JAHRBUCH MSD 2005-07 ISBN-Nr.: 978-3931278-46-5 Masterstudium Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin Heft 3 Anmerkungen der Redaktion: Aus urheberrechtlichen Gründen wurden in der digitalen Version vereinzelte Abbildungen entfernt. msd-2005-07-cs.indd 1 24.01.2007 18:46:11 Prozessfarbe Schwarz Masterstudium Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin Heft 3, Jahrbuch 2005-07 msd-2005-07-cs.indd 2 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Masterstudium Denkmalpflege an der TU Berlin Jahrbuch 2005-07 Herausgegeben von Dorothée Sack zusammen mit Jürgen Giese, Martin Gussone und Daniela Spiegel FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege Berlin 2007 msd-2005-07-cs.indd 3 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Impressum Technische Universität Berlin Fakultät VI Planen - Bauen - Umwelt, Institut für Architektur Fachgebiet Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege Herausgegeben von Dorothée Sack zusammen mit Jürgen Giese, Martin Gussone und Daniela Spiegel Masterstudium Denkmalpflege an der TU Berlin - Jahrbuch 2005-07 Masterstudium Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin, Heft 3 © Fachgebiet Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege Berlin, 2007 Redaktion: Jürgen Giese, Martin Gussone, Dorothée Sack, Daniela Spiegel Redaktion der Poster zum Bürgerhaus in Strausberg und zum Garten Springer in Berlin-Zehlendorf: Jürgen Tietz Grafik, Layout: Martin Gussone scripvaz-Verlag, Christof Krauskopf, Berlin Druck: Difo Druck GmbH, Bamberg Auflage: 300 Exemplare ISBN: 978-3-931278-46-5 4 msd-2005-07-cs.indd 4 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Inhalt Seite Die aktuelle Entwicklung des Fachgebietes Historische Bauforschung und des Masterstudiums Denkmalpflege 7 Die Mitarbeiter des Fachgebietes Historische Bauforschung 11 Berliner Kolloquium zur Bauforschung und Denkmalpflege Programm Wintersemester 2005/2006 und Sommersemester 2006 12 Literaturhinweise 15 Verzeichnis der Forschungsprojekte des FG Historische Bauforschung Resafa / Syrien - Pilgerstadt und Kalifenresidenz. Die Stadt intra und extra muros. – Die fünf Teilprojekte der Projektphase 2006 - 2010, D. Sack, M. Gussone, U. Siegel - Die Archäologische Karte. Zeitschichtenpläne zur Darstellung der Veränderungen in Stadt und Umland, D. Sack, M. Gussone, U. Siegel - Die Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik. Archäologische Sondagen und Bauaufnahmen zur Überprüfung der geophysikalischen Prospektionen, D. Sack, M. Gussone, U. Siegel, H. Becker, M. Stephani, C. Konrad, M. Müller-Wiener - Die Stadtmauer. Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen, C. Hof, I. Salman, M. A. Al Saeed - Basilika A. Erstellung von Restaurierungs- und Sanierungskonzepten, D. Sack, M. Gussone, H. Heister, W. Liebl, D. Kowoll, A. Sternberg, M. Stephani, W. Wolff - Site Management. Ein Konzept für die touristische Erschliessung des Ruinengeländes, A. Mollenhauer, Y. Khoury, H. Saleh Berlin – Charlottenburg, Schloss Charlottenburg - Der Neue Flügel – Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen, E. v. Gaisberg Berlin – Niederschönhausen, Schloss Schönhausen - Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen, E. v. Gaisberg 16 26 Das Jahrgangsprojekt des MSD 2005-07, Strausberg, Mark Brandenburg – Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 - Grußwort der Brandenburgischen Stadterneuerungsgesellschaft, U. Schieferdecker - Einführung, J. Giese, D. Spiegel 28 29 Kurzfassung der Ergebnisse - Historische und städtebauliche Entwicklung Strausbergs, M. Baur, K. Reiß, U. Schmitz - Erforschung eines Hauses an der Stadtmauer, E. Koch, J. Oth, M. Sählhof - Ergebnisse der Bauforschung I, A. Banea, E. Fechnnerova, B. Grimm - Ergebnisse der Bauforschung II, A. Ammerich, S. Herold, Z. Spyranti, T. M. Wolf - Schadensuntersuchung und Maßnahmenplanung, G. Krause, F. Hlal - Denkmalpflegerischer Bindungsplan, A. Criado del Arco, A. Salgo - Überlegungen zur Nutzungskonzeption, S. Herold, E. Koch, J. Meier, A. Salgo, I. Salman, T. M. Wolf 34 35 36 37 38 39 40 Arbeitsproben aus der Originaldokumentation 41 Das Gartendenkmalpflegeprojekt des MSD 2005-07 – Berlin-Zehlendorf, die Steingartenanlage Schillerstraße 10 - Einführung, C. Rolka 50 Kurzfassung der Ergebnisse - Lage und Entstehungsgeschichte des Steingartens von Berthold Körting, S. Behan, S. Edelhoff - Ergebnisse der Bauforschung, K. Eisenacher, S. Palmer - Denkmalpflegerische Zielstellung und Maßnahmenplanung, M. Bunke, M. Gohlke, R. Nitschke 53 54 55 Arbeitsproben aus der Originaldokumentation 56 Verzeichnis der Dozenten und Förderer des MSD, Jahrgang 2005-07 61 18 19 20 21 22 23 24 5 msd-2005-07-cs.indd 5 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Die Exkursionen des MSD, Jahrgang 2005-07 62 Verzeichnis der Masterarbeiten MSD 2005-07 64 - Qatna / Syrien, Untersuchung zur Restaurierung von Lehmziegelbauten des 3. bis 1. Jahrtausends v. Chr., F. Hlal - Resafa / Syrien, Basilika A – Untersuchungen zur Standsicherheit der Apsis, W. Wolff - Antiochia (Antakya) / Türkei, Stadtmauer. Bestandsdokumentation und Bauforschung am Eisernen Tor, A. Banea, B. Grimm - Daphne (Antakya) / Türkei, Das Megalopsychia-Mosaik und sein architektonischer Kontext. Bestandsaufnahme, Bauphasen, Restaurierungskonzept, M. Baur - Stvolínky (Drum) / Tschechien, Allerheiligenkirche. Baudokumentation und Bauforschung, H. Ammerich, E. Fechnerová, Z. Spyranti - Berlin-Mitte, Ehemalige Jüdische Mädchenschule – Ein Schulgebäude der Neuen Sachlichkeit in der Spandauer Vorstadt, A. Criado del Arco, K. Reiß - Berlin-Brandenburg, Grenzlandschaft Dreilinden. Geschichte, Bestandserfassung und Denkmalwert, J. Meier, J. Oth, T.M. Wolf - Potsdam-Sanssouci, Der Bauschmuck des Ensembles Neues Palais. Exemplarische Bestandserfassung und Maßnahmenplanung an der Kolonnade, S. Behan - Potsdam-Sanssouci, Das Stibadium im Paradiesgarten. Baudokumentation und Sanierungsvorplanung, S. Edelhoff, A. Salgo, M. Sählhof - Potsdam-Sanssouci, Die Pergola der Villa Liegnitz. Bestandsdokumentation, Bauforschung und Sanierungskonzeption, M. Bunke, K. Eisenacher - Brandenburg/Havel, St. Johannis – Die ehemalige Franziskanerkirche und ihre nördlichen Anbauten. Dokumentation und Bauforschung, S. Herold, U. Schmitz - Burg/ Spreewald, Zweite Kolonie, Galeriestall von 1786. Bestandsdokumentation, Schadenskartierung, Bauforschung, M. Gohlke - Dortmund-Derne, Ehemalige Zeche Gneisenau. Bestandsdokumentation und Überlegungen zur Umnutzung einer denkmalgeschützen Maschinenhalle, S. Palmer 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 Verzeichnis der Absolventen und Teilnehmer des MSD 2005-07 78 Abbildungsnachweis 79 Die letzte Seite 80 6 msd-2005-07-cs.indd 6 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Die aktuelle Entwicklung des Fachgebietes Historische Bauforschung und des Masterstudiums Denkmalpflege Mit dem Jahrbuch 2005 - 2007 – die Jahreszahlen umfassen die dreisemestrige Laufzeit eines Jahrganges des Masterstudiums Denkmalpflege (MSD) – stellen wir zum dritten Mal die Aktivitäten eines Jahres im MSD und im Fachgebiet Historische Bauforschung der Technischen Universität Berlin vor. In bewährter Manier ist das Heft in drei Teile gegliedert: Im ersten Teil werden die laufenden und in diesem Jahr abgeschlossenen Projekte des Fachgebietes vorgestellt. Der Hauptteil des Bandes ist den beiden Jahrgangsprojekten gewidmet, die von den Studenten des Masterstudiums im Wintersemester 2005/2006 und Sommersemester 2006 bearbeitet wurden. Als Hauptprojekt haben wir dieses Mal ein Bürgerhaus des 18. Jahrhunderts in der Altstadt von Strausberg, Mark Brandenburg bearbeitet, darüber hinaus beschäftigten sich im Sommersemester sieben Studierende unter der Leitung von Caroline Rolka, die im Masterstudium das Fach „Gartendenkmalpflege“ lehrt, mit der Steingartenanlage der Villa Springer in BerlinZehlendorf aus den 1920er Jahren. Von diesen beiden Projekten sind hier sowohl die anlässlich der Projektpräsentation erstellten Poster abgedruckt, als auch Arbeitsproben der Aufmaßzeichnungen, des Raumbuchs und der Sanierungsvorplanung. Den Abschluss des Jahrgangsheftes bilden die Poster, mit denen die Studenten ihre Masterarbeiten vorstellen. Anfang Februar wurden zunächst die Absolventen des Jahrganges 2004-2006 mit der Überreichung ihrer Masterzeugnisse verabschiedet. Zu den neuen Absolventen gesellten sich aber auch rund 30 unserer „Ehemaligen“, die ihre Zertifikate über den erfolgreichen Abschluss des Aufbaustudiums Denkmalpflege durch die Zeugnisse und die Urkunde über den Erwerb des Titels „Master of Science“ ersetzen konnten. Sie hatten sich dem in Heft 2 geschilderten Verfahren der „Masterisierung“ unterzogen, das nach Ableisten einiger Zusatzleistungen die Umwandlung der Zeugnisse ermöglicht. Für die Entwicklung des Masterstudiums war in diesem Jahr die traditionelle Exkursion nach Franken von besonderer Bedeutung, denn sie wurde zu unserem großen Bedauern letztmalig von Professor Gert Mader vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege geleitet. Nach jahrzehntelanger Forschungsarbeit und unermüdlichem