untergruppen einen zusätzlichen Aufschluss über das Ergebnis der Algorithmen, spezifische Detektionsprobleme und eventuell auch Ursachen der Falsch- detektion aufgrund des Lidschlagverhaltens der Fahrer zeigen. Zusätzlich konnte eine Zugehörigkeit der Detektionen aus Gruppe Ac zu Gruppe Ab aufgrund der Abtastrate der Kamera zum Labeln von 25 Hz nicht komplett ausgeschlossen werden. Nimmt man eine Belichtungszeit der Augenkamera von zwei Millisekunden an, so wird das Auge im Video der Augenkamera für einen Zeitraum von 38 ms nicht aufgenommen. Durch die schnellen Lidbewegungen bei einem Lidschlag kann deshalb eine stärkere Verdeckung der Pupille gerade im Randbereich zwischen R2 und R3 nicht ausgeschlossen werden und nur bedingt durch die Nutzung einer Kamera mit einer höheren Aufnahmefrequenz ausgeglichen werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob das Zeitintervall zwischen zwei einzelnen Bil- dern der Augenkamera so groß ist, dass eine Lidbewegung der Kategorie Af mit dem oberen Lid in der Region R4 nicht ebenfalls ein Lidschlag der Kategorie Ab sein könn- te. Aus diesem Grund wurde dies auf Basis physiologischer Gegebenheiten untersucht. Die Größe der Pupille wurde wie von Young und Sheena (1975) berichtet in einem Bereich zwischen zwei und acht Millimeter angenommen. Eine maximale Lidgeschwin- digkeit beim Lidschließen erreicht laut Collewijn et al. (1985) 280 mm/s und beim Öffnen 100 mm/s. Bei dieser Betrachtung wird die Position der Kamera zur Detektion vernach- lässigt. Würde man die Lidbewegung mit den maximalen Geschwindigkeiten als konstant über den gesamten Vorgang des Lidschließens und -öffnens annehmen, so würde die mi- nimale Dauer für eine Lidbewegung des oberen Lides von der oberen Kante der Pupille bis über die Hälfte der Pupille und zurück bei einer Pupillengröße von zwei Millimetern circa 13.6 ms betragen (Weg von einem Millimeter mit 280 mm/s + Weg von einem Millimeter mit 100 mm/s). Da die Muskeln des Lides allerdings keine Geschwindigkeits- sprünge der Bewegung von der einen in die andere Bewegungsrichtung vollziehen können, ist diese Zeit nicht realistisch. So wird die Lidbewegung bis zum geringsten Lidabstand erst gebremst und anschließend wieder entgegengesetzt beschleunigt. Für die bremsen- de Geschwindigkeitsänderung von 280 mm/s auf 0 mm/s kann man basierend auf den 138 Angaben von Collewijn et al. (1985) einen Zeitraum von minimal 30 ms annehmen. Im Folgenden wird mit demselben Zeitraum auch für die Beschleunigung des Lides von 0 auf 100 mm/s gerechnet. Unter der Annahme, dass die Summe der Kräfte der Lidmuskeln die Bewegung die- ser beeinflusst, wird die Beschleunigung der Lider als konstant angenommen. Mit diesen Randwerten kann eine realisitische Abschätzung für den Verlauf der Lidbewegung gege- ben werden. Da die beiden Bewegungen unterschiedlich schnell sind, müssen hierzu zwei unterschiedliche Funktionen erstellt werden. Für die Position des Lides im Verlauf der Lidschließung im Ursprung si0 = 0 mm als Tiefpunkt beim Lidschluss zum Zeitpunkt t0 = 0 ms und t−1 = -30 ms als maximale Geschwindigkeit von vimax = 280 mm/s davor ist dies: si(ti) = 1 2 · a 2 i0 · ti + vi0 · ti + si0 (8.4) Für den Verlauf der Lidöffnung mit dem Zeitpunkt tj = 0 ms als geringsten Lidabstand sj0 = 0 mm und einer maximalen Geschwindigkeit vjmax = 100 mm/s zum Zeitpunkt t1 = 30 ms als maximale Geschwindigkeit bei der Öffnung ist dies: sj(tj) = 1 2 · a 2 j0 · tj + vj0 · tj + sj0 (8.5) Ausgehend von diesen zwei Funktionen in Abhängigkeit der Zeit kann man die minimale Zeit berechnen, die nötig ist, um das obere Lid ein Millimeter nach unten und wieder zu- rück zu bewegen. Im Folgenden wird der Worst Case der Pupillengröße (zwei Millimeter) angenommen. Zusätzlich nutzt man die bekannten Zusammenhänge: si(t0) = sj(t0) = si0 = sj0 = 0 mm (8.6) Gleichzeitig muss die Geschwindigkeit des Lides zum Zeitpunkt t0 jeweils 0 mm/s sein, wodurch folgt: mm s′i(t0) = s′j(t0) = vi0 = vj0 = 0 (8.7)s Mit den beiden Größen vimax und vjmax sowie den beiden Ableitungen der Gleichungen 8.4 und 8.5 folgen: mm 28000 mm s′i(t−1) = ai0 · −30 ms = 280 ⇔ ai0 =s 3 2 (8.8)s und 139 s′j(t−1) = aj0 · 30 ms = 100 mm ⇔ = 10000 mmaj0 3 2 (8.9)s s Setzt man diese Zahlen in die Gleichungen 8.4 und 8.5 ein, kann man die minimale Zeit timin und tjmin für die Lidbewegung über eine Strecke von einem Millimeter durch Umformen nach ti und tj berechnen: 1 = 28000 mmmm 6 2 · t 2 imin ⇔ t2 6 imin = 28000 2 ⇔ timin = 14.6 ms (8.10)s s und 1 = 10000 mmmm 6 2 · t 2 2 6 s imin ⇔ tjmin = 10000 2 ⇔ tjmin = 24.5 ms (8.11)s Die Summe dieser Zeiten beträgt 39.1 ms. Abbildung 8.6 zeigt den betrachteten Fall in einer Übersicht. Angenommen wird eine Augenaufnahme zum Zeitpunkt der gestrichel- ten Linien. Berechnet wurden die Zeiten timin und tjmin. Abbildung 8.6.: Übersicht des betrachteten Worst Case Falls einer Lidschlagaufnahme Zu beachten ist, dass die Annahmen lediglich eine Näherung auf Basis der Angaben von Collewijn et al. (1985) und konstanter Beschleunigungen sind. Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass eine Aufnahmefrequenz der Kamera von 25 Hz aufgrund der Be- lichtungszeit ausreichen sollte, um eine eindeutige Unterscheidung der Lidbewegungen zwischen den beiden Regionen R4 und R2 und somit Af und Ab vorzunehmen. Gleiches gilt für die Lidbewegungen der Gruppen Ac und Aa. Die Annahmen und Berechnungen stellen den Worst-Case Fall dar und werden in der Realität speziell in den Fahrstudien und dunklen Umgebungsbedingungen durch eine größere Pupillengröße und langsamere Lidbewegungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auftreten. Der Einfluss der verschiedenen geschilderten Faktoren aus Kapitel 5.5 sollten bei dem Vergleich der beiden Studien gering sein. Hard- und Softwareeinflüsse sind bis auf 140 den Vergleich zwischen Kamera und EOG durch die Verwendung derselben Messtechnik in den Studien vernachlässigbar. Bei den umwelt- und studienbedingten Einflüssen sind die äußeren Bedingungen bis auf den Unterschied im Fahrstil vergleichbar. Somit sollten Unterschiede im Lidschlagverhalten zu einem Großteil auf die unterschiedlichen Fahrstile und das Verhalten der Probanden zurückgehen. Andere subjekt- und verhaltensabhän- gige Unterschiede (Make-up, Augenphysiognomie) sind ebenfalls vernachlässigbar. 8.5.1. Ergebnisse der Lidschlagdetektion mit dem EOG-Verfahren Zur Überprüfung der Detektionsrate der Algorithmen wurde mit dem Labelling der detektierten Lidbewegungen mit dem EOG Signal der Frequenz f1 (Algorithmus a1) an- gefangen. Bei der Einstufung von detektierten Lidschlägen wurde das Video des Auges zwischen Start- und Endbild (Zeitpunkte sl und el) der Detektionen auf Einzelbildbasis betrachtet und so die Lidbewegung und der geringste Abstand zwischen oberem und un- terem Lid ermittelt. Hierbei wurden alle Abschnitte, die der Algorithmus als Lidschlag ausgab, anhand der Kriterien in Kapitel 8.1 bewertet. Der Algorithmus erkannte einen Großteil der Lidschläge richtig (siehe Tabelle 8.2). Aufgrund dessen und des sehr aufwän- digen Labelling Prozesses, wurden die detektierten Bereiche, die das Label Aa und Ab hatten, bei detektierten Abschnitten mit demselben Algorithmus bei einer geringeren Si- gnalfrequenz (Algorithmus a2: EOG mit einer Aufnahmefrequenz von f2) mit den bereits gelabelten Bereichen verglichen. Bei einer vollständigen Überlappung der detektierten Intervalle wurde das gelabelte Ergebnis des Algorithmus a1 übernommen. So wurde das Ergebnis von 62 % aller detektierten Intervalle aufgrund einer vollständigen Überlap- pung in der manuellen und 68 % in der hochautomatisierten Studie übernommen und musste nicht erneut gelabelt werden. Zu beachten ist, dass sich diese Werte lediglich auf Lidschläge beziehen, die mit dem Algorithmus a1 als Aa und Ab gelabelt wurden. Lag der detektierte Bereich des Algorithmus a2 zu mindestens P1 = 80 % im sel- ben Bereich eines als Lidschlag (Aa oder Ab) gelabelten Bereiches des Algorithmus a1 bei einer Gesamtlänge der Detektion von ∆t = el−sl ≤ 500 ms, wurde das Label für den De- tektionsabschnitt des Algorithmus a2 ebenfalls übernommen. In diesem Fall wurde das Video nicht erneut angeschaut. Falls der Zeitabschnitt ∆t zwischen sl und el länger als 500 ms war, musste die Schnittmenge zwischen einer Detektion mit dem Algorithmus a2 und dem als Lidschlag berechneten Bereich größer sein als = (1 - 100 msP2 ∆ )·100 %. Dast Label wurde übernommen falls P2 eingehalten wurde und der Detektionsabschnitt nicht erneut angeschaut. Dieses Vorgehen basierte auf den Messungen von Stern et al. (1984) zur Dauer des Schließvorganges der Lider und der Dauer der Lidöffnung für längere Lid- schlüsse, sowie Beobachtungen während des Labelns (Überprüfung der gesamten Daten von fünf Probanden und weiteren Stichproben). Durch die prozentuale Überlappung der Intervalle und der Aufnahmefrequenz der Augenkamera, konnte ein Abschnitt von a2, der nicht erneut betrachtet wurde und P1 oder P2 erfüllte, maximal 80 ms kürzer sein als der Referenzabschnitt auf Basis von a1. Alle detektierten Lidbewegungen der Algorith- men a2, die eine kleinere Schnittmenge als P1 oder P2 hatten oder komplett außerhalb von den als TP gelabelten Abschnitten waren, wurden jeweils einzeln angeschaut und 141 gelabelt. Bei der manuellen Studie waren dies 10 % und bei der hochautomatisierten Studie 6 % der detektierten Intervalle. Falls innerhalb des Starts und Ende im Video einer detektierten Lidbewegung mehr als ein realer Lidschlag vorkam, wurde lediglich ein Lidschlag innerhalb der Kategorie mit dem kleinsten Lidabstand als detektiert gewertet. Im Vergleich mit der gesamten Anzahl an Ground-Truth Lidschlägen wird der zweite Lidschlag somit als nicht detektiert gewer- tet. Dieser Fall trat pro evaluiertem Algorithmus mit EOG oder auch in Auswertungen mit der Kamera jeweils in weniger als 44 Fällen auf. Dies entspricht einem Einfluss von maximal 1.5 %. Tabelle 8.2 enthält alle richtig detektierten Lidbewegungen der Kategorie TPR mit dem EOG-Algorithmus von Ebrahim et al. (2013). Eine detaillierte Tabelle mit den Ergebnissen der einzelnen Unterkategorien ist dem Anhang in Tabelle D.1 beigefügt. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse der Lidschlagdetektion in Tabelle 8.2 und aller folgender Tabellen zu Ergebnissen der Lidschlagdetektion Mittelwerte und Standardabweichungen zeigen, obwohl die Zahlen jeweils nicht normalverteilt sind. Begründung hierfür ist, dass das Ergebnis von Lidschlagdetektionen in allen zitierten Arbeiten jeweils in dieser Form berichtet werden und so eine rudimentäre Vergleichbarkeit besteht. Im Anhang in Ta- belle D.3 befinden sich der Vollständigkeit halber auch die Mediane der Auswertungen. Alle Beschreibungen zu den einzelnen Raten werden im folgenden Text immer in Bezug auf den Mittelwert und die Standardabweichung gemacht. 8.5.2. Labelling mit der Signalverarbeitung von Bergasa et al. Zur Bewertung des angepassten Algorithmus von Bergasa et al. (2006) (im Folgenden a3 genannt) wurden die detektierten Bereiche ebenfalls mit dem Algorithmus a1 ver- glichen. Dabei gab es nahezu keine Übereinstimmungen anhand der Kriterien P1 und P2. Auch erfüllten die detektierten Intervalle nicht die Definitionen eines Lidschlages in Kapitel 8.1, was das Verfahren von Bergasa et al. (2006) für eine Lidschlagdetektion anhand der bisherigen Definition disqualifizierte. Auf Basis der angesetzten Kriterien hätte das Verfahren somit nahezu keinen Lidschlag richtig erkannt. Ein naheliegender Grund ist, dass der implementierte Algorithmus den Vorgaben der Lidschlagdefinition in der Veröffentlichung entsprach. Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse in dieser Arbeit, mit den Detektionsergebnissen aus der Veröffentlichung, wurden die potentiellen Lidschläge deshalb in einem zweiten Schritt direkt auf Basis der individuellen Detektionskriterien von Bergasa et al. (2006) bewertet. Die genaue Vorgehensweise war dabei wie folgt: Eine Detektion wurde als korrekt gewertet, sobald lediglich ein Frame innerhalb der Zustands- übergänge einer Detektion auch zu einem TPR auf Basis des Algorithmus a1 gehörte. Zusätzlich wurden Detektionen als TPR gewertet, falls innerhalb der detektierten zeit- lichen Grenzen ein Lidschlag auf Basis der Kriterien dieser Arbeit anfing oder endete. Sobald mehrere Detektionen von Bergasa im Zeitraum eines einzelnen Lidschlages waren, wurden diese als FDRBR gelabelt. Alle übrigen Detektionen die nicht den Definitionen einer lidschlagabhängigen Detektion dieser Arbeit entsprachen und auch keine Über- schneidung mit einem TP des Algorithmus a1 hatten, wurden bei der Berechnung der FDRNBR berücksichtigt. Durch die angepasste Bewertung wurde das Detektionsergeb- 142 Tabelle 8.2.: Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 bis a4 (M ± SD) Fahrstil Label a1 a2 a3 a4 Wach Müde Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 94±5 92±13 91±7 89±13 53±19 50±22 62±38 54±45 FDRBR 6±11 2±2 5±8 2±2 8±5 12±9 18±22 20±32 FDRNBR 2±2 1±1 4±4 2±2 51±28 37±25 19±27 13±20 HAF TPR 81±20 69±22 71±20 60±24 52±26 33±24 47±46 22±38 FDRBR 8±11 11±14 11±13 14±21 18±20 28±27 18±31 26±38 FDRNBR 4±6 4±6 5±8 2±4 36±19 34±27 12±20 9±26 nis mit dem Algorithmus aufgrund eines geänderten Bewertungsschemas im Vergleich zu der Veröffentlichung nicht negativ beeinflusst. So sind die Ergebnisse des angepass- ten Labelling direkt mit den Ergebnissen in der veröffentlichten Arbeit vergleichbar und bieten trotzdem einen Anhaltspunkt für die Güte des Algorithmus auf Basis der eigenen Daten. Die Detektionsraten auf Basis des Algorithmus sind in der Tabelle 8.2 aufge- führt. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse aufgrund des angepassten Labelling anders als bei den Algorithmen a1 und a2 zustande kamen. Durch die individuelle Anpassung des Labelling ist das Ergebnis dahingehend beeinflusst, dass die Ergebnisse für die bei- den EOG-Algorithmen härteren Kriterien unterlagen. Da sich die True-Positive-Rate bei dem Labelling durch die Anpassung änderte, wurden die detektierten Abschnitte der Algorithmen nicht in den Unterkategorien der Definition in Kapitel 8.1 aufgelistet. 8.5.3. Labelling mit dem Verfahren von Sukno et al. Bei der Bewertung der Lidschlagdetektion mit dem Verfahren von Sukno et al. (2009) (im Folgenden a4 genannt) wurde äquivalent zum Vorgehen von Bergasa et al. (2006) verfahren. Auch hier gab es nahezu keine Übereinstimmung der Detektionen mit den Definitionen in Kapitel 8.1. Zur Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen aus der Veröf- fentlichung wurde deshalb gleich wie bei bei dem Labelling mit a3 vorgegangen. Als Lidschläge wurden die Zeitabschnitte zwischen den Schnittpunkten mit Aout genutzt. Die Detektionsraten mit dem Verfahren von Sukno et al. (2009) sind ebenfalls in Tabelle 8.2 aufgelistet. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse wie bei Algorithmus a3 auf einer individuellen Anpassungen des Labelling basieren. Gegenüber den Kriterien für die Algorithmen a1 und a2 sind die Kriterien für einen TP einfacher zu erfüllen. 8.5.4. Labelling mit dem Verfahren von Appel et al. Anders als die anderen Algorithmen, ist das Verfahren von Appel et al. (2016) (im Fol- genden a5 genannt) abhängig von Sequenzen mit und ohne Lidschlägen. Mit diesen wird 143 es im ersten Schritt trainiert. So kann das Verfahren nicht ohne trainiertes Vorwissen angewendet werden. In der Veröffentlichung von Appel et al. (2016) ist nicht replizierbar beschrieben, wie ein Lidschlag zum Trainieren und Testen definiert war und wie dessen Start und Ende festgelegt wurde. Aus diesem Grund wurden der Start- und Endpunkt der detektierten TP mit dem Algorithmus a1 innerhalb der zweiminütigen Abschnitte als Ausgangsbasis für das Training benutzt. Alle weiteren Lidschläge, die der Algorithmus a1 nicht oder nicht vollständig detektiert hatte, wurden einzeln manuell hinzugefügt. Der Start- und Endpunkt der Lidbewegung wurde subjektiv von zwei unabhängigen Labelling Experten festgelegt und miteinander abgeglichen. Als Kriterium wurde eine vertikale Lidbewegung aus der Ruheposition oder nach einer Sakkade als Startpunkt und ein Stoppen der Lidbewegung oder der Übergang in eine Sakkade nach dem Lidschlag als Ende des Lidschlages festgelegt. Vergleicht man die Länge der Lidschläge aus der Arbeit von Appel et al. (2016) (M = 7.9, SD = 1.7, N = 2410) mit der Länge der Lidschläge aus den Intervallen der wachen, manuellen Fahrt (M = 17.3, SD = 17.3, N = 655) in den ausgewerte- ten Studien, so ist die Länge der Lidschläge in den eigenen Daten signifikant länger [t(696.604) = -49.04, p < .001]. Die genaue Auflistung der Lidschlaglängen ist in Tabelle 8.3 zusammengefasst. Der Vergleich der Lidschlaglängen wurde probandenunabhängig durchgeführt. Aufgrund von Varianzheterogenität wurde der Test mit angepassten Freiheitsgraden durchgeführt. Da die Detektionsrate mit EOG zwischen den vier einzelnen Intervallen der Kombinationen müde/wach und manuell/hochautomatisiert nicht gleich ist und so- mit unterschiedlich viele Sequenzen von den Labelling Experten hinzugefügt wurden, wurde die Lidschlaglänge zwischen den einzelnen Intervallen statistisch nicht verglichen. In einem zweiten Schritt wurden die gelabelten Lidschläge zum Training des Algo- rithmus übernommen. Aufgrund der unterschiedlichen Lidschlaglänge und Beleuchtungs- situation wurde die Fensterlänge fl und der Perzentilwert Pw für die Helligkeit aus der Veröffentlichung von Appel et al. (2016) nicht ungeprüft übernommen. Zur Ermittlung der optimalen Werte für die zwei Parameter auf Basis der eigenen Daten wurden die Abschnitte mit enthaltenen Lidschlägen mit einer gleichen Anzahl zufällig gewählter Abschnitte ohne Lidschläge mit dem von Appel et al. (2016) geschilderten Vorgehen ergänzt. Mit Hilfe der Leave-one-out Kreuzvalidation auf Basis der gesamten Sequenzen wurden anschließend verschiedene Perzentil- und Fensterlängen getestet. Als Perzentile wurden gleich wie bei Appel et al. (2016) die Werte Pw = 5, 10, 15, 20, 25, 30, 35, 40, 50, 60, 70, 80 und 90 genutzt. Da die Länge der Lidschläge in den gelabelten Daten länger war, wurden Fenster der Länge fl = 2 bis einschließlich 24 getestet. Nach dem Training mit einer spezifischen Kombination aus Pw und fl wurden ereignisbasierte Er- gebnisse mit den ausgewählten Sequenzen für verschiedene Perzentil- und Fensterlängen ermittelt. Ergebnis dieses Vergleiches war, dass zu jedem der vier unterschiedlichen Sequenz- abschnitte (MW, MM, HW, HM) jeweils unterschiedliche Kombinationen aus Fenster- länge und Perzentilwert passen. Zur Bestimmung der optimalen Kombination wurde der F1-Wert aller 299 Kombinationen aus Fensterlänge und Perzentilwert für jede Menge an Sequenzabschnitten bestimmt. Der F1 Wert berechnet sich wie folgt: 144 Tabelle 8.3.: Länge der Lidschläge in Appel et al. (2016) und eigenen Daten Intervalllänge ]Lidschläge von Manuell HAF in ms Appel et al. (2016) Wach Müde Wach Müde Aa Ab Aa Ab Aa Ab Aa Ab 160 5 0 0 0 0 0 0 0 0 200 69 0 0 0 0 0 0 0 0 240 316 0 0 0 0 0 0 0 0 280 699 0 1 3 0 2 2 0 0 320 683 1 1 0 0 7 5 6 1 360 349 2 2 5 0 9 7 13 8 400 156 6 2 8 0 23 6 24 9 440 65 5 2 17 0 38 7 46 16 480 33 30 9 46 6 41 15 45 8 520 19 37 26 34 14 56 10 49 9 560 4 58 12 65 13 54 9 40 5 600 2 54 19 70 15 53 9 48 8 640 2 37 17 73 17 40 7 46 7 680 1 44 8 64 14 49 6 36 4 720 1 47 23 57 20 43 2 35 3 760 4 45 8 64 8 41 4 18 4 800 1 26 12 32 8 23 5 14 1 840 0 24 11 28 11 25 1 18 1 880 0 17 4 29 3 25 3 13 4 920 0 16 2 23 7 14 0 7 2 960 0 4 2 13 4 12 0 11 1 1000 0 9 2 14 3 13 0 7 1 >1000 1 25 5 73 14 75 1 88 20 145 F1 = 2 · TP 2 + + (8.12)· TP FP FN Die besten F1-Werte für die verwendeten zweiminütigen Abschnitte wurden mit fl = 9 und Pw = 0.15 für MW (80.6 %), fl = 13 und Pw = 0.5 für MM (75.0 %), fl = 17 und Pw = 0.4 für HW (82.2 %) und fl = 11 und Pw = 0.7 für HM (76.5 %) erzielt. Der beste F1-Wert von Appel et al. (2016) betrug im Vergleich hierzu 96.4 %. Zu beachten ist, dass zur Berechnung des Wertes analog zu Appel et al. (2016) eine Gewichtung mit der Anzahl der gesamten Lidschläge und nicht der einzelnen Probanden erfolgte. Dies verzerrt die Ergebnisse zu Gunsten der Probanden mit den meisten Lidschlägen. Gewichtet man die einzelnen Probanden unabhängig von der Anzahl ihrer Lid- schläge gleich, so ist der beste Wert bei den Kombinationen fl = 17 und Pw = 0.4 für MW (82.8 %), fl = 11 und Pw = 0.7 für MM (79.3 %), fl = 9 und Pw = 0.15 für HW (86.0 %) und fl = 13 und Pw = 0.5 für HM (85.7 %). Zur einheitlichen Auswertung aller Abschnitte wurde fl = 10 und Pw = 0.5 ge- wählt. Diese Werte lieferten in den unterschiedlichen Fahrstilen und den Zuständen der Probanden im Durchschnitt sehr gute F1-Werte in der ereignisbasierten Auswertung. Insgesamt kommt diese Parameterwahl nahe an die jeweiligen Maxima heran (gleiche Gewichtung der Probanden: MW= 80.2 %; MM = 77.3 %; HW= 83.6 %; HM = 79.4 %). Bei der Wahl von fl und Pw wurde berücksichtigt, dass eine Auswertungslänge von 400 ms im Rahmen der angegebenen Lidschlaglängen von anderen Forschergruppen (Ka- pitel 5.2) liegt. Appel et al. (2016) rät ebenfalls eher zu kürzeren Abschnitten, da längere Auswertefenster bei kürzeren Lidschlussdauern nur durch eine künstliche Verlängerung der Lidschlagsequenz erreicht werden können und dadurch eventuell zusätzlich einen Teil eines weiteren Lidschlages enthalten. So war 400 ms bei Appel et al. (2016) eine Schwel- le, ab der die Detektionsrate von Lidschlägen nicht mehr zunahm. Der Perzentilwert für die Helligkeit wurde ebenfalls in Anlehnung an Appel et al. (2016) gewählt, da er auch in den eigenen Daten gute Ergebnisse zeigte. Die berichteten Ergebnisse mit der ereignisbasierten Auswertung sind nicht di- rekt vergleichbar mit den Testergebnissen der anderen Auswertungen basierend auf den Algorithmen a1 bis a4. Im Gegensatz zu diesen werden lediglich kleine Ausschnitte der gewählten zweiminütigen Sequenzen untersucht. Summiert man die Abschnitte zwischen den einzelnen Start- und Endzeitpunkten der Lidschläge von jedem Proband, so traten in MW 447.6 s (26.6 %), MM 633.8 s (40.6 %), HW 701.9 s (36.6 %) und HM 1141.9 s (59.5 %) mit Lidschlägen auf. Je nach Proband schwankt die verwendete Länge der Se- quenzen mit Lidschlägen allerdings sehr stark und liegt insgesamt zwischen 7.3 s (6.1 %) und 112.4 s (93.4 %) in den einzelnen Abschnitten über 120 s. Diese Intervalle wurden zum Training und Test zusätzlich um weitere Intervalle von jeweils denselben Proban- den ergänzt, in denen keine Lidschläge auftraten. Als Folge gab es Abschnitte ohne Lidschläge, die mehrmals genutzt werden mussten, um die gleiche Intervalllänge zu den Abschnitten mit Lidschlägen zu bilden. Zusätzlich wurde bei der ereignisbasierten Aus- wertung jeweils ein fixes Fenster mit einem Lidschlag untersucht. Eine leichte Verschie- 146 bung des Fensters könnte die Detektionsrate ebenfalls stark beeinflussen. Im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die gesamten manuellen und hochautomatisier- ten Fahrten mit mehreren Stunden Fahrtzeit kann mit den Ergebnissen somit keine gute zeitbasierte Aussage hinsichtlich falschen und fehlenden Detektionen getroffen werden. Insgesamt zeigen sich dadurch mehrere Vor- und Nachteile des Vorgehens: Vorteile: - Jeder gelabelte Lidschlag wird entweder zum Training oder Test genutzt. - Gleicher Anteil an Intervallen mit und ohne Lidschlägen zum Training oder Test. Nachteile: - Das lernende Verfahren orientiert sich beim Training an Probanden, die viele Lidschläge haben. - Ein Teil der Sequenzen ohne Lidschläge kommt mehrmals im Training und Test vor. - Ein Teil der Sequenzen wird nicht zum Training und Test genutzt. - Eine Aussagefähigkeit für die Güte des Algorithmus für gesamte Zeitabschnit- te ist nicht möglich. Speziell durch den letzten Nachteil galt das Ergebnis durch das Vorgehen von Appel et al. (2016) in der vorliegenden Form als nicht ausreichend, um einen Vergleich mit den anderen Algorithmen zu ziehen und einen finalen Rückschluss auf die Detektionsleistung mit den aufgenommenen Zeitabschnitten zu ziehen. 8.5.5. Zeitbasierte Auswertung mit den Signalen L3 und L4 Trotz der aufgelisteten Nachteile in Kapitel 8.5.4, wurde das Vorgehen zum Training des Algorithmus von Appel et al. (2016) nicht geändert. Der Grund hierfür war, dass das Ergebnis durch eine Verkleinerung der Trainingsdaten nicht beeinflusst werden sollte. Hierdurch wurden alle einzeln gelabelten Lidschläge stärker gewichtet und der Nachteil durch die Wiederholung der Abschnitte ohne Lidschläge in Kauf genommen. Es sollte auch von jedem einzelnen Probanden eine äquivalente Zahl an Sequenzen mit und ohne Lidschläge trainiert werden. Um eine zeitbasierte Auswertung mit dem bestehenden Algorithmus umzusetzen, wurde die Leave-one-out Kreuzvalidation abgeändert. Anstatt bei den Probanden nur Sequenzen zu testen, wurden die gesamten 120 s-Abschnitte betrachtet. Die 120 s wurden dabei in fortlaufende Fenster der gewählten Länge fl = 10 unterteilt. Die 2990 Sequen- zen, die so entstanden, wurden anschließend einzeln mit dem trainierten Klassifikator getestet. Der genutzte Algorithmus gab für jeden Abschnitt einen Klassifikationswert zwischen 0 (unwahrscheinlicher Lidschlag) und 1 (wahrscheinlicher Lidschlag) aus. Als 147 Ergebnis entstand das Klassifikationssignal L5. Der durchgeführte Schritt ist vergleich- bar mit einer Filterung der Signale zur Detektion von Lidschlägen. Durch die Wahl eines Schwellwertes für das Klassifikationssignal L5 von 0.5 erhält man ein binäres Signal, das anzeigt zu welchen Zeitpunkten die Mehrheit der Bäume des Algorithmus a5 einen Lidschlag vermuten. Im direkten Vergleich dieser Zeitpunk- te mit den gelabelten Zeitabschnitten mit Lidschlägen ergab sich eine mittlere Über- einstimmung bei den vier Abschnitten von MW 41.2 ± 19.8 %, MM 46.4 ± 15.1 %, HW 37.3 ± 17.2 % und 31.7 ± 11.1 %. Der prozentuelle Anteil der Zeitpunkte, bei denen der Algorithmus a5 einen Lidschlag detektierte, allerdings keiner auftrat, lag bei den Abschnitten MW bei 40.7 ± 18.7 %, MM bei 31.6 ± 12.6 %, HW bei 28.9 ± 13.4 % und HM bei 21.0 ± 10.3 %. Diese Berechnungen sind in etwa vergleichbar mit den Raten der TPR und FDRNBR aus den bisherigen Untersuchungen. Anders als bei den anderen Algorithmen wurden jeweils einzelne Zeitpunkte bewertet und nicht längere Abschnitte. Im Gegensatz zu den bisherigen Analysen wurde ein Proband der manuellen Fahrstudie ausgeschlossen, da es bei diesem Probleme bei der Analyse des gesamten Videos über die beiden 120 s Abschnitte mit dem Algorithmus gab. Dieser Proband wurde deshalb auch aus allen weiteren Auswertungen, die auf dem Signal L5 aufbauen, ausgeschlossen. 8.6. Entwicklung eigener Verfahren Die Verfahren a3 und a4 konnten Lidschläge nicht mit einer hohen Genauigkeit detektie- ren. Ebenfalls war es nicht möglich, die Auswertung und Ergebnisse mit dem Verfahren a5 direkt mit den übrigen zu vergleichen. Deshalb wurde mit Hilfe eigener Verfahren ver- sucht, eine Verbesserung der Detektionsrate mit den Signalen aus der Bildverarbeitung zu erzielen und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Im Fokus standen die kameraba- sierten Verfahren, um eine äquivalente Alternative zu der Lidschlagdetektion mit EOG zu schaffen. So lieferten die Auswertungen mit EOG und dem Algorithmus a1 und a2 bereits gute Ergebnisse, um das Lidschlagverhalten des Fahrers zu untersuchen. Durch die umfangreichen Analysen von Ebrahim schien das Potential zur Verbesserung unter alleiniger Nutzung des EOG-Signals auch gering. 8.6.1. Lidschlagdetektion mit den Signalen L1 und L2 Das selbst entwickelte Verfahren zur Lidschlagdetektion mit L1 und L2 nutzte eine Vor- verarbeitung des Lidspaltensignals und mehrere individualisierte Schwellwerte. Die ein- zelnen Schritte des Algorithmus sind im Folgenden beschrieben. Dabei beschreibt xi den gemessenen Lidabstand in Pixeln zum Zeitpunkt ti. M beschreibt den Mittelwert und SD die Standardabweichung. 1. Elimination von Ausreißern a): Das Signal des Lidabstands L1 enthielt mehrere Extremwerte, die nicht plausibel waren. Gründe für diese Extremwerte könnten Signalrauschen oder falsche Auswertungen in der Bildverarbeitung sein. Um den Einfluss der Ausreißer für jeden Probanden zu minimieren wurden Extremwerte 148 im Signal individuell gefiltert. Hierzu wurden mit dem ersten (thoutl) und 99.ten (thouth) Perzentil aller Werte des Lidspaltensignals eines jeden Probanden zwei in- dividuelle Schwellwerte definiert. Alle Werte des Lidspaltensignals xi, die sich nicht innerhalb dieser Grenzen befanden, wurden ersetzt. Dabei wurde xi ∈/ [thoutl thouth] mit xi = M(xj + xk) ersetzt; wobei xj, xk ∈ [thoutl thouth] jeweils an den zuge- hörigen Zeitpunkten die Nebenbedingung tj < ti, tk > ti erfüllen, sowie für ti − tj und tk − ti jeweils minimal werden musste. 2. Elimination von Ausreißern b): Der erste Schritt eliminierte lediglich Ausreißer, die gegenüber der gesamten Messaufzeichnung eine zu hohe oder sehr niedrige Ampli- tude hatten. Einzelne Ausreißer, die lokal starke Amplitudenunterschiede aufwie- sen, wurden mit Hilfe eines gleitenden Mittelwertes mit Nebenbedingung gefiltert und an die Werte der Signale in der lokalen Umgebung angeglichen. Alle Daten- punkte xl, die größer als M(xl−2 +xl−1 +xl+1 +xl+2) + 3 ·SD(xl−2, xl−1, xl+1, xl+2) waren, wurden durch xl = M(xl−1 + xl+1) ersetzt. Ähnlich zu Schritt eins wird mit der Bedingung das 99.te Perzentil gebildet. Im Gegensatz zu Schritt eins wird allerdings die lokale und nicht globale Signalumgebung eines Zeitpunktes mit Hil- fe vier weiterer Zeitpunkte genutzt. Hintergrund für diesen Schritt war, dass das Signal der Lidspalte mit 25 Hz aufgezeichnet wurde und ein Lidschlag bei den EOG-Auswertungen und den Auswertungen von Appel et al. (2016) nicht unter- halb von 160 ms lag. Einzelne Abtastwerte, die eine hohe lokale Varianz aufweisen, können deshalb nicht durch Lidschläge verursacht sein. 3. Filterung (optional): Das vorverarbeitete Signal aus Schritt zwei wurde mit Hil- fe eines Savitzky-Golay Filter mit Polynomordnung drei und Fensterlänge sieben gefiltert (Savitzky & Golay, 1964). 4. Bestimmung eines subjektabhängigen Lidabstandes: Der Lidabstand von einzel- nen Probanden variierte je nach Lidschlagverhalten oder der Position der Kamera. Aus diesem Grund wurde ein individualisierter Schwellwert (tho) berechnet, der den Zustand geöffneter Augen der Fahrer beschreibt. Als Basis wurde die Fahr- phase zwischen der 15. und 30. Fahrminute genutzt, da der Fahrer sich dann bereits auf die Fahrt und die Umgebung eingestellt hatte. Die Berechnung des Wertes tho sollte in beiden untersuchten Fahrstilen, dem manuellen und hochautomatisier- ten Fahren, gleichermaßen eingesetzt werden. Aus diesem Grund musste in der Berechnung berücksichtigt werden, dass der Fahrer während des HAF sein Blick- und Lidschlagverhalten ändert und die Augen für längere Zeit geschlossen halten oder nach unten blicken kann. Aus diesem Grund wurden nur alle Werte des Lid- abstandes über dem Mittelwert aller Lidabstände zwischen der 15. - 30. Minute zur Bestimmung von tho berücksichtigt. Von diesen Werten wurde tho als Modal- wert gewählt, um den häufigsten Lidabstand des Fahrers als Schwellwert für offene Augen zu erhalten. 5. Detektion von Minima im Lidabstandssignal: Jeder Lidschlag besteht aus einer Phase, in der sich das Lid schließt und einer Phase, in der es sich wieder öffnet. 149 Hierauf basierend wurden alle lokalen Minima im Signal L1 detektiert und als LidbewegungenMi = {xm | xm ist ein lokales Minimum ∧ xm ≤ tho} zusammen- gefasst. Die zugehörigen Zeitpunkte werden beschrieben mit T = {tm | xm ∈Mi}. Sollte ein Minimum mehr als einen Abtastwert enthalten, wurde der Abtastwert mit dem kleinsten Index gewählt. 6. Clusterbildung der Lidbewegungen: Alle detektierten Minima Mi aus Schritt fünf wurden mit Hilfe des k-Means-Algorithmus mit k = 3 in drei Gruppen geteilt (Arthur & Vassilvitskii, 2007). Die beiden Lidabstandswerte, die die drei Gruppen unterteilen, werden im Folgenden thu und thd genannt, wobei thu > thd gilt. Ein dritter Wert thm wurde anschließend mit thm = M(thd + thu) berechnet. Der kleinste der drei Schwellwerte thd wurde als Grenzwert für Lidbewegungen inter- pretiert, bei denen das obere Lid das untere Lid berührte oder diesem sehr nahe kam: Md = {mo ∈ Mi | mo ≤ thd}. Um die Lidbewegungen mit geschlossenen Lidern von Lidbewegungen zu unterscheiden, bei denen die Spalte zwischen obe- rem und unterem Lid nicht geschlossen war, enthielt die Menge Mm alle Minima, die kleiner oder gleich thm waren: Mm = {mo ∈ Mi | thd < mo ≤ thm}. Alle Minima oberhalb thm und unterhalb thu hatten einen größeren Lidabstand und wurden mit Mu = {mo ∈Mi | thm < mo ≤ thu} zusammengefasst. Alle übrigen Minima oberhalb von thu sind nahe zu tho und können als kleinere Lidbewegun- gen interpretiert werden. Aus der weiteren Lidschlagdetektion wurden sie deshalb ausgeschlossen. 7. Bestimmung von Start und Ende der Lidbewegungen: Für alle Lidbewegungen Md, Mm und Mu wurden die Werte des Lidabstandes von Start (Sd, Sm und Su) und Ende der Lidbewegung (Ed, Em und Eu) bestimmt. Als Start und End- punkte der Lidbewegungen wurden die lokalen Maxima vor (Sd, Sm und Su) und nach (Ed, Em und Eu) dem Schnittpunkt des Lidspaltensignals mit den zugehörigen Schwellwerten thd, thm, thu und der Minima gewählt. Falls mehre- re Minima derselben Untergruppe (zum Beispiel: Md1 und Md2) denselben Wert bei dem Minimum (hier: Md1 = Md2) und dieselben Start und Endpunkte (hier: Sd1 = Sd2 ∧Ed1 = Ed2) hatten, so wurden alle Werte mit den höheren Indizes aus den Mengen ausgeschlossen (hier:Md2, Sd2 und Ed2). Sollten mehrere Minima dieselben Start und Endpunkte haben (zum Beispiel: Sd1 = Sd2 ∧Ed1 = Ed2), aber unterschiedliche Werte im Minimum aufweisen (zum Beispiel: Md1 < Md2), so wurden alle Werte des Minimums mit den größeren Lidabstandswerten aus den Mengen ausgeschlossen (hier:Md2). Zu beachten ist, dass mehrere Lidbewegungen aus der Menge Md innerhalb der Grenzen einer Lidbewegung Mm liegen können, sowie mehrere Lidbewegungen aus der Menge Mm wiederum innerhalb einer ein- zelnen Lidbewegung der Menge Mu. 8. Trennung von Lidbewegungen: Falls sich Bereiche im Lidspaltensignal am Ende einer Lidbewegung mit dem Startpunkt der folgenden Lidbewegung überschnit- ten, da sie denselben Wert hatten, so wurde das Plateau des lokalen Maxima mit demselben Lidspaltenwert in zwei gleichgroße Teile geteilt. Die Mitte des Plateaus 150 definierte dabei das Ende der einen und gleichzeitig den Start der nachfolgenden Lidbewegung. 9. Überprüfung eines Lidschlages: Mit Hilfe des Pupillensignals L2 wurde in diesem Schritt überprüft, ob die Pupille zwischen den Start- und Endpunkten der einzelnen Lidbewegungen Md, Mm und Mu immer sichtbar war. Bei der Überprüfung wur- den die Datenpunkte des Starts und Endes ausgeschlossen. Alle Lidbewegungen, bei denen das Pupillensignal in allen Abtastpunkten zwischen Start und Ende der Lidbewegung vorhanden war, wurden aus den Mengen der potentielle Lidschläge ausgeschlossen. 10. Amplitudenschwellwerte: Um innerhalb der Menge der Lidbewegungen Mu poten- tielle Lidschläge genauer von einfachen Lidbewegungen unterscheiden zu können, wurde zu jeder Lidbewegung das Minimum der Amplituden Ampq = min(suq − muq, euq−muq); ((suq ∈ Su)∧ (muq ∈Mu)∧ (euq ∈ Eu)) bestimmt. Die resultie- renden Amplituden wurden anschließend mit einem k-Means-Algorithmus (Arthur & Vassilvitskii, 2007) mit k = 3 in drei Gruppen unterteilt. Alle Lidbewegungen in der Gruppe mit den kleinsten Amplituden wurden als potentielle Lidschläge aus der weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Hintergrund hierfür ist, dass sich die Lidstellung am tiefsten Punkt nur in geringem Maße von der Lidstellung im geöffneten Zustand vor, beziehungsweise nach der Lidbewegung unterscheidet und es sich bei der Lidbewegung deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um einen Lidschlag handelt. 11. Abgleich der Minima: Falls die Lidspalte in einem Minimum (Md, Mm oder Mu) mehr als 100 Pixel betrug, wurde die zugehörige Lidbewegung als potentieller Lidschlag ausgeschlossen. In den Aufnahmen der Augenkamera entsprachen 100 Pixel einer Augenöffnung von circa 70 %. 12. Zusammenfügen von Lidbewegungen a): Falls eine oder mehrere Lidbewegungen aus der Menge der Minima mit kleineren Lidspalten zwischen dem Start- und End- punkt einer Lidbewegung aus der Menge der Minima mit größerer Lidspalte war, wurde überprüft, ob die Lidbewegungen mit den kleineren Lidabständen durch Rauschen entstanden. Als Kriterium wurde der Abstand der Lidspalte zwischen dem Minimum oder den Minima der kleineren Lidspalte (Mmr, bzw. Mdr) zu dessen oder deren zugehörigem Schwellwert (thm bzw. thd) berechnet. Falls der oder alle Abstände der Lidbewegungen aus der Menge der kleineren Lidspalten zu den zugehörigen Schwellwerten kleiner oder gleich d = 7 Pixel war (entspricht in etwa einer absoluten Lidbewegung von 4 %), so wurden die Lidbewegungen mit der kleineren Lidspalte (Mmr, beziehungsweise Mdr) verworfen und lediglich das Minimum und die Grenzen der Lidbewegung mit der größeren Lidspalte beibe- halten. Falls der oder einer der berechneten Abstände größer als d waren, wurde die Lidbewegung mit der größeren Lidspalte (Sur, Eur und Mur, beziehungsweise Smr, Emr undMmr) verworfen und die Lidbewegung mit den kleineren Lidspalte beibehalten. 151 13. Zusammenfügen von Lidbewegungen b): Alle Lidbewegungen der drei Kategorien wurden zu einer Gesamtmenge potentieller Lidschläge mit den Startpunkten Sas, Minima Mas und Endpunkten Eas zusammengefasst. 14. Fusion von Lidbewegungen: Aufgrund von Rauschen und resultierender lokaler Ma- xima im Signal der Lidspalte konnte es passieren, dass reale Lidschläge in mehrere Teile getrennt wurden. Um dies zu verhindern, wurde mit Hilfe des Pupillensignals überprüft, ob die Pupille zwischen zwei Lidbewegungen sichtbar war. Hierzu wur- de das Pupillensignal an allen Abtastzeitpunkten zwischen Ende und Start zweier Lidbewegungen, am End- und Startpunkt, sowie an jeweils zwei weiteren Abtast- zeitpunkten während der zwei Detektionsabschnitten betrachtet. War die Pupille in keinem dieser Punkte sichtbar, so wurden die beiden Lidbewegungen fusioniert und die äußeren Ränder als neuer Start und Ende der Lidbewegung gewählt. Von den beiden Lidbewegungen wurde das kleinere Minimum bzw. bei gleichen Werten, das mit dem kleineren Index beibehalten. 15. Anpassung des Starts und Endes der Lidbewegungen (optional): Das ungefilterte Signal des Lidabstandes enthielt Rauschen, das die korrekte Detektion von Start und Ende der Lidbewegung beeinflusste. Zur Verbesserung der Detektion, wurde das Signal des Lidabstandes mit einem Savitzky-Golay Filter mit der Polynomord- nung drei und Fensterlänge sieben gefiltert (Savitzky & Golay, 1964). Anschließend wurde wie in Schritt sieben erneut überprüft, ob sich die Start und Endpunkte Sas und Eas nach Schritt 14 noch immer auf einem lokalen Maximum des gefilterten Signals befanden. War dies nicht der Fall, so wurden die Startpunkte auf einem mo- noton fallenden Signalabschnitt Richtung Aufzeichnungsbeginn und die Endpunkte auf einem monoton steigenden Signalabschnitt in Richtung Aufzeichnungsende bis zum nächsten lokalen Maximum verschoben. Befanden sich Startpunkte auf mono- ton steigenden bzw. Endpunkte auf monoton fallenden Signalabschnitten, wurde deren Position beibehalten. Aufgrund der Abwägung, Lidschläge besser mit Hilfe einer frühen oder späten Signalfilte- rung zu detektieren, wurde die Detektion der Lidschläge auf Basis einer frühen Signalfil- terung (Anwendung von Schritt drei - ohne Nutzung von Schritt 15) mit einer Filterung des Signals als letzten Schritt zur Anpassung von Start und Ende (keine Anwendung von Schritt drei - Nutzung von Schritt 15) durchgeführt. Der Algorithmus mit der Filterung in Schritt 15 wird im Folgenden mit a6 und die Alternative mit der Filterung in Schritt 3 mit a7 bezeichnet. 8.6.2. Lidschlagdetektion mit der zeitbasierten Auswertung von L2 und L5 Die geringe Detektions- und hohe Falschdetektionsrate der zeitbasierten Auswertung des Algorithmus von a5 zeigte, dass die Ergebnisse mit einer ereignisbasierten Auswertung nicht mit denen einer zeitbasierten Auswertung vergleichbar sind. So schwankt das Klas- sifikationssignal während einzelner Lidschläge teilweise um einen Wert von 0.5 und liegt 152 während der Lidschläge zum Teil unterhalb eines Schwellwertes von 0.5. Um die Detek- tionsrate zu erhöhen und die Falschdetektionsrate zu senken, wurde ausgehend von dem Pupillensignal L2 und dem Klassifikationssignal L5 ein weiteres eigenes Verfahren zur Lidschlagdetektion entwickelt. Dieses bestand aus folgenden Teilschritten: 1. Signalglättung: Das Klassifikationssignal L5 wurde mit Hilfe eines Savitzky-Golay Filter der Polynomordnung drei und Fensterlänge 13 gefiltert (Savitzky & Golay, 1964). 2. Unterteilung in Fahrabschnitte: Die aufgezeichneten Daten wurden in Abschnitte mit einer Länge von einer Minute unterteilt, um im Folgenden eine lokale Signal- auswertung durchzuführen. Grund hierfür waren größere Schwankungen bei der Helligkeit des Kamerabildes durch Änderungen in der Aktivität des Probanden und leichte Unterschiede bei der Beleuchtung der Displays bei längeren Fahrab- schnitten. 3. Lokale Schwellwertbestimmung: Für jeden Signalabschnitt wurde ein Schwellwert thpeak in Anlehnung an Schritt vier der Lidschlagdetektion mit dem Algorithmus a6 bzw. a7 bestimmt. Als Wert wurde der zweithäufigste Klassifikationswert in den einzelnen Abschnitten oberhalb des Mittelwertes gewählt. Diese Wahl basierte auf Untersuchungen der Häufigkeit der Klassifikationswerte und deren Eignung als Schwellwerte. So war dieser Wert im Allgemeinen größer als der Modalwert oberhalb des Mittelwertes, was zu seiner Wahl und einem zusätzlichen Ausschluss von Falschdetektionen führte. 4. Lidschlagdetektion: Innerhalb jedes Abschnittes wurden lokale Maxima oberhalb eines Klassifikationswertes von thpeak bestimmt. Zwei oder drei Lidschläge konnten nicht in sehr kleinen Zeitabständen innerhalb eines Zeitintervalles von kleiner oder gleich 160 ms auftreten. Im Falle von mehreren lokalen Maxima in einem Zeitin- tervall kleiner oder gleich 160 ms, wurden deshalb jeweils das oder die kleineren Maxima verworfen. Die Maxima wurden hierzu in zeitlicher Abfolge analysiert. Aufgrund der Signalglättung im ersten Schritt, traten keine Maxima mit gleichen Werten auf. 5. Bestimmung des Starts und Endes: Zur Bestimmung des Starts und Ende der potentiellen Lidschläge wurden die ersten lokalen Minima auf beiden Seiten je- des Maximum bestimmt, die unterhalb des Schwellwertes thpeak lagen. Zusätzlich musste der Klassifikationswert der Minima unterhalb von 0.6 liegen. 6. Clustering a): Alle Maxima aus Schritt drei wurden mit Hilfe eines k-Means- Algorithmus mit k = 3 in drei Gruppen unterteilt (Arthur & Vassilvitskii, 2007). Je nach Höhe des Klassifikationswertes wurden die Maxima in die Gruppe Wn (niedrige Werte), Wm (mittlere Werte) oder Wh (hohe Werte) kategorisiert. 7. Clustering b): Neben Lidschlägen führen auch Blickrichtungswechsel zu einer Än- derung der Helligkeit in den Pixeln der Kameraaufnahme. Häufig treten große, 153 schnelle Blickrichtungswechsel in Kombination mit Lidschlägen auf und haben folg- lich eine schnelle Änderung des Klassifikationssignals zur Folge. Aus diesem Grund wurde der mittlere Betrag der Ableitung des Klassifikationssignals (Berechnung mit dem Vorgehen nach Savitzky-Golay der Ordnung fünf und Fensterlänge 13, Savitzky & Golay, 1964) zwischen dem Start und Ende jedes potentiellen Lid- schlages mit einem k-Means-Algorithmus mit k = 3 ebenfalls in drei Gruppen mit niedrigerer Gn, mittlerer Gm und hoher Gh Geschwindigkeit unterteilt (Arthur & Vassilvitskii, 2007). 8. Clusteringwahl: Von den Maxima aus Schritt vier wurden alle mit niedrigem Klas- sifikationswert Wn und der Kombination Wm und Gn ausgeschlossen. 9. Pupillensichtbarkeit: Alle potentiellen Lidschläge aus Schritt acht wurden ausge- schlossen, falls die Pupille im Signal L2 während der gesamten Zeitdauer zwischen Start und Ende detektiert wurde. 10. Median des Clustering: Die Schritte sechs bis neun wurden zwölfmal ausgeführt. Von den unterschiedlichen Ergebnissen aufgrund des Clustering wurde das Ergeb- nis gewählt, dessen Anzahl detektierter Lidschläge am nächsten am Median der Anzahl an detektierten Lidschlägen lag. Die Maxima inklusive zugehörigen Start- und Endzeitpunkten aus Schritt fünf entspra- chen den Lidschlagdetektionen mit dem eigenen Verfahren. Im Folgenden wird der Al- gorithmus aufgrund der Anpassungen von Verfahren a5 mit a5b bezeichnet. 8.7. Test der eigenen Verfahren Zum Vergleich mit den bisherigen Verfahren wurden die eigenen Algorithmen a5b, a6 und a7 ebenfalls mit den bereits gelabelten Abschnitten getestet. Hierbei wurde das- selbe Vorgehen wie bei der Evaluation des Algorithmus a2 in Kapitel 8.5.1 auf Basis der Ergebnisse mit a1 angewendet. Aufgrund dessen sind die resultierenden Ergebnis- se direkt mit den Ergebnissen der Algorithmen a1 und a2 vergleichbar. Die Ergebnisse des Labelling der Algorithmen sind in Tabelle 8.4 mit personenabhängigen Mittelwerten dargestellt. Zu beachten ist, dass in der manuellen Studie ein Proband mit dem Algo- rithmus a5b nicht ausgewertet werden konnte. Im Anhang in den Tabellen D.1, D.2, D.3 und D.4 befinden sich darüber hinaus detaillierte Ergebnisse in den unterschiedlichen Unterkategorien. 8.8. Diskussion der Ergebnisse Die Ergebnisse in den Tabellen 8.2 und 8.4 zeigen, dass sich die Detektionsraten von Lid- schlägen in Form der TPR, FDRBR und FDRNBR je nach Algorithmus und Datenbasis unterscheidet. Im Vergleich der unterschiedlichen Algorithmen zur Lidschlagdetektion auf Basis derselben Bilder und Signale zeigen sich sehr große Unterschiede bei der Güte 154 Tabelle 8.4.: Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a5 bis a7 (M± SD) Fahrstil Label a5b a6 a7 Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 76±13 71±11 91±6 85±20 87±7 82±23 FDRBR 16±14 20±11 5±8 5±7 4±6 5±9 FDRNBR 7±6 5±7 9±9 8±13 6±5 7±5 HAF TPR 71±30 54±28 82±20 66±27 81±17 63±26 FDRBR 23±28 43±33 6±6 19±32 7±8 19±29 FDRNBR 7±7 5±5 6±6 4±6 4±5 2±4 der Detektion. Ein Grund hierfür kann sein, dass die Verfahren von Bergasa et al. (2006) und Sukno et al. (2009) auf die eigene Bildverarbeitung angepasst sind und negativ durch den Signalverlauf der Bildverarbeitung in dieser Studie beeinflusst wurden. Ebenfalls gab es Unterschiede in den Randbedingungen der Studien, die sicher auch einen Einfluss auf die Auswertung hatten. Insgesamt sieht man bei den beiden Referenzalgorithmen, dass die FDRNBR der Lidschlagerkennung trotz des individualisierten Labellings zum Teil sehr hoch und sogar oberhalb der TPR ist. Rückschlüsse zum Zustand oder Verhalten der Fahrer würden in einem solchen Fall maßgeblich durch das Lidschlagdetektionsver- fahren anstatt das wirkliche Verhalten der Fahrer beschrieben. Interessant sind auch die Ergebnisse mit dem Algorithmus von Appel et al. (2016). Gründe für die signifikant unterschiedliche Länge der gelabelten Abschnitte in der Veröffentlichung und eigenen Labelling könnte zum einen im Lidschlagverhalten der Probanden in den unterschied- lichen Studien liegen. Zum anderen ist der Unterschied wahrscheinlich auch durch die Abhängigkeit der gelabelten Lidschläge von der Lidschlagdefinition beeinflusst. Durch die Übernahme der Längen aus den EOG-Detektionen in dieser Studie wird die Länge ebenfalls stark durch den EOG-Signalverlauf beeinflusst. Der Vergleich zwischen der zeit- und ereignisbasierten Auswertung zeigte einen großen Unterschied zwischen den verschiedenen Auswertungsmethoden. So ist der Algo- rithmus von Appel et al. (2016) in der ursprünglichen Form nicht für eine gute zeitba- sierte Auswertung nutzbar. Erst durch die eigene Anpassung werden verbesserte Detek- tionsraten erzielt, die mit den anderen Algorithmen vergleichbar sind. Diese Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, jedes Lidschlagverfahren für die durch- geführten Fahrstudien zu testen. Der Einfluss durch die Randbedingungen der Studien auf die Detektion könnte ansonsten zu starken Auswirkungen auf das Ergebnis führen. Der direkte Vergleich der drei kamerabasierten Algorithmen a5b, a6 und a7, zeigte signifikante Unterschiede zwischen der TPR [χ2(2, N = 57) = 41.83, p < .001] und FDR [χ2BR (2, N = 57) = 61.881, p < .001]. Einzig bei der FDRNBR waren die Unter- schiede nicht signifikant [χ2(2, N = 57) = 8.15, p = .17]. Post-hoc Tests zeigten eine signifikant bessere Detektionsrate (a6 gegenüber a7: z = -3.344, p < .001; a6 gegen- 155 über a5b: z = -5.10, p < .001) und teilweise FDRBR (a6 gegenüber a7 nicht signifikant: z = -1.721, p = .085; a6 gegenüber a5b: z = -5.88, p < .001) für a6, weshalb die Ergebnisse mit a6 für den weiteren Vergleich mit den EOG-Auswertungen mit den Algorithmen a1 und a2 genutzt wurden. Ein Friedman Test zwischen den drei Algorithmen a1, a2 und a6 zeigte signifikante Unterschiede zwischen der TPR [χ2(2, N = 59) = 22.05, p < .001] und FDR 2NBR [χ (2, N = 59) = 28.06, p < .001] allerdings nicht für die FDRBR [χ2(2, N = 59) = 0.23, p = .89]. Beim post-hoc Vergleich zwischen der Detektion von Lidschlägen mit Hilfe des EOG Systems und dem besten kamerabasierten Ergebnis mit derselben Aufnah- mefrequenz (a2 und a6), unterschieden sich die Detektionsraten nicht sehr stark. Die kamerabasierte Detektion wies lediglich eine signifikant höhere FDRNBR (z = -3.20, p = .001) auf. Der Unterschied zwischen der TPR war knapp nicht signifikant (z = -1.89, p = .058). Die Unterschiede in den Detektionsraten speziell in der wachen hochautomati- sierten Phase (keine Signifikanz nach Bonferroni Korrektur; 621 Detektionen mit a6 und 524 mit a2) deuten darauf hin, dass eine indirekte Messung von Lidschlägen mit EOG in höheren Automationsstufen diese nicht mehr so gut erkennt, wie eine direkte Messung auf Basis von Kameraaufnahmen. Im Gegensatz dazu bietet die Lidschlagdetektion auf EOG Basis beim manuellen Fahren Vorteile (keine Signifikanz nach Bonferroni Korrek- tur; 613 Detektionen mit a2 und 567 mit a6). Eine Ursache für die unterschiedlichen Detektionsraten könnte an einem geänderten Lidschlagverhalten der Probanden bei den unterschiedlichen Auswertungsteilen liegen. So waren während des Labelling-Prozesses einige Probleme der beiden Technologien bei der Lidschlagdetektion sichtbar. Im indi- rekten EOG-Verfahren wurde das Ergebnis insbesondere durch lange Lidschlüsse und Augenbewegungen trotz komplett geschlossener Lider beeinflusst. Da die Detektion des Lidabstands beim kamerabasierten Verfahren hauptsächlich auf dem korrekten Setzen des oberen und unteren Lidrandes auf die richtige Kante im Kamerabild basiert, gab es bei der Bildverarbeitung Probleme durch den Einfluss der Wimpern. Zusätzlich gab es negative Einflüsse durch die Verdeckung des unteren Lids durch die Bewegung des obe- ren Lids bei einem Lidschluss oder durch Hautfalten und Helligkeitsunterschiede auf der Haut im Kamerabild um das Auge. Speziell in der müden Phase hatten die Probanden eine kleinere Lidöffnung und die Wahrscheinlichkeit für längere Lidschlüsse war höher als in der wachen Phase. Diese Phänomene sind wahrscheinlich der Hauptgrund für den signifikanten Abfall der Detektionsrate von Lidschlägen zwischen wachen und müden Probanden (z = -4.17, p < .001, Verringerung der Detektionsraten um zwei bis 16 Pro- zent). Dieser Abfall war unabhängig von der Messfrequenz (f1 oder f2), der Messtechnik zur Lidschlussdetektion (EOG oder Kamera) oder dem Automatisierungsgrad (manuell oder hochautomatisiert). Die beiden Studien 1 und 2 unterschieden sich in den Studienbedingungen (Fahrge- schwindigkeit, Reaktionsabfragen und Testsituationen). Trotzdem zeigen die Ergebnisse in Kapitel 7, dass sich die Probanden in der HAF-Studie immer ihrer Verantwortung bewusst waren und sicher reagierten. Der signifikante Abfall bei den Detektionsraten von manuellen zu HAF-Phasen (exakter Mann-Whitney U-Test: z = -6.05, p < .001; Verringerung der Detektionsrate bei dem besten EOG und kamerabasierten Verfahren zwischen neun und 29 Prozent) und signifikante Anstieg der FDRBR (exakter Mann- 156 Whitney U-Test: z = -2.88, p = .004) ist größtenteils auf den Fahrmodus zurückzuführen und deuten auf ein verändertes Verhalten der Probanden in den unterschiedlichen Au- tomatisierungsstufen hin. Die Detektionsraten eines Lidschlagalgorithmus, der im manuellen Fahren getestet wurde, sollten aufgrund der Ergebnisse vor der Nutzung beim automatisierten Fahren erneut überprüft werden. Im Vergleich der beiden Aufnahmefrequenzen f1 und f2 zeigt sich durch den signifikanten Unterschied der Detektionsrate (z = -4.74, p < .001; drei bis zehn Prozent) das Potential, welches eine höhere Aufnahmefrequenz bietet. Spezi- ell die größeren Differenzen der Werte für HAF zeigen die Verbesserungsmöglichkeit in diesem Fahrstil. Da dieser Effekt auch mit einer Kamera mit unterschiedlichen Aufnah- mefrequenzen von Picot et al. (2009) festgestellt wurde, ist derselbe Effekt auch für die Kamera zu erwarten. Durch die Unterteilung des Detektionsergebnisses in die Gruppen Ab und Ac in den Detailauswertungen in Anhang D, kann man zusätzlich die Auswirkungen des Müdig- keitszustandes auf das Lidschlagverhalten während des manuellen Fahrens sehen. Zusätz- lich sind die Detektionen bei den einzelnen Probanden in absoluten Zahlen aufgeführt. So ist der Abfall der Werte von Ab und Ac zwischen wachen und müden Fahrern hö- her, als die Rate von nicht detektierten Lidschlägen. Ein wacher Fahrer, der manuell fuhr, schloss seine Lider während eines Lidschlages somit nicht so stark, wie während des müden Zustandes. Grund für den geringeren Lidabstand während der wachen Phase könnte sein, dass der Fahrer aufgrund seiner Verantwortung, die Zeit, in der er durch den Lidschlag nicht auf die Straße schauen kann, möglichst klein halten will. In der müden Phase ist dieses Verhalten eventuell nicht mehr im selben Maß aufrecht zu erhalten. In der Umgangssprache ist der Begriff der schweren Lider bei Müdigkeit geläufig, der sich hier auf Basis eines stärkeren Schlusses des oberen auf das untere Lid nachweisen lässt. Ein ähnlicher Rückgang ist im Vergleich zwischen wacher manueller und hochautoma- tisierter Auswertung zu sehen. Dies zeigt, dass auch Fahrer in der hochautomatisierten Phase die Lider bei Lidschlägen stärker schlossen. Da der Fahrer seine visuelle Aufmerk- samkeit im hochautomatisierten Fahren nicht mehr auf die Straße richten musste, nahm eventuell der Zwang ab, die Lider so kurz und gering wie möglich zu schließen. 157 9. Fusionierte Lidschlagdetektion und -untersuchungen in Studie 1 und 2 Die Auswertungen in Kapitel 8 zeigen, mit welcher Genauigkeit Lidschläge mit den ein- zeln untersuchten Methoden auf Basis der aufgezeichneten Messdaten detektiert werden können. In Hinblick auf den Gesamtprozess zur Detektion des Müdigkeitszustandes in Kapitel 5 könnten die aufgezeichneten Fahrten nun über die gesamte Länge mit Hilfe der Algorithmen analysiert, Lidschlagparameter berechnet und anschließend eine Müdig- keitsdetektion durchgeführt werden. Auf Basis von Abbildung 5.1 ist hierzu in Abbildung 9.1 ein mögliches detailliertes Vorgehen aufgezeigt. Beim gesamten Vorgehen sind die verschiedenen Abhängigkeiten und Genauigkei- ten der einzelnen Prozessschritte zu beachten. In Hinblick auf eine möglichst genaue Untersuchung des Fahrers wäre eine optimale Ausgangssituation durch nahezu fehler- freie Messsignale hilfreich. Es könnte dann eine optimale Auswertung und replizierbare Müdigkeitsdetektion erfolgen, indem das Lidschlagverhalten detektiert und mit dem Mü- digkeitszustand gematcht wird. In der Realität sind allerdings durch jeden Prozessschritt Fehler zu erwarten. Die Verkettung dieser Mess-, Prozesseinflüsse und Fehler in den ein- zelnen Schritten wird bei den Verfahren zur Müdigkeitsklassifikation (siehe Kapitel 5.6.3) häufig vernachlässigt. Dadurch optimieren Klassifikatoren ihre Ergebnisse zum Teil auf Fehlern aus den vorangegangenen Schritten, weshalb diese nicht replizierbar sind. Hin- zu kommt, dass äquivalent zu dieser Studie durch die spezifischen Randbedingungen lediglich ein Spezialfall einer Fahrt (hier z.B. Fahrt ohne Nebentätigkeiten, dunkle Um- gebungsbedingungen etc.) untersucht werden kann. Für eine aussagekräftige replizier- bare Klassifikation wäre ein sehr großer Datensatz mit unterschiedlichen Bedingungen Abbildung 9.1.: Mögliches detailliertes Vorgehen zur Müdigkeitsdetektion auf Basis der Lidschlagdetektion in Studie 1 und 2 158 des Wetters, Tageszeiten, Nebentätigkeiten oder Fahrten mit zusätzlichen Mitfahrern nötig. Aus diesen Gründen wird in dieser Arbeit auf eine Klassifikation des Müdigkeits- zustandes auf Basis des Lidschlagverhaltens verzichtet und die Lidschlagdetektion in einem weiteren Schritt durch eine Fusion der Lidschlagdetektionsverfahren verbessert. Hinzu kommt, dass es bisher wenige Untersuchungen zum Verhalten des Menschen wäh- rend des hochautomatisierten Fahrens gibt. Somit kann nicht überprüft werden, ob das Lidschlagverhalten der Probanden in dem durchgeführten Versuch beispielhaft für hoch- automatisierte Fahrten im Allgemeinen ist. Im Fokus der Verbesserung mit der Fusion stand die FDRNBR während des manu- ellen und hochautomatisierten Fahrens. Jede falsche Detektion beeinflusste eine anschlie- ßende Berechnung der Lidschlagparameter und setzte sich so fort. Gleichzeitig sollte eine vergleichbare TPR zu den bisher vorgestellten Algorithmen erzielt werden und speziell die Detektion bei hochautomatisiertem Fahren und müden Fahrphasen verbessert wer- den. Durch eine Verbesserung in diesen Fahrphasen sollte eine vergleichbare Lidschlag- detektion unabhängig vom Fahrstil oder Müdigkeitszustand der Probanden ermöglicht werden. So ist laut Craig (1987) eine vergleichbare Detektionsgüte in allen Müdigkeits- zuständen die Grundvoraussetzung für eine mögliche Müdigkeitsdetektion, was auf Basis der bisher erzielten Ergebnisse nicht vorausgesetzt werden kann. Im Anschluss an die Beschreibung und Evaluation der Fusion werden verschiedene Lidschlagparameter aus der optimierten Lidschlagdetektion ausgewertet und das Verhalten der Probanden un- tersucht. 