Einsatz für gefährdete Denkmale hat sich Professor Mader, der zu Recht als Wegbereiter und „Eckpfeiler“ der historischen Bauforschung in der Denkmalpflege gelten kann, in den wohlverdienten Ruhestand begeben. Obgleich wir betrübt sind, in Zukunft auf seine spannenden Vorträge und kenntnisreichen Erläuterungen vor Ort verzichten zu müssen, wünschen wir ihm alles Gute und möchten uns auf diesem Wege noch einmal herzlich für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen acht Jahren bedanken. Trotz des Ausscheidens von Professor Mader werden wir weiterhin an der Frankenexkursion festhalten, um unseren Studenten einen Einblick in die Arbeit der bayerischen Bauforschung und Denkmalpflege zu ermöglichen. Daher werden wir auch 2007 verschiedene, uns bisher von Herrn Mader vorgestellte Beispiele zu Themen der Natursteinbearbeitung und -restaurierung sowie Dachwerksanierung anschauen und uns beispielhafte Sanierungskonzepte durch die von Herrn Mader eingeführten Büros erläutern lassen. Die Abschlussexkursion am Ende des Sommersemesters, bei der stets unterschiedliche Denkmalregionen besucht werden, führte uns dieses Jahr in die Bergbaustädte des Erzgebirges, wo wir Denkmäler in Schwarzenberg, Beierfeld, Schneeberg und Annaberg-Buchholz besichtigen und deren teilweise sehr unterschiedliche Sanierungskonzepte diskutieren konnten. Einen erlebnisreichen und detaillierten Einblick in die Entwicklung des Bergbaus im Erzgebirge konnten wir durch die Besichtigung der Zinngrube „Sauberger Stollen“ gewinnen. Den Abschluss bildete bei strahlendem Sommerwetter eine Führung durch den Park des Schlosses Lichtenwalde mit Erläuterung der soeben abgeschlossenen gartendenkmalpflege-rischen Sanierungsmaßnahmen. Gert Mader in Rothenburg o.T., 2006. 7 msd-2005-07-cs.indd 7 24.01.2007 18:47:08 Prozessfarbe Schwarz Neben dem Ausscheiden von Herrn Mader betreffen noch zwei weitere personelle Wechsel den Jahrgang des Masterstudiums, der im Oktober 2006 sein Studium aufgenommen hat. Die geodätischen Grundlagen für die Bauaufnahme werden fortan durch Christian Clemen vom Fachgebiet Geodäsie und Ausgleichsrechnung vermittelt, der diesen Lehrauftrag von Frank Gielsdorf aus demselben Fachgebiet übernommen hat. Ferner mussten wir Professor Karsten Westphal verabschieden, der den Studiengang seit seiner Einrichtung 1998 im Fach Sanierungstechnologien unterstützt hat. Wir möchten die Gelegenheit nutzen, uns sowohl bei Herrn Gielsdorf, als auch bei Herrn Westphal sehr herzlich für die geleistete Arbeit in unserem Studiengang zu bedanken. Als Nachfolgerin für Herrn Westphal konnten wir glücklicher Weise Frau Ursula Hüffer vom Architekturbüro Hüffer-Ramin gewinnen, das sich unter anderem mit der Instandsetzung der Berliner Heilig-Geist-Kapelle einen Namen im Bereich der behutsamen Sanierung denkmalgeschützter Bauten gemacht hat. Sie wird sowohl die Vorlesung „Sanierungskonzepte und –technologien I und II“ halten als auch die Arbeit am Jahrgangsprojekt betreuen, das sich diesmal mit zwei Bauten auf dem Stadtgut Blankenfelde im Berliner Bezirk Pankow beschäftigt. Zwei weitere Personalia seien noch kurz angefügt: K. Westphal, Strausberg, Georg-Kurtze-Str. 1, 2006. Gut Blankenfelde, Bauaufnahme, 2006. Wir freuen uns, berichten zu können, dass unsere beiden ehemaligen Tutoren Haiko Türk und Gitte Bieker, die wir letztes Jahr nach ihren erfolgreichen Diplomverteidigungen verabschiedeten, mittlerweile erfolgreich ins Berufsleben gestartet sind. Gitte Bieker fand im Frühsommer eine Anstellung in einem Münchner Architekturbüro, das sich mit denkmalgeschützten Bauten befasst, und Haiko Türk übernahm zum Wintersemester 2006/2007 eine Vertretung als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Baugeschichte an der BTU Cottbus. EinwichtigesMittel,dieAktivitätendesMasterstudiums Denkmalpflege auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, stellt traditionellerweise der „Tag des offenen Denkmals“ dar, der dieses Jahr am 9. und 10. September 2006 stattfand. Entsprechend dem diesjährigen Gesamtmotto „Rasen, Rosen und Rabatten – Historische Gärten und Parks“ wurden in diesem Jahr vor allem die Projektarbeiten auf dem Gebiet der Gartendenkmalpflege in Vorträgen und Ausstellungen vorgestellt. Caroline Rolka präsentierte gemeinsam mit den Studierenden des MSD die Projektarbeit im Garten Springer in Berlin-Zehlendorf und beleuchtete in Vorträgen das Umfeld der Entwicklung der Gartenkunst in den Zwanziger Jahren. Weitere Absolventen des Masterstudiums nutzten die Gelegenheit, die Objekte ihrer Abschlussarbeiten durch Führungen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. So fanden Führungen zur Katholischen Kirche St. Judas Thaddäus in Berlin-Tempelhof (Bastian Müller), zum ehemaligen Gaswerk in Berlin-Grünau (Sibylle Frank, Corinna Janßen), zum Bootshaus Nixenstraße in BerlinKöpenick (Sandra Seifert, Christine Schlüter), zum ehemaligen St. Pauli-Kloster in Brandenburg/Havel (Verena Alex, Katharina Weber) sowie zur Akademie der Künste in Berlin-Tiergarten (Heike Pieper, Wiebke Kötter) statt. Neben der Konzeption und Durchführung des Masterstudiums ist das Fachgebiet natürlich auch als Forschungsinstitution tätig, und davon soll nun die Rede sein: Anfang des Jahres wurde von Dorothée Sack ein Doktorandenkolloquium ins Leben gerufen. Der Wunsch nach einem Forum für die von ihr betreuten Doktoranden war entstanden, nachdem das DFG-Graduiertenkolleg Kunstwissenschaft – Bauforschung – Denkmalpflege, in dem viele der Doktoranden bislang „beheimatet“ waren, im April 2005 nach drei Förderperioden turnusgemäß zu Ende gegangen war. Zweimal im Semester treffen sich seitdem die mittlerweile knapp 40 Doktoranden, die in 17 verschiedenen Ländern forschen und unterschiedlichste Themen aus den 8 msd-2005-07-cs.indd 8 24.01.2007 18:47:09 Prozessfarbe Schwarz Bereichen Bauforschung und Denkmalpflege bearbeiten. Das Kolloquium dient nicht nur dazu, über den aktuellen Arbeitsstand zu berichten, sondern vor allem, sich gegenseitig auszutauschen und inhaltliche oder methodische Probleme der Dissertation gemeinsam zu diskutieren. Auch bei den verschiedenen Drittmittelprojekten hat sich im Jahr 2006 einiges getan. So konnte die bauvorbereitende Bauforschung am Alten Museum, die 1999 als erstes großes Forschungsprojekt vom Fachgebiet zusammen mit dem Fachgebiet Bauund Stadtbaugeschichte begonnen worden war, mit der sanierungsbegleitenden Untersuchung der südlichen Dioskurenpostamente auf dem Rotundendach vor Ort abgeschlossen werden. Dieses von Elgin von Gaisberg geleitete Projekt hat während seiner siebenjährigen Laufzeit insgesamt 15 Mitarbeiter beschäftigt, drei Abschlussarbeiten sowie verschiedene Publikationen hervorgebracht. Dem Abschluss entgegen gehen auch die baugeschichtlichen und bauarchäologischen Untersuchungen am Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses, die seit 2004 ebenfalls von Elgin von Gaisberg zusammen mit Antonia Brauchle, Christiane Hertwig, Dina Sperl und Haiko Türk durchgeführt wurden. Das dritte Berliner Fachgebietsprojekt unserer „Damen von der Schlösserbauforschung“ - hier war Monika Thiel statt Antonia Brauchle mit von der Partie - betrifft das Schloss Schönhausen in Berlin-Niederschönhausen, eine Forschungsarbeit, die noch in vollem Gange ist. Nach Abschluss der baugeschichtlichen und bauarchäologischen Untersuchung hat dieses Jahr die Phase der baubegleitenden Dokumentation begonnen. Neben die Berliner Aktivitäten tritt seit diesem Jahr ein Projekt, das uns weit weg aus Berlin in den Orient führt, der wissenschaftlichen Heimat von Dorothée Sack. Denn im Frühjahr 2006 wurde ihr von der Zentraldirektion des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) für die nächsten fünf Jahre die Leitung der Grabung „Resafa“ übertragen. Resafa, im Nordosten Syriens gelegen, ist eine in der Spätantike angelegte, nach der Islamisierung Syriens weiter genutzte und überformte Pilgerstadt, deren eindrucksvolle Ruine seit ihrer Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert Reisende und Forscher anzieht. Hier arbeitet Dorothée Sack bereits seit 1983, zuerst als Ausgräberin der „Großen Moschee“ des Umaiyaden-Kalifen Hisham, deren Publikation zugleich ihre Habilitationsschrift war, und in den folgenden Jahren als Bearbeiterin des südlichen Umlands der Stadt, in dem der Kalif seine weitläufige Residenz anlegte. In diesem Jahr nun fand von Ende August bis Anfang Oktober die erste große Grabungskampagne unter ihrer Gesamtleitung statt. Im Rahmen der Übernahme der Verantwortung für dieses Projekt wurde für „Resafa“ ein neues Arbeitsprogramm aufgestellt, das fünf Teilprojekte umfasst. 1. Erstellung einer Archäologische Karte mit Zeitschichtenplänen zur Geschichte und Entwicklung der Stadt Resafa und ihres Umlands 2. Die Residenz des Kalifen Hisham im Umland von Resafa, Untersuchung der Siedlungsstrukturen und der baulichen Anlagen mit archäologischen Sondagen zur Überprüfung und Präzisierung der Interpretation der dort bereits durchgeführten geophysikalischen Prospektionen 3. Die Stadtmauer von Resafa, Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen 4. Erstellung von weiteren Restaurierungs- und Sanierungskonzepten für die Basilika A. Innerhalb dieses Projektes haben es sich die Geodäten der Bundeswehrhochschule in München zur Aufgabe gemacht, anhand von Präzisionsmessungen die Resafa (Nord-Syrien), Führung mit D. Sack, im Hintergrund die Zisternen und die Stadtmauer, 2006. 