9.1. Fusion der Lidschlagdetektionsverfahren Das Hauptziel der Fusion war es, die Falschdetektionen zu minimieren und eine möglichst gute Detektionsrate auf einem ähnlichen oder besseren Niveau als bei den Einzelalgorith- men zu erhalten. Zur fusionierten Lidschlagdetektion wurden die beiden Messaufzeich- nungen, EOG-Signale und Kamerabilder als Ausgangsbasis genutzt. Durch die Nutzung unterschiedlicher Messtechniken sind die beiden Aufnahmen unabhängig voneinander. Fehler bei der Aufzeichnung mit einer der Messtechniken sind somit nicht in dem Signal der zweiten Messtechnik zu finden. Bei der Bildverarbeitung des Kamerabildes kamen die vorgestellten Verfahren zur Erzeugung der Signale L1, L2, L3 und L4 zum Einsatz. Die Verfahren generierten diese Signale unabhängig voneinander. Im Anschluss wurden die jeweils besten Verfahren aus Kapitel 8 für die Signalverarbeitung der fünf Ausgangs- signale genutzt. Dies waren die Algorithmen a1, a5b, a6. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Grunddetektionen gut sind und nicht bereits zu viele Falschdetektionen in die Fusion einfließen. Auch wenn die Algorithmen a5b, a6 beide in einem Auswertungsschritt das Signal L2 nutzten, basieren die Detektionen hauptsächlich auf den unabhängigen Bild- verarbeitungen der Signale L1, L3 und L4. Das Signal L2 wird lediglich zur Evaluation genutzt. Bei der Fusion wurde wie folgt vorgegangen: 1. Unabhängige Lidschlagdetektion: Mit den drei Algorithmen wurden Lidschläge 159 getrennt voneinander detektiert. Von jedem Lidschlag wurde jeweils der Beginn, der Zeitpunkt des Extremums (je nach Signal ein Minimum bzw. Maximum) und das Ende gespeichert. 2. Fusion 1: Da die Detektion der beiden Algorithmen a5b und a6 auf denselben Ka- meraaufnahmen basierte, wurden die Detektionen dieser Algorithmen im ersten Schritt fusioniert. Hierzu wurden alle detektierten Lidschläge (Extrema) inklusive Start und Ende des Algorithmus a6 übernommen, falls mindestens zu einem Zeit- punkt zwischen den Grenzen ebenfalls ein Lidschlag durch den Algorithmus a5b detektiert wurde. Alle sonstigen Detektionen von a6 inklusive der Detektionen von a5b wurden anschließend verworfen. Grund hierfür war die bessere Detektion des Starts und Endes mit Algorithmus a6 speziell bei langen Lidschlüssen. 3. Signalvalidierung 1: Alle Detektionen aus Schritt zwei wurden anschließend mit Hilfe des Signalverlaufes des vertikalen EOG-Signals validiert. So wurden ledig- lich die Detektionen aus dem vorhergehenden Schritt beibehalten, bei denen das absolute Maximum des EOG-Signalverlaufes zwischen dem Start und Ende der Lidschläge aus Schritt zwei nicht an den Randpunkten (Start/Ende) war. 4. Signalvalidierung 2: Parallel zu Schritt zwei und drei wurden die Lidschlagdetek- tionen des Algorithmus a1 mit den Signalverläufen des Algorithmus a5b und a6 verglichen. Dabei wurden Detektionen mit dem Algorithmus a1 nur beibehalten, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen zwischen Start und Ende der de- tektierten Lidschläge inklusive der Randzeitpunkte der Detektionen mit a1 erfüllt waren: • Das Signal L5 hatte mindestens zu einem Zeitpunkt einen Klassifikationswert größer oder gleich 0.65. • Das Signal L1 wies eine Amplitude von größer oder gleich 50 Pixel auf. • Das absolute Minimum des Signals L1 befand sich in dem detektierten Signal- abschnitt der Detektionen von a1 nicht an einem der beiden Randpunkte. 5. Fusion 2: Die Menge der detektierten Lidschläge aus den beiden Signalvalidie- rungsschritten wurde anschließend fusioniert. Hierzu wurde überprüft, ob sich die detektierten Intervalle aus Schritt drei zu mindestens einem Zeitpunkt mit den Intervallen aus Schritt vier überschnitten. War dies der Fall, so wurden die De- tektionen mit Überschneidungen aus Schritt vier aufgrund der höheren Aufnah- mefrequenz inklusive deren Start und Ende übernommen und die Detektionen mit Überschneidungen aus Schritt drei verworfen. Alle übrigen Detektionen aus Schritt drei ohne Überschneidung mit den Detektionen (Start, Ende und Extremum) von Schritt vier wurden ebenfalls übernommen. Von diesen Detektionen wurden in der Fusion ebenfalls die Start- und Endzeitpunkte aus Schritt drei übernommen. Die Extremwerte der letztgenannten Detektionen wurden durch das absolute Ma- ximum des gefilterten vertikalen EOG-Signals (Savitzky-Golay-Filter mit Poly- nomordnung drei und Fensterlänge sieben; Savitzky & Golay, 1964) innerhalb des 160 Abbildung 9.2.: Fusionsverfahren zur Lidschlagdetektion Start- und Endzeitpunktes ersetzt. Ebenfalls wurden alle Detektionen aus Schritt vier ohne Überschneidung mit den Detektionen aus Schritt drei übernommen. Das gefilterte vertikale EOG-Signal wird im folgenden L6 genannt. Als Ergebnis der Fusion lagen von jedem detektierten Lidschlag ein Start- und Endzeit- punkt vor. Darüber hinaus gab es von jeder Detektion eine Information über die zeitliche Position und die Spannung zwischen den EOG-Elektroden im Extremum. Abbildung 9.2 zeigt die einzelnen Schritte des Algorithmus in einer Übersicht. Zu beachten ist, dass zur Entwicklung des Fusionsverfahrens die detaillierte Analyse einiger der gelabelten Fahrabschnitte in Kapitel 8.5 genutzt wurde. 9.2. Evaluation der Fusion Zur Überprüfung der Verbesserung der Lidschlagdetektion durch die Fusion wurde die fusionierte Lidschlagerkennung im ersten Schritt mit allen gelabelten Signalabschnitten aus Kapitel 8.5 überprüft. Hierzu wurde das beschriebene Vorgehen zur Evaluation von a2 in Kapitel 8.5.1 auch bei der Bewertung der Fusion genutzt. Die Ergebnisse der Eva- luation sind in Tabelle 9.1 dargestellt und in Tabelle D.2 und D.4 im Anhang detailliert aufgeführt. Im direkten Vergleich zu den Ergebnissen mit den Algorithmen a1, a5b und a6 zeigte sich die gewünschte Verbesserung der TPR außer bei der manuellen wachen Fahrphase 161 Tabelle 9.1.: Detektionsergebnis in % des fusio- nierten Verfahrens (M ± SD) Fahrstil Label Fusion Wach Müde Manuell TPR 90±14 95±6 FDRBR 6±10 2±2 FDRNBR 2±3 1±1 HAF TPR 85±19 77±18 FDRBR 8±10 13±16 FDRNBR 2±3 2±3 und eine Verbesserung der FDRNBR speziell bei der hochautomatisierten Fahrt. So re- duzierte sich die absolute Zahl an FDRNBR in den 114 min auf 28 gegenüber 45 bei a1, 148 bei a5b und 211 bei a6. Die Detektionen speziell in der müden hochautomatisierten Phase konnten durch die Fusion von 493 (a1), 425 (a5b), 527 (a6) auf 564 gesteigert wer- den. Da die Entwicklung des Fusionsverfahrens auf den Ergebnissen mit den gelabelten Fahrabschnitten erfolgte, waren diese Verbesserungen zu erwarten und werden keines statistischen Vergleichs unterzogen. Um unabhängige Ergebnisse der Performance der Fusion zusammen mit den Er- gebnissen des Algorithmus zu erhalten, wurden die drei Ausgangsalgorithmen a1, a5b und a6 sowie das fusionierte Verfahren in zusätzlichen Abschnitten getestet. Aufgrund des sehr hohen Aufwandes des Labelling mit allen vier Algorithmen wurde die Proban- denanzahl für die zusätzliche Auswertung aus Studie 1 auf sieben und für Studie 2 auf acht Probanden reduziert. Die Wahl der Probanden aus den beiden Versuchen erfolg- te zufällig anhand des in Kapitel 8.5 geschilderten Vorgehens. Die acht Probanden aus Studie 2 waren Teil der 16 Probanden aus der bisherigen Evaluation. Zusätzlich wurden die evaluierten Abschnitte aus den wachen und müden Phasen auf jeweils eine Minute reduziert. Die Wahl dieser Abschnitte erfolgte wie in Kapitel 8.5 gezeigt zufällig. Es wurde darauf geachtet, dass sich die neu gewählten Abschnitte und die zweiminütigen Abschnitte des vorhergehenden Labelling nicht überschnitten. Das anschließende Label- ling wurde wie in Kapitel 8.5 beschrieben von zwei unabhängigen Labelling Experten durchgeführt. Tabelle 9.2 gibt einen Überblick über die Ground-Truth Daten aus den zusätzlichen Fahrabschnitten. Insgesamt kamen in den 30 Abschnitten mit einer Gesamtlänge von 30 min 763 Lidschläge der Kategorie GTa und GTb vor. In Tabelle 9.3 ist das Ergebnis der Algorithmen a1, a5b, a6 und der Fusion für diese Abschnitte gezeigt. 162 Tabelle 9.2.: Überblick der Ground-Truth Daten Überblick Manuelle Fahrt HAF Wach Müde Wach Müde 1-minütige Abschnitte 7 7 8 8 Lidschläge (GTa und GTb) 178 243 190 152 Anteil von GTa 112 (62.9 %) 183 (75.3 %) 167 (87.9 %) 138 (90.8 %) Anteil von GTb 66 (37.1 %) 60 (24.7 %) 23 (12.1 %) 14 (9.2 %) Tabelle 9.3.: Detektionsergebnis in % der Algorithmen a1, a5b, a6 und der Fusion (M±SD) Fahrstil Label a1 a5b a6 Fusion Wach Müde Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 87±17 85±12 70±19 66±15 93±10 86±16 81±24 90±8 FDRBR 5±12 4±5 4±6 20±17 6±8 13±6 6±12 4±5 FDRNBR 6±10 1±3 11±20 2±3 10±12 8±10 3±4 0±0 HAF TPR 87±16 82±22 83±13 54±33 95±5 78±23 87±16 82±21 FDRBR 15±14 13±17 8±8 32±23 1±2 1±2 14±14 13±17 FDRNBR 2±4 1±4 8±8 13±16 5±8 5±6 2±3 1±2 163 9.3. Überblick, Vergleich und Auswahl der Lidschlagparameter Durch das fusionierte Verfahren ist eine optimierte Lidschlagdetektion in den untersuch- ten Versuchen möglich. Einzelne Lidschlagparameter auf Basis der Übersicht in Kapitel 5.4 sollten anschließend zur genauen Untersuchung des Lidschlagverhaltens der Pro- banden in den unterschiedlichen Fahrphasen und Automatisierungszuständen dienen. In Hinblick auf den Gesamtzusammenhang in Abbildung 9.1 hängt die Genauigkeit der Berechnung der Lidschlagparameter von der Signalaufzeichnung, der Lidschlagdetektion und den aufbauenden Analysen ab. So sind neben dem Signalverlauf die detektierten Start- und Endpositionen des Lidschließens, Lidschlusses und der Lidöffnung wichtig. Wie Kapitel 5.2 zeigte, ist die grundlegende Definition des Startes und Endes eines Lid- schlages unabhängig von der algorithmischen Umsetzung nicht eindeutig. Aus diesem Grund wurde der detektierte Start und das Ende der Lidschlagdetektion als Zeitpunkt für den Beginn des Lidschließens und das Ende der Lidöffnung aus Kapitel 9.1 und der dortigen Beschreibung übernommen. Zur Trennung der drei Phasen Lidschließen, Lidschluss und Lidöffnung wäre eine Unterteilung der detektierten Intervalle in Zeitab- schnitte mit einer Sichtbarkeit der Pupille von mehr und weniger als 50 % ideal. So wäre der Großteil der Pupille bei einem Lidschluss verdeckt. Die detektierten Lidschläge und vorliegenden Signale wurden deshalb auf eine gute Trennung in diese Aufteilung unter- sucht. Auf Basis der vorliegenden Signale war es dabei nicht möglich, ein erfolgreiches Verfahren mit hoher Detektionsrate zur Trennung der drei Phasen zu entwickeln. Aus- wertungen von Lidschlagparametern mit einem Verfahren dieser Art wären somit nicht zielführend für eine allgemein gültige Aussage und würden stark durch Falschdetektio- nen beeinflusst. Allerding passte die Position des Extremums des fusionierten Verfahrens gut zu einer Pupillenverdeckung von mehr als 50 %. Aus diesem Grund wurden die de- tektierten Lidschläge zur Parameterauswertung nicht in drei, sondern mit der Position des Extremums als Zeitpunkt zur Trennung in zwei Phasen unterteilt. Die Grenze zwi- schen diesen Phasen und alle darauf basierenden Parameter waren wie die Detektion des Startes und Endes des Lidschlages somit signalbasiert und wurden hauptsächlich durch die vertikale EOG-Aufzeichnung beeinflusst. Trotz des indirekten Zusammenhangs mit den eigentlichen Lidschlägen sind die Parameter so in anderen Arbeiten replizierbar. Im Folgenden werden die ausgewählten Lidschlagarameter vorgestellt. Ein Großteil von diesen basiert auf den vorgestellten Parametern in Kapitel 9.3. Frequenz(Fp): Anzahl der fusionierten Detektionen pro Minute (Einheit 1/min). Schließzeit(Ts): Zeitintervall zwischen Start und Extremum (Einheit s). Öffnungszeit(To): Zeitintervall zwischen Extremum und Ende (Einheit s). Lidschlagdauer(Tp): Zeitintervall zwischen Start und Ende (Einheit s). 164 Schließamplitude(As): Differenz zwischen dem absoluten Minimum und Maximum des gefilterten vertikalen EOG-Signals L6 zwischen dem Start und Extremum einschließ- lich dieser beiden Zeitpunkte (Einheit mV). Öffnungsamplitude(Ao): Differenz zwischen dem absoluten Minimum und Maximum von L6 zwischen dem Extremum und Ende einschließlich dieser beiden Zeitpunkte (Ein- heit mV). Amplitude(Ap): Minimum aus Schließ- und Öffnungsamplitude (Einheit mV). Energie(Ep): Integral von L6 zwischen detektiertem Start und Ende einschließlich die- ser beiden Zeitpunkte (Einheit V·s). Maximale Lidschließgeschwindigkeit(Vs): Maximaler Wert der Ableitung des ver- tikalen EOG-Signals (Berechnung basierend auf dem Vorgehen von Savitzky-Golay mit der Ordnung fünf und Fensterlänge 13; Savitzky & Golay, 1964) zwischen Start und Extremum einschließlich dieser beiden Zeitpunkte (Einheit V/s). Maximale Lidöffnungsgeschwindigkeit(Vo):Maximaler Wert der Ableitung des ver- tikalen EOG-Signals (Berechnung basierend auf dem Vorgehen von Savitzky-Golay mit der Ordnung fünf und Fensterlänge 13; Savitzky & Golay, 1964) zwischen Extremum und Ende einschließlich dieser beiden Zeitpunkte (Einheit V/s). Mittlere Lidschließgeschwindigkeit(Vms): Der Signalverlauf des Signals L6 bis zum Extremum war nicht nur monoton steigend. Deshalb wurde die absolute Änderung der Differenzen des Signalverlaufs vom Start bis Extremum von Zeitpunkt zu Zeitpunkt im ersten Schritt aufsummiert. Diese Summe wurde durch die Länge des Abschnittes zwi- schen Start und Ende geteilt (Einheit V/s). Mittlere Lidöffnungsgeschwindigkeit(Vmo): Die mittlere Lidöffnungsgeschwindig- keit wurde äquivalent zur Lidschließgeschwindigkeit mit den Bezugspunkten Extremum und Ende berechnet (Einheit V/s). Schließamplitude/maximale Lidschließgeschwindigkeit(Tas):Quotient der Schließ- amplitude und der maximalen Lidschließgeschwindigkeit (Einheit s). Öffnungsamplitude/maximale Lidöffnungsgeschwindigkeit(Tao):Quotient der Öff- nungsamplitude und der maximalen Lidöffnungsgeschwindigkeit (Einheit s). Lidschlag- und signalabhängiges Perclos(Pls): Da die Beschreibung, Definition und Wahl der Schwellwerte für Perclos in der Literatur variiert (siehe Kapitel 5) wurde als Parameter ein lidschlagabhängiges, signalbasiertes Perclos gebildet. Hierzu wurde für jeden Lidschlag individuell das 80%-Perzentil der Amplitude berechnet. Anschließend wurde der Signalverlauf im Zeitintervall zwischen Start und Ende mit dem Schwell- 165 wert (Extremum-20%·Amplitude) untersucht. Der Zeitabschnitt bei dem das Signal L6 oberhalb des Schwellwertes lag, wurde anschließend mit dem Abschnitt unterhalb in ein Verhältnis gesetzt und ergab einen prozentualen Wert (Einheit 0 bis 1). Lidschlagabhängiges Perclos(Pl): Neben Pls wurde mit einem lidschlagabhängigen Perclos auch ein zweites Signal mit Ähnlichkeit zu Perclos ausgewertet. Hierzu wurde die Summe der Lidschlagdauer aller Lidschläge in einem festen Zeitintervall gebildet und durch die Länge des festen Zeitintervalls geteilt (Einheit 0 bis 1). EOG-basierte lange Lidschläge(Sp): Absolute Anzahl der Lidschläge, die zwischen gemessenem Start und Ende eine Sekunde oder länger waren. 9.4. Auswertung der Lidschlagparameter in Studie 1 und 2 Für die beiden Studien 1 und 2 wurden die einzelnen Lidschlagparameter auf Basis der Beschreibungen in Kapitel 9.3 und den detektierten Lidschlägen mit dem fusio- nierten Verfahren berechnet. Da Müdigkeit kein schlagartiger Prozess ist, wurden die Lidschlagparameter in Intervallen mit einer Länge von zehn Minuten berechnet. Bei der zeitbasierten Auswertung der Versuchsfahrten wurden dieselben Intervalle wie in Ka- pitel 7 genutzt. Aufgrund der großen individuellen Unterschiede der Parameter bei den Probanden wurden diese als Verhältnis zu einer individuellen Norm für jeden Probanden berechnet. Als Basis für die Normierung wurde der erste betrachtete Zeitabschnitt (zehn Minuten) genutzt. Die Abbildungen 9.3 und 9.4 zeigen die mittleren Verläufe der nor- mierten Lidschlagparameter in Studie 1 inklusive Standardabweichungen in denselben Intervallen wie in Kapitel 7. Von den EOG-basierten langen Lidschlägen Sp werden die absoluten Werte gezeigt. Die statistischen Auswertungen der Verläufe von Studie 1 über die Versuchszeit sind zusammengefasst in Tabelle 9.4 aufgezeigt. Zusätzlich sind in Tabelle 9.4 die Korre- lationen mit dem Verlauf der KSS aufgeführt. Zu beachten ist, dass in Studie 1 aufgrund des Fusionsverfahrens und einer kurzen Versuchszeit zwei Probanden weniger als im vor- ausgehenden Kapitel ausgewertet wurden. Äquivalent zur Auswertung von Studie 1 zeigen die Abbildungen 9.5 und 9.6 das Ergebnis der Auswertungen der Studie 2. Zu beachten ist, dass in den Abbildungen der Paramterverläufe kein Unterschied zwischen den Probanden mit unterschiedlichen Start- uhrzeiten und der Intervalllänge zwischen den Reaktionsabfragen gemacht wurde. Grund hierfür war, dass die Probanden bereits im ersten Intervall unterschiedliche Startuhrzei- ten und Intervalle hatten und mögliche Effekte der Untergruppen durch die Normierung beeinflusst bzw. ausgeglichen wurden. Im Vergleich zu den Auswertungen in Kapitel 7 wurde ein Proband mit fehlerhafter EOG-Aufzeichnung ausgeschlossen. Tabelle 9.5 zeigt die Ergebnisse der statistischen Auswertungen von Studie 2 über die Fahrzeit und die Korrelation der Lidschlagparameter mit der KSS. 166 2.5 1.5 2 1.5 1 1 0.5 0.5 (a) Fp (b) Ts 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (c) To (d) Tp 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (e) As (f) Ao 1.5 50 40 30 1 20 10 0.5 0 (g) Ap (h) Ep 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (i) Vs (j) Vo Abbildung 9.3.: Normierte Mittelwerte und Standardabweichungen der Lidschlusspara- meter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t10 von Versuch 1 1/2 167 V , normiert A , normiert A , normiert T , normierto F , normierts p s p V , normiert E , normiert A , normiert o p o T , normiert T , normiert p s 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (a) Vms (b) Vmo 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (c) Tas (d) Tao 1.5 2 1.5 1 1 0.5 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 (e) Pls (f) Pl 80 2.5 60 2 40 1.5 20 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 8 (g) Sp Abbildung 9.4.: Normierte Mittelwerte und Standardabweichungen der Lidschlusspara- meter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t10 von Versuch 1 2/2 168 S , normiert P , normiert T , normiert V , normiert p ls as ms P , normiert P , normiert T , normiert V , normiert l l ao mo Tabelle 9.4.: Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) im Versuchsverlauf von Studie 1 und die Korrelation mit der KSS Pm Verlauf Korrelation Fp F (1.753, 19.278) = 5.01, p = .021, η2p = .31 r = .369, p < .001 , N = 108 Ts F (8, 88) = 7.53, p < .001, η2p = .41 r = .227, p = .018 , N = 108 To F (1.966, 21.622) = 6.58, p = .006, η2p = .37 r = .467, p < .001 , N = 108 Tp F (2.024, 22.261) = 7.90, p = .002, η2p = .42 r = .412, p < .001 , N = 108 As F (2.367, 26.035) = 1.42, p = .26, η2p = .11 r = -.170, p = .079 , N = 108 A 2o F (2.604, 28.639) = 0.60, p = .59, ηp = .05 r = -.197, p = .042 , N = 108 Ap F (2.118, 23.303) = 0.43, p = .66, η2p = .04 r = -.164, p = .090 , N = 108 Ep F (1.299, 14.289) = 1.55, p = .24, η2p = .12 r = .047, p = .627 , N = 108 Vs F (1.822, 20.045) = 3.39, p = .058, η2p = .24 r = -.350, p < .001 , N = 108 Vo F (1.647, 18.112) = 2.38, p = .13, η2p = .18 r = -.359, p < .001 , N = 108 Vms F (2.358, 25.941) = 6.07, p = .005, η2p = .37 r = -.427, p < .001 , N = 108 Vmo F (1.767, 19.440) = 1.35, p = .28, η2p = .11 r = -.259, p = .007 , N = 108 Tas F (2.327, 25.594) = 11.42, p < .001, η2p = .51 r = .602, p < .001 , N = 108 Tao F (2.328, 25.610) = 16.48, p < .001, η2p = .60 r = .637, p < .001 , N = 108 Pls F (2.539, 27.929) = 6.05, p = .004, η2p = .36 r = .456, p < .001 , N = 108 Pl F (1.589, 17.480) = 7.46, p = .007, η2p = .40 r = .450, p < .001 , N = 108 S χ2p (8, N = 12) = 42.314, p < .001 τ = .450, p < .001, N = 108 169 2 6 5 1.5 4 3 1 2 1 0.5 0 (a) Fp (b) Ts 6 4 5 3 4 3 2 2 1 1 0 0 (c) To (d) Tp 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (e) As (f) Ao 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 0 (g) Ap (h) Ep 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8 (i) Vs (j) Vo Abbildung 9.5.: Normierte Mittelwerte und Standaardabweichungen der Lidschlusspa- rameter in den Auswertungsabschnitten t1 bis bis t8 von Versuch 2 1/2 170 V , normiert A , normiert A , normiert T , normierto F , normierts p s p V , normiert E , normiert A , normiert o p o T , normiert T , normiert p s 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (a) Vms (b) Vmo 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 (c) Tas (d) Tao 1.5 2.5 2 1 1.5 1 0.5 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8 (e) Pls (f) Pl 2.5 80 60 2 40 1.5 20 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 0.5 t t t t t t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8 (g) Sp Abbildung 9.6.: Normierte Mittelwerte und Standaardabweichungen der Lidschlusspa- rameter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t8 von Versuch 2 2/2 171 S , normiert P , normiert T , normiert V , normiert p ls as ms P , normiert P , normiert T , normiert V , normiert l l ao mo Tabelle 9.5.: Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) im Studienverlauf von Studie 2 und die Korrelation mit der KSS Pm Verlauf Korrelation Fp F (3.826, 149.225) = 2.01, p = .10, η2p = .05 r = .002, p = .97 , N = 273 Ts F (1.510, 58.890) = 1.78, p = .19, η2p = .04 r = .135, p = .025 , N = 273 To F (2.390, 93.216) = 2.65, p = .07, η2p = .06 r = .252, p < .001 , N = 273 Tp F (1.974, 76.993) = 2.47, p = .09, η2p = .06 r = .218, p < .001 , N = 273 As F (3.766, 146.880) = 1.23, p = .30, η2p = .03 r = .110, p = .07 , N = 273 A 2o F (3.791, 147.844) = 1.03, p = .39, ηp = .03 r = .203, p = .001 , N = 273 Ap F (4.209, 164.151) = 1.56, p = .18, η2p = .04 r = .101, p = .095 , N = 273 Ep F (2.406, 93.847) = 2.25, p = .10, η2p = .05 r = .293, p < .001 , N = 273 Vs F (3.125, 121.863) = 2.64, p = .050, η2p = .06 r = -.058, p = .34 , N = 273 Vo F (2.733, 109.316) = 2.58, p = .18, η2p = .04 r = .033, p = .59 , N = 273 Vms F (3.668, 143.065) = 5.23, p = .001, η2p = .12 r = -.142, p = .019 , N = 273 Vmo F (3.392, 132.283) = 3.57, p = .012, η2p = .08 r = -.022, p = .722 , N = 273 Tas F (3.099, 120.880) = 9.86, p < .001, η2p = .20 r = .358, p < .001 , N = 273 Tao F (3.092, 120.598) = 13.35, p < .001, η2p = .26 r = .271, p < .001 , N = 273 Pls F (2.669, 104.099) = 1.14, p = .33, η2p = .03 r = .060, p = .32 , N = 273 Pl F (2.595, 101.212) = 7.54, p < .001, η2p = .16 r = .266, p < .001 , N = 273 Sp χ 2(6, N = 40) = 54.34, p < .001 τ = .287, p < .001, N = 273 172 Zusätzlich zur Auswertung der Lidschlagparameter in den einzelnen Studien, wurden die Absolutwerte dieser Parameter im ersten und letzten Abschnitt von Studie 2 hinsicht- lich Startuhrzeit und Intervall der Reaktionsabfragen verglichen. So ist in dem ersten Abschnitt von einem wachen Zustand auszugehen, da sich kein Proband mit einer KSS von acht oder neun bewertete. Im letzten Abschnitt ist im Allgemeinen von einem mü- den Zustand auszugehen, da sich ein Großteil der Probanden nicht mehr für fahrtüchtig hielt. Beim Vergleich der Lidschlagparameter in Studie 2 hinsichtlich der beiden Interval- le der Reaktionsabfragen waren lediglich die Parameter Ts [F (1,21.525) = 5.98, p = .023, η2p = .14; 30 s = .21 ± .08; 180 s = .37 ± .30] und Pls [F (1,36) = 4.38, p = .043, η2p = .11; 30 s = .20 ± .02; 180 s = .18 ± .02] signifikant unterschiedlich. Alle weiteren signifi- kanten Unterschiede gab es in dem Faktor Startuhrzeit, deren Ergebnisse in Tabelle 9.6 aufgeführt sind. In keinem Vergleich gab es einen signifikanten Interaktionseffekt. Bei der Verletzung der Varianzhomogenität wurde auf den Welch-Test zurückgegriffen. Zur besseren Übersicht der Vergleiche wurden lediglich statistisch signifikante Unterschiede berichtet. In der manuellen Studie wurden mit den Startuhrzeiten 18 Uhr und 22 Uhr die gleichen Zeiten genutzt. Aufgrund lediglich zweier signifikanter Unterschiede im Inter- vall, wurden die Lidschlagparameter des ersten und letzten Abschnitts aus Studie 2 unabhängig von Startuhrzeit und Intervall zusammengefasst und mit den Parametern aus Studie 1 verglichen. Die Ergebnisse dieses Vergleiches sind in Tabelle 9.7 und 9.8 zusammengefasst. 9.5. Diskussion und Rückschlüsse aus den Ergebnissen Wie Kapitel 8 zeigt, haben die verschiedenen Algorithmen und Aufnahmeverfahren ver- schiedene Vor- und Nachteile bei der Lidschlagdetektion. Im ersten Schritt im vorherge- henden Kapitel wurden Einflüsse auf die Kameraaufnahmen, die Bildverarbeitung und Signaleinflüsse im EOG Signal versucht jeweils durch eine optimale Signalverarbeitung auszugleichen. Bei der Nutzung dieser einzelnen Aufnahmetechniken zur Lidschlagde- tektion sind der Signalverarbeitung allerdings Grenzen bei der Detektionsrate und in der Reduktion von Falschdetektionen durch die Messungenauigkeiten gesetzt. Mit der fusionierten Nutzung der beiden Messtechniken Kamera und EOG war es möglich die Aufnahmen zusätzlich zu validieren. Probleme durch die Verdeckung der Pupille durch die Wimpern oder Augenbewegungen bei geschlossenen Lidern konnten so minimiert werden. Die Evaluation der Fusion zeigte eine Verbesserung der absoluten Zahl der FDRNBR gegenüber dem besten Einzelalgorithmus aus Kapitel 8 von circa 38 % bei einer vergleichbaren Detektionsrate. Die Ergebnisse des unabhängigen Labelling bestätigten, dass die gesetzten Zie- le für die Fusion erzielt werden konnten. Der statistische Vergleich der Werte TPR [χ2(3, N = 30) = 25.19, p < .001], FDR [χ2BR (3, N = 30) = 25.49, p < .001] und FDR 2NBR [χ (3, N = 30) = 25.25, p < .001] zeigte signifikante Unterschiede. In post- hoc Tests der TPR zwischen der Detektionsrate des fusionierten Algorithmus und a5b 173 Tabelle 9.6.: Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) in der ersten und letzten Phase hinsichtlich der Startuhrzeit (18 (FS) bzw. 22 Uhr (SS)) Pm 1. Abschnitt Letzter Abschnitt Fp - - Ts - - To - - Tp - - As F (1, 36) = 6.99, p = .012, η2p = .16 - FS = 258.5±73.7; SS = 205.8±49.9 - Ao F (1, 36) = 4.46, p = .042, η2p = .11 F (1, 36) = 4.22, p = .047, η2p = .11 FS = 243.7±71.1; SS = 203.3±50.6 FS = 233.0±56.0; SS = 196.3±60.4 Ap F (1, 36) = 5.74, p = .022, η2p = .14 F (1, 36) = 5.03, p = .044, η2p = .11 FS = 223.7±69.0; SS = 178.9±48.3 FS = 203.2±52.5; SS = 166.1±58.3 Ep - - Vs F (1, 36) = 6.46, p = .015, η2p = .15 F (1, 36) = 5.14, p = .030, η2p = .13 FS = 3.22±1.08; SS = 2.46±0.81 FS = 2.67±0.79; SS = 2.09±0.80 Vo - - Vms F (1, 36) = 5.76, p = .022, η2p = .14 F (1, 36) = 4.50, p = .041, η2p = .11 FS = 1.44±0.47; SS = 1.12±0.38 FS = 1.15±0.37; SS = 0.89±0.37 Vmo - - Tas - - Tao - - Pls F (1, 36) = 6.44, p = .016, η2p = .15 - FS = .17±.02; SS = .19±.02 - Pl - - Sp - - 174 Tabelle 9.7.: Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) zwischen Studie 1 und 2 in dem ersten Abschnitt Pm M und SD Statistik Fp Man (23.3 ± 10.0) HAF (22.6 ± 11.6) t(1,50) = 0.19, p = .85 Ts Man (0.17 ± 0.03) HAF (0.18 ± 0.10) t(1,50) = -0.20, p = .85 To Man (0.45 ± 0.06) HAF (0.49 ± 0.34) t(1,50) = -0,31 p = .76 Tp Man (0.63 ± 0.07) HAF (0.67 ± 0.44) t(1,50) = -0.29, p = .78 As Man (232.0 ± 60.7) HAF (232.2 ± 67.6) t(1,50) = -0.01, p = .99 Ao Man (223.2 ± 57.2) HAF (223.5 ± 64.3) t(1,50) = -0.01, p = .99 Ap Man (202.3 ± 56.6) HAF (201.3 ± 63.1) t(1,50) = 0.05, p = .96 Ep Man (447.5 ± 196.0) HAF (654.5 ± 471.7) t(1,50) = -1.47, p = .15 Vs Man (3.02 ± 0.83) HAF (2.84 ± 1.02) t(1,50) = 0.57, p = .57 Vo Man (2.12 ± 0.58) HAF (2.08 ± 0.70) t(1,50) = 0.16, p = .87 Vms Man (1.31 ± 0.36) HAF (1.28 ± 0.45) t(1,50) = 0.26, p = .80 Vmo Man (0.64 ± 0.15) HAF (0.73 ± 0.19) t(1,50) = -1.50, p = .14 Tas Man (0.08 ± 0.01) HAF (0.09 ± 0.01) t(1,50) = -2.21, p = .032 Tao Man (0.11 ± 0.01) HAF (0.11 ± 0.02) t(1,50) = -1.20, p = .23 Pls Man (0.16 ± 0.01) HAF (0.18 ± 0.02) t(1,50) = -3.40, p = .001 Pl Man (0.24 ± 0.10) HAF (0.22 ± 0.10) t(1,50) = 0.55, p = .59 Sp Man (31.8) HAF (24.9) U-Test: z = -1.38, p = .17 175 Tabelle 9.8.: Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) zwischen Studie 1 und 2 in dem letzten Abschnitt Pm M und SD Statistik Fp Man (32.4 ± 10.2) HAF (20.8 ± 11.8) t(1,50) = 3.05, p = .004 Ts Man (0.20 ± 0.04) HAF (0.29 ± 0.23) t(1,46.710) = -2.21, p = .032 To Man (0.53 ± 0.08) HAF (0.91 ± 1.12) t(1,50) = -1.16, p = .25 Tp Man (0.74 ± 0.11) HAF (1.20 ± 1.30) t(1,40.669) = -2.23, p = .031 As Man (222.4 ± 69.1) HAF (218.1 ± 59.5) t(1,50) = 0.21, p = .83 Ao Man (215.8 ± 70.3) HAF (214.7 ± 60.4) t(1,50) = 0.06, p = .96 Ap Man (196.8 ± 68.8) HAF (184.6 ± 57.9) t(1,50) = 0.61, p = .55 Ep Man (1108.5 ± 1089.2) HAF (2776.6 ± 4339.7) t(1,50) = -1.31, p = .20 Vs Man (2.44 ± 0.77) HAF (2.38 ± 0.84) t(1,50) = 0.23, p = .82 Vo Man (1.72 ± 0.60) HAF (1.83 ± 0.57) t(1,50) = -0.53, p = .60 Vms Man (0.99 ± 0.29) HAF (1.02 ± 0.39) t(1,50) = -0.27, p = .79 Vmo Man (0.58 ± 0.15) HAF (0.66 ± 0.19) t(1,50) = -1.23, p = .22 Tas Man (0.10 ± 0.02) HAF (0.10 ± 0.03) t(1,50) = -0.86, p = .40 Tao Man (0.13 ± 0.02) HAF (0.13 ± 0.02) t(1,50) = 0.56, p = .58 Pls Man (0.19 ± 0.02) HAF (0.19 ± 0.02) t(1,50) = -1.30, p = .20 Pl Man (0.39 ± 0.11) HAF (0.29 ± 0.12) t(1,50) = 2.5, p = .016 Sp Man (36.4) HAF (23.5) U-Test: z = -2.59, p = .010 176 (z = -3.24, p = .007), a1 und a5b (z = -3.22, p = .008) und a6 und a5b(z = -4.00, p < .001) gab es ebenfalls signifikante Unterschiede, wobei der Algorithmus a5b jeweils eine schlech- tere Detektionsrate hatte. In post-hoc Tests der FDRBR war nach Anwendung der Bon- ferroni Korrektur lediglich die Rate des Einzelalgorithmus a5b signifikant geringer, als die des Algorithmus a6 (z = -4.18, p < .001). Bei post-hoc Tests zur FDRNBR war die Fusion jeweils signifikant besser als die Ergebnisse des Algorithmus a5b (z = -3.22, p = .002) und a6 (z = -3.15, p = .010). Algorithmus a1 hatte auch signifikant weniger FDRNBR als a5b (z = -3.06, p = .013). Alle übrigen Vergleiche aus den post-hoc Tests zur TPR, FDRBR und FDRNBR waren nicht signifikant. Im direkten Vergleich mit den Einzelalgorithmen in den zusätzlichen Abschnitten erzielte das fusionierte Verfahren so- mit entweder signifikant bessere oder vergleichbare Ergebnisse. Im direkten Vergleich der Gesamtzahl aller Falschdetektionen der FDRNBR ist die Fusion mit 10 Falschdetektionen bei einer gesamten Videolänge von 30 min besser als Algorithmus a1, mit dem lediglich 14 Falschdetektionen erzielt werden konnten. Ei- ne deutliche Verbesserung wurde gegenüber 44 Falschdetektionen des Algorithmus a5b und 58 Falschdetektion mit Algorithmus a6 erzielt. Somit zeigt die Zahl der absoluten Verbesserungen von mindestens 40 % auch hier einen vergleichbaren Vorteil durch die Fusion, im Vergleich zu den Ergebnissen der Abschnitte aus Kapitel 8. Demgegenüber stehen mit insgesamt 662 Lidschlagdetektionen der Gruppe TPR durch die Fusion in allen Fahrphasen nur merklich weniger Detektionen als mit Algorithmus a6 mit 672, genauso viele wie mit a1 (662) und deutlich mehr als mit Algorithmus a5b mit 544. Es wurden auch speziell Lidschläge in müden Phasen der Probanden gleich oder besser de- tektiert. Durch den Fokus der Fusion auf die Detektionsrate in den müden Phasen, war die Differenz der Detektionsraten in den unterschiedlichen Fahrzuständen nicht signifikant unterschiedlich (z = -.39, p = 0.70). Gleiches gilt für die Detektionsraten zwischen manu- eller und hochautomatisierter Fahrt (exakter Mann-Whitney U-Test: z = -.30, p = 0.77). Besonders in Hinblick auf eine genaue Zustandsbeschreibung der Probanden durch Lid- schlagparameter ist dies wichtig, da das Verhalten über die gesamte Fahrzeit besser abgeschätzt werden kann. Ein Vergleich von Aufnahmen aus der manuellen und hoch- automatisierten Fahrt ist durch die vergleichbare Detektion des Algorithmus so besser möglich. Die detaillierten Ergebnisse zu den Detektionen, inklusive aller Unterkategorien befindet sich in Tabelle D.6 bis D.9 im Anhang. Trotz des Versuchs mit der Fusion die gesamten Lidschläge aus den unvollständi- gen Lidschlagdetektion zu ermitteln, war dies speziell in den HAF-Phasen nicht möglich. Gründe hierfür sind, dass einige Lidbewegungen der Kategorie Ac schwer von den Lid- schlägen der Kategorie Ab zu trennen sind. Ebenfalls deutet die hohe Rate der FDRBR mit dem HAFS auf ein geändertes Verhalten der Probanden hin, welches es den Algo- rithmen erschwerte, gesamte Lidschläge richtig zu detektieren. Ursache hierfür waren längere Schließphasen, Schlussphasen und Öffnungsphasen während der Lidschläge. Die Auswertung der Lidschlagparameter mit dem fusionierten Verfahren zeigte ei- ne deutliche Verhaltensänderung der Fahrer mit zunehmender Müdigkeit, speziell in den manuellen Fahrten. Dies bestätigt die Ergebnisse aus vorhergehenden Untersuchungen von Ebrahim et al. (2013); Jammes et al. (2008); Skotte et al. (2007) und Yang et al. 177 (2012). Von den 17 ausgewerteten Parametern korrelierten hierbei die Tas und Tao am Besten mit der subjektiv bewerteten Müdigkeit der Probanden. Im Vergleich mit ande- ren Arbeiten gab es bei Friedrichs und Yang (2010a) ähnliche Ergebnisse. Bei der Auswertung der Lidschlagparameter in den hochautomatisierten Fahrten zeigte sich, dass die ansteigende Müdigkeit das messbare Lidschlagverhalten der Pro- banden nicht so stark beeinflusste. So korrelierten die Lidschlagparameter nicht mehr so stark mit dem Anstieg der subjektiven Müdigkeitsbewertungen. Mit dem Parameter Tas korrelierte der Parameter am besten mit den Bewertungen der KSS, der auch schon in den manuellen Phasen eine gute Korrelation aufwies. Im Vergleich der beiden unterschiedlichen Abfrageintervalle zwischen den ä, gab es nahezu keinen signifikanten Unterschied auf das Lidschlagverhalten in dem ersten und letzten Abschnitt. Aufgrund der sechsmal häufigeren Abfrage und der Auswertung des Lidschlagverhaltens auch während der Abfragen in den 10-minütigen Auswerteinterval- len wurde dieses Ergebnis nicht erwartet. Es legt nahe, dass die Beeinflussung durch die Abfragen auf den Lidschlag beziehungsweise geschlossene und offene Augen nur klein ist. Im Gegensatz dazu gab es mehrere signifikante Unterschiede im Vergleich der Start- uhrzeiten auf das Lidschlagverhalten im ersten und letzten Auswerteintervall. Dadurch, dass diese Unterschiede häufig gleichermaßen in der ersten und letzten Auswertephase auftraten, kann davon ausgegangen werden, dass nicht die ansteigende Müdigkeit in der Studie zusammen mit dem Faktor Startuhrzeit hierfür verantwortlich ist. Naheliegender sind individuelle Unterschiede zwischen den Probanden in den unterschiedlichen Start- uhrzeiten oder eine Auswirkung des zirkadianen Rhythmus auf das Lidschlagverhalten. Im Vergleich der Lidschlagparameter in der ersten Auswertungsphase zwischen den unterschiedlichen Fahrzuständen manuell und hochautomatisiert, gab es bis auf die Parameter Tas und Pls keine signifikanten Unterschiede. Da der Mittelwert von Pls un- terhalb von 20 % liegt, deuten die Ergebnisse trotz des signifikanten Unterschiedes der Vergleichswerte auf ein ähnliches Lidschlagverhalten der wachen Probanden hin. In den letzten 10 Minuten der Studie gab es signifikante Unterschiede bei mehreren Lidschlag- parametern. So blinzelten die Probanden während des manuellen Fahrens signifikant häufiger. Die Dauer der Lidschläge war hierbei bei den Probanden mit dem HAFS signi- fikant länger. Die hohen Standardabweichungen bei den hochautomatisierten Fahrten im ersten und letzten Abschnitt der Studie zeigen, dass sich die Probanden länger Zeit bei den Lidschlägen ließen. Im Gegensatz dazu sind die Standardabweichungen bei den manuellen Fahrten gering, da die Probanden die Augen schnell öffnen und schließen mussten, um den Überblick über das Fahrgeschehen und die Lenkaufgabe zu behal- ten. Interessant ist, dass die müden Probanden in der manuellen Fahrt häufiger lange Lidschläge Sp hatten und durch diese, zusammen mit der hohen Frequenz an Lidschlä- gen insgesamt, signifikant länger die Augen geschlossen hatten als Probanden mit dem HAFS. Dadurch, dass die langen Lidschläge Sp signalbasiert zwischen Start und End- punkt der EOG Auswertung berechnet wurden, sollten die Werte nicht mit Lidschlüssen von über einer Sekunde gleichgesetzt werden. So hatte der Median an EOG-basierten Sp bereits in der ersten Fahrphase einen größeren Unterschied zwischen manueller und hochautomatisierter Fahrt und große absolute Zahlen. Die Probanden hatten allerdings 178 während der wachen manuellen Fahrt in dieser Phase die Augen zu keiner Zeit für ei- ne Sekunde wirklich geschlossen. Die hohe Anzahl an Sp deutet somit auf eine zeitlich ausgedehnte Auswirkung einzelner Lidschläge hin. 179 10. Studie 3 mit abhängigen Reaktionsabfragen 6 Nach der Auswertung der beiden Studien 1 und 2 wurde eine weitere hochautomati- sierte Fahrstudie durchgeführt, die zusammen mit den zugehörigen Auswertungen und Ergebnissen in diesem Kapitel vorgestellt wird. Im ersten Teil dieses Kapitels wird der zugehörige methodische Ansatz in Anlehnung an Kapitel 6 mit Beschreibung des Ver- suchsziels und der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Studie 1 und 2 vorgestellt. Im Anschluss werden die Ergebnisse zu mehreren Datenauswertungen in Anlehnung an Ka- pitel 7 berichtet. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden weitere Auswertungen in Bezug zu Kapitel 9 zum Lidschlagverhalten und bewussten Kopfbewegungen vorgestellt und diskutiert. 10.1. Methodischer Ansatz Hauptziel der Studie Wie in Studie 2 war das Hauptziel dieses Versuches die Reaktionsfähigkeit von Fahrern in langen, hochautomatisierten Fahrten zu untersuchen. Dabei stand ein sehr müder Zu- stand der Probanden während des Tests der Reaktionsfähigkeit im Vordergrund. Anders als in Studie 2 sollte das hochautomatisierte System bzw. dessen Reaktionsabfragen in diesem Versuch an den Fahrerzustand und das Verhalten während der hochautomatisier- ten Fahrabschnitte auf Basis von Patent DE102015001686 A1 (2016) angepasst werden. Die Reaktionen der Fahrer auf diese Anpassungen sollten einen Aufschluss geben, in- wieweit die Reaktionsfähigkeit der Fahrer durch diese Anpassungen beeinflusst wird. Da sich das Hauptziel neben der geänderten Systemfunktion des Fahrzeugs nicht von Stu- die 2 unterscheidet, wurden nahezu dieselben Szenarios (vier einfache Testsituationen und eine anspruchsvolle finale Testsituation) in diesem Versuch eingesetzt. Die letzte Testsituation war ebenfalls dynamisch an die Reaktionsabfragen angepasst und startete individuell für jeden Probanden, um den Zustand seiner größten Müdigkeit zu testen. Zu- sätzlich wurde eine manuelle Fahrphase vor Beginn der hochautomatisierten Fahrt und im Anschluss an die dynamische finale Testsituation eingebaut. Diese Phasen sollten zusätzlich einen Vergleich des Verhaltens der Fahrer während des manuellen Fahrens im wachen und müden Zustand ermöglichen. Die längere manuelle Fahrphase im Anschluss an die lange hochautomatisierte Fahrphase hatte ebenfalls zum Ziel, zu testen, wie müde 6Auszüge des Kapitels wurden von J. Schmidt, Braunagel et al. (2016) und J. Schmidt, Dreißig et al. (2017) veröffentlicht 180 Fahrer mit der Aufgabe zurechtkommen nach einer langen hochautomatisierten Phase selbst zu fahren. Probanden Insgesamt nahmen an der Studie 34 Probanden teil. Alle Probanden hatten kaukasi- sche Augenphysiognomien ohne weitere Auffälligkeiten. Von den 34 Probanden starte- ten acht den Versuch um 6:20 Uhr im Anschluss an eine vorausgehende Nachtschicht. Acht Probanden starteten den Versuch um 11:15 Uhr nach einer normalen Nacht mit Schlaf. Der Versuch von neun Probanden startete um 17:40 Uhr im Anschluss an einen vorausgehenden Arbeitstag und neun Probanden starteten den Versuch um 22:00 Uhr ebenfalls nach einem normalen Arbeitstag. Aufgrund eines fehlerhaften Versuchsablaufs bei fünf Probanden, wurden diese für die folgende Auswertung ausgeschlossen. Weitere vier Probanden mussten ausgeschlossen werden, da bei ihnen die letzte anspruchsvolle Testsituation fälschlicherweise bereits nach 20 Minuten startete und sie somit hinsicht- lich dieser dynamischen Testsituation schon vorkonditioniert waren. Zusätzlich konnte der Versuch von fünf Probanden aufgrund von Abbrüchen wegen der Simulatorkrankheit und Problemen mit dem Simulator nicht für die Auswertung genutzt werden. Von den 20 auswertbaren Probanden nahmen drei nach der Nachtschicht, fünf um 11:15 Uhr, sie- ben um 17:40 Uhr und fünf Personen um 22:00 Uhr teil. Eine Auswertung aufgrund der unterschiedlichen Startzeiten wurde nicht durchgeführt, da die Personen pro Startzeit durch einen limitierten Zugang zum Simulator nicht gleichverteilt werden konnten. Von den 20 auswertbaren Probanden waren elf Teilnehmer männlich und neun Teilnehmer weiblich. Das mittlere Alter der Probanden betrug 44 Jahre (SD = 12 Jah- re). Am Versuch nahmen nur Probanden ohne Schlafstörungen teil. Diese standen zur Zeit des Versuches nicht unter Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss. Ebenfalls bestätigten alle Probanden vor Beginn der Fahrt, dass ihre Fahrttüchtigkeit nicht beein- trächtigt war. Zur Zeit des Versuches besaßen die 20 Probanden ihren Führerschein im Mittel seit 27 Jahren (SD = 12 Jahre, Minimum fünf Jahre). Zehn Probanden nutzten während der Fahrt eine Brille, zwei Probanden Kontaktlinsen und acht Probanden fuh- ren ohne Sehhilfe. An dem Versuch nahmen lediglich Mitarbeiter der Daimler AG teil. Kein Proband hatte an Studie 1 und 2 teilgenommen. Im Schnitt fuhren die Probanden 2:51 h (SD = 17 min), wovon im Schnitt 2:19 h mit aktiviertem HAFS zurückgelegt wurde. Im Mittel legten sie dabei 323 km zurück (SD = 28 km). Simulator Für den Versuch wurde derselbe Fahrsimulator genutzt wie für Studie 1. Im Unterschied zu dem vorhergehenden Versuch wurde in diesem Versuch als Fahrzeug die Nachfolgege- neration des zuvor genutzten Versuchsfahrzeugs genutzt: Mercedes Benz Baureihe V 222 (S-Klasse). Auch dieses Fahrzeug war direkt mit den Steuerungs- und Aufnahmerech- nern verbunden. Beide Seitenspiegel waren ebenfalls durch Monitore ersetzt, in denen der rückseitige Verkehr dargestellt wurde. Für den Versuch waren alle in dem Fahrzeug 181 verfügbaren Assistenzsysteme, die die Quer- und Längsbewegung beeinflussen, ausge- schaltet (Elektronisches Stabilitätsprogramm, Anti-Blockier-System, Antriebsschlupfre- gelung, Distronic Plus). Es wurde lediglich aufgezeichnet, ob diese während der Fahrt aktiviert worden wären. Im Gegensatz zu Serienfahrzeugen war in dem Fahrzeug eine hochautomatisierte Fahrfunktion eingebaut und für den Versuch nutzbar. Die Fahrzeug- uhr wurde während der Versuche abgeklebt und die Probanden ließen Armbanduhren und Handys in einem getrennten Raum zurück, der zur Vorbefragung während der Ver- suche diente. Der Versuchsleiter befand sich während der Versuchsfahrten in einem se- paraten Kontrollraum und hatte die Möglichkeit, über eine Gegensprechanlage mit dem Probanden zu sprechen. Im Fahrzeuginnenraum waren vier Infrarotkameras (eine po- sitioniert in Fahrtrichtung, eine auf die Pedallerie, eine seitlich aus Sicht der B-Säule der Beifahrerseite auf den Fahrer gerichtet und eine vom Armaturenbrett zwischen Fah- rer und Beifahrerplatz in Richtung des Fahrerkopfes) angebracht, deren Videos für den Versuchsleiter sichtbar waren. Weitere Details zum Fahrsimulator sind in Kapitel 6.2 aufgeführt. Hochautomatisierte Fahrfunktion Ähnlich zu Studie 2 kam auch in diesem Versuch das in Kapitel 6.3 beschriebene HAFS mit kleineren Änderungen zum Einsatz. Gleich mit Studie 2 waren die Bedingungen zur Aktivierung und Deaktivierung B1, B2, B4 - B6 sowie D2 - D4. Zur Aktivierung des Systems musste eine Taste auf der rechten Seite des Lenkrades betätigt werden, die farb- lich markiert war (Taste um normalerweise einen Anruf zu tätigen; Im Bedienfeld auf der rechten Seite des Lenkrades einer Mercedes-Benz Baureihe V 222, Bedingung B3b). Weitere Details zum HAFS, wie der eingestellten Geschwindigkeit wurden aus dem vor- hergehenden Versuch 6.3 übernommen. Im Gegensatz zu Studie 2 waren die Reaktionsabfragen nicht in konstanten In- tervallen geschaltet, sondern direkt an das Fahrerverhalten gekoppelt. Hierzu dienten die Signale einer auf dem Mantelrohr angebrachten Infrarotkamera, die ein Bild des Fahrerkopfes während der Fahrt aufnahm. Über eine interne Bildverarbeitung wertete die Kamera den prozentualen Lidabstand (PL) beider Augen und die Kopfposition des Fahrers aus und zeichnete diese zusammen mit einem Validitätssignal auf. Die Reakti- onsabfragen in der Studie wurden auf Basis des prozentualen Lidabstandes durch eine der zwei folgenden Bedingungen gestartet: • Der Fahrer hatte die Augen für mindestens eine Sekunde am Stück geschlossen (PL ≥ 80 % des Lidspaltensignals für mindestens eine Sekunde am Stück) • Das Perclos-Signal des Fahrers lag im Zeitfenster der letzten 30 s über 20 %. (PL innerhalb von 30 s für mehr als 6 s über 80 %) Die Reaktionsabfragen hatten zum Ziel, den Fahrer zu bitten, die eigene Reaktionsfähig- keit zu bestätigen, falls diese aufgrund der objektiven Messgrößen mit der Kamera nicht ersichtlich war. Hiermit wird ein System eingesetzt, dass die Anforderungen von Hörwick 182 (2011, Kapitel 6.4) an eine Schnittstelle zwischen Mensch-Maschine erfüllt und Informa- tionen einer Fahrerbeobachtung und Interaktion verbindet. Durch dieses Konzept wurde ein Fahrer als nicht reaktionsfähig eingestuft, der die Augen über einen längeren Zeit- raum nicht offen oder häufig geschlossen hatte. Eine Reaktionsabfrage musste dabei wie in Studie 2 durch Drücken einer Taste auf dem Lenkrad bestätigt werden. Ein ähnli- ches Konzept wurde beispielsweise auch für den Schienenverkehr getestet (Dattel et al., 2002). Im Gegensatz zu einer direkten Übernahme der Fahraufgabe wie in der Studie von Merat et al. (2014) bei Blickabwendungen, musste der Fahrer dies in dieser Studie nicht. Wie in Kapitel 5.6.2 beschrieben, ist das Perclos Signal in manuellen Fahrten ein Indikator für den Müdigkeitszustand des Fahrers. Da der Fahrer bei hochautomatisierten Fahrten die Augen nicht mehr zur Bewertung der Fahrsituation und reaktiven Steue- rung der Fahrt geöffnet haben muss, ist ein Lidschluss über einen längeren Zeitraum nicht zwingend müdigkeitsbedingt. So könnte der Lidschluss auch willentlich zum Ent- spannen, zur besseren Konzentration auf die eigenen Gedanken oder aufgrund eines gewollten Abschaltens von visuellen Einflüssen des Fahrers erfolgen. Aus diesem Grund diente die Reaktionsabfrage zum indirekten Nachweis, dass der Fahrer trotz langer Lid- schlüsse nicht schlief und sich seiner Übernahmefähigkeit noch immer bewusst war. Da die beiden Bedingungen zur Auslösung der Reaktionsabfrage lediglich als Indiz für die visuelle Inaktivität des Fahrers gesehen werden kann und nicht zwingend als Anzeichen einer gesamtheitlichen Inaktivität oder Müdigkeit, wurden Kopfbewegungen zusätzlich als weiteres Indiz für einen aktiven Zustand des Fahrers berücksichtigt. Der Grund hier- für ist, dass schlafende Personen keine großen Kopfbewegungen durchführen, wie sie normalerweise in großen Blickwechseln zu finden sind. Aus diesem Grund wurden die- se bewussten Kopfbewegungen mit dem Ansatz aus dem Patent DE102005026457 A1, (2006) verwendet, in dessen Berechnung statt der Ableitung des Lenkradwinkelsignals die euklidische Norm der vertikalen und horizontalen Kopfbewegung einging. In einem ersten Schritt detektierte der Algorithmus hierbei lokale Maxima im Ableitungssignal der Kopfposition. Von jedem lokalen Maximum wurden die Amplitude und die Ge- schwindigkeit mit zwei Schwellwerten verglichen, um sie als bewusste Kopfbewegung zu klassifizieren. Der Algorithmus lernte die genutzten Schwellwerte während der Fahrt und stimmte sie so individuell auf den jeweiligen Fahrer ab. Alle Maxima im Geschwindig- keitssignal und der zugehörigen Amplituden vor der Bewertung bildeten die Basis zum lernen. Der Algorithmus berechnete das 75. Perzentil der Amplituden und Geschwin- digkeiten und setzte diese als Schwellwert. Zusätzlich musste der Schwellwert für die Amplitude der Kopfbewegungen zwischen den Werten 4.8◦ bis 16.5◦ und die Geschwin- digkeiten der Kopfbewegung zwischen 25◦/s und 50◦/s liegen. Diese Werte wurden in Vorstudien zu bewussten Kopfbewegungen bestimmt und als Initialwerte genutzt. Zu- sätzlich verhinderten diese fixen Werte, dass Schwellwerte bei Probanden mit nahezu keinen oder häufigen großen Kopfbewegungen zu einer Reduktion der Erkennung der Kopfbewegungen mit einer Aktivität führte. Zusammengefasst wurde somit eine Reak- tionsabfrage ausgelöst, wenn eine der beiden obigen Bedingungen zur Lidstellung erfüllt waren und folgende Kriterien zusätzlich erfüllt wurden: 183 • Die Amplitude der Kopfbewegungen des Fahrers lag nicht über dem individuellen Schwellwert für bewusste Kopfbewegungen. • Die Geschwindigkeit der Kopfbewegungen des Fahrers lag nicht über dem indivi- duellen Schwellwert für bewusste Kopfbewegungen. Während der Fahrt gab es Zeitpunkte, in denen die Bildverarbeitung der Kamera die Augen oder den Kopf des Fahrers nicht mehr im Kamerabild detektieren konnte. Die- se Zeitpunkte wurden durch das Validitätssignal der Detektion ermittelt. Gründe für fehlende Detektionen der Augen und des Kopfes waren Verdeckungen in den Kamera- aufnahmen durch die Hand des Fahrers im Blickfeld zwischen Kamera und Fahrerkopf oder Zeitpunkte in denen der Fahrer den Kopf so stark gedreht hatte, dass die Kamera die Vorderseite des Kopfes nicht mehr sah (z.B. Schulterblicke). In diesen Zeitpunk- ten war es nicht möglich zu entscheiden, ob eines der obigen vier Kriterien zutraf. Für die Berechnung langer Lidschlüsse wurde in diesen Zeitpunkten angenommen, dass der Fahrer die Augen offen hatte (Best Case Annahme), da er im Falle einer großen Kör- perdrehung aktiv sein musste und bei den auftretenden kurzen Verdeckungen durch die Hände, eine Aktivität ausführte. Für die Perclosberechnung wurden Zeitpunkte ohne erkannte Lidspalte aus der Evaluation ausgeschnitten und nicht berücksichtigt. Entspre- chend verringerte sich dadurch das aktuelle Zeitfenster für die Berücksichtigung von offenen und geschlossenen Augen für eine kurze Phase. Traf eine der ersten beiden Bedingungen aufgrund längerer Lidschlüsse zu und es wurde keine Kopfaktivität erkannt, so musste der Fahrer wie in Studie 2 eine Reak- tionsabfrage durch einen Tastendruck auf dem Lenkrad innerhalb von fünf Sekunden bestätigen. Als zusätzliche Bedingung durfte die letzte Reaktionsabfrage oder eine ma- nuelle Fahrt des Probanden nicht vor weniger als 180 Sekunden stattgefunden haben. Zur Reaktionsabfrage wurde der Fahrer visuell durch ein Bild auf dem Command Dis- play (Countdown von fünf Sekunden) und einen kurzen akustischen Hinweis aufgefor- dert. Bestätigte der Proband die Reaktionsabfrage innerhalb von fünf Sekunden, so blieb HAF aktiv. Wurde die Reaktionsabfrage nicht innerhalb von fünf Sekunden bestätigt, so startete die Übergabe der Fahraufgabe an den Fahrer mit einer Übergabezeit von fünf Sekunden automatisch. Die Aufforderung zur Fahrzeugübernahme wurde dem Fahrer visuell durch ein Bild im Command Display, begleitet von einer akustischen Aufforde- rung, mitgeteilt. In der Übergabezeit blieb HAF weiterhin aktiv bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Fahrer übernahm oder bis die fünf Sekunden abgelaufen waren. Ab Ende der fünf Sekunden fuhr das Auto bei Inaktivität des Fahrers mit dem letztgewählten Lenkradwinkel weiter und wurde lediglich durch die Fahrwiderstände und das Motor- moment gebremst. Nach Ende einer Übergabeaufforderung (aufgrund einer verpassten Reaktionsabfrage oder aufgrund eines Ende der Streckenfreigabe für HAF; B1) wurde ei- ne erneute Aktivierung des HAFS für fünf Sekunden gesperrt. Abbildung 10.1 zeigt einen Überblick über den genutzten Algorithmus. Als Taste zur Bestätigung der Reaktions- abfragen wurde die OK Taste auf dem Multifunktionslenkrad des Fahrzeugs (Mercedes Benz, Braureihe V 222) genutzt, die sich auf der linken Seite des Lenkrades befand. Wie in Studie 2 wurden zur Anzeige des aktuellen Zustands des Assistenzsystems (HAF nicht 184 Abbildung 10.1.: Algorithmus zur Überprüfung der Reaktionsfähigkeit verfügbar, HAF verfügbar und HAF aktiv) die in Kapitel 6.3 beschriebenen Anzeigen verwendet. Messtechnik Von den Fahrten wurden Fahrzeug- und Simulationsparameter wie die Geschwindigkeit, Abstand zu weiteren Verkehrsteilnehmern oder die Interaktion mit dem automatisier- ten System mit 50 Hz aufgezeichnet. Wie in Studie 2 wurde der Proband aufgefordert, seine Müdigkeit subjektiv auf Basis der KSS zu bewerten. Eine Skala hierfür wurde als halbtransparentes Fenster in den Himmel über der Fahrbahn projiziert (äquivalent zu Abbildung 6.11). Der Proband musste seine Müdigkeit auf Basis der KSS einschätzen und die entsprechende Zahl mündlich nennen. Der Studienleiter speicherte anschließend die Bewertung ab und deaktivierte die Anzeige. Dieser Prozess wurde gegenüber dem Probanden als Automation ohne Interaktion mit dem Studienleiter kommuniziert. Da die Probanden hauptsächlich hochautomatisiert fuhren und dabei die Augen nicht zwingend geöffnet hatten, bemerkten sie die KSS Anzeige nicht immer. Um den Proband durch die Abfrage in diesen Zeitpunkten nicht aus dem möglichen Schlaf zu wecken, wurde die Skala maximal für 45 Sekunden eingeblendet und bei einer fehlenden Rückmeldung des Probanden mit einem entsprechenden Vermerk entfernt. Es wurde sichergestellt, dass die Reaktionsabfragen und Testsituationen nicht gleichzeitig mit der KSS auftreten konnten. Aus diesem Grund war das Intervall zwischen zwei Müdigkeitsabfragen nicht konstant und betrug zwischen 15 und 24 Minuten. Die genutzte Infrarot-Fahrerkamera zur Detektion des Lidabstands und der Kopf- 185 position war auf dem Mantelrohr des Fahrzeugs montiert. Zwei infrarote Lichtquellen der Kamera waren zusätzlich auf dem Armaturenbrett montiert. Die Kamera nahm den Fahrer mit 45 Bildern pro Sekunde auf. Die gesamte Kamera und Bildverarbeitung wur- de für die Studie in einem Black-Box Konzept genutzt, da es zu der Kamera, Bild- und Signalverarbeitung keine technischen Beschreibungen und Genauigkeitstests zu der Gü- te der Signale gab. Die Kamera lieferte ein Validitätssignal der aktuellen Messung, eine Zählvariable, sechs Signale zur Kopfposition im Raum und ein prozentuelles Signal zur Lidspalte. Durch Umwandlung des prozentuellen Signals zur Lidspalte zeigte ein binäres Signal direkt an, ob die Lider zu mehr als 80 % geschlossen waren. Da weitere Messtech- nik im Blickfeld zwischen der Kamera und dem Fahrergesicht die Aufnahmen beeinflusst hätten, wurde in dieser Studie kein Head-mounted Eye Tracker oder EOG-System ge- nutzt. Ein Lasertracker (Burlington Ascension Technology Corporation, 2004) zeichnete Signale zur Kopfposition auf, um die Kopfpositionsbestimmung der Fahrerkamera zu va- lidieren. Durch seine seitliche Position am Fahrerkopf beeinflusste dieser die Detektion der Fahrerkamera nicht und lieferte genaue Daten zur Kopfposition. Zusätzlich maß das Systems XSENS (XSENS, 2017) die Bewegungen der Armge- lenke. Eine Auswertung der Signale ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Studienablauf Wie in Studie 2 stand auch in dieser Studie eine anspruchsvolle Testsituation während der hochautomatisierten Fahrt im müden Zustand der Probanden im Vordergrund. Aus diesem Grund wurde die dynamische Testsituation mit der Kiste (im folgenden Kisten- situation genannt) auf der Fahrspur des Probanden mit denselben Abständen wie in der vorausgehenden Studie implementiert (siehe Bilder in Übersicht 6.13). Zusätzlich wurden auch die vier weiteren einfachen Testsituationen im Vorfeld der anspruchsvollen Testsituation mit einer ähnlichen Parametrierung übernommen. Als Fahrtstrecke wurde ein vierspuriger Rundkurs einer deutschen Autobahn (zwei Spuren mit einem seitlichen Standstreifen auf der rechten Seite) genutzt. Eine Run- denlänge betrug 131 km. Eine Fahrspur hatte eine Breite von 3.5 m und die Breite des Standstreifens betrug 3 m. Eine Nutzung derselben Fahrtstrecke wie in Studie 2 konnte aufgrund des Wechsels der Simulatoren nicht umgesetzt werden. Eine Nutzung derselben Fahrtstrecke aus der manuellen Studie 1 war aufgrund von zwischenzeitlichen Änderungen am Simulator ebenfalls nicht möglich. Eine monotone Streckenumgebung und eine durchgehend dunkle Wolkendecke in dieser Studie sollte die Müdigkeit der Pro- banden fördern. Die Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn erschienen im Mittel einmal pro gefahrenem Kilometer und die Probanden wurden bis zur letzten dynamischen Situation im Mittel von anderen Verkehrsteilnehmern ebenfalls pro gefahrenem Kilometer einmal überholt. Die Geschwindigkeitsbegrenzung in der Studie betrug 130 km/h. Vor Beginn der Studie füllten die Probanden einen Vorbefragungsbogen aus, dessen ausgewerteter Teil für diese Arbeit vollständig dem Vorbefragungsbogen aus Studie 2 entsprach und sich in Anhang A befindet. Ebenfalls wurde den Probanden die hochau- tomatisierte Fahrfunktion mit allen Randbedingungen erklärt und ein fiktives Fahrtziel 186 vorgegeben. Die Bedingungen zur Triggerung der Reaktionsabfragen wurden den Pro- banden nicht erläutert, sondern lediglich, wie auf diese reagiert werden musste. Vor Beginn der Fahrt wurde die hochautomatisierte Funktion des Fahrzeugs im Simulator erklärt und die Probanden bewerteten erstmals ihren Müdigkeitszustand anhand der dargestellten KSS. Die anschließende Fahrstudie war in drei Abschnitte gegliedert. Zur Vergleichbar- keit zwischen dem Verhalten der Probanden im manuellen und hochautomatisierten Fahren startete die Studie mit einer 17-minütigen manuellen Fahrt. Der Abschnitt zwei wurde bis auf die fünf Testsituationen hochautomatisiert zurückgelegt. Nach einer ab- schließenden manuellen Fahrt in Abschnitt drei endete die Fahrt. Im Vorfeld wurden die Probanden lediglich über die Abfolge der ersten manuellen Phase bis zum Start des zweiten Fahrabschnitts mit hochautomatisiertem Fahren informiert. In der 17-minütigen manuellen Fahrt zu Beginn sollten sich die Probanden mit der Fahrdynamik des Fahrzeugs vertraut machen. Es war ihnen nicht möglich, das HAFS zu aktivieren, das durch eine entsprechende Anzeige im Command-Display angezeigt wur- de. In dieser Fahrphase mussten die Probanden zwischen der vierten und siebten Minute eine kurze Aufgabe durchführen. Die aufgenommenen Daten der Aufgabe sind nicht Teil der eigenen Auswertungen und werden deshalb nicht näher beschrieben. 