9 msd-2005-07-cs.indd 9 24.01.2007 18:47:12 Prozessfarbe Schwarz Dynamik von Setzungsprozessen in der Basilika nachzuvollziehen. Im Rahmen einer Abschlussarbeit des Masterstudiums Denkmalpflege wurde darüber hinaus die moderne Restaurierungsgeschichte der Basilika untersucht und Grundlagen zur statischen Sicherung der Apsis erarbeitet. 5. Entwicklung von touristischen Erschließungskonzepten (Site Management) für den gesamten Grabungsplatz Auch im Rahmen der Teilprojekte 3. (Stadtmauer) und 5. (Site Management) entstehen Abschlussarbeiten im Masterstudium Denkmalpflege. Diese Möglichkeit, am Projekt „Resafa“ zu partizipieren, soll auch den Studenten der nachfolgenden Jahrgänge des MSD eröffnet werden. Besonders erfreulich ist die Teilnahme dreier syrischer Studenten, die in diesem Jahr das Masterstudium in Berlin absolvieren, um anschließend mit Hilfe ihres neu gewonnenen Fachwissens zum Erhalt von Denkmälern in ihrer Heimat beitragen zu können. Erste Ergebnisse des neu angelaufenen Arbeitsprogramms konnte Dorothée Sack bei dem vom DAI Damaskus durchgeführten Symposium „Residences, Castles, Settlements. Transformation Processes from Late Antiquity to Early Islam in Bilad al-Sham“ vorstellen, das Anfang November in Damaskus abgehalten wurde. Zu den weit über Berlin hinausgreifenden Aktivitäten gehörte auch die Vorbereitung und Durchführung der im zweijährigen Rhythmus stattfindenden Koldewey-Tagung, zu der Bauforscher aus ganz Europa auf Einladung des Vorstands der Gesellschaft, deren Vorsitzende Dorothée Sack seit 2002 ist, in Breslau zusammen kamen. Die Tagung, vom 24.- 28. Mai 2006, hatte das Thema „Aufbau Ost, Aufbau West“, zu dem auch die polnischen Kollegen um Jacek Kosciuk von der TU Breslau interessante Beiträge lieferten. Das Programm wurde abgerundet durch eine große Zahl von „Berichten aus laufender Forschung“. Die Palette der im Fachgebiet Historische Bauforschung verfolgten Forschungsprojekte wird durch die Aktivitäten der wissenschaftlichen Mitarbeiter ergänzt. Im Rahmen der Erforschung der Stadtbefestigung von Messene führte Jürgen Giese im August und September eine fünfwöchige Bauaufnahmekampagne durch. Über dieses gemeinsam mit der Freien Universität Berlin, der RWTH Aachen und dem CNRS Lattes durchgeführte Projekt referierte er am Deutschen Archäologischen Institut Athen sowie im Berliner Kolloquium zur Bauforschung und Denkmalpflege an der TU Berlin. Daniela Spiegel stellte an der FU Berlin und bei der Koldewey-Tagung in Breslau Teilergebnisse ihres Dissertationsprojektes über die Die Ausbildung im MSD, Tagung „Baugeschichte und Architekturlehre“ in Aachen, 2006. faschistische Besiedlung des Agro Pontino vor. Martin Gussone berichte zum einen – ebenfalls auf der Koldewey-Tagung in Breslau – über einen Ausschnitt seiner Untersuchungen zur Pyramide im Neuen Garten zu Potsdam, zum anderen stellte er bei der Tagung der Ernst-Herzfeld-Gesellschaft in Bonn – zusammen mit Professor Fernando Valdés, die Arbeiten an der ehemaligen Klosterkirche San Agustin in Badajoz/ Extremadura in Spanien vor. Vom 1. – 4. November 2006 fand an der RWTH Aachen die Tagung „Baugeschichte und Architekturlehre“ statt, auf der Jürgen Giese und Daniela Spiegel das Fachgebiet vertraten. In die dort geführte Diskussion über die Stellung der Baugeschichte in den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen der deutschsprachigen Architekturfakultäten brachten sie in ihrem Beitrag das didaktische Konzept des Masterstudienganges Denkmalpflege ein, dessen interdisziplinäre und projektorientierte Ausrichtung Anregungen auch für andere Studiengänge geben kann. Die Tagung machte deutlich, in welcher Umbruchphase sich die universitäre Architektenausbildung derzeit in Folge des Bologna-Prozesses befindet. Von der Notwendigkeit zur Positionierung und Profilierung wird auch das Berliner Masterstudium Denkmalpflege im Umfeld sich neu entwickelnder Studienangebote nicht ausgeschlossen sein. Die Entwicklung des Masterstudiums Denkmalpflege wird uns daher in Zukunft intensiv beschäftigen und so auch ein Thema für die folgenden Hefte sein. 10 msd-2005-07-cs.indd 10 24.01.2007 18:47:12 Prozessfarbe Schwarz Die Mitarbeiter des Fachgebietes Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege, 2005-07 Leitung des Fachgebietes Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack Sekretariat Dipl.-Ing. Kristin Brenndörfer Wissenschaftliche Mitarbeiter Jürgen Giese M.A. Daniela Spiegel M.A. Wissenschaftlich-Technischer Mitarbeiter Dipl.-Ing. Martin Gussone Wissenschaftliche Mitarbeiter in Drittmittelprojekten Dipl.-Ing. (FH) Antonia Brauchle: Schloss Charlottenburg Dr. Elgin von Gaisberg, örtliche Projektleitung: Altes Museum, Schloss Charlottenburg, Schloss Schönhausen Dr.-Ing. Catharine Hof: Resafa Christof Konrad M.A.: Resafa Dr. Anne Mollenhauer: Resafa Dipl.-Ing. Ulrike Siegel: Resafa Dipl.-Ing. Mike Schnelle: Exkursionsplanung Dina Sperl M.A.: Schloss Charlottenburg, Schloss Schönhausen Dipl.-Ing. Monika Thiel: Altes Museum, Schloss Schönhausen Dipl.-Ing. Haiko Türk: Schloss Schönhausen Tutoren in Drittmittelprojekten cand. arch. Isabelle Frase cand. phil. Dunya Henker cand. inform. Daniel Krüger Architekt Youssef Khoury Anschrift Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack TU Berlin, FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege Sekretariat A 58, Straße des 17. Juni 152, 10623 Berlin Architekturgebäude, Raum 812 Tel. ++49 30 314-796 11 | Fax. ++49 30 314-796 12 |Mail msd@tu-berlin.de web: http://baugeschichte.a.tu-berlin.de/hbf-msd/ 11 msd-2005-07-cs.indd 11 24.01.2007 18:47:14 Prozessfarbe Schwarz Berliner Kolloquium zur Bauforschung und Denkmalpflege Die von den Fachgebieten Historische Bauforschung und Bau- und Stadtbaugeschichte initiierte vierzehntägige Vorlesungsreihe bildet ein Forum für alle an Fragen der Denkmalpflege, der Baugeschichte, der historischen und archäologischen Bauforschung arbeitenden Kollegen. Seit 1999 wird hier der Dialog zwischen inner- und außeruniversitären Institutionen und den in der Praxis tätigen Kollegen befördert. Im Wintersemester 2005-06 wurde das Berliner Kolloquium in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Berlin als Themenreihe: DIE STADT, DAS MUSEUM UND DIE DENKMALPFLEGE durchgeführt. „Die Diskussion um die Berliner Museen und deren Veränderung in der Nachwendezeit hat vielfältige Aspekte. Kultur ist einer der weichen, jedoch wesentlichen Standortfaktoren einer an Arbeitsplätzen nicht reichen Stadt. Die überwiegende Zahl der Museen ist in bestehenden, überwiegend denkmalgeschützten Bauten untergebracht, so dass die Modernisierung der Museumstechnik und Veränderungen der Ausstellung stets auch Eingriffe in einen potentiell denkmalgeschützten Bestand mit sich bringen. Diese Veränderungen sind oft beträchtlich. Die Vortragsreihe untersucht die Voraussetzungen und unterschiedliche Lösungsansätze dieser scheinbar sich widersprechenden Aufgaben zu einem Zeitpunkt, da erste Ergebnisse erzielt wurden und auch in den Einzelheiten beurteilt werden können und andere Museen sich eben im Planungsprozess befinden. Ziel der Veranstaltung ist auf der einen Seite die Bilanz des Erreichten auch im internationalen Vergleich und andererseits die Überprüfung, ob die derzeit verfolgten Konzepte auch für die zukünftige Arbeit Bestand haben sollen.“ Das Sommersmester widmete sich wieder dem Ziel, eine bunte Palette von aktuellen Forschungen vorzustellen und aus nationaler und internationaler Sicht zu diskutieren. Zum besseren Verständnis der Vortragstitel werden hier nun auch die Ankündigungstexte der Referenten wiedergegeben. Kontakt Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer FG Bau- und Stadtbaugeschichte Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege In Zusammenarbeit mit dem Schinkel-Zentrum für Architektur, Stadtforschung und Denkmalpflege. TU Berlin - Institut für Architektur, Sek. A 58, Straße des 17. Juni 152, 10623 Berlin Tel. 030-314 219 46 - Fax. 030-314 219 47 - e-mail: cramer@baugeschichte.tu-berlin.de Tel. 030-314 796 11 - Fax. 030-314 796 12 - e-mail: msd@tu-berlin.de http://baugeschichte.a.tu-berlin.de/berliner-kolloquium 12 msd-2005-07-cs.indd 12 24.01.2007 18:47:14 Prozessfarbe Schwarz Programm Wintersemester 2005/ 2006 Die Stadt, das Museum und die Denkmalpflege 31. Oktober 2005 DIE STADT UND DAS MUSEUM • Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor SMB - Die Stadt und das Museum - Berliner Positionsbestimmung • Prof. Urs Kohlbrenner, TUB, DASL - Museumsbauten und Baudenkmale als Motoren der Stadtentwicklung? • Dr. Heinrich Wefing, Architekturkritiker, FAZ - Museumsarchitektur als Standortfaktor? Moderation Prof. Dr. Jörg Haspel, Landeskonservator LDA 7. November 2005 DAS TECHNISIERTE MUSEUM ODER DAS ÜBERFORDERTE DENKMAL? • Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, TU Berlin - Das reiche Denkmal und die arme Technik • Dipl.-Ing. Winfried Brenne, Architekt BDA, Deutscher Werkbund - Dezentrale Klimatisierung • Bodo Buczinski, Chefrestaurator SMB - Forderungen der Restauratoren • Prof. Dr. Bernhard Graf, Direktor Museumskunde SMB - Das vernetzte Museum - Anforderungen aus dem Leihverkehr Moderation Prof. Dr. Wilfried Menghin, Museumsdirektor SMB 21. November 2005 SYMPOSIUM ZUM 150. GEBURTSTAG VON ROBERT KOLDEWEY im Pergamonmuseum, Bodestraße 1-3, D-10178 Berlin • Dieter Mertens, Rom - Robert Koldewey – die frühen Jahre • Olaf Matthes, Hamburg - Robert Koldewey – im Orient • Beate Salje, Berlin - Robert Koldewey und das Vorderasiatische Museum • Margarete van Ess, Berlin - Robert Koldewey und Babylon • Dony George Youkhanna, Baghdad - New Research in Babylon (engl.) • Dittmar Machule, Hamburg - Robert Koldewey und die Bauforschung • Dorothée Sack, Berlin - Robert Koldewey – eine Methode lebt weiter Symposium zum 150. Geburtstag von Koldewey-Gesellschaft – Deutsches Archäologisches Institut, Orient-Abteilung Deutsche Orient-Gesellschaft – Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin Robert Koldewey 21. November 2005 RK-150_050601.indd 1 16.12.2005 13:38:28 5. Dezember 2005 DAS MUSEALE MUSEUM • Dipl.-Ing. Nikolaus Bernau, Journalist, LDR - Einführung und Überblick: Museumseinrichtungen als Denkmalsubstanz • Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, TU Berlin - Das Pergamon-Museum mit den Einrichtungen von Wiegand und Andrae • Dr. Ferdinand Damaschun, Leiter der Ausstellungen NKM - Das Naturkundemuseum in Berlin • Dr. Kurt Winkler, Generaldirektor Stiftung Stadtmuseum - Das Märkisches Museum in Berlin Moderation Prof. Dr. Adrian von Buttlar, TU Berlin, Vorsitzender Landesdenkmalrat 16. Januar 2006 DAS MUSEUM IM BESTAND - BEREICHERUNG ODER BELÄSTIGUNG? • Prof. Dr. Jörg Haspel, Landeskonservator LDA - Einführung und Überblick • Prof. Dr. Hans Ottomeier, Generaldirektor DHM - Das Deutsche Historische Museum • Prof. Dr. Dirk Böndel, Direktor DTM - Das Deutsche Technikmuseum Moderation Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, TU Berlin 30. Januar 2006 FALLBEISPIEL KÖPENICK • Bezirksbürgermeister Dr. Klaus Ulbricht, Köpenick - Altstadt und Schloss Köpenick – stadtentwicklungs- und kommunalpolitische Perspektiven • Dr.-Ing. Klaus-Henning von Krosigk, LDA - Schlossinsel Köpenick - Gartendenkmal und Landschaftsraum • Dr. Angela Schönberger, Museumsdirektorin SMB - Das Kunstgewerbemuseum im Bau- und Kunstdenkmal • Prof. Dr. Adrian von Buttlar, TU Berlin, Vorsitzender Landesdenkmalrat- Ausstellungsarchitektur versus Barockarchitektur? Moderation Dr. Karin Wagner, LDA 13. Februar 2006 DIE STADT, DENKMALPFLEGE - Statements mit Podiumsdiskussion • Ingeborg Junge-Reyer, Senatorin für Stadtentwicklung Land Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung • Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident SPK, Stiftung Preußischer Kulturbesitz • Prof. Dr. Adrian von Buttlar, TU Berlin, Vorsitzender Landesdenkmalrat • Prof. Monika Grütters, MdA, Stiftung Brandenburger Tor • Staatssekretär Dr. Volkmar Strauch, Land Berlin, Senatsverwaltung für Wirtschaft Moderation Dr. Heinrich Wefing, Architekturkritiker FAZ DAS MUSEUM UND DIE 13 msd-2005-07-cs.indd 13 24.01.2007 18:47:15 Prozessfarbe Schwarz Berliner Kolloquium – Programm Sommersemester 2006 08. Mai 2006 DAS SCHOELER-SCHLÖSSCHEN IN BERLIN-WILMERSDORF In Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Berlin Dr. Markus Jager, Landesdenkmalamt Berlin – DAS DENKMAL – DIE VERGANGENHEIT Podiumsdiskussion mit Kurz-Statements Klaus Dieter Gröhler, Bezirkstadtrat für Bauwesen/ stellvertr. Bezirksbürgermeister Wilmersdorf-Charlottenburg,– DIE BEDEUTUNG FÜR DEN BEZIRK Dr. Sibylle Badstübner-Gröger, FREUNDESKREIS – „SCHLÖSSER“ DER MARK BRANDENBURG Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, TU Berlin – UMGANG MIT BAUTEN DES NATIONALSOZIALISMUS Prof. Petra Kahlfeldt, Freie Architektin – WIE WEITERBAUEN AM DENKMAL? Moderation – Dr. Jürgen Tietz, Freier Journalist Das Schoeler-Schlösschen in Berlin-Wilmersdorf hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Vom unscheinbaren Landhaus über den großbürgerlichen Villenbau bis zum Kindergarten hat das Haus viele Nutzungen gehabt. Die geplante Beseitigung des 1934/35 aufgesetzten 2. OG im Zusammenhang mit der Umnutzung für kulturelle Zwecke des Bezirks hat in der Berliner Fachöffentlichkeit Überraschung und Widerspruch hervorgerufen. In der Veranstaltung wurde die Geschichte des Hauses erläutert. Danach wurden die gegensätzlichen Standpunkte zur Diskussion gestellt. 22. Mai 2006 Jürgen Giese M.A., Technische Universität Berlin „STÄRKER BEFESTIGT ALS BYZANZ“ – DIE STADTMAUER VON MESSENE AUF DER PELEPONNES Die Errichtung einer Stadtmauer zählt zu den größten Bauprojekten, die sich ein antikes Gemeinwesen aufbürden konnte. Die Bewohner der 369 v. Chr. gegründeten Stadt Messene auf der südlichen Peleponnes schufen in schwierigem Gelände ein 9km langes Bauwerk, das fortifikatorischen Nutzen und Repräsentativität in bewunderungswürdiger Weise miteinander vereint und heute zu den am besten erhaltenen Denkmälern seiner Art zählt. In einem 2005 gestarteten internationalen Forschungsprojekt wird diese Anlage jetzt erstmals umfassend untersucht. 19. Juni 2006 Prof. Dr.-Ing. Przemyslaw P Zalewski M.A., Universität Hannover . ZUM STAND DER DINGE – DIE ABHÄNGIGHEIT VON ARCHITEKTUR UND GRÜNDUNGSVORAUSSETZUNGEN Die Baugrundbewertung und baulast-gerechte Ausführung der Fundamente stellten besonders bei Großbauten in der Vergangenheit eine der schwierigsten und unberechenbarsten Aufgaben dar. Noch heute sind ca. 80 bis 90 % aller schwerwiegenden Schäden an Baudenkmalen auf die Überlastung des Baugrunds zurückzuführen. Das „Lernen am Werk“ endete häufig mit dramatischen Statikproblemen, ja sogar mit Einstürzen von gerade fertig gestellten Großbauten. Der „Schiefe Turm“ von Pisa, der Kaiserdom in Worms und viele andere Objekte sind lediglich ein Signal für ein überall verstreutes baugeschichtliches Phänomen, das im Vortrag vorgestellt wurde. 03. Juli 2006 Dr.-Ing. Dirk Dorsemagen, Stiftung Preussische Schlösser und Gärten SCHLOSS RHEINSBERG – DER MUSENHOF ALS BAUSTELLE Der spätere preußische König Friedrich der Große richtete sich als Kronprinz ab 1736 im Rheinsberger Schloss seinen Musenhof ein. Auch der Bruder des Königs, Prinz Heinrich, machte Rheinsberg durch mehrere Erweiterungen und Umbauten neben Berlin und Potsdam bis zu seinem Tode 1802 zu einem Zentrum der Künste. Im wesentlichen blieb das Schloss über seine wechselvolle Geschichte hinweg samt seiner raumfesten Ausstattung erhalten, so dass es heute ein wertvolles Zeugnis des friderizianischen Rokoko und preußischen Klassizismus gibt. 1991 übernahm die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg die Schlossanlage, die sie seither sukzessive instand setzt. Der Vortrag beleuchtete die laufenden Sanierungsmaßnahmen an Fassaden und Dachwerk des Schlosses, die unter der Maßgabe des maximalen Substanzerhalts durchgeführt werden. 17. Juli 2006 Prof. Dr. Barry Bergdoll, Columbia University, New York „THE EYES NEED A REST“ – PEI, BREUER, BARNES UND DIE MUSEUMSENTWÜRFE DER 1960ER JAHRE IN AMERIKA Der Vortrag beschäftigt sich mit drei neuen Museumsentwürfen, die in den 1960er Jahren eine Kritik des Mies’schen Modells – vertreten durch die Neue Nationalgalerie in Berlin – verkörpern: I.M. Peis Everson Museum in Syracuse, New York, Marcel Breuers Whitney Museum in New York und Edward Larabees Barnes Walker Art Gallery in Minneapolis. Allen drei Architekten gemein ist die Hinwendung zu einer neuen Ästhetik massiver Baukörper mit abgegrenzten Ausstellungsflächen. Die Gestaltung neuer monumentaler Kulturbauten in Form abstrakter Skulpturen als Zentrum revitalisierter amerikanischer Innenstädte ist Teil der intensiven Stadterneuerungs-Diskussion dieser Zeit. 14 msd-2005-07-cs.indd 14 24.01.2007 18:47:19 Prozessfarbe Schwarz Literaturhinweise • • • • • • • • • • • Masterstudium Denkmalpflege der TU Berlin – Heft 2, Masterstudium Denkmalpflege Jahrbuch 2004-06, Dorothée Sack (Hrsg.) zusammen mit Jürgen Giese, Martin Gussone und Daniela Spiegel, Berlin 2006. Valeriani, Simona: Kirchendächer in Rom - Zimmermannskunst und Kirchenbau von der Spätantike bis zur Barockzeit, Berliner Beiträge zur Bauforschung und Denkmalpflege 3, J. Cramer, D. Sack (Hrsg.), Petersberg 2006 Mohn, Claudia: Mittelalterliche Klosteranlagen der Zisterzienserinnen. Architektur der Frauenklöster im mitteldeutschen Raum, Berliner Beiträge zur Bauforschung und Denkmalpflege 4, J. Cramer, D. Sack (Hrsg.), Petersberg 2006 Elgin v. Gaisberg, Dorothée Sack, Johannes Cramer, Altes Museum, in: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, Bd. 1, Berlin und Potsdam, hrsg. von Johannes Cramer, Ulrike Laible, Hans-Dieter Nägelke, München – Berlin 2006, 46-53. Ulrike Laible, Elgin v. Gaisberg, Der Pomonatempel auf dem Pfingstberg, in: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, Bd. 1, Berlin und Potsdam, hrsg. von Johannes Cramer, Ulrike Laible, Hans-Dieter Nägelke, München – Berlin 2006, 116-118. Elgin Röver (v. Gaisberg), Arbeitsprozesse und technischer Standard bei der Pfahlrostgründung des Alten Museums in Berlin, in: Mittel und Wege. Zur Bedeutung von Material und Technik in der Archäologie, hrsg. von Astrid Dostert und Franziska Lang, Möhnesee 2006, 59-97. Jürgen Giese, Neue Forschungen zum Dionysos-Tempel auf Thera, in: Bericht über die 43. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung : vom 19. bis 23. Mai 2004 in Dresden, KoldeweyGesellschaft, Vereinigung für Baugeschichtliche Forschung e.V Bonn 2006, 115-123. ., Anne Mollenhauer, Der Mittelhallen-Grundriss in Beirut und sein Transformationsprozess im 19. und 20. Jahrhundert, in: Bericht über die 43. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung : vom 19. bis 23. Mai 2004 in Dresden / Koldewey-Gesellschaft, Vereinigung für Baugeschichtliche Forschung e.V Bonn 2006, beigefügt als Sonderdruck aus: architectura 35, 1, 95-111. ., Dorothée Sack - Helmut Becker - Manfred Stephani - Faris Chouker unter Mitwirkung von Jörg Fassbinder, Christian Schweitzer, Martin Gussone: Resafa-Umland, Archäologische Geländebegehungen, geophysikalische Untersuchungen und Digitale Geländemodelle zur Prospektion in Resafa – Rusafat Hisham Bericht über die Kampagnen 1997 – 2001, in: Damaszener Mitteilungen 14, 2004, 207-232, Tafel 32-38. Jan Schröder, Dorothée Sack, Alexander-Newski-Kirche, in: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, hrsg. für das Schinkel-Zentrum der TU Berlin von J. Cramer, U. Laible und H.D. Nägelke, Band I: Berlin und Potsdam, München und Berlin 2006, 119-120. Dina Sperl, Die Bauten auf der Pfaueninsel: Kavalierhaus, Schweizerhaus; Lustgarten, in: Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, hrsg. für das Schinkel-Zentrum der TU Berlin von J. Cramer, U. Laible und H.-D. Nägelke, Band I: Berlin und Potsdam, München und Berlin 2006, 96-100. 54-57. 15 msd-2005-07-cs.indd 15 24.01.2007 18:47:20 Prozessfarbe Schwarz Verzeichnis der Forschungsprojekte des FG Historische Bauforschung Projekte im Vorderen Orient: - Resafa, Nord-Syrien, seit 2006 Pilgerstadt und Kalifenresidenz – intra und extra muros Gesamtleitung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack Kooperation mit dem Deutschen Archäologischen Institut Berlin-Damaskus und der Direction Générale des Antiquités es des Musées de la Syrie (DGAMS), Damaskus Teilprojekt 1. Erstellung einer Archäologischen Karte mit Zeitschichtenplänen zur Geschichte und Entwicklung der Stadt Resafa und ihres Umlands Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Dipl.-Ing. Martin Gussone, Dipl.-Ing. Ulrike Siegel Teilprojekt 2. Die Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik im Umland von Resafa - Untersuchung der Siedlungsstrukturen und baulichen Anlagen: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Dipl.-Ing. Ulrike Siegel, Dipl.-Ing. Martin Gussone - Archäologische Sondagen in ausgewählten Fundpunkten: Christof Konrad M.A.; Bearbeitung der Keramik und Kleinfunde: Dr. Martina Müller-Wiener, Dunya Henker. Kooperation mit dem Institut für Orientund Asienwissenschaften, Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte der Universität Bonn - Geodäsie, Digitale Geländemodelle und Entzerrung von Luftbildern: Dr.-Ing. Manfred Stephani. Kooperation mit dem Fachgebiet Photogrammetrie und Fernerkundung der TU München - Geophysikalische Prospektionen: Dr. Helmut Becker, München Teilprojekt 3. Die Stadtmauer von Resafa - Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen: Dr.-Ing. Catharine Hof, Arch. Ibrahim Salman, Ing. Mohamed Anas Al Saeed Teilprojekt 4. Basilika A – Erstellung von Restaurierungs- und Sanierungskonzepten - Präzisionsmessungen an der Basilika A: Prof. Dr.-Ing. habil. Hans Heister, Dipl.-Ing. Wolfgang Liebl, Cand.-Ing. Dennis Kowoll, Cand.-Ing. Armin Sternberg. Kooperation mit der Universität der Bundeswehr, München, Institut für Geodäsie; Kooperation mit Dr.-Ing. Manfred Stephani, Akad. Direktor, FG Photogrammetrie und Fernerkundung der TU München Teilprojekt 5. Touristische Erschließung – Site Management Dr. Anne Mollenhauer, Arch. Youssef Khoury, Arch. Hanaa A. Saleh - ar-Raqqa/ar-Rafiqa, Nord-Syrien, 1982-1995/ seit 1996 Die früh-abbasidische Stadt und die Residenz des Kalifen Harun ar-Rashid, Ende 8./Anfang 9. Jh. Prof. Dr. Michael Meinecke (†), Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Dipl.-Ing. Ulrike Siegel Projekte in Berlin und Brandenburg - Berlin-Mitte, Museumsinsel, Altes Museum, seit 1999 Bauhistorische Dokumentation und Bauforschung im Zuge der Grundinstandsetzung Dr. Elgin von Gaisberg, Dina Sperl M.A., Dipl.-Ing. Monika Thiel, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer. - Gemeinschaftsprojekt mit dem FG Bau- und Stadtbaugeschichte - Berlin-Charlottenburg, Schloss Charlottenburg, seit 2004 Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen am Neuen Flügel Dr. Elgin von Gaisberg, Dipl.-Ing. (FH) Antonia Brauchle M.Sc., Dina Sperl M.A. M.Sc., Dipl.-Ing. Haiko Türk, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer. - Gemeinschaftsprojekt mit dem FG Bau- und Stadtbaugeschichte -Berlin-Niederschönhausen, Schloss Schönhausen, seit 2005 Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen Dr. Elgin von Gaisberg, Dina Sperl M.A. M.Sc., Dipl.-Ing. Monika Thiel, Dipl.-Ing. Haiko Türk, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack Projekte im europäischen Ausland - Messene, Griechenland, Die Stadtmauer, seit 2004 Dr. Jean-Claude Bessac, CNRS Lattes, Geologie + Steinbrüche; Jürgen Giese M.A., TU Berlin und Dipl.-Ing. Judith Bartel, RWTH Aachen, Historische Bauforschung; Dr. des. Silke Müth-Herda, FU Berlin, Topographie + Geschichtswissenschaft; Ute Schwertheim M.A., FU Berlin, Archäologie. Prof. Dr. Friederike Fless, Prof. Dr.-Ing. Wolfram Hoepfner, beide FU Berlin; Dorothée Sack, TU Berlin Kooperation mit FU Berlin, Society for Messenian Archaeological Studies, RWTH Aachen, CNRS Lattes Abbildungen S. 17 (von oben nach unten): Resafa (Nord-Syrien) extra muros: Archäologische Sondagen; Resafa (Nord-Syrien) intra muros: Basilika A und Große Moschee; Berlin, Altes Museum - Postamente; Messene, Griechenland, Mauerverlauf. 16 msd-2005-07-cs.indd 16 24.01.2007 18:47:24 Prozessfarbe Schwarz 17 msd-2005-07-cs.indd 17 24.01.2007 18:47:25 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, PILGERSTADT UND KALIFENRESIDENZ Die Stadt intra und extra muros – Die fünf Teilprojekte der Projektphase 2006 - 2010 Die ehemals für den östlichen Mittelmeerraum sehr bedeutende, spätantike Pilgerstadt Resafa und die in frühislamischer Zeit in ihrem Umfeld entstandene Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik wurde in der Folge des „Mongolensturms“ um 1250 aufgegeben und geriet in Vergessenheit (RES IV, 132, 159). Die Stadt und ihre Kirchen wurden Ende des 18. Jahrhunderts wieder entdeckt, seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden die Überreste der Sakralbauten kunsthistorisch beschrieben und durch Bauaufnahmen erfasst (Sarre 1909, Spanner/ Guyer 1926). Gegenstand systematischer archäologischer Forschungen des Deutschen Archäologischen Institutes wurde Resafa Anfang der 1950er Jahre unter Leitung von Johannes Kollwitz. Ausschlaggebend war, das Nebeneinander und die Übergänge zwischen christlicher und islamischer Kultur untersuchen zu können. Mit dem islamischen Umland befasste sich Katharina Otto-Dorn (zu den Arbeiten der 1950er Jahre siehe S. 19). Seit 1976 wurden die Untersuchungen in der Stadt Resafa unter der Leitung von Thilo Ulbert fortgesetzt. Der Schwerpunkt der Arbeiten lag zuerst auf der Untersuchung der Basilika A (RES II), in der Folge wurden weitere Bauten im Stadtgebiet, z.B. die Große Moschee (RES IV) sowie benachbarte,- zum Limes gehörende Anlagen untersucht (RES V). Ein Survey im Umland stellte archäologisch relevante Fundpunkte und Baustrukturen fest, die geodätisch erfasst wurden (RES I). Auf Grundlage des Surveys und weiterer Begehungen seit 1983 wurden die baulichen Strukturen durch Dorothée Sack zunächst hinsichtlich ihrer Datierung und nach funktionalen Gesichtspunkten klassifiziert. Von 1997 bis 2001 fanden geophysikalische Prospektionen im südlichen Umland der Stadt statt, deren Auswertung – zum Teil bereits vorgestellt – weiter fortgesetzt wird (DiskAB; 5 Jahre ASD, 26f; DaM 14). Resafa, Lageplan, Stand Dez. 2006 (D. Sack, M. Gussone). Resafa von Süden, im Vordergrund FP 220, 1999 (D.Sack). In der 2006 begonnenen Projektphase sollen unter der Leitung von Dorothée Sack stärker als bisher Stadt und Umland in einer Gesamtbetrachtung als zusammenhängende Anlage untersucht werden, indem die bisherigen Ergebnisse zu den einzelnen Monumenten zusammengeführt und durch neue Forschungen ergänzt werden. Das auf fünf Jahre konzipierte Gesamtprojekt setzt sich aus fünf Teilprojekten zusammen: Das erste Teilprojekt umfasst die Erstellung einer Archäologischen Karte mit Zeitschichtenplänen zur Geschichte und Entwicklung der Stadt Resafa und ihres Umlandes. In diesem übergreifenden Projekt soll die Entstehung der Bauten und ihre Veränderungen sowie die Entwicklung des Stadtorganismus von den Anfängen bis zu ihrer