15 Minuten nach dem Start der Fahrt wurde der Proband gebeten seine KSS zu bewerten. Nach der 17-minütigen manuellen Phase konnten die Probanden HAF aktivieren. Dies wurde den Probanden im Display angezeigt. Zur Aktivierung des HAFS mussten die Bedingungen B2 und B6 erfüllt werden. Nach einer erfolgreichen Aktivierung testeten die Probanden die eigene Übernahme durch Bremsen, Beschleunigen, einen Spurwechsel und die erneute Aktivierung des Systems. Zusätzlich wurden zwei Reaktionsabfragen durch den Studienleiter manuell ausgelöst. Die Probanden waren vom Studienleiter an- gewiesen, eine der beiden absichtlich nicht zu bestätigen, um die genaue Abfolge der anschließenden Übernahmeaufforderung kennenzulernen. Im Anschluss an den fünf-minütigen Eingewöhnungsteil gab es wie in der manu- ellen Phase auch in der hochautomatisierten Fahrt zwischen den Fahrtminuten 22 und 25 eine zweite Aufgabe. Diese ist ebenfalls nicht Teil dieser Arbeit. Der gesamte Ein- führungsteil für HAF und der Aufgaben fand in einem Zeitfenster von acht Minuten statt. Zusätzlich wurden die Probanden gebeten HAF ab dem Einführungsteil so oft wie möglich zu aktivieren, um dieses Assistenzsystem zu erleben. Ebenfalls sollten die Probanden gemäß des Rechtsfahrgebots die rechte Fahrspur nutzen, falls diese frei war. Elf Minuten nach Ende des Einführungsteils mit dem HAFS startete die erste Übernahmeaufforderung. Wie in Studie 2, bremste ein Vorderfahrzeug direkt nach Ende der Übergabezeit von 100 km/h auf 80 km/h mit 2.5 m/s2. Das Vorderfahrzeug fuhr im Abstand von 55.6 m vor dem Fahrzeug der Probanden. Nach einer Fahrzeit von 56 min startete die zweite Übernahmeaufforderung, bei der ein Polizeiwagen einen Verkehrsunfall abschirmte. Alle Parameter, wie der Start- zeitpunkt der Übernahmeaufforderung oder Zeitpunkt des Spurwechsels eines Vorder- fahrzeugs, waren gleich wie in Studie 2. Aufgrund des Spurwechsels des Vorderfahrzeugs konnten Probanden das Polizeiauto bis zu drei Sekunden vor Beginn der Übernahmeauf- forderung sehen. 187 Die dritte Übernahmeaufforderung ereignete sich in einer langgezogenen Linkskur- ve (Radius 1350 m) nach einer Fahrtzeit von 82 min. Bis auf den Kurvenradius war sie gleich wie die dritte Testsituation in Studie 2. Die vierte Testsituation ereignete sich nach einer Fahrtzeit von 108 Minuten. Anders als in Studie 2 befand sich das liegengebliebene Fahrzeug auf dem Standstreifen nicht in einer langgezogenen Linkskurve, sondern aufgrund des Streckenverlaufes auf einer Geraden. Es stand auch keine Person neben dem Fahrzeug auf dem Standstreifen. Das liegengebliebene Fahrzeug konnte bis zu drei Sekunden vor Beginn der Testsituation gesehen werden. Zu Beginn der Übernahmeaufforderung hatte das Fahrzeug des Pro- banden einen Abstand von 8.8 s zu dem liegengebliebenen Fahrzeug. Die anschließende Kistensituation startete wie in Studie 2 dynamisch, falls der Pro- band die Bestätigung der Reaktionsabfrage verpasste. Im Zeitfenster zwischen 108 und 130 Minuten Fahrtzeit, startete die Kistensituation direkt als Folge von zwei verpassten ä. Somit konnte die Testsituation frühestens nach 114 Minuten Fahrtzeit beginnen. Im Anschluss an 130 Minuten Fahrtzeit startete die Kistensituation automatisch bei der ersten verpassten Reaktionsabfrage. Falls der Proband alle Reaktionsabfragen ab 130 Minuten bestätigen konnte, wurde die Testsituation nach einer Fahrtzeit von 180 Mi- nuten automatisch ausgelöst. Wie in Studie 2 fuhr während der gesamten Fahrtstrecke ab 17 Minuten ein Fahrzeug mit 100 km/h vor den Probanden, welches diese bis zur Kistensituation nicht überholen sollten. Die fünf Übernahmeaufforderungen inklusive den anschließenden Fahrsituationen werden zur Vereinfachung im Folgenden Bremsen, Unfall, Kurve, Panne, Kiste bzw. Testsituation genannt. Anders als in Studie 2, wurde die Priorisierung zwischen der Fahrerinteraktion (KSS und Reaktionsabfrage) getauscht. Es wurden auch Reaktionsabfragen während der Aufgabenstellung zu Beginn der hochautomatisierten Fahrphase unterdrückt (Minu- te fünf bis acht in der HAF Phase). Um zu verhindern, dass sich die Reaktionsabfrage und KSS überschnitten und den Probanden verwirrten oder beeinflussten, wurden die beiden Abfragearten in dieser Studie gekoppelt. Eine KSS-Abfrage wurde deshalb nicht in konstanten Intervallen gestartet. Damit sie starten konnte, musste die vorangegange- ne KSS-Abfrage vor mindestens 15 Minuten ausgeschaltet worden sein. Darüber hinaus musste die letzte Reaktionsabfrage zur Triggerung einer KSS-Abfrage exakt 120 Sekun- den vorher bestätigt worden sein, oder der Proband aktuell manuell fahren. Da das Intervall zwischen zwei Reaktionsabfragen mindestens 180 s groß war oder mindestens 180 s nach der Aktivierung des HAFS bis zu einer Reaktionsabfrage vergangen sein muss- te, wurde eine Überschneidung von KSS- und Reaktionsabfrage verhindert. Eine weitere Bedingung war, dass eine KSS-Abfrage nur gestartet werden durfte, wenn der aktuelle Zeitpunkt nicht im Zeitfenster von drei Minuten vor, bis eine Minute nach einer der vier einfachen Testsituationen lag. Betrug die Zeit seit der letzten KSS-Abfrage mindestens 15 Minuten und die KSS-Abfrage lag in dem Zeitraum um eine der Testsituationen, so wurde eine KSS-Abfrage automatisch am Ende des Zeitfensters gestartet. Damit der Fahrer auch in langen Zeitabschnitten mit kontinuierlich aktiviertem HAFS ohne Start einer Reaktionsabfrage seine Müdigkeit einschätzen sollte, wurde eine Reaktionsabfrage zusätzlich zu der Abfrage aufgrund der Lidstellung auch durch eine nötige KSS-Abfrage getriggert. Eine Reaktionsabfrage wurde automatisch 18 Minuten nach dem Abschalten 188 der vorausgegangenen KSS-Abfrage getriggert, wenn der Zeitpunkt der nächsten Testsi- tuation nicht innerhalb der anschließenden fünf Minuten anstand. In diesem Fall startete die KSS-Abfrage exakt 20 Minuten nach der vorausgehenden Abfrage. Dieses Konzept verhinderte erfolgreich die Überschneidung zwischen den Testsituationen, KSS-Abfragen und ä. Dies hatte zur Folge, dass die KSS-Abfragen anders als in den übrigen Studien nicht in festen Intervallen von 15 Minuten abgefragt wurden, sondern im Intervall von 15 - 20 Minuten. Je nach Lage der Testsituationen konnte der Zeitabschnitt auch auf bis zu 24 Minuten ausgedehnt werden. Gleichzeitig wurde über die Abfolge sichergestellt, dass Probanden auch ohne Auslösung einer Reaktionsabfrage mindestens eine Reaktions- abfrage in den Zeiträumen zwischen den einfachen Testsituationen bestätigen mussten. Für die Fahrt nach der vierten Testsituation war darüber hinaus sichergestellt, dass die Probanden ihre Reaktionsfähigkeit in Intervallen von mindestens 20 Minuten bestätig- ten. Nach der Kistensituation konnten die Probanden das HAFS nicht mehr aktivieren und mussten anders als in Studie 2 die Fahrt für weitere 15 Minuten manuell fortsetzen (bei einer zulässigen Geschwindigkeit von 130 km/h). Dies wurde dem Proband durch eine entsprechende Anzeige im Display kenntlich gemacht. Das Führungsfahrzeug be- schleunigte zu Beginn dieser Phase auf 160 km/h. Eine KSS-Abfrage startete in dieser Phase zehn Minuten nach dem Ende der Kistensituation. In den letzten 150 Sekunden der viertelstündigen Fahrt fuhren mehrere Fahrzeuge auf beiden Fahrspuren vor dem Probanden mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Aufgrund des dichten Verkehrs zwischen den Fahrzeugen konnten diese nicht überholt werden. Am Ende der 15 Minuten bremsten die Fahrzeuge vor dem Probanden mit konstant -2.5 m/s2 bis zum Stillstand. Hierdurch stellten sie ein abruptes Stauende dar. Aufgrund der hohen konstanten Verzö- gerung bis zum Stillstand war diese Situation erneut anspruchsvoll und erforderte einen starken Bremseingriff. Nach der letzten anspruchsvollen Situation mit dem Stauende endete die Fahrt und die Probanden füllten einen Nachbefragungsbogen aus. Im Gegensatz zu dem Nach- befragungsbogen aus Studie 2 wurde der Nachbefragungsbogen um zusätzliche Fragen ergänzt. Aufgrund der Rückmeldungen der Probanden in Studie 2 wurden die Fragen zu den Testsituationen hinsichtlich der Kriterien der Beanspruchung, des Risikos eines Unfalls, der benötigten Zeit zur Reaktion und der subjektiven Kritikalität in den Testsi- tuationen angepasst. Aufgrund der Anpassungen sind alle Fragestellungen, die in dieser Studie ausgewertet wurden in dem zusätzlichen Anhang E beigefügt. Abbildung 10.2 fasst den Gesamtverlauf der Studie zusammen. Die gesamte Studie fand zwischen dem 16. und 29.9.15 an zehn Tagen am Standort Sindelfingen statt. 189 Abbildung 10.2.: Gesamtverlauf der Studie 3 10.2. Müdigkeitsentwicklung und Fahrverhalten in Studie 3 Im Folgenden werden die Auswertungen der Studie 3 in Anlehnung an die Auswer- tung in Kapitel 7 vorgestellt. Grund hierfür sind dieselben Fragestellungen hinsichtlich der Müdigkeitsentwicklung der Probanden, die Reaktionen auf die Reaktionsabfragen und die Übernahmeaufforderungen. Eine detaillierte Schilderung des Vorgehens ist zu Beginn von Kapitel 10.1 erläutert. Aufgrund der unregelmäßigen und selteneren Reakti- onsabfragen wurde angenommen, dass die Probanden diese nicht mehr so gut bestätigen konnten. Es wurde angenommen, dass die selteneren Reaktionsabfragen den Anspruch der Testsituationen erhöhen und die Probanden nicht mehr so sicher wie in Studie 2 han- delten. Obwohl ein direkter Vergleich der Ergebnisse aus Studie 2 mit den Reaktionen der Probanden auf die Testsituationen in dieser Studie naheliegt, wurde ein statistischer Vergleich nicht durchgeführt. Der Grund hierfür war, dass der Zeitpunkt der Testsitua- tionen im Vergleich zu Studie 2 nicht identisch war. Die Testsituationen waren auch aufgrund des veränderten Streckenprofiles nicht exakt gleich. Hinzu kommt, dass die Reaktionen und Ausführungen der Fahrten in den Verkehrssituationen stark von der räumlichen Wahrnehmung abhängen. Die Unterschiede in den Fahrsimulatoren könn- ten deshalb ebenfalls einen Einfluss gehabt haben. Zusätzlich waren die visuellen und akustischen Aufforderungen (ä, Übernahmeaufforderungen) aufgrund des Entwicklungs- prozesses nicht exakt gleich. Die statistischen Vergleiche wurden nur mit Teilgruppen von Studie 3 ausgewertet. Die Auswertungen in diesem Kapitel sind zur besseren Vergleichbarkeit ähnlich zu den Auswerteschritten in Studie 2 gehalten. In der anschließenden Diskussion wird der Bezug der Ergebnisse von Studie 3 zu den Ergebnissen aus Studie 2 aufgezeigt. 190 9 8 7 6 5 4 3 2 1 t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 10.3.: Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Zeit in den elf Auswerteabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 10.2.1. Müdigkeitsentwicklung Abbildung 10.3 zeigt die mittleren KSS-Bewertungen der Probanden in Abschnitten von jeweils 10 min. Da sich die Probanden an die Fahrt gewöhnen mussten und die erste Auf- gabe bis zu der siebten Minute der Fahrt stattfand, repräsentieren die Werte in t1 in Abbildung 10.3 die KSS-Bewertungen der letzten zehn Minuten der manuellen Fahrt zu Beginn der Studie. Aufgrund der Eingewöhnungsphase an HAF und der zweiten Aufgabe wurden die daran anschließenden ersten zehn Minuten der hochautomatisierten Fahrt in der Auswertung nicht berücksichtigt. Zusätzlich wurden die Abschnitte während der Testsituationen, alle manuell befahrenen Fahrabschnitte, sowie die Zeit während der Reaktionsabfragen aus der weiteren Analyse ausgeschlossen. Die Evaluationsabschnit- te t2 bis t9 zeigen deshalb die Fahrabschnitte, die sich circa zwischen der 27. bis zur 107. Minute der Fahrt erstreckten. In allen diesen Abschnitten fuhren die Probanden hochautomatisiert. Die Darstellung endet nach 9 Werten, da im zehnten Abschnitt erst- mals die Kistensituation von einem Probanden ausgelöst wurde. Die letzte Testsituation startete dynamisch, weshalb der Zeitpunkt bei jedem Probanden unterschiedlich war. Aus diesem Grund sind in t10 die letzten zehn Minuten der Fahrt der Probanden vor der Kistensituation zusammengefasst. Der daran anschließende Fahrabschnitt von fünf Minuten manuelle Fahrt wurde aufgrund des Einflusses der anspruchsvollen Kistensitua- tion und des Überganges im Fahrstil in der Auswertung nicht berücksichtigt. Der letzte Abschnitt t11 fasst deshalb die letzten zehn Minuten der manuellen Fahrt vor Beginn des Stauendes zusammen. In dieser und allen folgenden Auswertungen wurden die Probanden trotz unter- schiedlicher Startzeiten gemeinsam ausgewertet. Ein Grund hierfür waren die kleinen 191 KSS Gruppengrößen. So bestand keine Möglichkeit weitere Studien mit einer höheren An- zahl an Probanden pro Startuhrzeit durchzuführen. Zudem zeigten die Auswertungen des Fahrverhaltens aus Studie 2, dass die unterschiedlichen Startuhrzeiten 18 und 22 Uhr lediglich einen signifikanten Unterschied in den Handlungszeiten der Kistensituati- on und einen Einfluss auf die Länge der Studie hatte. Beide Unterschiede blieben ohne Auswirkung auf die Sicherheit der Übernahmen. Die Auswertung der KSS-Bewertungen und aller folgenden Messgrößen in zehnmi- nütigen Intervallen diente der Vergleichbarkeit dieser Größen mit den Verläufen aus den vorhergehenden Studien. So ist beispielsweise bei den KSS-Verläufen in dieser Studie zu beachten, dass die Probanden ihren Müdigkeitszustand zugunsten der Priorität der Reaktionsabfragen nicht in 15-minütigen Intervallen bewerteten. In der Auswertung der Selbsteinschätzungen des Müdigkeitslevels mit einer ANO- VA mit Messwiederholungen für den Effekt der Zeit der Studie, waren die KSS-Bewer- tungen in den Abfragezeitpunkten signifikant unterschiedlich [F (2.188, 37.191) = 38.87, p < .001, η2p = .70]. Die Rückmeldungen der Probanden hatten einen signifikant linear [F (1,17) = 61.54, p < .001, η2p = .78] und quadratisch [F (1,17) = 7.24, p = .015, η2p = .30] ansteigenden Trend. Da es während der HAF Phasen zwei Probanden gab, die sich selbst nicht immer bewerteten, bestand die Auswertung lediglich aus den Rückmeldungen der übrigen 18 Probanden. Zusätzlich wurde das Verhalten der Fahrer zwischen den manuellen und HAF Pha- sen verglichen. Hierzu wurde der erste manuelle Fahrabschnitt t1 mit dem ersten hoch- automatisierten Abschnitt t2 verglichen. In einem zweiten Vergleich wurden die letzten zehn Minuten der hochautomatisierten Fahrt t10 mit dem letzten Fahrabschnitt in t11 verglichen. Der Vergleich der KSS zwischen dem ersten manuellen und hochautomati- sierten Abschnitt war signifikant unterschiedlich [t(19) = -2.88, p = .010]. Im Vergleich des letzten hochautomatisierten Abschnitts vor der Kistensituation und der manuellen Fahrphase danach gab es eine Verbesserung des subjektiven Müdigkeitslevels, die sich durch einen signifikanten Abfall der KSS Werte ausdrückte [t(18) = 2.46, p = .03]. Da ein Fahrer seinen Müdigkeitszustand vor der Kistensituation nicht einschätzte, basiert dieser zweite Vergleich auf den Rückmeldungen der übrigen 19 Fahrern. Tabelle 10.1 zeigt die mittleren KSS-Bewertungen in den fünf Testsituationen (Bremsen, Unfall, Kurve, Panne und Kiste). Der Vergleich mit einer ANOVA mit Mess- wiederholungen zeigte erwartungsgemäß einen signifikanten Unterschied zwischen den Werten [F (2.393,38.284) = 41.13, p < .001, η2p = .72]. Post-hoc Tests mit einer Bonfer- roni Korrektur (Wahrscheinlichkeitswerte in Tabelle 10.1 sind angepasst) zeigten signi- fikante Unterschiede zwischen allen Einzelvergleichen, außer zwischen der Testsituation Panne und Kiste. Die Auswertungen basieren auf den KSS-Werten von 17 Probanden, da es drei Probanden gab, die ihre subjektive Müdigkeit nicht vor allen Testsituationen angaben. 10.2.2. ä Der in Kapitel 10.1 beschriebene Algorithmus zur Triggerung von Reaktionsabfragen berechnete diese während der Studie nicht in der angedachten Form. So wurden bei der 192 Tabelle 10.1.: KSS Werte bei den Testsituationen und statistische Ver- gleiche (post-hoc Tests) Testsituation KSS Testsituationen Bremsen Unfall Kurve Panne Bremsen 4.29 ± 1.45 - - - - Unfall 5.35 ± 1.87 p = .001 - - - Kurve 6.53 ± 2.07 p< .001 p = .001 - - Panne 7.12 ± 2.23 p< .001 p< .001 p = .012 - Kiste 7.88 ± 1.65 p< .001 p< .001 p = .009 p = .379 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 t t t t 1 2 t 4 A5usgewerte tt6er Abschn ti7tt t t t t 8 9 10 11 3 Abbildung 10.4.: Häufigkeit der Reaktionsabfragen in Studie 3 Berechnung des Perclos Wertes Lidspaltenwerte von 0 % nicht berücksichtigt und ausge- schnitten. Ebenfalls wurden Zeitabschnitte des Kopfpositionssignals weiterverarbeitet, in denen die Bildverarbeitung bei der Detektion scheiterte. Aus diesem Grund werden in diesem Abschnitt nur die real aufgetretenen Reaktionsabfragen und die Reaktion der Probanden auf diese analysiert. Äquivalent zu den Auswertefenstern in Kapitel 10.2.1 zeigt Abbildung 10.4 die Häufigkeit der ä. In Abbildung 10.5 sieht man die mittlere Zeitdauer zwischen Start der Abfrage und Bestätigung dieser durch den Druck der Pro- banden auf die Lenkradtaste. Für die Darstellungen und Auswertungen wurde über die Anzahl der Probanden und nicht über die Häufigkeit der Abfragen gemittelt. Aus den Ausgangsdaten für die Abbildungen 10.4 und 10.5, sowie den folgenden Berechnungen wurden vier Reaktionsabfragen ausgeschlossen, in denen die Kistensitua- tion ausgelöst wurde. Ebenfalls wurden sieben weitere ä, in denen die Probanden nicht 193 Anzahl der Reaktionsabfragen 3.5 3 2.5 2 1.5 1 0.5 0 t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 10.5.: Mittlere Reaktionszeiten und Standardabweichungen auf die Reakti- onsabfragen über die Zeit in den acht Auswerteabschnitten t2 bis t9 von Studie 3 rechtzeitig innerhalb von fünf Sekunden reagierten, aus den Berechnungen und Dar- stellungen ausgeschlossen. Eine detaillierte Auswertung zu den Übernahmen auf diese Ereignisse befindet sich in Kapitel 10.2.3. Eine Analyse der Häufigkeit der Reaktionsabfragen zeigte signifikante Unterschie- de im Faktor Zeit [χ2(7, N = 20) = 36.36, p < .001]. Ein Mann-Kendall Trend Test der Häufigkeit der Abfragen war nicht signifikant (z = 0.49, p = .62). Der Vergleich der gemessenen Reaktionszeiten der Probanden auf die Reaktionsabfragen war nicht signi- fikant unterschiedlich [F (2.551, 30.612) = 1.65, p = .203, η2p = .12]. Hierzu wurden nur die 13 Probanden ausgewertet, die Reaktionsabfragen in allen Intervallen hatten. Von den vier verpassten Reaktionsabfragen die zu einer Auslösung der Kistensituati- on führten, wurde die Kistensituation lediglich einmal vor einer gesamten Fahrtzeit von 130 min aufgrund eines mehrmaligen Verpassens ausgelöst. Dreimal startete die Kistensi- tuation bei dem erstmaligen Verpassen einer Reaktionsabfrage nach der Pannensituation und 130 min Fahrtzeit. 10.2.3. Übernahmezeiten Übernahmezeiten bei den fünf Testsituationen Die Übernahmezeit wurde wie in Studie 2 mit Hilfe des Lenkmomentensignals und der Signale des Brems- und Gaspedals berechnet. Das detaillierte Vorgehen zur Berechnung der Zeiten ist in Kapitel 7.4 geschildert. Aufgrund der frühzeitig sichtbaren Verkehrssi- tuation bei der Unfall- und Pannensituation bestand die Möglichkeit, dass die Probanden 194 Reaktionszeit in s Tabelle 10.2.: Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen Testsituation Reaktionszeit Max Bremsen 2.4 ± 0.7 3.7 Unfall 1.7 ± 1.0 4.2 Kurve 3.1 ± 0.8 4.5 Panne 2.3 ± 0.7 3.6 Kiste 1.9 ± 0.9 4.8 das Steuer in diesen Testsituationen frühzeitig übernahmen und es so zu keiner Über- nahmeaufforderung kam. Dies kam in der Studie nicht vor. Zusätzlich wurde im Anschluss an die Studie gefragt, ob die beiden Testsitua- tionen (Unfall und Panne) frühzeitig sichtbar waren und frühzeitig gehandelt wurde. Die gleiche Frage als Kontrolle in der Testsituation mit der Kiste bejahten in dieser Studie sieben Probanden, weshalb die Rückmeldungen der Probanden hierzu nicht be- rücksichtigt wurden. Eine frühzeitige Sichtbarkeit der Kistensituation war aufgrund des Studienkonzeptes nicht möglich. Die schnellste Übernahmezeit in der Unfallsituation betrug 460 ms. Die schnellste Übernahmezeit in der Pannensituation betrug 1.44 s. Die kürzeste Übernahmezeit in der gesamten Studie hatte ein Proband in der Kurvensituation mit 420 ms. Da in dieser Testsituation nicht frühzeitig auf eine mögliche Übernahme geschlossen werden konnte, wurden im Gegensatz zu Studie 2 alle Übernahmezeiten der Testsituationen in den Aus- wertungen berücksichtigt. In Tabelle 10.2 sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der Übernahme- zeiten in den Testsituationen aufgelistet. Als Referenz der Zeiten wurde der Beginn der Übernahmeaufforderung genutzt. Eine Innersubjektanalyse der verschiedenen Reakti- onszeiten zeigte signifikante Unterschiede [F (2.674, 42.789) = 12.11, p < .001, η2p = .43], die speziell aufgrund der bereits frühzeitig sichtbaren zweiten und vierten Testsituation erwartet wurden. Paarweise Vergleiche in post-hoc Tests mit Bonferroni Korrektur zeigten signifi- kante Differenzen zwischen dem Paar Bremsen und Kurve (p = .010), Unfall und Kurve (p < .001), Kurve und Panne (p < .001), sowie zwischen Kurve und Kiste (p < .001). Bei den Auswertungen wurden lediglich Übernahmezeiten von 17 der 20 Probanden ausge- wertet, da drei Probanden zur Zeit von mindestens einer der Übernahmeaufforderungen bereits manuell fuhren und dadurch keine Aufforderung zur Fahrzeugübernahme startete (zwei Probanden in der ersten und einer in der dritten Testsituation). Zusätzlich wurden die Übernahmezeiten der Probanden, die die Kiste durch eine verpasste Reaktionsabfrage auslösten (M = 1.85 ± 0.90 s) mit den Übernahmezeiten der übrigen Probanden verglichen (M = 1.86 ± 0.90 s). Hierbei gab es keine signifikanten Unterschiede [t(18) = -0.01, p = .99]. 195 Tabelle 10.3.: Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernah- mezeiten - Müdigkeitszustand Testsituation Wach Müde KSS = 7 Ergebnis des Vergleiches Bremsen 16 0 4 - Unfall 14 2 4 t(14) = 1.43, p = .18 Kurve 8 8 4 t(14) = 0.25, p = .81 Panne 7 10 3 t(15) = 0.06, p = .95 Kiste 4 13 3 t(15) = 0.06, p = .95 Tabelle 10.4.: Übernahmezeiten nach verpassten Reaktionsabfragen in s Proband Vor 1a 1a - 2a 2a - 3a 3a - 4a 4a - 5a 1 - - 0.3; 3.2 4.7; 2.2 2.9 2 - - - - 1.7 Anmerkung. a 1 = Bremsen, 2 = Unfall, 3 = Kurve, 4 = Panne, 5 = Kiste Für die zweite bis fünfte Testsituation wurden die Übernahmezeiten der Proban- den, die sich selbst mit einer KSS von kleiner als sieben bewerteten (wach) mit denen verglichen, die eine KSS von größer als sieben hatten (müde). Diese Unterteilung ba- sierte auf der Instruktion der Probanden, sich selbst mit einer KSS von acht oder neun zu bewerten, sobald sie sich selbst aufgrund des Müdigkeitszustandes als fahruntüchtig einstufen würden und in einer normalen Fahrt im Straßenverkehr die Fahrt unterbrochen hätten. Die Ergebnisse von Vergleichstests der Übernahmezeiten waren alle nicht signi- fikant und sind in Tabelle 10.3 aufgeführt. In der abschließenden Stausituation fuhren die Probanden bereits manuell. Aus diesem Grund konnten keine Übernahmezeiten mit den Kriterien der übrigen Testsituationen ausgewertet werden. Übernahmezeiten bei verpassten ä Die sieben fehlenden Rückmeldungen auf Reaktionsfragen ohne Auslösung der Kisten- situation basierten lediglich auf dem Verhalten von zwei der 20 Probanden. Mit sechs verpassten Reaktionsabfragen konzentrierte sich dies hauptsächlich auf einen Probanden. Bei einer seiner sechs fehlenden Rückmeldungen ergriff der Proband das Lenkrad bereits vor dem Start der Übernahmeaufforderung. Zwei der übrigen verpassten Rückmeldun- gen passierten zwischen der Unfall- und Kurvensituation. Jeweils zwei weitere ereigneten sich zwischen der Kurven- und Pannensituation, sowie Pannen- und Kistensituation. Die Übernahmezeiten bei den einzelnen Übernahmeaufforderungen sind in Tabelle 10.4 bis auf die eine frühzeitige Übernahme zusammengefasst. Die einzelnen Zeiten sind den beiden Probanden durch eine Nummerierung zugeordnet. 196 Tabelle 10.5.: Wichtigste Kennzahlen der Testsituationen (M ± SD; Min) ∆Bremsena in s ∆Unfallb in m ]Kurvec ∆Panned in m 1.9 ± 0.2; 1.3 1.3 ± 0.4; 0.6 0 1.0 ± 0.2; 0.7 Anmerkung. a ∆Bremsen = Minimale Zeitdifferenz zum Vorausfahrer bei der Brems- situation. b ∆Unfall = Minimale Distanz zu den Unfallfahrzeugen. c ]Kurve = Anzahl der Probanden, die von der Spur abkamen. d ∆Panne = Minimale Distanz zu dem Pannenfahrzeugen. Tabelle 10.6.: Wichtigste Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min) ∆Kistea in m ∆t b cstart Kiste in s ∆tende Kiste 1.31 ± 0.5; 0.3 1.8 ± 0.6; 0.7 0.8 ± 0.5; 0.1 Anmerkung. a ∆Kiste = Minimale Distanz zur Kiste. b ∆tstart Kiste = Zeitdifferenz zur Kiste bei Initiierung des Spurwechsels. c ∆tende Kiste = Zeitdifferenz zur Kiste bei Abschluss des Spurwechsels. 10.2.4. Fahrverhalten in den Testsituationen In den Tabellen 10.5 und 10.6 sind äquivalent zu Kapitel 7.5.1 die wichtigsten Kenn- zahlen zur Fahrausführung in den fünf Testsituationen mit den Mittelwerten, der Stan- dardabweichung, sowie dem absoluten Minimum aufgelistet. Der detaillierte Verlauf des Ausweichmanövers bei der Kistensituation ist in Abbildung 10.6 zu sehen. Die einzelnen blauen Linien markieren den Verlauf des rechten Randes des rechten Außenspiegels. Die Kiste ist in der Abbildung verhältnistreu in rot abgebildet. Alle Probanden wichen der Kiste durch einen Spurwechsel aus. Die Bilder in Abbildung 10.7 zeigen die Distanz des Fahrzeugs der Probanden zum Vorderfahrzeug und den Geschwindigkeitsverlauf während der abschließenden Situation mit dem Stauende. Hierbei zeigen die ersten zehn Sekunden den Abstand zum Voraus- fahrer vor dem Beginn der Bremsung des Vorausfahrers. Der Start der Bremsung ist anschließend durch eine schwarze Linie markiert. Darüber hinaus befinden sich in Anhang F noch weitere Kennzahlen zu der Fahr- ausführung der Probanden in den verschiedenen Testsituationen. Neben den Parametern zu den Testsituationen und den gezeigten Verläufen in Abbildung 10.7 gab es in den üb- rigen Kennzahlen keine Auffälligkeiten. Zusätzlich wurde die Handlung der Probanden in der Unfall- und Kistensituation verglichen. Wie in den Auswertungen zu Tabelle 10.3 wurden die Probanden anhand ih- rer KSS Bewertungen in zwei Gruppen geteilt. Im Vergleich der benötigten Zeit bis zur Initiierung des Spurwechsels zwischen wachen und müden Fahrern, waren müde Fahrer 197 5 4 3 2 1 0 −1 −2 −3 −200 −150 −100 −50 0 50 100 Lateraler Abstand zur Kiste in m Abbildung 10.6.: Fahrverlauf der Probanden in der Kistensituation in Studie 3 5 120 4.5 100 4 3.5 80 3 2.5 60 2 40 1.5 1 20 0.5 0 0 0 5 10 15 20 25 0 5 10 15 20 25 Zeit in s Zeit in s (a) Abstand der Probanden zum Vorderfahr- (b) Geschwindigkeit der Probanden zeug Abbildung 10.7.: Fahrparameter vor und während der Stausituation beginnend bei 10 Sekunden 198 Longitudinaler Abstand zur Kiste in m Abstand in s Geschwindigkeit in km/h in der Unfallsituation [t(14) = -3.57, p = .011] signifikant schneller. In der Kistensituati- on gab es zu dieser Fragestellung keinen signifikanten Unterschied [t(15) = 0.35, p = .73]. Eine Korrelationsanalyse zwischen den Übernahmezeiten der Probanden zeigte ei- ne Korrelation dieser Werte in den beiden Testsituationen [Kendall’s τ = 0.39, p = .018, N = 20]. Im Gegensatz dazu gab es allerdings keine Korrelation der Zeit bis zum Start des Spurwechsels [Kendall’s τ = -0.06, p = .70, N = 20]. Eine Korrelationsanalyse zwi- schen dem Zeitpunkt der Übernahmezeit der Fahrer und dem Start des Spurwechsels in der Unfallsituation korrelierte ebenfalls nicht [Kendall’s τ = 0.02, p = .92, N = 20]. Im Gegensatz dazu gab es allerdings eine negative Korrelation der Reaktions- und Hand- lungszeit in der Kistensituation [Kendall’s τ = -0.52, p = .001, N = 20]. 10.2.5. Rückmeldungen der Probanden Die Rückmeldungen der Probanden im Epworth-Test zur Tagesschläfrigkeit lag im Mit- tel bei 7.1 ± 3.2 Punkten. In der Nachbefragung der Studie gaben 16 der 20 Probanden an, während der Fahrt Sekundenschlafereignisse erlebt zu haben. Die Häufigkeit der Se- kundenschlafereignisse der 16 Probanden wurde zwischen zwei und 40 geschätzt. So gab es vier Probanden, die mit 20 oder mehr Ereignissen eine recht hohe Zahl angaben. Neun der 20 Probanden gaben an, sich am Ende der Studie fahrtüchtig genug zu fühlen um weiterzufahren. Lediglich drei dieser neun Probanden hatten davor angegeben, während der Fahrt keine Sekundenschlafereignisse erlebt zu haben. Einer der neun Probanden, die sich am Ende der Studie mit dem aktuellen Müdigkeitszustand für fahrtüchtig hielt, schätze sogar 20 Sekundenschlafereignisse erlebt zu haben. Von den elf Probanden, die sich nicht mehr für fahrtüchtig hielten, bestätigten sieben Probanden eine Grenze bei einer KSS von sechs bis acht als Übergang zur Fahruntüchtigkeit. Kein Proband gab an, sich mit einer KSS von acht oder neun noch fahrtüchtig zu fühlen. Hätten die Probanden die Wahl gehabt, wären lediglich acht der 20 Probanden die gesamte Studie am Stück gefahren. In der Nachbefragung wurden die Probanden zusätzlich gebeten, die Testsitua- tionen hinsichtlich ihrer Beanspruchung, des Risikos eines Unfalls, der benötigten Zeit zur Reaktion und der subjektiven Kritikalität zu bewerten. Die Probanden sollten die Bewertung anhand einer vierstufigen Skala durchführen, auf der der Wert vier jeweils für eine hohe Beanspruchung/Risiko/Zeit oder Kritikalität stand. Tabelle 10.7 zeigt die einzelnen Bewertungen der Testsituationen. Von den sechs Testsituationen wurden lediglich die ersten fünf Testsituationen mit Übernahmeaufforderungen vergleichend ausgewertet. Aufgrund fehlender Rückmeldun- gen wurden die Angaben von vier Probanden ausgeschlossen. In einem Vergleich der Bewertungen zeigte eine ANOVA mit Messwiederholungen signifikante Haupteffekte für die Beanspruchung in den Testsituationen [F (2.809, 50.556)= 3.83, p = .017, η2p = .18], des Unfallrisikos [F (4, 60) = 3.82, p = .008, η2p = 0.20] und der Kritikalität [F (2.224, 33.363) = 3.37, p = .042, η2p = .18]. In der Auswertung der Zeit bis zur Reaktion gab es keinen signifikanten Haupteffekt [F (4,60) = 1.63, p = .179, η2p = .10]. In post-hoc Tests mit Bonferroni Korrektur der Beanspruchung in den Testsituatio- nen gab es signifikante Unterschiede zwischen den Testsituationen Bremsen und Panne 199 Tabelle 10.7.: Bewertung der Testsituationen in Studie 3 Testsituation Beanspruchung Risiko eines Unfalls Benötigte Zeit Kritikalität Bremsen 1.6 ± 0.7 2.1 ± 0.8 2.6 ± 0.6 1.7 ± 0.5 Unfall 2.3 ± 0.9 2.4 ± 0.9 2.8 ± 0.7 2.2 ± 0.8 Kurve 2.1 ± 1.2 1.6 ± 0.7 2.3 ± 0.7 1.5 ± 0.7 Panne 2.7 ± 1.1 2.1 ± 0.8 2.6 ± 0.7 2.0 ± 0.9 Kiste 2.0 ± 0.9 2.5 ± 1.2 2.6 ± 0.9 2.1 ± 1.1 Stauende 1.7 ± 0.9 2.6 ± 1.0 2.8 ± 0.9 2.4 ± 0.9 (p = .016) und zwischen den Testsituationen Panne und Kiste (p = .039). In den Einzel- paarvergleichen für die Frage nach dem Unfallrisiko war lediglich der Vergleich zwischen den Testsituationen Kurve und Kiste signifikant (p = .038). Bei den post-hoc Tests der eingeschätzten Kritikalität gab es signifikante Unterschiede zwischen den Testsituatio- nen Bremsen und Unfall (p = .015) sowie Unfall und Kurve (p = .034). Die Probanden wurden auch bezüglich der Unfall- und Pannensituation befragt, ob sie diese Testsituationen frühzeitig wahrgenommen und hierdurch vorausschauend auf die Übernahmeaufforderung reagiert hatten. Fünf Probanden gaben dies in der Unfall- und vier in der Pannensituation an. Im Vergleich der Übernahmezeiten der Proban- den, die von sich behaupteten, frühzeitig reagiert zu haben mit den übrigen Probanden, gab es jeweils keine signifikanten Unterschiede [Unfall: t(18) = -0.62, p = .54; Panne: t(18) = -1.459, p = 0.16]. Ein Großteil der Probanden bestätigte einen positiven Einfluss der Reaktionsab- fragen auf den Müdigkeitszustand. Bei sechs Probanden war der Einfluss auf den Mü- digkeitszustand deutlich, bei sieben spürbar und bei sechs weniger ausgeprägt. Lediglich eine Person gab an, dass ihre Müdigkeit nicht durch die Reaktionsabfragen beeinflusst worden sei. Bis auf einen Probanden gaben alle Probanden an, dass das genutzte System mit Reaktionsabfragen generell benötigt wird. 16 Probanden bewerteten die Countdown- Anzeige der Reaktionsbereitschaft als sehr gut verständlich und vier als eher gut ver- ständlich. 13 Probanden bewerteten die Anzeige als sehr hilfreich, fünf als eher hilfreich und je ein Proband als eher nicht und überhaupt nicht hilfreich. Entsprechend empfand ein Proband die Anzeige als eher störend, vier als eher nicht störend und 15 Probanden störte die Anzeige der Reaktionsabfragen überhaupt nicht. Auf die Frage, ob die Pro- banden generell immer wussten, in welchem Systemzustand sich das Assistenzsystem befand, gaben 14 Probanden die Option ja an und die sechs übrigen eher ja. 10.2.6. Diskussion zum Müdigkeits- und Fahrverhalten In Studie 3 stand der Umgang mit den irregulären ä, der Müdigkeitsentwicklung und der Fahrausführung in den oben genannten Testsituationen im Vordergrund. Die Er- gebnisse zeigten wie schon in Studie 2 einen Anstieg des subjektiven Müdigkeitslevel in 200 den einzelnen Testsituationen. Hauptgründe hierfür waren wahrscheinlich die monotone Fahrbedingung und die lange Dauer der Studie. Der Anstieg der subjektiven Müdigkeits- bewertungen war hierbei mit dem Anstieg aus Studie 2 vergleichbar. Die vergleichsweise hohen Summen in den Epworth-Tests deuteten auch in dieser Studie auf eine verstärk- te Anfälligkeit der Probanden für eine Tagesschläfrigkeit hin (Johns, 1991), welche den signifikanten Müdigkeitsanstieg begünstigte. Trotz dessen war keinem der Probanden eine eigene Schlafkrankheit bekannt. Wie in Studie 2 konnte das Ziel erreicht werden, den Großteil der Probanden mit der anspruchsvollen Kistensituation bei einem hohen Müdigkeitslevel zu konfrontieren. So bewerteten sich 14 von den 20 ausgewerteten Pro- banden vor der Kistensituation mindestens einmal mit einer KSS von acht oder neun. Diese Stufen wurden den Probanden im Vorfeld der Studie als Indikator für eine Fahr- untüchtigkeit aufgrund von Müdigkeit mitgeteilt. Obwohl es bei den Vergleichen zwischen den manuellen und automatisierten Fahr- abschnitten am Anfang und Ende der Studie signifikante Unterschiede beim subjektiven Müdigkeitslevel der Fahrer gab, kann der allgemeine Zustand der Fahrer aufgrund der KSS Werte in diesen Abschnitten jeweils als vergleichbar eingestuft werden. So gab es in dem Vergleich zu Beginn der Fahrt keinen Probanden, der sich in dem automatisierten Abschnitt mit einer KSS von acht oder neun bewertete. Der allgemeine Zustand kann entsprechend als wach kategorisiert werden. Ähnliches gilt für die Fahrphase am Ende der Fahrt, in der sich der Großteil der Fahrer als fahruntüchtig einschätzte (neun Fahrer mit einer KSS größer als sieben und vier Fahrer mit einer KSS kleiner als sieben). Die höhere Müdigkeit vor Beginn der Kistensituation deutet auf ein Maximum des Müdig- keitsempfindens in der Studie vor dieser Testsituation hin. Die Selbsteinschätzung von 16 Probanden, Sekundenschlafereignisse während der Studie erlebt zu haben, unterstreicht den müden Zustand der Probanden zum Ende der Fahrt. Die Gründe für die Diskrepanz zwischen der Zahl der Personen, die offensicht- lich nicht mehr fahren sollten (16 Probanden mit Sekundenschlafereignissen) und der Selbstein- bzw. überschätzung auf der anderen Seite (nur elf Probanden wären im An- schluss an die Studie nicht weitergefahren) wurde ausführlich in Kapitel 7.7 diskutiert, auf das an dieser Stelle verwiesen wird. Hinzu kommt in dieser Studie, dass die manuelle Fahrt am Ende und die letzte anspruchsvolle Stausituation eine zusätzliche Adrenalin- ausschüttung ausgelöst haben könnte und die Probanden dadurch eventuell zusätzlich aufgeweckt wurden. Trotz der erhöhten Zeitintervalle zwischen den Reaktionsabfragen im Vergleich zu Studie 2, war es für fast alle Probanden kein Problem die Abfragen zur Reaktionsbe- reitschaft zu bestätigen. Anders als in der vorausgehenden Studie war es den Probanden nicht möglich, sich auf das Intervall der Reaktionsabfragen einzustellen. Es scheint, als sei die Zeit zur Rückmeldung auch in dieser Studie nicht von der zunehmenden Müdig- keit beeinflusst worden. So wurde die Kistensituation bei dem Großteil der Probanden nur durch das Ende der Studienzeit ausgelöst. Für den Großteil der Probanden stell- te eine regelmäßige oder unregelmäßige Reaktionsabfrage somit kein Problem dar. Die Reaktionsabfragen selbst hatten wie in der vorangegangenen Studie einen positiven Ein- fluss auf das subjektive Müdigkeitsempfinden. Die Auswertungen der verpassten Reakti- onsabfragen ohne Kistenauslösung ergaben, dass diese hauptsächlich auf einen einzigen 201 Probanden zurückzuführen waren. Somit wurde das Verpassen der Reaktionsabfragen in Studie 2 und 3 stark durch individuelle Faktoren einzelner Teilnehmer beeinflusst. Dies ist in ähnlicher Form auch in anderen Müdigkeitsuntersuchungen zu finden. So wa- ren in einer Untersuchung von Hanowski, Wierwille und Dingus (2003) nur eine kleine Prozentzahl der Teilnehmer für den Großteil an kritischen Zwischenfällen verantwortlich was auch in dieser Beziehung für starke individuelle Unterschiede spricht. Auch im Falle eines Verpassens der Reaktionsabfragen reagierten die Probanden in dieser Studie innerhalb der Übergabezeit von fünf Sekunden. Die Übernahmezeiten der Probanden, die die Kistensituation durch eine verpasste Reaktionsabfrage auslösten, war nicht signifikant anders als die der übrigen Probanden. Es ist deshalb davon aus- zugehen, dass die Probanden ab einer gewissen Reizschwelle schnell reagieren können, obwohl ihnen die Schnelligkeit bei der Bestätigung der Reaktionsabfrage fehlte. Dies bestätigte die Ergebnisse aus Studie 2. Die unterschiedlichen Übernahmezeiten in den Testsituationen legten den Schluss nahe, dass die Fahrer ihre Reaktionen in Abhängigkeit des subjektiven Anspruchs an die- se anpassten. Ein analoges Ergebnis gab es auch in Studie 2 und der Studie von Radlmayr et al. (2014). So waren die Übernahmezeiten in der Kurvensituation am langsamsten, ob- wohl die Müdigkeit der Probanden in der Pannen- und Kistensituation signifikant höher war. Die geringsten Übernahmezeiten gab es in dieser Studie in Testsituationen, in denen die Fahrer auf ein Hindernis auf der eigenen Fahrbahn reagieren mussten (Unfall und Kistensituation). Aufgrund der Signalwirkung des Blaulichts wurde dieser Effekt bei der Unfallsituation eventuell zusätzlich verstärkt. Anders als in der vorangegangenen Studie waren die Übernahmezeiten in der Kurvensituation am langsamsten. Dieser Unterschied könnte auf die unterschiedlichen Streckenprofile und bessere Übersicht der Straßensitua- tion in dieser Studie zurückzuführen sein. So wurde die Kritikalität und benötigte Zeit zur Reaktion in der Kurvensituation am niedrigsten bewertet. Trotz des signifikanten Anstiegs der Müdigkeit zeigten die Übernahmezeiten der Probanden, dass die Müdigkeit diese nicht daran hinderte, die Fahraufgabe auch in der Kistensituation schnell zu über- nehmen. Mit knapp fünf Sekunden gab es im Gegensatz zu der vorhergehenden Studie einen Probanden, der eine längere Zeit zur Reaktion und Handlung brauchte. Aufgrund der schnellen Übernahme der übrigen Probanden ist dieser Proband als Ausreißer zu be- werten. Detailauswertungen der Videoaufnahme des Probanden zeigten, dass der Grund für die längere Übernahmezeit eine stark zur Seite geneigte Sitzposition zu Beginn der Übernahmeaufforderung war. Der Vergleich der Übernahmezeiten der Fahrer, die sich in Form der subjektiven Müdigkeitsbewertung selbst als fahruntüchtig einschätzten mit den Fahrern, die sich für fit hielten, legt nahe, dass Fahrer während des hochautomatisierten Fahrens durch die Müdigkeit nicht signifikant in ihrer Fähigkeit zu reagieren und handeln eingeschränkt sind. So zeigten die Fahrer nicht nur eine schnelle Reaktion, sondern passten ebenfalls ihre Handlung im Anschluss an die Übernahme an die jeweiligen Erfordernisse an. In- teressant ist zudem zusätzlich, dass die müderen Probanden in der Unfallsituation signi- fikant schneller reagierten als die wachen Probanden. Aufgrund der kleinen Stichprobe ist dies wahrscheinlich auf individuelle Gegebenheiten zurückzuführen. Diese Ergebnisse bestätigen insgesamt die Beobachtungen aus Studie 2 und weichen von Studienergeb- 202 nissen von Dinges, Orne und Orne (1985) ab. So fand die Forschergruppe signifikante Unterschiede in den Reaktionszeiten von müden Probanden. Im Gegensatz zu den Stu- dien in dieser Arbeit wurden die Probanden von Dinges et al. (1985) direkt aus dem Schlaf gerissen um zu reagieren, was bei den Reaktionen der Probanden in den eigenen Studien nicht eindeutig bestimmbar war. So konnte nicht eindeutig zwischen Probanden unterschieden werden, die die Augen lediglich geschlossen hatten, weil sie entspannen wollten oder die tatsächlich schliefen. Zusätzlich könnte es sein, dass der Einfluss der passiven Müdigkeit keine Auswirkungen auf die Reaktions- und Übernahmefähigkeit der Fahrer hat. Weitere Gründe sind in Kapitel 7.7 aufgelistet. Äquivalent zu der vorhergehenden Studie wurden die Handlungen der Fahrer zur Bewertung einer sicheren Fahrausführung mit den Vorgaben aus der Straßenverkehrs- ordnung verglichen (siehe Kapitel 3.1). Mit einem Fahrzeugabstand von 1.33 s in der Bremssituation und Abständen zu den Fahrzeugen in der Unfall- und Pannensituation von mehr als einem halben Meter hielten alle Fahrer einen ausreichend großen Sicher- heitsabstand ein. Auch in der Kurvensituation blieben alle Probanden in der Spur. Der kleinste absolute Abstand zu der Kiste lag bei 28 cm (zuzüglich der Breite des Sei- tenspiegels waren es 40 cm). Da von der Kiste keine Gefahr ausging und es keine Si- cherheitsanforderungen zum Abstand zu Gegenständen auf der Fahrbahn gibt, ist nicht auszuschließen, dass der Proband mit dem geringsten Abstand dies in der Ausführung seiner Handlung berücksichtigte. Kein elektronisches Assistenzsystem wäre aktiv gewor- den. Dies verdeutlicht die sichere Fahrausführung der Probanden. Zu der sicheren Fahrt trotz starker Müdigkeit könnte auch die Signalwirkung der Übernahmeaufforderung bei- getragen haben. Diese ist vergleichbar mit der Signalwirkung einer Müdigkeitswarnung, von der ein positiver Effekt auf die Fahrleistung bekannt ist (Gaspar et al., 2017). Zusätzlich hatten die Probanden keine Probleme im Anschluss an die anspruchs- volle Kistensituation für eine weitere Viertelstunde manuell zu fahren. Die abschließende Reaktion auf das Stauende zeigte, dass die Probanden noch gut reagieren konnten. Ab- bildung 10.7 legt nahe, dass der zeitliche Abstand zum Vorderfahrzeug während des Bremsens stark von dem zuvor gewählten Sicherheitsabstand in der manuellen Fahrt abhing. Interessant ist, dass der Sicherheitsabstand mit einer bis zu vier Sekunden die Hälfte bis zum Doppelten des Abstandes zum Vorderfahrzeug während der hochautoma- tisierten Fahrt betrug. In der Realität könnten Probanden mit geringerem Sicherheits- abstand diese Abstände ebenfalls während der hochautomatisierten Fahrt wählen. Dies stellten Siebert, Oehl, Bersch und Pfister (2017) beispielsweise für assistierte Fahrten fest. Obwohl die Kistensituation so konzipiert war, dass sie einen hohen Anspruch er- forderte, zeigten die Rückmeldungen der Fahrer im Vergleich zu den weiteren Testsitua- tionen in der Nachbefragung nicht immer einen signifikanten Unterschied. Dies war im Hinblick auf alle vier Abfragekategorien (Anspruch, Unfallrisiko, Kritikalität und Zeit zur Reaktion) der Fall. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die Fahrer den Anspruch der Kistensituation reduzierten, indem sie frühzeitig und schnell reagierten. So starteten alle Probanden bis auf einen den Spurwechsel innerhalb der Übergabezeit. Eine weitere Begründung könnte darin liegen, dass die subjektive Einschätzung der Probanden zu- sätzlich durch andere Verkehrsteilnehmer in den Testsituationen beeinflusst wurde. So 203 könnten das Polizeifahrzeug und die Unfallfahrzeuge in der zweiten Testsituation, sowie die weiteren Verkehrsteilnehmer in der Brems- und Pannensituation die Rückmeldungen zusätzlich beeinflusst haben. Durch die Kiste war lediglich die eigene Fahrt gefährdet. Hinzu kommt, dass die Zeit zwischen den einzelnen Testsituationen und der Befragung bereits länger zurück lagen und die Einschätzungen dadurch eventuell nicht mehr der eigentlichen Wahrnehmungen zu den Zeitpunkten der Testsituationen entsprachen. Den entschärften mittleren Anspruch verdeutlichen auch die gemittelten Rückmeldungen der subjektiven Situationsbewertungen in absoluten Zahlen und bestätigen die Ergebnis- se aus Studie 2. So lässt beispielsweise die Kritikalität mit einem mittleren Wert von 2.37 einen Spielraum von nahezu dem Doppelten bis zur Maximalzahl von vier. Das ab- schließende anspruchsvolle Stauende könnte auch die Bewertung zusätzlich beeinflusst haben. Diese Situation bewerteten die Probanden im Mittel in der gesamten Studie hinsichtlich des Unfallrisikos, der benötigten Zeit zur Reaktion und Kritikalität als am anspruchsvollsten. Zusammen mit den hohen maximalen Bremsverzögerungen belegen diese Rückmeldungen den gewünschten Anspruch der Situation. Die Korrelationsanalysen der Übernahmezeiten der beiden Testsituationen mit Hindernissen auf der Fahrspur legen nahe, dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Fahrer unabhängig von der Müdigkeit durch die individuelle Reaktionsfähigkeit der Probanden und die Anpassung auf die Testsituation beeinflusst wird. So gab der Großteil der Fahrer zur Zeit der Unfallsituation an, sich selbst für fahrtüchtig zu halten. In der Kistensitua- tion war dies allerdings nicht mehr der Fall und der Großteil der Probanden hielt sich müdigkeitsbedingt für fahruntüchtig. Die Ergebnisse der Korrelationsanalyse wichen da- mit von den Ergebnissen in Studie 2 ab. Die Analyse des Zeitpunktes des Spurwechsels in den beiden Testsituationen zeigt, dass die Probanden, die in der einen Testsituation schnell handelten nicht zwangsläufig einen schnellen Spurwechsel in der zweiten Testsi- tuation vollführten. Die negative Korrelation zwischen Übernahme und Handlung bei der anspruchsvollen Kistensituation bestätigt die Ergebnisse aus der vorausgehenden Studie und spricht entweder für eine absichtlich spätere Handlung der schnell reagierenden Leu- te oder die Unabhängigkeit der Ausführungszeiten zwischen unbewusster, reflexartiger Übernahme und einer geplanten, komplexen Handlungsausführung. Wie in Studie 2 wurde das Bedien- und Anzeigekonzept allgemein als positiv und verständlich bewertet. Mit Hilfe der beiden Eingewöhnungsteile in der manuellen und hochautomatisierten Fahrt war es den Probanden vielleicht nur hierdurch möglich immer richtig auf die verschiedenen Gegebenheiten zu reagieren. Trotz der Komplexität des Systems mit unterschiedlichen Fahrmodi, Anzeigen und Aufforderungen an die Probanden verinnerlichten diese das Konzept und die unterschied- lichen Anforderung an sie zu einem hohen Grad. Nur so ist zu erklären, dass sie auch auf die anspruchsvollen Situationen unter hoher Müdigkeit richtig und sicher reagierten. Die sichere Übernahme und Handlung der Probanden in dieser Studie war durch die größe- ren Abstände zwischen den Reaktionsabfragen vor Beginn der Studie nicht zu erwarten. Diese ergänzen und bestätigen die Ergebnisse aus der Studie 2 . 204 10.3. Kopfbewegungen und Lidschlagverhalten in Studie 3 10.3.1. Auswertungen der kamerabasierten Parameter Wie Kapitel 8 zeigte, sind die Ergebnisse einer kamerabasierten Fahrerbeobachtung stark von der Aufnahme, der Bildverarbeitung und dem Algorithmus zur Lidschlagerkennung abhängig. Aus diesem Grund wurde die Verfügbarkeit und Genauigkeit des Signals zur Kopf- und Lidposition der eingesetzten Kamera in Studie 3 in einem ersten Schritt über- prüft. Es gab Zeitpunkte, in denen es der Kamera nicht möglich war, die Position von Kopf und Lid zu bestimmen. Ursache hierfür waren beispielsweise die Verdeckung des Fahrerkopfes, Kopfdrehungen durch Schulterblicke oder Schwierigkeiten der Algorith- men den Fahrerkopf und die Lider zu detektieren. Der Median der fehlenden schräg verteilten Daten aus diesen Zeitpunkten für alle 20 Probanden betrug 1.3 % mit einem Maximalwert von 5.6 %. Um die Genauigkeit des Signals zur Kopfposition zu überprüfen, wurden die Daten der Kamera mit den Aufzeichnungen des Laserscanners Laserbird (Burlington Ascension Technology Corporation, 2004) überprüft, da dieser sehr genaue Positionsdaten liefer- te. Bei dem Vergleich zwischen Laserscanner und Kamera wurde ein Winkelbereich für Kopfdrehungen von unter +/- zehn Grad vertikal und horizontal getrennt von größeren Kopfdrehungen mit einer absoluten Drehung von mehr als zehn Grad in eine Richtung unterschieden. Für die horizontalen Drehungen des Kopfes innerhalb +/- zehn Grad be- trug der absolute Median des Fehlers der Kamera 2.1◦ und für vertikale Drehungen 2.7◦. Für den Bereich oberhalb einer absoluten Drehung von zehn Grad war der Fehler für horizontale Drehungen 5.1◦ und für vertikale Drehungen 5.2◦. Anders als in Kapitel 8.5 konnte das prozentuale Signal zur Lidposition nicht mit demselben Detaillierungsgrad überprüft werden. Ein Grund hierfür war, dass es keine Kamera in direkter Nähe des Auges gab, die ein Bild von diesem aufzeichnete. Zusätz- lich konnte das Video der eingesetzten Kamera zur Berechnung der Lidposition nicht gespeichert werden. Somit standen lediglich die Signale der Kamera und die Videos der übrigen Kameras im Fahrzeuginnenraum zur Verfügung. Während der Fahrt wurden die Aufnahmen der Kamera auf dem Mantelrohr durch Verdeckungen mit den Händen, durch das Brillengestell bei Brillenträgern oder dem Lenkrad bei Kopfbewegungen beeinflusst. Für die Kamera auf dem Armaturenbrett gab es aufgrund der unterschiedlichen Position dieselben Verdeckungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Das Gesicht wurde auch aus einer seitlich versetzten Position aufgenom- men. Aufgrund möglicher Einflüsse dieser Unterschiede auf die Bewertung wurde kein Vergleich der Lidschlagdetektion zwischen den ausgewerteten Signalen der Kamera auf dem Mantelrohr und dem Video der versetzt angebrachten Kamera auf dem Armatu- renbrett durchgeführt. Anstatt dessen wurden die Probanden vor Beginn der Studie gebeten, die Augen für mehr als eine Sekunde zu schließen und diesen Zeitraum durch einen Tastendruck zu bestätigen. Dieser Vorgang erfolgte bereits unter denselben Umge- 205 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 t t t t t t t t t t t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Ausgewerteter Abschnitt Abbildung 10.8.: Mittlere Pl2 Werte und Standardabweichungen über die Zeit in den elf Auswerteabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 bungsbedingungen wie während der Fahrt. In den Auswertungen wurden diese Sequenzen anschließend mit dem Signal der Lidschlagdetektion verglichen. Von den 20 Probanden in der Studie hatten zwei Probanden eine Detektionsrate der geschlossenen Augen von weniger als 90 % über dem Zeitraum des Tastendruckes. Aus diesem Grund wurden diese Probanden für alle weiteren Analysen auf Basis des Lidschlagsignals ausgeschlossen. Äquivalent zu Kapitel 9.4 wurden die genutzten Signale des Algorithmus der übri- gen 18 Probanden in denselben zehn-minütigen Intervallen wie in Kapitel 10.2 analysiert. Für den Perclos und langen Lidschlüsse wurde direkt das binäre Signal zur Beschreibung von mehr als 80 % geschlossenen Augen genutzt. Im Gegensatz zu Kapitel 9.4 konnten deshalb nicht dieselben Lidschlagparameter ausgewertet werden. So wurden lediglich die beiden Parameter des Algorithmus Sp2 (lange Lidschlüsse) und Pl2 (Perclos) zusammen mit der Anzahl an bewussten Kopfbewegungen Kb ausgewertet. Die Abbildungen 10.8 bis 10.10 zeigen den Verlauf der drei Signale in den Auswer- tefenstern. Der Verlauf der Perclos-Werte ist mit Hilfe des Mittelwerts und der Stan- dardabweichung dargestellt. Zu beachten ist, dass die Werte für die Darstellung nicht normiert wurden, da Reaktionsabfragen bei dem fixen Schwellwert von 0.2 ausgelöst wurden. Das Verhältnis zu diesem Wert würde bei einer Normierung verzerrt. Die An- zahl der langen Lidschlüsse und der bewussten Kopfbewegung ist durch den Median, das 25 % bzw. 75 % Perzentil (Box) und Whiskers mit der maximal 1.5 fachen Länge der Box zu sehen. Bei der Auswertung der einzelnen Parameter in den hochautomatisierten Phasen gab es signifikante Unterschiede der Perclos-Werte bei einer ANOVA mit Messwieder- 206 Perclos−Werte 100 80 60 40 20 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 t t t 1 2 t 4 A t t t t t t t 5usgewertet6er Abschni7tt 8 9 10 11 3 Abbildung 10.9.: Median der langen Lidschlüsse Sp2 über die Zeit in den elf Auswerteab- schnitten t1 bis t11 von Studie 3 60 40 20 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 t t t t 1 2 t 4 A5usgewerte tt6er Abschn titt t t t t7 8 9 10 11 3 Abbildung 10.10.: Median der bewussten Kopfbewegungen über die Zeit in den elf Aus- werteabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 207 Anzahl an großen Kopfbewegungen Anzahl langer Lidschlüsse holungen [F (2.128, 36.179) = 4.28, p = .020, η2p = .20] mit einem signifikanten linear steigenden Trend [F (1, 17) = 8.24, p = .011, η2p = .33]. Bei der Auswertung der langen Lidschlüsse mit einem Friedman Test gab es ebenfalls signifikante Unterschiede [χ2(7, N = 18) = 39.29, p < .001] und einen signifikant steigenden Trend bei einem Mann- Kendall Trend Test (z = 2.38, p = .017). Die Anzahl der Kopfbewegungen über die Zeit war nicht signifikant [χ2(7, N = 18) = 5.30, p = .62]. Hinsichtlich einer Korrelation der Parameter mit den KSS-Rückmeldungen gab es eine positive Korrelation der Perclos- Werte (r = .32, p < .001 , N = 136) und der langen Lidschlüsse (τ = .36, p < .001, N = 136). Zwischen den Kopfbewegungen und KSS Rückmeldungen gab es keine signi- fikante Korrelation (τ = .007, p = .91, N = 136). Neben den Auswertungen zu den Verläufen der drei Parameter während der hoch- automatisierten Fahrt wurde das Verhalten der Fahrer zwischen dem manuellen und hochautomatisierten Abschnitt zu Beginn und Ende der Studie verglichen. Hierzu wur- den die Daten der ersten manuellen Fahrphase t1 mit dem ersten hochautomatisierten Abschnitt in t2 verglichen. In einem zweiten Vergleich wurden die letzten zehn Minu- ten der hochautomatisierten Fahrt in Abschnitt t10 mit dem letzten manuell gefahrenen Fahrabschnitt t11 verglichen. Bei dem Vergleich der Perclos Werte aus den einzelnen Fahrabschnitten gab es si- gnifikante Unterschiede. So waren die Perclos-Werte in dem ersten hochautomatisierten Abschnitt signifikant höher als in dem vorangehenden manuellen Abschnitt [t(17) = -2.62, p = .018]. Ebenfalls waren die Perclos-Werte im letzten Abschnitt vor der Kistensitua- tion höher als in dem anschließenden Abschnitt [t(17) = 2.86, p = .011]. Im Vergleich der langen Lidschlüsse gab es ähnliche Ergebnisse mit signifikant mehr Ereignissen in dem ersten hochautomatisierten Abschnitt gegenüber dem manuellen Ab- schnitt zuvor (z = -2.23, p = 0.026), sowie einem signifikanten Abfall der Ereignisse von dem vorletzten zum letzten Abschnitt (z = -2.63, p = 0.009). Ebenfalls gab es einen signifikanten Unterschied in der Anzahl an bewussten Kopfbewegungen. So gab es in den zwei manuellen Fahrabschnitten zu Beginn (z = -2.70, p = 0.007) und am Ende der Fahrt (z = -2.54, p = 0.011) jeweils signifikant weniger bewusste Kopfbewegungen, als in den hochautomatisierten Abschnitten danach bzw. davor. Die aufgenommenen Signale zur Lidstellung und der Kopfposition der Probanden wurde anschließend mit einem Modell des Algorithmus zur Bestimmung der Reaktions- abfragen erneut simuliert. Hierbei ist zu beachten, dass in der Nachsimulation keine erzwungenen Reaktionsabfragen durch die Verknüpfung mit den KSS-Abfragen einflos- sen. So basieren die nachsimulierten Reaktionsabfragen lediglich auf den Signalen zu Kopf-, Lidposition und Validitätssignal. Die Häufigkeit der nachsimulierten Reaktionsabfragen während der hochautoma- tisierten Fahrt korrelierten signifikant mit der subjektiven Müdigkeitseinschätzung der Probanden (τ = 0.41, p < .001, N = 136). Die Anzahl der Reaktionsabfragen direkt vor der Kistensituation ist hierbei signifikant höher als die Anzahl zu Beginn der Fahrt (z = -2.58, p = .010). 