Aufgabe im 13. Jahrhundert dargestellt werden1. Das zweite Teilprojekt widmet sich der Untersuchung der Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik im Umland von Resafa und schließt an die umfangreichen Vorarbeiten der letzten Jahre an. Ziel ist es, die Siedlungsstrukturen und baulichen Anlagen der Residenz zu klären2. Durch archäologische Sondagen3 an ausgewählten Fundpunkten (FP) werden die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektionen der Jahre1997 bis 2001 überprüft. Im Norden der Stadt sollen die bisher nicht erfassten Bereiche des historisch besiedelten Umlandes durch geophysikalische Prospektionen untersucht werden4. Eine Ergänzung zur Interpretation der Befunde der geophysikalischen Prospektionen stellen Digitale Geländemodelle und entzerrte Luftbilder dar, diese sollen in den Jahren 19992001 begonnenen Arbeiten fortgeführt werden5. Literatur 5 Jahre ASD D. Sack, M. Gussone, Resafa - Rusafat Hisham, Geschichte - Ziele - Ergebnisse, Prospektionskampagnen, in: 5 Jahre Aufbaustudium an der TU Berlin, Berlin 2004, 26-27 DaM 14 D. Sack, H. Becker, M. Stephani, F Chouker, Resafa-Umland, . Archäologische Geländebegehungen, geophysikalische Untersuchungen und digitale Geländemodelle zur Prospektion in Resafa – Rusafat Hisham. Bericht über die Kampagnen 1997 – 2001, DaM 14 (2004) 207-232 DAM 25 Deutsches Archäologisches Institut: Orte und Zeiten. 25 Jahre archäologische Forschungen in Syrien 1980-2005, Damaskus 2005 DiskAB D. Sack, H. Becker, Zur städtebaulichen Konzeption frühislamischer Residenzen in Nordmesopotamien mit ersten Ergebnissen einer Testmessung zur geophysikalischen Prospektion in Resafa-Rusafat Hisham, in: E.-L. Schwandner, K. Rheidt (Hrsg.), Stadt und Umland, Diskussionen zur Archäologischen Bauforschung 7 (1999) 270-286 RES I M. Mackensen, Eine befestigte spätantike Anlage vor den Stadtmauern von Resafa. Ausgrabungen und spätantike Kleinfunde eines Surveys im Umland von Resafa-Sergiupolis, Resafa I, Mainz 1984 RES II T. Ulbert, Die Basilika des Heiligen Kreuzes in Resafa Sergiupolis, Resafa II, Mainz 1986 RES IV D. Sack, Die große Moschee von Resafa – Rusafat Hisham, Resafa IV, Mainz 1996 RES V M. Konrad, Der spätrömische Limes in Syrien: Archäologische Untersuchungen an den Grenzkastellen von Sura, Tetrapyrgium, Cholle und in Resafa, Resafa V, Mainz 2001 RES VI G. Brands, Die Bauornamentik von Resafa - Sergiupolis: Studien zur spätantiken Architektur und Bauausstattung in Syrien und Nordmesopotamien, Resafa VI, Mainz 2002 Sarre 1909 F. Sarre, Rusafa-Sergiopolis, Monatshefte für Kunstwissenschaft 2 (1909) 95 ff. Spanner/ Guyer 1926 H. Spanner - S. Guyer, Rusafa. Die Wallfahrtsstadt des Heiligen Sergios, Berlin 1926 In dem dritten Teilprojekt wird die Stadtmauer untersucht, um mit den Methoden der Historischen Bauforschung Fragen zu ihrer Entstehung und zu den verwendeten Bautechniken zu klären. Eine differenzierte Darstellung des Bestandes soll die Veränderungen und Reparaturphasen dokumentieren und dadurch die Datierung der einzelnen Baumaßnahmen ermöglichen6. Das vierte Teilprojekt dient der Erstellung von Restaurierungs- und Sanierungskonzepten für die Basilika A. Im Herbst 2006 wurden die 2002 begonnenen Präzisionsmessungen fortgesetzt. Es galt zu klären, ob signifikante Deformationen nachzuweisen sind. Dazu wurde ein PräzisionsLage- und Höhennetz angelegt sowie ein terrestrisches Laserscanning mit hoher Auflösung durchgeführt7. Einer ähnlichen Fragestellung im Detail ging eine Abschlussarbeit des MSD nach, die sich mit den konstruktiven Grundlagen und der Standsicherheit der Apsiskalotte beschäftigte8. Beide Untersuchungen schaffen Grundlagen für künftige Restaurierungsmaßnahmen. In dem fünften Teilprojekt, das – wie das erste Teilprojekt – übergreifend das gesamte Gelände behandelt, wird ein Site Management entwickelt. Zur touristischen Erschließung wird eine Besucherführung mit Informationstafeln im Gelände entworfen. Ein Archäologischer Führer und die Ausstellung in einem Besucherzentrum – im Nordwesten der Stadt geplant – sollen dem Besucher das Verständnis der Anlage erleichtern und die im Gelände für das ungeübte Auge nicht immer nachvollziehbaren archäologischen Befunde erläutern9. Die laufenden Arbeiten in Resafa werden in Kooperation mit dem Deutschen Archäologischen Institut Berlin-Damaskus und der Direction Générale des Antiquités et des Musées de la Syrie (DGAMS), Damaskus, durchgeführt. Die Arbeiten im Umland werden durch die Forschungsförderung der Thyssen-Stiftung finanziert. Bearbeiter 1. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack, Dipl.-Ing. Martin Gussone/ TU Berlin, Dipl.-Ing. Ulrike Siegel/ DAI Berlin 2. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack/ TU Berlin, Dipl.-Ing. Ulrike Siegel/ DAI Berlin, Dipl.-Ing. Martin Gussone/ TU Berlin 3. Archäologische Sondagen Christoph Konrad M.A., Bearbeitung der Keramik und Kleinfunde Dr. Martina Müller-Wiener, Dunya Henker. Kooperation mit dem Institut für Orient- und Asienwissenschaften, Abtl. für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte der Universität Bonn 4. Dr. Helmut Becker/München 5. Dr.-Ing. Manfred Stephani, Kooperation mit dem Fachgebiet Photogrammetrie und Fernerkundung der TU München 6. Dr.-Ing. Catharine Hof/ DAI Berlin, Abschlussarbeiten: Arch. Ibrahim Salman, Ing. Mohamed Anas Al Saeed/ MSD TU Berlin 7. Prof. Dr.-Ing. habil. Hans Heister, Dipl.-Ing. Wolfgang Liebl, Diplomarbeit: Cand.-Ing. Dennis Kowoll, Cand.-Ing. Armin Sternberg, Kooperation mit der Universität der Bundeswehr, München. Dr.-Ing. Manfred Stephani, Kooperation mit dem FG Photogrammetrie und Fernerkundung der TU München 8. Abschlußarbeit Dipl.-Ing. Wilfried Wolff/ MSD TU Berlin 9. Dr. Anne Mollenhauer, Arch. Youssef Khoury, Abschlussarbeit: Arch. Hanaa A. Saleh/ MSD TU Berlin Die Teilnehmer der Herbstkampagne 2006 in Resafa (Ch. Konrad). Dorothée Sack, Martin Gussone, Ulrike Siegel TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 18 msd-2005-07-cs.indd 18 24.01.2007 18:47:27 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, DIE ARCHÄOLOGISCHE KARTE Zeitschichtenpläne zur Darstellung der Veränderungen in Stadt und Umland 1954: Rekonstruktionsversuch des Zentralbaus, Blick vom Nordtor (DAI. 1976: Rekonstruktionsversuch der Treppenanlage am Osttor (Karnapp 1976, 114). 1954: Rekonstruktionsversuch des Khans, Blick nach Osten (DAI). 1954: Arbeiten an der Nordtorstraße (DAI). 1950er Jahre: Basilika A (AW 4.1977, 19). Erstellung einer Archäologischen Karte Das Teilprojekt 1 hat die Erstellung einer Archäologischen Karte mit Zeitschichtenplänen zum Ziel, um die Geschichte und die Entwicklung der Stadt Resafa und ihres Umlandes im Zusammenhang zu verdeutlichen. In diesem übergreifenden Projekt sollen die Arbeitsergebnisse der seit den 1950er Jahren untersuchten Bauten zusammengefaßt und durch die laufenden Forschungen ergänzt werden. Die Baugeschichte der Einzelmonumente und ihre Veränderungen werden in Verbindung mit jüngeren Forschungsansätzen, die sich zunehmend urbanen Fragen zuwenden, in einer Zusammenschau dargestellt. Das Ziel ist, die Entwicklung der Gesamtanlage von den Anfängen als Kastell des römischen Limes, über den Beginn der Blüte als christliche Pilgerstadt im 5. und 6. Jh. und die Weiternutzung in frühislamischer Zeit mit dem Ausbau zur Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik, bis hin zur Aufgabe der Siedlung im 13. Jahrhundert nachzuvollziehen. Die zentrale Aufgabe der Bauforschung ist es, zu klären wo sich die einzelnen Zeitschichten baulich fassen lassen. 1985: Rekonstruktionsversuch der Gesamtanlage der Basilika A (RES II, T. 86). 2006: Sondage am FP 143 (M. Gussone). Forschungsstand Die Erforschung von Resafa begann unter der Leitung von J. Kollwitz. Zwischen 1952 und 1965 wurden der Zentralbau, die Basilika B und in Ansätzen die Basilika A untersucht. Eine erste Vermessung des Areals der Basilika A und der Basilika B führte W. Müller-Wiener durch. Gleichzeitig bearbeitete W. Karnapp die Stadtmauer, eine Wohnanlage in Verbindung mit der Nordtorstraße, den Vorplatz des Zentralbaus und den Khan. Einige „arabische“ Wohnhäuser westlich der Nordtorstraße wurden von N. Salibi ausgegraben. Die Arbeiten im Umland führte K. Otto-Dorn durch, hier ist besonders die Ausgrabung des sog. HishamPalastes von Bedeutung. Von 1976 bis 2005 fanden die Forschungsarbeiten in Resafa unter der Leitung von T. Ulbert statt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand die Basilika A (RES II, RES III), die 2004-05 auch mit Mitteln der Deutschen Kulturhilfe restauriert werden konnte. In den 1980er und 1990er Jahren wurden zudem der Al-Mundir-Bau (T. Ulbert), die Basilika C Straße 5 6 7 4 3 10 9 2 8 1 11 Resafa, Skizze der Stadtanlage mit (1) Basilika A (2) Gr. Moschee (3) Basilika B (4) Zentralbau (5) Zisternen (6) Khan (7) Nordtor (8) Basilika C (9) Basilika D (10) Al-Mundir-Bau (11) „Hisham Palast“ (W. Müller-Wiener, Österreichische Hochschulzeitung 9, 3 (01. Februar 1957). 