208 10.3.2. Diskussion zu den kamerabasierten Parametern Die ausgewerteten Parameter zur Aktivität der Fahrer geben einen wertvollen Einblick in das Verhalten in hochautomatisierten Fahrten. Die ausgewerteten Parameter Perclos, lange Lidschlüsse und bewusste Kopfbewegungen zeigten allesamt signifikante Unter- schiede des Verhaltens bei Fahrern in der HAF-Phase gegenüber Fahrphasen, die sie in vergleichbaren Zeitabschnitten manuell zurücklegten. Der signifikante Anstieg der langen Lidschlüsse zu Beginn der Fahrt trotz des wachen Zustandes der Fahrer legt nahe, dass die Häufigkeit der langen Lidschlüsse während der hochautomatisierten Fahrt nicht mit langen Lidschlüssen während einer manuellen Fahrphase gleichzusetzen sind. Dasselbe gilt auch für die gemessenen Perclos-Werte und die Häufigkeit der bewussten Kopfbewe- gungen. Der höhere Anteil dieser Werte in der hochautomatisierten Fahrt deutet darauf hin, dass die Fahrer den Blick von der Fahrbahn lösen. Da die Fahrer keine Nebentätig- keiten ausführen durften, betrachteten die Fahrer vermehrt die Umgebung oder nutzten kurze visuelle Entspannungsphasen mit längeren Lidschlüssen. Es bot sich den Fahrern auch die Möglichkeit an, den Umgebungsverkehr besser und länger zu beobachten und den Blick länger und häufiger in die Seiten- und den Rückspiegel zu werfen. Die signifikanten Änderungen aller einzelnen Parameter während den hochauto- matisierten Abschnitten gegenüber der manuellen Fahrphase legen nahe, dass bisherige Modelle und Auslegungen von Systemen zur Müdigkeitsdetektion des manuellen Fah- rens nicht eins zu eins für das hochautomatisierte Fahren übernommen werden sollten. Dies bestätigt die Ergebnisse der Auswertungen in Kapitel 9, bei denen bereits größere Unterschiede in den absoluten Zahlen der einzelnen Parameter festgestellt wurden. In den hochautomatisierten Abschnitten war ein signifikant steigender Trend der Lidparameter mit Zunahme der Fahrtzeit und der Zunahme des subjektiven Müdig- keitslevel zu sehen. Dieser Anstieg war trotz der Unterschiede der absoluten Zahlen von Perclos und der Anzahl an langen Lidschlüssen zwischen dem manuellen und hochau- tomatisierten Fahren messbar. Die Korrelation dieser Verläufe mit den Müdigkeitsbe- wertungen der Fahrer bildete die Basis für die Korrelation der Reaktionsabfragen mit den Müdigkeitsbewertungen. Die Zunahme der Percloswerte und der Anzahl der langen Lidschlüsse zeigte auch, dass die Reaktionsabfragen eine Zunahme der Percloswerte und langen Lidschlüsse der Fahrer mit dem HAFS nicht einschränken konnte. Betrachtet man die müden Fahrabschnitte mit dem HAFS im Detail, so sieht man, dass die maximale Anzahl an langen Lidschlüssen der Probanden nie oberhalb von 100 Stück in einem Eva- luationsfenster von zehn Minuten lag. Da der Fahrer die Möglichkeit hatte, die Augen in dem zehnminütigen Fenster für bis zu 600 Sekunden zu schließen und die Perclos- Werte maximal 40 % erreichten, lag die maximale Zeit an geschlossenen Lidern somit ebenfalls bei höchstens 40 %. Dies zeigt, dass die Probanden trotz des hochautomati- sierten Fahrens und ihrer hohen Müdigkeitslevel noch immer zum Großteil die Straße oder die Umgebung beobachteten. Ein Grund könnte sein, dass sie sich ihrer Aufgabe reaktionsbereit zu sein noch immer bewusst waren. Auch könnten sie dem System nicht vollständig vertraut haben. Ebenfalls könnten sie die Reaktionsabfragen von längeren Zeitabschnitten mit geschlossenen Augen abgehalten haben. Die hohe Anzahl an be- wussten Kopfbewegungen, auch während der müden Fahrt, könnte dem Überblick über 209 das Fahrgeschehen dienen oder eine Strategie gegen Müdigkeit sein. Da die Studie nicht mehrmals mit denselben Probanden durchgeführt werden konnte und die Probanden mit dem System nicht im Vorfeld üben konnten, kann der Einfluss der Gewöhnung und des Systemvertrauens auf das Verhalten über den gesamten Fahrtverlauf nicht abgeschätzt oder überprüft werden. Der Vergleich der drei Paramter zwischen dem hochautomatisierten und manuellen Fahrabschnitt am Ende der Studie und die signifikanten Änderungen dieser zeigen, dass sich die Fahrer ihrer Aufgabe und Verantwortung wieder bewusst waren und ihr Verhal- ten zur sicheren Weiterfahrt anpassten. So gab es signifikant weniger lange Lidschlüsse, geringere Perclos-Werte und weniger bewusste Kopfbewegungen. Ebenfalls gab es eine signifikante Reduktion der KSS-Werte zwischen dem letzten hochautomatisierten Ab- schnitt und dem folgenden manuellen Abschnitt. Trotz dessen reduzierte sich die Zahl der Probanden, die sich mit einer KSS von acht oder neun einstuften lediglich von zwölf der 17 Probanden zu neun der 17 Probanden, womit die Mehrheit noch immer als zu müde zum Fahren eingestuft werden kann. Die Abnahme der Müdigkeitslevel kann auch ein Indiz für den passiven Müdigkeitszustand sein, der durch die monotone hochautoma- tisierte Fahrt induziert wurde. So wurde die Monotonie durch die Übernahme und die manuelle Fahrt unterbrochen. Hierbei wurde versucht, die Effekte durch die Kistensitua- tion möglichst klein zu halten, indem ein Zeitfenster von fünf Minuten im Anschluss an die Testsituation nicht in die Auswertung einfloss. Nichtsdestotrotz kann ein möglicher Einfluss der Kistensituation nicht vollständig ausgeschlossen werden. Bei dem Vergleich der Parameter zwischen Kapitel 8 und 9 ist zu beachten, dass diese in den vorhergehenden Kapiteln stark durch den Signalverlauf des EOG beeinflusst wurden. In diesem Kapitel basierten die Ergebnisse nur auf den Daten einer Kamera. Hinzu kommt, dass die manuellen und hochautomatisierten Fahrten in Studie 1 und 2 im Gegensatz zu Studie 3 von unterschiedlichen Probanden aufgezeichnet wurden. Ebenfalls gab es keine Optimierung des Prozesses zur Lidschlagdetektion. Insgesamt be- stätigen die Auswertungen von Studie 3 das geänderte Verhalten zwischen manueller und hochautomatisierter Fahrt. 210 11. Zusammenfassung und Ausblick 11.1. Zusammenfassung Lange hochautomatisierte Fahrten bei Untätigkeit des Fahrers verstärken, im Gegen- satz zum manuellen Fahren die passive Müdigkeit. Grund hierfür ist die Unterforderung des Fahrers. Dies könnte einen Risikofaktor für eine sichere und schnelle Übernahme des Fahrzeugs durch den Fahrer aus der Automatisierung darstellen. Deshalb war die Untersuchung des Reaktionsverhaltens von Fahrern bei Übernahmen aus dem hochauto- matisierten Fahren unter Müdigkeit Hauptziel dieser Arbeit. Zur Umsetzung dieses Ziels wurden zwei eigene Studien mit langen, monotonen, hochautomatisierten Fahrten durch- geführt. In diesen wurden 61 Probanden nach einer hochautomatisierten Fahrtzeit von jeweils über 90 min mit einer anspruchsvollen Testsituation konfrontiert. In dieser musste das Fahrzeug von den Probanden innerhalb von 6.8 s übernommen werden und in dieser Zeit adäquat auf eine Kiste reagiert werden, die in der eigenen Spur lag. Diese Kiste war erst 1.9 s nach Start der Übernahmeaufforderung sichtbar. Erschwerend kam hinzu, dass ein Großteil der Probanden zum Zeitpunkt der Übernahmeaufforderung einen Mü- digkeitszustand aufwies, den sie als kritisch in Bezug auf ihre Fahrtüchtigkeit einstuften. Die hohe Zahl an Probanden mit subjektiv selbst wahrgenommenen Sekundenschlafer- eignissen zeugt zusätzlich von der Müdigkeit dieser. Trotz dessen war es ihnen möglich, schnell und sicher auf die Übernahmeaufforderung zu reagieren. Dabei konnte kein Un- terschied in den Reaktionen der Fahrer festgestellt werden, die sich selbst als fahrtüchtig oder -untüchtig klassifizierten. Ebenfalls hatten die Probanden keine Schwierigkeit im vorhergehenden Versuchsverlauf auf vier weitere Übernahmen zu reagieren sowie in einer der Studien im Anschluss an die anspruchsvolle Übernahme für 15 min manuell weiter- zufahren und sicher auf ein Stauende zu bremsen. Trotz der Entlastung bei der Fahraus- führung durch das hochautomatisierte System stieg das Müdigkeitslevel der Probanden mit zunehmender Fahrtdauer nicht stärker an als bei vergleichbaren manuellen Fahrten. Dies zeigte ein Vergleich mit einer dritten Studie mit manuellen Fahrten. Zusätzlich zu den Übernahmen mussten die Probanden ihre Reaktionsfähigkeit in den hochautomati- sierten Fahrten in Form von Reaktionsabfragen in unterschiedlichen Abfrageintervallen bestätigen. Bis auf vereinzelte fehlende Bestätigungen der Reaktionsabfragen konnte kein Effekt der bestätigten oder verpassten Reaktionsabfragen auf die Reaktionen der Fahrer in den Übernahmen gefunden werden. Es gab auch keinen signifikanten Unterschied der subjektiven Müdigkeitsbewertungen im Vergleich unterschiedlicher Abfrageintervalle. Zusätzlich zu der Untersuchung der Reaktionen in Fahrzeugübernahmen wurde das Lidschlagverhalten, bzw. die Lidschlagparameter der Fahrer in allen drei Studien untersucht. Hierzu wurden verschiedene Verfahren zur Lidschlagdetektion angewendet 211 und verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Detektionsraten von Lidschlägen von verschiedenen Bedingungen abhängen. So gibt es Einflüsse durch den Automatisierungs- grad, die Messtechnik zur Fahrerbeobachtung, den Müdigkeitszustand der Fahrer, die Aufnahmefrequenz und den Algorithmus zur Signalverarbeitung. Zusätzlich ermöglich- te eine detaillierte Abstufung der verschiedenen Lidbewegungen eine genaue Analyse des Fahrerverhaltens. So konnte ein Unterschied im Verhalten der Probanden in den verschiedenen Fahrphasen gezeigt werden. Durch das Labelling und die Lidschlagde- tektion mit Hilfe von Videos eines Head-mounted Eye Tracker konnte eine sehr hohe Genauigkeit bei der Validierung erzielt werden. Dazu trug die hohe Auflösung der Au- genregionen im Video und die Auswertung eines Head-mounted Eye Trackers bei. Hier- durch wurden die Aufnahmen nicht durch unterschiedliche Kopfpositionen des Fahrers oder die Verdeckung seines Gesichts beeinflusst. Der Vergleich eigener Algorithmen zur Lidschlagdetektion mit Verfahren anderer Forschergruppen zeigte, wie abhängig einzel- ne Lidschlagalgorithmen von der Bildverarbeitung und den Randbedingungen während einzelner Studien sind. Durch eine Signalfusion mehrerer Einzelverfahren gelang es die Lidschlagdetektion zusätzlich zu verbessern und das Fahrerverhalten in Form von Lid- schlagparametern zu analysieren. Die Auswertungen deuten darauf hin, dass sich das Fahrerverhalten bei Lidschlägen und Kopfbewegungen in manuellen und hochautoma- tisierten Fahrten unterscheidet. So konnten Unterschiede im Verhalten der Probanden im müden und wachen Zustand festgestellt werden. Bei der Auswertung der Müdigkeit der Fahrer und deren Lidschlagverhalten korrelierten diese in den hochautomatisierten Studien. Auch wenn sich das Lidschlagverhalten zum manuellen Fahren unterscheidet, kann diese Verhaltensänderung zur Müdigkeitserkennung bei hochautomatisierten Fahr- ten genutzt werden. Ein Algorithmus zur Fahrerbeobachtung für das hochautomatisierte Fahren zeigte hierzu auf, wie die Daten aus dem Lidschlagverhalten zur Kopfposition des Fahrers in einen Algorithmus zur Detektion und Sicherstellung der Reaktionsfähigkeit integriert werden können. Zusammenfassend sind die drei ausgewerteten Studien, inklusive ihrer Randbedin- gungen und der Anzahl der ausgewerteten Probanden in Tabelle 11.1 aufgelistet. Die Probanden waren in allen drei Studien aufgefordert, trotz ihres Müdigkeitszustandes länger zu fahren als sie dies normalerweise tun würden. Insgesamt wurden in dieser Arbeit über 200 h Versuchsdaten von 75 Probanden ausgewertet, davon circa 155 h hochautomatisierte Fahrten. 11.2. Ausblick Mithilfe der durchgeführten Studien mit langen, hochautomatisierten Fahrten nach ei- nem Arbeitstag wurde in dieser Arbeit ein Anwendungsfall untersucht, der laut der Aussagen mehrerer Automobilhersteller in einigen Jahren Realität sein wird. Auf Ba- sis der durchgeführten Literaturrechere sind die durchgeführten Studien die ersten ih- rer Art, die hochautomatisierte Fahrten von mehr als 60 min Länge untersuchen. Da die beiden Studien jeweils einen spezifischen Anwendungsfall abbilden, sollten weite- re Versuche zu langen hochautomatisierten Fahrten unter dem Einfluss von Müdigkeit 212 Tabelle 11.1.: Überblick zu den drei durchgeführten Studien Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3 Probanden 14 41 20 Simulator Moving Base Fixed Base Moving Base Messtechnik Head-mounted Head-mounted Remote Eye Tracker (25 Hz) Eye Tracker (25 Hz) Eye Tracker (45 Hz) EOG (50 & 25 Hz) EOG (50 & 25 Hz) Kopfposition (50 Hz) Müdigkeitsskala KSS KSS KSS Intervall der KSS 15 min 15 - 17 min 15 - 24 min Fahrtumgebung Monoton, bewölkt Monoton, bewölkt Monoton, bewölkt Nebentätigkeit Keine Keine Keine Fahrtzeit Limitiert auf 4 h Limitiert auf 4 h Limitiert auf 4 h durchgeführt werden. Ideal wäre hierbei eine große Anzahl an Probanden, um genügend Fahrer in einer manuellen Kontrollgruppe zu testen. Aufgrund der Komplexität der un- terschiedlichen Faktoren die Müdigkeit hervorrufen, sollte darüber hinaus insbesondere die aktive Müdigkeit durch Nebentätigkeiten im Zusammenhang mit dem hochautoma- tisierten Fahren in langen Fahrten untersucht werden. Ebenfalls würden Fahrstudien im realen Straßenverkehr die Untersuchungen und Ergebnisse, basierend auf Fahrsimula- torfahrten, ergänzen. Zusätzlich treten im Straßenverkehr Situationen mit einer hohen Verkehrsdichte auf. Diese erhöhen die Beanspruchung des Fahrers bei Übernahmen, was eventuell zu Fahrfehlern führen kann. Da unklar ist, wie sich die Kombination dieses Fak- tors mit Müdigkeit auswirkt, sollten diese Faktoren zusammen getestet und analysiert werden. Ein Ziel zukünftiger Studien zum hochautomatisierten Fahren sollte darüber hinaus die Detektion von einsetzender Müdigkeit sein. In diesem Zusammenhang zeigen die durchgeführten Studien, dass Fahrer trotz hoher Müdigkeitslevel weiterhin auf Re- aktionsabfragen reagieren können und diese deshalb nicht als Indikator für den Beginn einer einsetzenden Müdigkeit dienen können. Zusätzlich sind weitere Studien nötig, um die Einflüsse der unterschiedlichen Startzeiten des Versuches genauer zu untersuchen. So könnte die Frage beantwortet werden, ob diese die Reaktionsfähigkeit und Handlung bis hin zu einer falschen oder fehlenden Reaktion beeinflusst. Mit den Ergebnissen wäre ein Rückschluss möglich, ob lediglich subjektive Entscheidungen in den durchgeführten Studien zu den Gruppenunterschieden geführt haben oder zirkadiane Effekte hierfür verantwortlich waren. Unbeantwortet bleibt die Frage, inwieweit Fahrer ihr Verhalten ändern, wenn sie häufiger mit einem hochautomatisierten Fahrzeug fahren und sie ein verstärktes Systemvertrauen entwickeln. Zur Analyse dieser Fragestellung bietet sich die genutzte Messtechnik und das Lidschlagdetektionsverfahren an. In Kombination mit einer höheren Aufnahmefre- quenz bietet die kamerabasierte Lidschlagerkennung darüber hinaus noch ein Verbesse- rungspotential. Die Fusion mit weiteren Lidschlagdetektionsverfahren könnte die Detek- 213 tionsrate und Falschdetektionsrate zusätzlich verbessern. Das Verfahren könnte auch zur Lidschlagerkennung optimaler auf das individuelle Fahrerverhalten abgestimmt werden. Eine Verwendung weiterer Informationen wie Fixationen, Sakkaden und eine Blickrich- tungserkennung bieten darüber hinaus noch zusätzliches Verbesserungspotential bei der Lidschlagdetektion und sollten als Teil des Fahrerverhaltens in vergleichbaren Studi- en untersucht werden. Eine Validierung des vorgestellten Algorithmus zur Detektion der Reaktionsfähigkeit in anderen Anwendungsfällen könnte dessen Eignung zusätzlich unter Beweis stellen. Eine adaptive Automation unter Verwendung einer Fahrerbeobachtung könnte zudem individuell auf die Zustände bzw. das Verhalten des Fahrers reagieren und zur Sicherheit und zum Komfort des Fahrzeugs beitragen. 214 A. Vorbefragung von Studie 2 Datum: ______________________ VP-Nr.: ______________________ Vorbefragung 1. Alter: ________ Jahre 2. Geschlecht: m O w O 3. Benötigen Sie zum Autofahren eine Brille/Kontaktlinsen? Ja O Nein O 4. In welcher körperlichen Verfassung sind Sie im Moment? O Ich befinde mich in meinem üblichen Fitness- & Gesundheitszustand O Ich bin derzeit in einer schlechteren Verfassung als üblich (z.B. Erkältung) 5. Trinken Sie regelmäßig Kaffee/schwarzen Tee/ Energy Drinks/ andere Koffeinhaltige Getränke (Cola…)? Ja O Nein O a) Falls Ja, wie viele Tassen/Gläser pro Tag? _____________________ 6. Haben Sie heute Kaffee/schwarzen Tee/ Energy Drinks/ andere Koffeinhaltige Getränke (Cola…) getrunken? Ja O Nein O a. Falls Ja, wie viele Tassen/Gläser? _____________________ b. Falls Ja, wie viel Uhr haben Sie die letzte Tasse/Glas konsumiert? _________Uhr 7. Wann haben Sie Ihren Führerschein für Pkw erworben? _______ (Jahr) 8. Wann sind Sie heute Morgen aufgestanden? _________ Uhr Abbildung A.1.: Vorbefragung in Studie 2 215 Die folgende Frage bezieht sich auf Ihr normales Alltagsleben in der letzten Zeit: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Sie in einer der folgenden Situationen einnicken oder einschlafen würden, - sich also nicht nur müde fühlen? Auch wenn Sie in der letzten Zeit einige dieser Situationen nicht erlebt haben, versuchen Sie sich trotzdem vorzustellen, wie sich diese Situationen auf Sie ausgewirkt hätten. Benutzen Sie bitte die folgende Skala, um für jede Situation eine möglichst genaue Einschätzung vorzunehmen und kreuzen Sie die entsprechende Zahl an: Situation Warscheinlichkeit einzunicken nie hoch Im sitzen lesen O O O O Beim Fernsehen O O O O Wenn Sie passiv (als Zuhörer) in der Öffentlichkeit sitzen O O O O (z.B. im Theater oder bei einem Vortrag) Als Beifahrer im Auto während einer einstündigen Fahrt O O O O ohne Pause Wenn Sie sich am Nachmittag hingelegt haben, um O O O O auszuruhen Wenn Sie sitzen und sich mit jemand unterhalten O O O O Wenn Sie nach dem Mittagessen (ohne Alkohol) ruhig O O O O dasitzen Wenn Sie als Fahrer eines Autos verkehrsbedingt einige O O O O Minuten halten müssen Situation Wahrscheinlichkeit aufzuwachen Sehr Sehr schwer leicht Wie leicht Wachen Sie während der Nacht auf (durch O O O O Geräusche, Bewegungen)? Wachen Sie morgens leicht, mittel oder schwer auf O O O O (Geräusche, Bewegungen)? Frage Morgen- Aben typ d-typ Man spricht bei Menschen von „Morgen-„ und O O O O „Abendtypen“. Zu welchem der folgenden Typen zählen Sie sich? Frage Sehr an- Nicht an- strengend strengend Wie anstrengend war der Tag bisher für Sie? O O O O Abbildung A.2.: Vorbefragung in Studie 2 216 B. Nachbefragung von Studie 2 Datum: ______________________ VP-Nr.: ______________________ Fragen zum Versuchsverlauf Müdigkeit während der Fahrt Hatten Sie während der Fahrt Sekundenschlafereignisse? Ja ONein O Falls Ja, wie häufig trat dies in etwa auf? --------------------------------- Hielten Sie sich am Ende der Fahrt noch für so fahrtüchtig, dass Sie normalerweise weitergefahren wären? Ja ONein O Verschiedene Übernahmeszenarien: Bitte denken Sie zurück an die verschiedenen Übernahmeszenarien und ihre Reaktion. Szene 1: Übernahmeaufforderung und anschließendes Bremsen des Vorderfahrzeuges Frage Bewertung sehr Sehr Kann einfach/ schwierig mich gut /schlecht nicht erinnern Wie empfanden Sie die zeitliche O O O O O Anforderung der Übernahme Wie empfanden Sie Ihre Reaktion O O O O O auf das Bremsen? Wie leicht viel es Ihnen die O O O O O Fahraufgabe zu übernehmen unkritisch etwas Krit- sehr Kann kritisch isch kritisch mich nicht erinnern Wie kritisch haben Sie die gesamte O O O O O Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Zeit zur Fahrzeugübernahme, die Schwierigkeit auszuführender Manöver oder die Komplexität der Situation Abbildung B.1.: Nachbefragung in Studie 2 217 Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und ihre Reaktion zu: O Ich kam dem Vorderfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Szene 2: Übernahmeaufforderung und anschließendes Vorbeifahren an einer Unfallstelle Frage Bewertung sehr Sehr Kann einfach/ schwierig mich gut /schlecht nicht erinnern Wie empfanden Sie die zeitliche O O O O O Anforderung der Übernahme Wie empfanden Sie Ihre Reaktion O O O O O auf das Bremsen? Wie leicht viel es Ihnen die O O O O O Fahraufgabe zu übernehmen unkritisch etwas Krit- sehr Kann kritisch isch kritisch mich nicht erinnern Wie kritisch haben Sie die gesamte O O O O O Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Zeit zur Fahrzeugübernahme, die Schwierigkeit auszuführender Manöver oder die Komplexität der Situation Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und ihre Reaktion zu: O Ich kam dem Vorderfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich kam der Unfallstelle näher als beabsichtigt O Ich erkannte die folgende Situation (Unfallstelle) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft: O Ich handelte Vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung B.2.: Nachbefragung in Studie 2 218 Szene 3: Übernahmeaufforderung und anschließende Kurvenfahrt Frage Bewertung sehr Sehr Kann einfach/ schwierig mich gut /schlecht nicht erinnern Wie empfanden Sie die zeitliche O O O O O Anforderung der Übernahme Wie empfanden Sie Ihre Reaktion O O O O O auf das Bremsen? Wie leicht viel es Ihnen die O O O O O Fahraufgabe zu übernehmen unkritisch etwas Krit- sehr Kann kritisch isch kritisch mich nicht erinnern Wie kritisch haben Sie die gesamte O O O O O Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Zeit zur Fahrzeugübernahme, die Schwierigkeit auszuführender Manöver oder die Komplexität der Situation Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und ihre Reaktion zu: O Ich kam dem Vorderfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich kam von der eigenen Spur mehr ab als gedacht O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung B.3.: Nachbefragung in Studie 2 219 Szene 4: Übernahmeaufforderung und anschließendes Vorbeifahren an einem Pannenfahrzeug Frage Bewertung sehr Sehr Kann einfach/ schwierig mich gut /schlecht nicht erinnern Wie empfanden Sie die zeitliche O O O O O Anforderung der Übernahme Wie empfanden Sie Ihre Reaktion O O O O O auf das Bremsen? Wie leicht viel es Ihnen die O O O O O Fahraufgabe zu übernehmen unkritisch etwas Krit- sehr Kann kritisch isch kritisch mich nicht erinnern Wie kritisch haben Sie die gesamte O O O O O Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Zeit zur Fahrzeugübernahme, die Schwierigkeit auszuführender Manöver oder die Komplexität der Situation Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und ihre Reaktion zu: O Ich kam dem Vorderfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich kam dem Pannenfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich erkannte die folgende Situation (Pannenfahrzeug) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft: O Ich handelte Vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung B.4.: Nachbefragung in Studie 2 220 Szene 5: Übernahmeaufforderung und Ausweichen einer Kiste Frage Bewertung sehr Sehr Kann einfach/ schwierig mich gut /schlecht nicht erinnern Wie empfanden Sie die zeitliche O O O O O Anforderung der Übernahme Wie empfanden Sie Ihre Reaktion O O O O O auf das Bremsen? Wie leicht viel es Ihnen die O O O O O Fahraufgabe zu übernehmen unkritisch etwas Krit- sehr Kann kritisch isch kritisch mich nicht erinnern Wie kritisch haben Sie die gesamte O O O O O Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Zeit zur Fahrzeugübernahme, die Schwierigkeit auszuführender Manöver oder die Komplexität der Situation Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und ihre Reaktion zu: O Ich kam dem Vorderfahrzeug näher als beabsichtigt O Ich kam mehr ab von der eigenen Spur als gedacht O Ich kam der Kiste näher als gedacht O Ich erkannte die folgende Situation (Kiste im Weg) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft: O Ich handelte Vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung B.5.: Nachbefragung in Studie 2 221 Reaktionsabfrage Hatten Sie den Eindruck, dass Sie die regelmäßige Reaktionsabfrage wach gemacht hat, bzw. denken Sie, dass Sie ohne die Reaktionsabfrage müder geworden wären? O Die Abfrage hat meine Müdigkeit nicht beeinflusst O Die Abfrage hat mich ein wenig wach gemacht O Die Abfrage hat mich spürbar wach gemacht O Die Abfrage hat mich deutlich wach gemacht Falls die Reaktionsabfrage Sie grundsätzlich wach gemacht hat, treffen welche der folgenden Aussagen auf Sie zu? O Die Abfrage hat mich nur anfangs wach gemacht, im Verlauf des Versuchs ließ der Effekt nach. O Die Abfrage hat mich den Versuch hindurch immer gleich wach gemacht O Die Abfrage hat mich jedes Mal, wenn sie kam, nur kurz wach gemacht O Die Abfrage hat mich jedes Mal, wenn sie kam, für längere Zeit wach gemacht O Die Abfrage hielt mich vor allem gegen Ende wach als ich müder wurde O ______________________________________________ Bedien- und Anzeigenkonzept Wie verständlich fanden Sie die Bedienung und die Anzeigen der Funktion? Haben Sie verstanden, wie die Funktion aktiviert bzw. deaktiviert wird und wann und wie Sie das Fahrzeug wieder übernehmen? Sehr O O O O Überhaupt verständlich nicht verständlich Abbildung B.6.: Nachbefragung in Studie 2 222 C. Fahrverhalten in den Situationen in Studie 2 Die ersten vier Situationen in Studie 2 waren dazu gedacht, den Fahrer mit Übernah- meaufforderungen vertraut zu machen und so parametriert, dass die Situation einfach zu meistern war. Erst die letzte Testsituation sollte aufgrund der geringeren Abstände und der höheren Müdigkeit einen höheren Anspruch haben. In allen Situationen griffen die Probanden im Mittel unter drei Sekunden in das Fahrgeschehen durch ergreifen des Lenkrades, Bremsen oder Beschleunigen ein (Kapitel 7.4.1). Dieser Eingriff ist unabhän- gig von der richtigen Ausführung der Fahraufgabe nach Ende der Unterstützung durch das automatisierte System. So könnte ein Fahrer das Lenkrad schnell ergreifen, das Fahr- zeug aber nicht gut in der Spur halten oder rechtzeitig bremsen. Um die Ausführung der Fahrt der Probanden nach der Fahrzeugübernahme zu bewerten, wurde die Reakti- on der Fahrer auf die Straßensituationen näher untersucht. Die wichtigsten Kennzahlen zu der Fahrausführung auf die Testsituationen sind in Kapitel 7.5.1 beschrieben und zeigen, dass die Reaktion der Probanden situationsgerecht erfolgte. Im Folgenden sind in den Tabellen C.1 bis C.9 weitere Kennzahlen zu den Situationen enthalten, die die Fahrausführung der Probanden beschreiben. Hierbei kürzt ∆ts die Zeitspanne zwischen letzter Reaktionsabfrage und Beginn der Situation ab. ]DHAF drückt die Anzahl der Probanden aus, die HAF durch ihre Übernahme vor Ende der Übergabezeit komplett deaktivierten. Maxq beschreibt die Maximale Querbeschleunigung nach der Übernahme und Maxv bzw. Minv die maximale bzw. minimale reale Geschwindigkeit zwischen der Übernahme und dem Start der Situation. In Maxa ist die maximale Bremsverzögerung nach der Übernahme und ]Blinken die Anzahl der Probanden die links vor dem Spur- wechsel blinkten zusammengefasst. Bei den Werten ist zu beachten, dass kein Proband aufgrund einer frühzeitigen Übernahme oder eines Spurwechsels ausgeschlossen wurde und die Fahrphasen ohne Ausschluss von Teilabschnitten analysiert wurden. Tabelle C.1.: Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Max) 1/2 Intervall Startzeit ∆ts in s ]DHAF Max 2q in m/s Maxv in km/h 30 s 18:00 Uhr 39.0 ± 14.2 5/11 0.5 ± 0.2; 0.9 96.0 ± 0.3; 96.9 22:00 Uhr 23.6 ± 16.5 6/9 0.4 ± 0.2; 0.9 96.0 ± 0.0; 96.0 180 s 18:00 Uhr 172.8 ± 89.0 5/10 0.6 ± 0.3; 1.0 96.0 ± 0.3; 96.9 22:00 Uhr 141.6 ± 60.2 4/11 0.6 ± 0.4; 1.8 96.0 ± 0.0; 96.0 223 Tabelle C.2.: Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Intervall Startzeit Minv in km/h Maxa in m/s2 30 s 18:00 Uhr 93.9 ± 0.4; 93.1 -3.0 ± 0.8; -4.1 22:00 Uhr 91.8 ± 4.6; 79.8 -3.8 ± 1.6; -6.7 180 s 18:00 Uhr 93.5 ± 1.4; 89.3 -3.3 ± 1.5; -5.6 22:00 Uhr 93.6 ± 1.0; 91.2 -3.5 ± 1.3; -5.5 Tabelle C.3.: Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Max) 1/2 Intervall Startzeit ∆ts in s ]DHAF Max 2q in m/s Maxv in km/h 30 s 18:00 Uhr 17.8 ± 11.5 11/11 1.0 ± 0.2; 1.5 98.7 ± 1.7; 101.7 22:00 Uhr 21.9 ± 17.2 8/9 0.9 ± 0.2; 1.4 99.5 ± 2.2; 101.7 180 s 18:00 Uhr 142.5 ± 32.2 9/10 1.2 ± 0.3; 1.8 98.4 ± 2.0; 101.7 22:00 Uhr 118.8 ± 51.5 10/11 1.0 ± 0.4; 2.0 100.0 ± 1.7; 101.7 Tabelle C.4.: Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Intervall Startzeit Minv in km/h Maxa in m/s2 ]Blinken 30 s 18:00 Uhr 84.4 ± 9.0; 65.6 -2.0 ± 1.5; -4.9 7/11 22:00 Uhr 82.9 ± 9.3; 63.7 -2.1 ± 1.6; -5.3 6/9 180 s 18:00 Uhr 81.1 ± 11.3; 56.1 -2.0 ± 1.6; -5.7 6/10 22:00 Uhr 82.8 ± 10.0; 61.8 -2.4 ± 1.7; -6.5 6/11 Tabelle C.5.: Kennzahlen der Kurvensituation (M ± SD; Max) Intervall Startzeit ∆ts in s ]DHAF Maxq in m/s2 Maxa in m/s2 30 s 18:00 Uhr 31.1 ± 15.6 8/11 0.5 ± 0.5; 2.1 -1.6 ± 1.1; -4.4 22:00 Uhr 38.2 ± 21.3 5/9 0.5 ± 0.3; 1.1 -1.4 ± 0.9; -3.1 180 s 18:00 Uhr 148.6 ± 42.4 7/10 0.6 ± 0.3; 1.4 -2.0 ± 1.6; -5.7 22:00 Uhr 180.5 ± 50.2 4/11 0.4 ± 0.3; 1.3 -1.3 ± 0.5; -2.8 224 Tabelle C.6.: Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Max) 1/2 Intervall Startzeit ∆ts in s ]DHAF Max 2q in m/s Maxv in km/h 30 s 18:00 Uhr 28.5 ± 31.0 8/11 0.5 ± 0.3; 1.2 96.5 ± 0.8; 98.8 22:00 Uhr 24.9 ± 20.8 4/9 0.6 ± 0.3; 1.2 96.2 ± 0.6; 97.9 180 s 18:00 Uhr 91.4 ± 62.2 6/10 0.5 ± 0.3; 1.2 96.2 ± 0.9; 98.8 22:00 Uhr 145.1 ± 115.2 6/11 0.5 ± 0.3; 1.4 96.7 ± 1.7; 100.7 Tabelle C.7.: Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Intervall Startzeit Minv in km/h Maxa in m/s2 30 s 18:00 Uhr 88.1 ± 6.1; 72.2 -1.5 ± 0.7; -3.1 22:00 Uhr 86.8 ± 6.3; 70.3 -2.3 ± 1.2; -4.6 180 s 18:00 Uhr 87.5 ± 4.0; 78.9 -1.8 ± 1.2; -4.8 22:00 Uhr 88.9 ± 3.6; 82.7 -1.6 ± 0.7; -2.9 Tabelle C.8.: Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Max) 1/2 Intervall Startzeit ∆ts in s ]DHAF Maxq in m/s2 Maxv in km/h 30 s 18:00 Uhr 18.7 ± 17.8 11/11 2.1 ± 0.8; 3.5 96.9 ± 1.3; 99.8 22:00 Uhr 13.2 ± 25.0 9/9 1.8 ± 0.5; 3.0 97.1 ± 0.4; 97.9 180 s 18:00 Uhr 231.7 ± 82.3 10/10 2.2 ± 0.9; 3.5 96.9 ± 1.0; 98.8 22:00 Uhr 146.7 ± 110.2 10/11 2.2 ± 1.6; 5.8 97.4 ± 1.2; 99.8 Tabelle C.9.: Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Intervall Startzeit Min 2v in km/h Maxa in m/s ]Blinken 30 s 18:00 Uhr 86.5 ± 11.5; 56.1 -1.6 ± 1.2; -5.1 6/11 22:00 Uhr 90.7 ± 3.4; 81.7 -1.4 ± 0.9; -4.0 2/9 180 s 18:00 Uhr 80.7 ± 23.5; 17.1 -1.9 ± 1.1; -5.9 0/10 22:00 Uhr 91.2 ± 4.2; 80.8 -1.8 ± 1.0; -3.9 6/11 225 D. Detailauswertung zur Detektionsleistung der Lidschlagdetektionsverfahren In diesem Kapitel sind die Detailergebnisse zu der Detektionsleistung der fünf Lidschlag- detektionsverfahren a1, a2, a5b, a6 und a7 entsprechend der einzelnen Unterkategorien Aa, Ab, Ac, Ad, Ae und Af aus Kapitel 8 aufgeführt. Tabelle D.1.