1989: Rekonstruktionsversuch der Gr. Moschee, Bauphase Ib, (RES IV T. 77). , (T. Ulbert / S. Codreanu), der Basar vor der Basilika A (T. Ulbert/ R. Petrovsky, DaM 6) und die am Vorplatz der Zisternen gelegenen Wohnhäuser (M. Wemhoff, DaM 8) untersucht. Die an die Basilika A angrenzende Große Moschee bearbeitete D. Sack (RES IV), der auch seit 1983 die Untersuchung des südlichen Umlandes übertragen worden war (DisKAB, DaM 14). Ein archäologischer Survey des Umlandes sowie die Ausgrabung einer spätantiken Villa im Westen der Stadt war bereits 1976 von M. Mackensen durchgeführt worden, der Survey wurde geodätisch durch H. Tremel begleitet (RES I). Weitere Arbeiten beschäftigten sich mit übergreifenden urbanistischen Fragestellungen. W. Brinker bearbeitete die Zisternen und die Wasserversorgung der gesamten Stadtanlage. S. Westphalen erforschte die Basilika D und deren Umfeld, wobei er die Arbeiten mit Untersuchungen zur Urbanistik verknüpfte (DaM 12). Dem spätrömischen Kastell galt eine Grabung unter der Basilika B, die im Rahmen eines Projektes zur Erforschungen der Limeskastelle (Tetrapyrgium, Sura, Cholle/ Hallul) durchgeführt wurde (M. Konrad, RES V). Die Bearbeitung der Bauornamentik klärte das Verhältnis der einzelnen Großbauten in Resafa untereinander und stellte ihre Ornamentik in Bezug zur zeitgleichen syrischen und nordmesopotamischen Architekturentwicklung (G. Brands, RES VI). Laufende Forschungen Die begonnenen Untersuchungen sollen fortgesetzt und ihre Bearbeiter in die laufenden Forschungen eingebunden werden. Zusätzlich sollen an der Oberfläche noch sichtbare, bisher aber nicht untersuchte Strukturen mit terrestrischen Scans, Digitalen Geländemodellen und formtreuen Handaufmaßen erfasst werden. Dazu gehört auch die Reinigung von anstehenden, sichtbaren Mauerkronen, begleitet von archäologischen Beobachtungen sowie die Bearbeitung der Keramik, Kleinfunde und Münzen. Die Anwendung von Georadar soll geprüft und die Auswertung der bereits angefertigten Luftaufnahmen (Überfliegung 1999) weitergeführt werden. Die (zu erarbeitenden) Zeitschichtenpläne für alle bereits untersuchten Bereiche sollen in ein geografisches Informationssystem (GIS) eingebracht werden. Eine dreidimensionale Darstellung der Stadtbauphasen soll die verschiedenen Entwicklungsstufen Resafas, die Entstehung, den weiteren Ausbau, die Veränderungen und Instandsetzungen sowie ihren Niedergang verdeutlichen. AW 4.1977 W. Karnapp: Deutsche Grabungen und Forschungen in der Ruinenstadt Resafa, in: Antike Welt 8, 4 (1977) DAI Resafa-Archiv des DAI, Zentrale Berlin. Die hier abgebildeten Skizzen und das Foto stammen aus Berichten von W. Karnapp um 1954. Karnapp 1976 W. Karnapp: Die Stadtmauer von Resafa, DAA 11, Berlin 1976 Dorothée Sack, Martin Gussone, Ulrike Siegel TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 19 msd-2005-07-cs.indd 19 24.01.2007 18:47:32 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, DIE RESIDENZ DES KALIFEN HISHAM B. ABD AL-MALIK Archäologische Sondagen und Bauaufnahmen zur Überprüfung der geophysikalischen Prospektionen FP 102/ 105 FP 106 FP 143 Resafa, Luftbild von Süden (nach Terry Allen, Five Essays on Islamic Art (1988), Abb. 51). Die Untersuchung des etwa 3 km2 großen, südlichen Umlandes der ummauerten Stadt Resafa – Rusafat Hisham gilt der Erforschung der Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik (reg. 105/724 – 125/743). Das bisher nahezu unbebaute Areal bietet die Möglichkeit, detaillierte Kenntnisse über eine großflächige, zusammenhängende Bebauung mit Palastkomplexen und zugehörigen Nebengebäuden einer frühislamischen, von einem umaiyadischen Kalifen gegründeten Siedlung zu gewinnen. Forschungsstand Das südliche Umland ist seit 1976 Gegenstand von schrittweise durchgeführten Forschungen. Dabei kamen bisher unterschiedliche Methoden zum Einsatz, die zusammen ein sich langsam vervollständigendes Bild ergeben. Der erste Geländeplan mit der Ausweisung von 310 Fundpunkten (FP 1-310) entstand 1977/78 im Rahmen eines geodätischen Surveys von Michael Mackensen und Herbert Tremel (RES I). Zwischen 1983 und 1985 unternahm Dorothée Sack archäologische Begehungen und nahm eine erste Auswertung der 310 Fundpunkte vor. Es erfolgte eine Unterscheidung in palastähnliche Komplexe und Nebengebäude sowie die Zuordnung von zusammengehörigen Fundkomplexen, die sich jeweils um ein palastähnliches Gebäude gruppieren (Palastkomplex (PK) I-VI) (DiskAB). Seit 1997 wurden die Forschungen durch geophysikalische Untersuchungen (Cäsiummagnetometrie und Erdwiderstandsmessungen) und durch die (terrestrische und photogrammetrische) Aufnahme Digitaler Geländemodelle erweitert. Die Prospektionen lieferten zwar Erkenntnisse über die Struktur der Siedlung und teilweise über den inneren Aufbau der Anlagen, sie erlauben jedoch keine gesicherten Aussagen über die Datierung, Funktion oder Ausstattung der einzelnen Gebäude (DaM 14). Geplante Arbeiten Mit Hilfe von archäologischen Grabungen sollen in der neuen Projektphase die Stratigraphie der Gesamtanlage und die Ausbildung der Architektur der umaiyadischen Residenz geklärt werden. Die Interpretation der Bautechnik, der Ausstattung und der Kleinfunde soll eine Feindatierung der Gebäude und eine genauere Bestimmung ihrer Nutzung ermöglichen. Da angesichts der Ausdehnung des Palastareals und der Größe der einzelnen Baukomplexe von einer Flächengrabung abzusehen ist, sind gezielt angelegte Sondagen in den Palastkomplexen (PK I, II, IV, VI, Mitte) vorgesehen. Im Rahmen der Resafa-Kampagne 2006 wurden die archäologischen Arbeiten an den Fundpunkten 102/ 105 (PK I) und 143 (PK IV) begonnen. Die durchgeführten Sondagen galten der Überprüfung der geophysikalischen Untersuchungen und ihrer Auswertung1. Durch den Vergleich der Ergebnisse der Geophysik und ihrer Auswertung mit dem archäologischen Befund sollen Grundlagen für die zukünftige Interpretation der geophysikalischen Prospektionen abgeleitet werden. Dieser Vergleich soll ermöglichen, bei der weiteren Auswertung der bereits für große Teile des Residenzareals angefertigten geophysikalischen Prospektionen genauere Aussagen treffen zu können. Archäologische Sondagen können nur in wenigen, ausgewählten Bereichen durchgeführt werden. Parallel zu den archäologischen Sondagen sind für die nächsten Kampagnen die Fortführung geodätischer Vermessungen zur Erstellung von Digitalen Geländemodellen und die Entzerrung von Luftbildaufnahmen, die bei einer Überfliegung im Jahr 1999 angefertigt wurden, vorgesehen2. Für die Frühjahrskampagne 2007 ist zudem eine detaillierte Aufnahme von Architekturresten geplant, die sich bei hoher Erdfeuchte an verschiedenen Fundpunkten sehr deutlich an der Erdoberfläche abzeichnen. 1 An der von D. Sack geleiteten und von Ch. Konrad betreuten Grabung nahmen D. Henker und U. Siegel teil. Die Keramik und Kleinfunde werden von M. Müller-Wiener bearbeitet, Mitarbeit D. Henker. 2 Die Luftbild-Photogrammetrie und die Erstellung der Digitalen Geländemodelle erfolgt unter Leitung von M. Stephani und der Mitarbeit von M. Gussone. Das Grabungsteam der Herbstkampagne 2006 (Foto Ch. Konrad). FP 143, Cäsium-Magnetogramm (Helmut Becker, 2001) mit Markierung der archäologischen Sondagen, o.M., 2006. m FP 143, Schnitt 37, Grabungsbefund Planum 1, Gebäudeecke mit Lehmziegelmauern und Versturz, 2006, o.M. (Zeichnung U. Siegel). 103 100 105 102 Entzerrte Luftaufnahme, Palastkomplex I, FP 100, 102, 103, 105. Aufnahme 1999, Entzerrung 2006 (M. Stephani). FP 102, Schnitt 81, Grabungsbefund der Toranlage, Blick von NO auf die östliche Begrenzung der Torhalle, 2006 (Foto Ch. Konrad). Fragment/ Vorratsgefäß (143.161), Glasscherbe, Lüsterbemalung (143.45), Stuckfragment (143.231), 2006 (Fotos M. Müller-Wiener). Architektur: Dorothée Sack, Ulrike Siegel, Martin Gussone, Geophysik: Helmut Becker, Geodäsie/ Photogrammetrie: Manfred Stephani, Archäologie: Christoph Konrad, Keramik: Martina Müller-Wiener TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 20 msd-2005-07-cs.indd 20 24.01.2007 18:47:40 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, DIE STADTMAUER Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen Die Stadtmauer von Resafa, Ostabschnitt von Nordosten. Rundtürme markieren die Ecken der Stadtmauer. Im Wechsel angeordnete kleine und große Türme sind wesentlicher Bestandteil des Verteidigungssystems. Im linken Drittel des Bildes ist das Osttor zu erkennen. An der ruinösen Mauer fehlt an vielen Stellen die äußerste Mauerschale, so dass der Blick von außen frei wird auf die inneren Rundbogennischen für die Bogenschützen , 2006 (Foto: C. Hof). Fast 2 km beträgt der Umfang der monumentalen Stadtmauer von Resafa, deren imposante Ruine noch heute den Betrachter erstaunt. Im Laufe ihres Bestehens wurde die Befestigungsanlage aus den verschiedensten Gründen (Angriffe, Erdbeben, Erosion) beschädigt und wieder repariert. Nach der Mitte des 13. Jhs. wurde Resafa verlassen, womit die Instandhaltungsbemühungen dann gänzlich zum Erliegen kamen. Seit den 1960er Jahren setzt die syrische Denkmalpflege große Energien in den Erhalt der Ruine. Im Rahmen der Resafa-Kampagne 2006 befasste sich ein Teilprojekt mit der Stadtmauer1. Das Ziel der Arbeit besteht darin, die Bauentwicklung der Befestigungsanlage umfassend zu klären. Forschungsstand