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1, a2 und a5b in den zweiminütigen Abschnitten (M ± SD) Fahrstil Label a1 a2 a5b Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 94±5 92±13 91±7 89±13 76±13 71±11 Aa 69±21 84±16 68±21 82±15 54±19 63±13 Ab 25±19 8±10 24±19 7±9 22±18 7±7 F DRBR 6±11 2±2 5±8 2±2 16±14 20±11 Ac 6±10 0±1 5±8 0±1 6±12 1±2 Ad 0±1 1±2 0±1 1±2 10±5 15±8 Ae 0±0 0±1 0±0 0±1 2±4 5±6 F DRNBR 2±2 1±1 4±4 2±2 7±6 5±7 HAF TPR 81±20 69±22 71±60 60±24 71±30 54±28 Aa 71±18 64±24 62±17 57±24 59±27 45±25 Ab 10±12 5±9 81±0 3±6 11±11 8±15 F DRBR 8±11 11±14 11±13 14±21 23±28 43±33 Ac 1±2 0±1 1±2 0±1 3±4 1±2 Ad 6±11 3±6 5±10 3±5 7±6 8±7 Ae 1±2 7±13 4±10 11±18 14±26 34±33 F DRNBR 4±6 4±6 5±8 2±4 7±7 5±5 226 Tabelle D.2.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6, a7 und des Fusionsverfahrens in den zweiminütigen Abschnit- ten (M ± SD) Fahrstil Label a6 a7 Fusionsverfahren Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 91±6 85±20 87±7 82±23 90 ±14 95± 6 Aa 65±22 76±19 63±23 73±21 66±22 86±11 Ab 26±19 9±11 24±18 9±11 24±19 9±10 F DRBR 5±8 5±7 4±6 5±9 6±10 2±2 Ac 5±7 1±2 3±6 0±1 6±9 0±1 Ad 1±2 4±7 0±0 5±9 0±1 2±2 Ae 0±0 0±0 0±0 0±0 0±0 0±1 F DRNBR 9±9 8±13 6±5 7±5 2±3 1±1 HAF TPR 82±20 66±27 81±17 63±26 85±19 77±18 Aa 71±17 58±25 71±15 55±24 73±17 68±19 Ab 11±12 9±16 11±10 8±13 12±13 8±14 F DRBR 6±6 19±32 7±8 19±29 8±10 13±16 Ac 2±3 1±1 2±3 1±2 2±2 0±1 Ad 3±6 2±5 3±5 2±5 6±10 3±4 Ae 1±3 16±31 2±5 16±29 1±1 10±16 F DRNBR 6±6 4±6 4±5 2±4 2±3 2±3 227 Tabelle D.3.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorith- men a1, a2 und a5b in den zweiminütigen Abschnitten (Median) Fahrstil Label a1 a2 a5b Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 98 95 93 91 73 68 Aa 77 92 75 88 54 63 Ab 21 2 18 2 14 4 F DRBR 0 0 0 0 13 16 Ac 0 0 0 0 2 0 Ad 0 0 0 0 10 15 Ae 0 0 0 0 0 1 F DRNBR 1 0 3 0 6 3 HAF TPR 81 67 66 65 69 46 Aa 75 6 61 65 64 45 Ab 6 0 5 0 5 1 F DRBR 0 0 0 1 5 34 Ac 0 0 0 0 0 0 Ad 0 0 0 0 5 8 Ae 0 0 0 1 0 26 F DRNBR 2 1 2 0 5 5 228 Tabelle D.4.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6, a7 und des Fusionsverfahrens in den zweiminütigen Ab- schnitten (Median) Fahrstil Label a6 a7 Fusionsverfahren Wach Müde Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 91 87 86 80 93 95 Aa 70 82 64 76 74 90 Ab 21 5 22 5 19 5 F DRBR 2 1 0 0 0 0 Ac 2 0 0 0 0 0 Ad 0 1 0 0 0 0 Ae 0 0 0 0 0 0 F DRNBR 5 5 6 6 0 0 HAF TPR 82 52 79 50 82 71 Aa 77 52 74 50 76 71 Ab 5 0 5 0 6 0 F DRBR 0 0 0 0 1 5 Ac 0 0 0 0 1 0 Ad 0 0 0 0 0 0 Ae 0 0 0 0 0 5 F DRNBR 5 1 2 3 0 0 Tabelle D.5.: Detektionsergebnis in % mit den Algo- rithmen a3 und a4 in den zweiminüti- gen Abschnitten (Median) Fahrstil Label a3 a4 Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 56 51 82 49 FDRBR 8 9 10 4 FDRNBR 59 35 6 2 HAF TPR 59 31 46 0 FDRBR 12 19 2 0 FDRNBR 32 33 2 0 229 Tabelle D.6.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 und a5b in den einmi- nütigen Abschnitten (M ± SD) Fahrstil Label a1 a5b Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 87±15 85±12 70±17 66±14 Aa 51±29 66±13 39±27 47±21 Ab 35±23 19±19 31±17 19±18 F DRBR 5±11 4±5 14±6 21±16 Ac 5±11 1±2 1±2 1±1 Ad 0±0 2±5 13±6 10±5 Ae 0±0 1±3 0±0 10±15 F DRNBR 6±9 1±2 11±18 2±3 HAF TPR 87±15 82±20 83±12 54±30 Aa 76±18 76±20 73±18 48±31 Ab 11±14 6±12 10±13 7±12 F DRBR 15±13 13±16 8±7 32±22 Ac 3±5 1±1 0±1 1±2 Ad 11±12 11±15 5±5 9±8 Ae 1±3 2±4 3±7 22±22 F DRNBR 2±4 1±3 8±7 13±15 230 Tabelle D.7.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6 und des Fusionsverfahrens in den einminütigen Abschnitten (M ± SD) Fahrstil Label a6 Fusionsverfahren Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 93±9 87±15 81 ±22 90± 8 Aa 53±29 65±13 48±32 71±14 Ab 40±29 21±19 33±24 19±19 F DRBR 4±6 6±7 6±11 4±4 Ac 0±0 0±0 6±11 1±2 Ad 3±4 6±7 0±0 2±5 Ae 1±2 0±0 0±0 1±2 F DRNBR 10±11 8±9 3±4 0±0 HAF TPR 95±5 78±21 87±15 82±20 Aa 85±18 73±24 76±18 76±21 Ab 11±15 5±8 11±14 6±12 F DRBR 1±2 1±2 14±14 13±15 Ac 0±0 0±0 2±4 1±1 Ad 1±2 0±0 11±12 11±14 Ae 0±0 1±2 1±3 2±4 F DRNBR 5±8 5±6 2±3 1±2 231 Tabelle D.8.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 und a5b in den einminütigen Abschnitten (Median) Fahrstil Label a1 a5b Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 93 84 74 63 Aa 54 66 41 45 Ab 29 15 30 15 F DRBR 0 3 14 17 Ac 0 0 0 0 Ad 0 0 14 8 Ae 0 0 0 4 F DRNBR 0 0 3 0 HAF TPR 93 88 86 56 Aa 81 82 70 47 Ab 5 0 2 0 F DRBR 15 6 7 36 Ac 0 0 0 0 Ad 7 2 2 8 Ae 0 0 0 17 F DRNBR 0 0 7 9 232 Tabelle D.9.: Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6 und des Fusionsverfah- rens in den einminütigen Abschnitten (Me- dian) Fahrstil Label a6 Fusionsverfahren Wach Müde Wach Müde Manuell TPR 100 92 93 89 Aa 56 71 56 66 Ab 44 23 29 15 F DRBR 0 3 0 3 Ac 0 0 0 0 Ad 0 3 0 0 Ae 0 0 0 0 F DRNBR 4 4 0 0 HAF TPR 97 86 93 86 Aa 90 82 81 84 Ab 2 0 5 0 F DRBR 0 0 13 7 Ac 0 0 0 0 Ad 0 0 7 2 Ae 0 0 0 0 F DRNBR 0 2 0 0 233 E. Nachbefragung von Studie 3 Datum: ______________________ VP-Nr.: ______________________ Fragen zum Versuchsverlauf Müdigkeit während der Fahrt Hatten Sie während der Fahrt Sekundenschlafereignisse? Ja ONein O Falls Ja, wie häufig traten diese in etwa auf? --------------------------------- Hielten Sie sich am Ende der Fahrt noch für so fahrtüchtig, dass Sie normalerweise weitergefahren wären? Ja ONein O a) Falls nein, bis zu welcher KSS hielten Sie sich für fahrtüchtig? KSS: _______ Wenn Sie selbst die freie Entscheidung gehabt hätten, die Fahrt müdigkeitsbedingt zu beenden oder eine Pause zu machen (Rastplatz, Tankstelle o. ä.), wären Sie bis zum Versuchsende gefahren? Ja ONein O Abbildung E.1.: Nachbefragung in Studie 3 234 Verschiedene Übernahmeszenarien: Bitte denken Sie zurück an die verschiedenen Übernahmeszenarien und Ihre Reaktion. Szene 1: Übernahmeaufforderung und anschließendes Bremsen des Vorderfahrzeuges Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver nach der Übernahme? kein gering mittel hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Trifft der folgenden Punkte auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.2.: Nachbefragung in Studie 3 235 Szene 2: Übernahmeaufforderung und anschließendes Vorbeifahren an einer Unfallstelle Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver nach der Übernahme? kein gering mittel hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich erkannte die folgende Situation (Unfall) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft, trifft auch folgendes zu? O Ich handelte vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.3.: Nachbefragung in Studie 3 236 Szene 3: Übernahmeaufforderung und anschließende Kurvenfahrt Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver nach der Übernahme? kein gering Mittel hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich kam von der eigenen Spur mehr ab, als ich wollte O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.4.: Nachbefragung in Studie 3 237 Szene 4: Übernahmeaufforderung und anschließendes Vorbeifahren an einem Pannenfahrzeug Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver nach der Übernahme? kein gering Mittel Hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich erkannte die folgende Situation (Pannenfahrzeug) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft, trifft auch folgendes zu? O Ich handelte vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.5.: Nachbefragung in Studie 3 238 Szene 5: Übernahmeaufforderung und Ausweichen einer Kiste Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver nach der Übernahme? kein gering Mittel Hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich erkannte die folgende Situation (Kiste im Weg) bereits vor der Übernahmeaufforderung  Falls dieser Punkt zutrifft, trifft auch folgender zu? O Ich handelte vorausschauend auf die Situation O Ich war bei der Übernahme durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.6.: Nachbefragung in Studie 3 239 Szene 6: Stauende Frage Bewertung Überhaupt Sehr Kann nicht an- mich anspruchs- spruchs nicht voll -voll erinnern Wie anspruchsvoll empfanden Sie O O O O O das auszuführende Manöver? kein gering Mittel Hoch Wie hoch war das Unfallrisiko aus O O O O O Ihrer Sicht während dieser Situation? Sehr Lang- Schnell Sehr langsam sam schnell Wie schnell mussten Sie auf die O O O O O Verkehrssituation reagieren? unkritisch Etwas Kritisch Sehr kritisch kritisch Wie kritisch haben Sie die O O O O O gesamte Situation wahrgenommen? Hierbei relevant sind z. B. die Schwierigkeit auszuführender Manöver, die Situation als Ganze? Welcher der folgenden Punkte traf auf die Situation und Ihre Reaktion zu: O Ich erkannte die folgende Situation (Stauende) frühzeitig  Falls dieser Punkt zutrifft, trifft auch folgender Punkt zu? O Ich handelte vorausschauend auf die Situation O Ich war durch folgende Dinge abgelenkt: ________________________________________________________________________ Abbildung E.7.: Nachbefragung in Studie 3 240 Reaktionsabfrage Denken Sie, dass Sie ohne die Abfragen zur Übernahmebereitschaft müder geworden wären? O Die Abfrage hat meine Müdigkeit nicht beeinflusst O Die Abfrage hat mich ein wenig wach gemacht O Die Abfrage hat mich spürbar wach gemacht O Die Abfrage hat mich deutlich wach gemacht Bitte bewerten Sie die Countdown-Anzeige in der Abfrage zur Übernahmebereitschaft Die Anzeige zur Übernahmebereitschaft ist… O sehr gut verständlich O eher gut verständlich O eher nicht gut verständlich O überhaupt nicht gut verständlich Die Anzeige zur Übernahmebereitschaft ist… O sehr hilfreich O eher hilfreich O eher nicht hilfreich O überhaupt nicht hilfreich Die Anzeige zur Übernahmebereitschaft ist… O sehr störend O eher störend O eher nicht störend O überhaupt nicht störend Denken Sie, dass man das gezeigte Verfahren zur Erkennung der Übernahmebereitschaft generell braucht? O ja O nein O ja, aber nur unter folgenden Bedingungen: __________________________________ Wussten Sie zu jedem Zeitpunkt in welchem Zustand sich das System „Autobahnchauffeur“ befindet? O ja O eher ja O eher nein O nein Abbildung E.8.: Nachbefragung in Studie 3 241 F. Fahrverhalten in den Situationen in Studie 3 Äquivalent zu den zusätzlichen Zahlen in Anhang C, sind in diesem Kapitel zusätzliche Kennzahlen zu den Testsituationen aus Studie 3 aufgeführt. Diese sind in den Tabellen F.1 bis F.10 zu finden. ∆ts kürzt die Zeitspanne zwischen letzter Reaktionsabfrage und Beginn der Situation ab. In ]DHAF ist die Anzahl der Probanden aufgeführt, die HAF durch ihre Übernahme vor Ende der Übergabezeit komplett deaktivierten. Maxq be- schreibt die Maximale Querbeschleunigung nach der Übernahme und Maxv bzw. Minv die maximale bzw. minimale reale Geschwindigkeit zwischen der Übernahme und dem Start der Situation. In Maxa ist die maximale Bremsverzögerung nach der Übernahme und ]Blinken die Anzahl der Probanden die links vor dem Spurwechsel blinkten zu- sammengefasst. Wie in Anhang C ist bei den Werten zu beachten, dass kein Proband aufgrund einer frühzeitigen Übernahme oder eines Spurwechsels ausgeschlossen wurde und die Fahrphasen ohne Ausschluss von Teilabschnitten analysiert wurden. Die Anzahl der maximalen Probanden schwankt, da es in der Brems- und Kurvensituation zu Beginn der Übernahmeaufforderung Probanden gab, die manuell fuhren. Tabelle F.1.: Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Max) 1/2 ∆ts in s ]DHAF Maxq in m/s2 Maxv in km/h 292.5 ± 269.8 16/18 0.5 ± 0.3; 1.1 95.2 ± 0.3; 96.4 242 Tabelle F.2.: Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Minv in km/h Maxa in m/s2 93.3 ± 1.6; 88.8 -2.0 ± 1.4; -6.9 Tabelle F.3.: Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Max) 1/2 ∆ts in s ]D 2HAF Maxq in m/s Maxv in km/h 364.9 ± 614.9 18/20 0.9 ± 0.2; 1.3 95.1 ± 0.2; 96.0 Tabelle F.4.: Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Minv in km/h Max in m/s2a ]Blinken 67.0 ± 17.8; 19.5 -2.2 ± 1.4; -5.8 16/20 Tabelle F.5.: Kennzahlen der Kurvensituation (M ± SD; Max) ∆ts in s ]DHAF Maxq in m/s2 Maxa in m/s2 164.2 ± 134.9 16/19 0.4 ± 0.2; 0.8 -0.9 ± 0.4; -1.9 Tabelle F.6.: Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Max) 1/2 ∆ts in s ]DHAF Maxq in m/s2 Maxv in km/h 128.7 ± 127.8 16/20 0.6 ± 0.3; 1.5 95.2 ± 0.3; 96.5 243 Tabelle F.7.: Kennzahlen der Pan- nensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Minv in km/h Maxa in m/s2 92.5 ± 3.4; 80.6 -1.3 ± 0.8; -3.5 Tabelle F.8.: Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Max) 1/2 ∆ts in s ]D Max in m/s2HAF q Maxv in km/h 97.5 ± 81.4 19/20 1.8 ± 0.9; 4.8 95.1 ± 0.0; 95.2 Tabelle F.9.: Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 Minv in km/h Maxa in m/s2 ]Blinken 82.4 ± 8.0; 66.3 -1.5 ± 1.0; -3.1 13/20 Tabelle F.10.: Kennzahlen des Stauendes (M ± SD; Max) Maxq in m/s2 Maxa in m/s2 ]Spur 0.2 ± 0.1 -7.3 ± 1.1; -9.8 0 244 Abbildungsverzeichnis 2.1. Standardregelkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3.1. Modell zur psychischen Belastung (Fastenmeier & Gstalter, 2007) . . . . 17 3.2. Übernahmemodell und Kategorisierung der Einflussfaktoren auf die Fahr- zeugübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.1. Modell zur Müdigkeit (May & Baldwin, 2009) . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.2. Generellen Vorgehen zur Zustands- bzw. Müdigkeitsdetektion mit einem objektiven Messsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.3. Karolinska Sleepiness Scale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.1. Vorgehen zur Müdigkeitsdetektion auf Basis der Lidschlagdetektion . . . 46 5.2. Überblick über das Auge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 6.1. Messsystem Dikablis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6.2. Messsystem EOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.3. Moving-base Fahrsimulator (Daimler AG, 2017b) . . . . . . . . . . . . . 78 6.4. Laserbird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6.5. Statischer Fahrsimulator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.6. Skizze des Raumes für Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 6.7. An- und Ausschalten des HAF über den Tempomathebel . . . . . . . . . 83 6.8. Anzeige der Übernahmeaufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.9. Anzeige der Reaktionsabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6.10. Gesamtkonzept des hochautomatisierten Systems mit den Aktivierungs- (B1 - B6) und Abschaltbedingungen (D1 - D4) . . . . . . . . . . . . . . . 86 6.11. Anzeige der KSS während der Fahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 6.12. Übersicht der Unfallsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 6.13. Übersicht der Kistensituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 6.14. Übersicht des Verlaufes der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 7.1. Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Ver- suchszeit in den zehn Auswerteabschnitten t1 bis t10 von Studie 1 . . . . 96 7.2. Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Ver- suchszeit in den acht Auswerteabschnitten t1 bis t8 von Studie 2 . . . . . 97 7.3. Mittlere Reaktionszeiten und Standardabweichungen auf die Reaktions- abfragen über der Versuchszeit in den acht Auswerteabschnitten t1 bis t8 von Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 7.4. Fahrverlauf der Probanden in der Kistensituation in Studie 2 . . . . . . 108 XI 8.1. Vier Bildverläufe zu Lidbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 8.2. Die Unterteilung in vier Augenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 8.3. Signalverlauf eines Lidschlages im EOG-Signal . . . . . . . . . . . . . . . 128 8.4. Signalverlauf eines Lidschlages im L1-Signal . . . . . . . . . . . . . . . . 131 8.5. Signalverlauf eines Lidschlages im L5-Signal . . . . . . . . . . . . . . . . 135 8.6. Übersicht des betrachteten Worst Case Falls einer Lidschlagaufnahme . . 140 9.1. Mögliches detailliertes Vorgehen zur Müdigkeitsdetektion auf Basis der Lidschlagdetektion in Studie 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 9.2. Fusionsverfahren zur Lidschlagdetektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 9.3. Normierte Mittelwerte und Standardabweichungen der Lidschlussparame- ter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t10 von Versuch 1 1/2 . . . . . . 167 9.4. Normierte Mittelwerte und Standardabweichungen der Lidschlussparame- ter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t10 von Versuch 1 2/2 . . . . . . 168 9.5. Normierte Mittelwerte und Standaardabweichungen der Lidschlusspara- meter in den Auswertungsabschnitten t1 bis bis t8 von Versuch 2 1/2 . . 170 9.6. Normierte Mittelwerte und Standaardabweichungen der Lidschlusspara- meter in den Auswertungsabschnitten t1 bis t8 von Versuch 2 2/2 . . . . 171 10.1. Algorithmus zur Überprüfung der Reaktionsfähigkeit . . . . . . . . . . . 185 10.2. Gesamtverlauf der Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 10.3. Mittlere KSS-Rückmeldungen und Standardabweichungen über der Zeit in den elf Auswerteabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 . . . . . . . . . . 191 10.4. Häufigkeit der Reaktionsabfragen in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . 193 10.5. Mittlere Reaktionszeiten und Standardabweichungen auf die Reaktions- abfragen über die Zeit in den acht Auswerteabschnitten t2 bis t9 von Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 10.6. Fahrverlauf der Probanden in der Kistensituation in Studie 3 . . . . . . 198 10.7. Fahrparameter vor und während der Stausituation beginnend bei 10 Se- kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 10.8. Mittlere Pl2 Werte und Standardabweichungen über die Zeit in den elf Auswerteabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . 206 10.9. Median der langen Lidschlüsse Sp2 über die Zeit in den elf Auswerteab- schnitten t1 bis t11 von Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 10.10.Median der bewussten Kopfbewegungen über die Zeit in den elf Auswer- teabschnitten t1 bis t11 von Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 A.1. Vorbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 A.2. Vorbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 B.1. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 B.2. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 B.3. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 B.4. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 B.5. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 XII B.6. Nachbefragung in Studie 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 E.1. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 E.2. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 E.3. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 E.4. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 E.5. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 E.6. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 E.7. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 E.8. Nachbefragung in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 XIII Tabellenverzeichnis 5.1. Vier-Felder Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 6.1. Aufteilung der Probanden in Studiengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.1. KSS Werte bei den Testsituationen und statistische Vergleiche (post-hoc Tests) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 7.2. Ausgelöste Kistensituationen je nach Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . 100 7.3. Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . 102 7.4. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernahmezeiten hinsichtlich von Gruppeneffekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7.5. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernahmezeiten hinsichtlich des Müdigkeitszustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7.6. Übernahmezeiten nach verpassten Reaktionsabfragen in s . . . . . . . . . 105 7.7. Wichtigste Kennzahlen der Testsituationen (M ± SD; Min) . . . . . . . 105 7.8. Wichtigste Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min) . . . . . . . 106 7.9. Rückmeldungen zur zeitlichen Handlungsanforderungen . . . . . . . . . . 110 7.10. Rückmeldungen zur Bewertung der Ausführungen . . . . . . . . . . . . . 110 7.11. Rückmeldungen zur Schwierigkeit der Übernahmen . . . . . . . . . . . . 111 7.12. Rückmeldungen zur Kritikalität der Testsituationen . . . . . . . . . . . . 111 7.13. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der zeitlichen Handlungsanforderung112 7.14. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Schwierigkeit . . . . . . . . . 113 7.15. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Kritikalität . . . . . . . . . . 113 7.16. Positiver Einfluss der ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 8.1. Überblick der Ground-Truth Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 8.2. Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 bis a4 (M ± SD) . . . . 143 8.3. Länge der Lidschläge in Appel et al. (2016) und eigenen Daten . . . . . . 145 8.4. Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a5 bis a7 (M ± SD) . . . . 155 9.1. Detektionsergebnis in % des fusionierten Verfahrens (M ± SD) . . . . . . 162 9.2. Überblick der Ground-Truth Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 9.3. Detektionsergebnis in % der Algorithmen a1, a5b, a6 und der Fusion (M± SD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 9.4. Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) im Versuchsverlauf von Studie 1 und die Korrelation mit der KSS . . . . . . . . . . . . . . . 169 9.5. Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) im Studienverlauf von Studie 2 und die Korrelation mit der KSS . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 XIV 9.6. Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) in der ersten und letz- ten Phase hinsichtlich der Startuhrzeit (18 (FS) bzw. 22 Uhr (SS)) . . . . 174 9.7. Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) zwischen Studie 1 und 2 in dem ersten Abschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 9.8. Statistische Analyse der Lidschlagparameter (Pm) zwischen Studie 1 und 2 in dem letzten Abschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 10.1. KSS Werte bei den Testsituationen und statistische Vergleiche (post-hoc Tests) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 10.2. Übernahmezeiten in den fünf Testsituationen . . . . . . . . . . . . . . . . 195 10.3. Ergebnisse der statistischen Vergleiche der Übernahmezeiten - Müdig- keitszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 10.4. Übernahmezeiten nach verpassten Reaktionsabfragen in s . . . . . . . . . 196 10.5. Wichtigste Kennzahlen der Testsituationen (M ± SD; Min) . . . . . . . 197 10.6. Wichtigste Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min) . . . . . . . 197 10.7. Bewertung der Testsituationen in Studie 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 11.1. Überblick zu den drei durchgeführten Studien . . . . . . . . . . . . . . . 213 C.1. Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 223 C.2. Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 224 C.3. Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 224 C.4. Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . . 224 C.5. Kennzahlen der Kurvensituation (M ± SD; Max) . . . . . . . . . . . . . 224 C.6. Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . 225 C.7. Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 225 C.8. Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 225 C.9. Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 225 D.1. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1, a2 und a5b in den zweiminütigen Abschnitten (M ± SD) . . . . . . . . . . . . . . . 226 D.2. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6, a7 und des Fusionsverfahrens in den zweiminütigen Abschnitten (M ± SD) . . . . . 227 D.3. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1, a2 und a5b in den zweiminütigen Abschnitten (Median) . . . . . . . . . . . . . . . . 228 D.4. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6, a7 und des Fusionsverfahrens in den zweiminütigen Abschnitten (Median) . . . . . . 229 D.5. Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a3 und a4 in den zweimi- nütigen Abschnitten (Median) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 D.6. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 und a5b in den einminütigen Abschnitten (M ± SD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 D.7. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6 und des Fusionsverfahrens in den einminütigen Abschnitten (M ± SD) . . . . . . 231 D.8. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a1 und a5b in den einminütigen Abschnitten (Median) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 XV D.9. Detailliertes Detektionsergebnis in % mit den Algorithmen a6 und des Fusionsverfahrens in den einminütigen Abschnitten (Median) . . . . . . . 233 F.1. Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 242 F.2. Kennzahlen der Bremssituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 243 F.3. Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 243 F.4. Kennzahlen der Unfallsituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . . 243 F.5. Kennzahlen der Kurvensituation (M ± SD; Max) . . . . . . . . . . . . . 243 F.6. Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . 243 F.7. Kennzahlen der Pannensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 244 F.8. Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Max) 1/2 . . . . . . . . . . . 244 F.9. Kennzahlen der Kistensituation (M ± SD; Min bzw. Max) 2/2 . . . . . 244 F.10.Kennzahlen des Stauendes (M ± SD; Max) . . . . . . . . . . . . . . . . 244 XVI Literatur Abramov, I. & Harris, C. M. (1984). Artificial eye for assessing corneal-reflection eye trackers. Behavior Research Methods, Instruments, & Computers, 16 (5), 437–438. doi: 10.3758/BF03202479 Abtahi, S., Hariri, B. & Shirmohammadi, S. (2011). Driver drowsiness monitoring based on yawning detection. Proceedings of the 2011 IEEE International Instrumentation and Measurement Technology Conference (I2MTC), 1–4. doi: 10.1109/IMTC.2011 .5944101 Akashi, Y., Rea, M. S. & Bullough, J. D. (2007). 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