und Fragestellungen Die Monografie zur Stadtmauer von Resafa von Walter Karnapp (1976) stellt nach wie vor die wichtigste Arbeit dar, die sich mit der Befestigungsanlage als Ganzes befasst. Seine Bestandsaufnahmen geben eine umfassende Übersicht zur Anlage und seine fundierten Rekonstruktionszeichnungen vermitteln ein lebendiges Bild von dem monumentalen Bauwerk. Grundlage aller bisher weiterentwickelten Pläne von Resafa-Stadt sind die beiden von ihm mit Hilfe von Winkelprisma und Stahlbandmass erstellten Pläne2. Gunnar Brands (2002) tangierte die Stadtmauer bei seiner Auseinandersetzung mit der Bauornamentik, indem er sich intensiv mit den Stadttoren befasst. Seine Arbeit hat wichtige Erkenntnisse Martin Gussone (Fachgebiet Historische Bauforschung, TU Berlin), Ibrahim Salman und Anas Al Saeed (Studierende des Masterstudiums Denkmalpflege) während tachymetrischer Vermessungsarbeiten im südöstlichen Bereich der Stadtmauer. Im Hintergrund die Stadtmauer mit den Arkaden des Wehrganges. Ein Vollgeschoss steckt verschüttet im Boden, 2006 (Foto C. Hof). zur Stadtgeschichte insgesamt und damit zur Entstehung der Stadtmauer erbracht. Nach seinen Erkenntnissen entstand die Anlage unter Kaiser Anastasius (491–518) und seinem Nachfolger Justin I. (Iustinus I. 518–527) nach dem RömischPersischen Krieg (502–506)3. Die von Karnapp beschriebene einheitliche Erscheinung der Befestigungsanlage mit scheinbar im Verbund stehenden Teilanlagen von Kurtinen, Stadttoren und Türmen wird von Brands bezüglich der Bauornamentik bekräftigt. Beide leiten daraus ab, dass die Befestigungsanlage in einem Zug in kurzer Zeit errichtet wurde und dass die gewaltige Bauaufgabe wahrscheinlich durch die Einteilung in einzelne Bauabschnitte und parallel vergebene Baulose bewältigt wurde4. Neben dem einleitend beschriebenen Ziel gilt es im Teilprojekt, diese These zu überprüfen. Vermessungsarbeiten und Prospektionen Eine Bauabschnittsdifferenzierung und Kartierung in einem Bauphasenplan verlangt nach einer Neuvermessung der Mauer. Das präzise Bauaufmaß dient nicht allein als Kartierungsgrundlage für die verschiedenen Bauphasen (dafür wären auch Karnapps Pläne nach entsprechender Aufbereitung geeignet), sondern die genaue Aufnahme ist selbst wichtiges Analyseinstrumentarium, anhand dessen wichtige Beobachtungen erst möglich werden. So etwa durch die Feststellung geringfügiger Richtungsänderungen im Mauerverlauf oder von Achsbezügen. Ergänzt werden die Vermessungsarbeiten durch Prospektionen. Für die verfolgten Fragestellungen ist nach ausgedehnten Surveys festzuhalten, dass die von Karnapp hervorgehobene ursprüngliche Einheitlichkeit des Bauwerks sich durchaus differenziert darstellt und dass die Stadtmauer im Laufe der Zeit in bestimmten Abschnitten stark überformt wurde. Sie zeigt umfangreiche Reparaturmaßnahmen, zum Teil sogar den Ersatz ganzer Türme. Solche wenig auffälligen Teilrekonstruktionen waren möglich, da die Bauglieder eben nicht, wie Karnapp impliziert, gut ineinander binden. Im weiteren Verlauf der Arbeiten sollen Erkenntnisse gewonnen werden zur Entstehung des ursprünglichen Bauwerks und zu den späteren Veränderungen der Anlage. Zusammen mit den historischen Umbauten und Reparaturen werden auch die Sanierungsmaßnahmen der syrischen Antikenbehörde dokumentiert. 1 Anas Al Saeed und Ibrahim Salman, Teilnehmer des Masterstudiums Denkmalpflege an der TU Berlin und Catharine Hof, Leiterin des Teilprojektes zur Stadtmauer. Geodätische Fachunterstützung erhielt das Teilprojekt von Manfred Stephani (Fachgebiet Photogrammetrie und Fernerkundung (FPF) TU München), Martin Gussone (Fachgebiet Historische Bauforschung, TU Berlin) und von dem Team Wolfgang Liebl, Dennis Kowoll und Armin Sternberg (Universität der Bundeswehr München, Institut für Geodäsie, Hansbert Heister) 2 Walter Karnapp, Die Stadtmauer von Resafa in Syrien, DAA 11 (Berlin 1976), Abb. 3 u. 4, Grundrisse des Erdgeschosses und des unteren Wehrganges. 3 Gunnar Brands, Die Bauornamentik von Resafa - Sergiupolis: Studien zur spätantiken Architektur und Bauausstattung in Syrien und Nordmesopotamien, Resafa VI (Mainz 2002), 210, 224, 228, 231. 4 Karnapp 1976, 15. Brands 2002, 196. Grundriss des unteren Wehrganges. Gesamtplan nach Karnapp (1976), Abb.4. Eingerahmt: Der in der Kampagne 2006 tachymetrisch vermessene Bereich der Südostecke. CAD-Plan (in Arbeit) im Zentrum hier als um das Doppelte vergrößerter Ausschnitt aus Karnapps Plan. Die Vermessungsarbeiten ergeben, dass im Untersuchungsbereich eine Maueransatzfuge (‚Baunaht‘) am Turm 49 mit einer deutlichen Richtungsänderung (2,21°) im Mauerverlauf zusammenfällt . Die von Karnapp gerade gezeichneten langen Mauerabschnitte erweisen sich als leicht geknickt. Die weitere Ausarbeitung wird sich den Fragen widmen, wie die anderen Mauerabschnitte fluchten, wie Knicke mit Ansatzfugen zusammenfallen, wie also die einzelnen noch nachvollziehbaren Bauabschnitte definiert werden können und damit, wie wir uns eine übergeordnete Bauplanung und das Abstecken vorzustellen haben. Catharine Hof, Ibrahim Salman, Mohamed Anas Al Saeed TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 21 msd-2005-07-cs.indd 21 24.01.2007 18:47:52 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, BASILIKA A Erstellung von Restaurierungs- und Sanierungskonzepten Zielstellung und Restaurierungsgeschichte Die Basilika A ist der am längsten benutzte Kultbau der Stadt. Sie war das Zentrum der Verehrung des Hl. Sergius in Resafa, die noch unter islamischer Herrschaft andauerte (RES IV, 155 ff.). Architektonisch herausragend ist die Basilika auch aufgrund ihrer Konstruktion mit sehr weiten Arkaden. Die Gefährdung durch Erdbeben und der schwierige Untergrund, mit seinen durch Wasserausspülung entstandenen Hohlräumen, führten dazu, dass bereits kurze Zeit nach ihrer Errichtung ergänzende Baumaßnahmen notwendig waren, um einen Einsturz der Kirche zu verhindern. Zuerst wurden die weiten Arkaden durch kleinere Doppelbögen unterfangen, weitere Anpassungen sind z.B. bei der angrenzenden Großen Moschee durch Ausgleichsschichten zu beobachten. Zuletzt wurden im 11. Jahrhundert enorme Stützmassive errichtet, um die Standfestigkeit und Benutzbarkeit des wichtigsten Kultbaus Resafas zu erhalten (DAM 25, 112 f., RES II, 147 ff.). Die Restaurierungsmaßnahmen haben sich im 20. Jahrhundert fortgesetzt – nun zum Erhalt der Ruine. Zwischen 1968 und 1976 wurden durch die Syrische Antikendirektion (DGAMS) umfangreiche Freilegungen und Restaurierungen durchgeführt, wobei überhängende Mauerpartien abgetragen und z.T. wieder aufgebaut sowie ein Teil der äußeren Stützmassive – vor allem im Bereich des Nordhofs – abgebrochen wurden (RES II, 5). Nach vorbereitenden Gutachten und Präzisionsmessungen wurden in den Jahren 2004-05 Restaurierungsmaßnahmen durch das Deutsche Archäologische Institut, Station Damaskus, mit Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Durch die speziellen geologischen und klimatischen Verhältnisse ist eine kontinuierliche Kontrolle des Gebäudes notwendig, auch im Hinblick darauf, inwieweit weitere Restaurierungsmaßnahmen erforderlich oder sinnvoll sind. Ein wichtiger Bestandteil ist die Fortsetzung der 2002 begonnenen Präzisionsmessungen. Als Frage steht hierbei im Vordergrund, ob seit den letzten Messungen signifikante Deformationen nachzuweisen sind. Der andere wesentliche Themenkomplex umfasst Untersuchungen zur Standsicherheit der Basilika A aus statischer Sicht. Präzisionsmessungen und Photogrammetrie Der Nachweis von signifikanten Deformationen an der Basilika A durch die Überprüfung der Punkte aus dem Jahre 2002 war das Thema einer Diplomarbeit, die – betreut durch Prof. H. Heister und W. Liebl – an der Universität der Bundeswehr, Institut für Geodäsie, von D. Kowoll und A. Sternberg bearbeitet wurde. Zunächst mussten die Punkte der Messkampagne 2002 durch Sichtprüfung kontrolliert und fehlende Punkte neu vermarkt werden. Anschließend wurden dann alle notwendigen Lage- und Höhenmessungen sowie erstmals terrestrisches Laserscanning durchgeführt. Das Präzisionsnivellement wurde, auf der Grundlage des Ingenieurnetzes aus dem Jahre 2002 in gleicher Konfiguration innerhalb und außerhalb der Basilika A angelegt. Die gewonnenen Messdaten erlauben nun im Rahmen einer Deformationsanalyse einen Vergleich zur Nullmessung von 2002. Daraus können Aussagen über eventuell stattgefundene Deformationen an der Basilika A in den vergangenen vier Jahren abgeleitet werden. Der Innenraum der Basilika A wurde mit einem Laserscanner in hoher Auflösung gescannt. Als Ergebnis werden die intern ermittelten 3D – Koordinaten und ein entsprechender Intensitätswert ausgegeben. Zur Detektion von möglichen Deformationen sind speziell die Bereiche um die Doppelbögen mit einer sehr feinen Auflösung abgescannt worden. Für eine Visualisierung der Basilika A sind neben den ermittelten Daten im Innenraum auch Scans der Außenseite erstellt worden. Die Auflösung für die Bereiche der Außenmauer und der Stützmassive ist für den Zweck der Visualisierung mit einer gröberen Punktdichte angepasst worden. Da nicht bei jedem Scanner-Standpunkt ausreichend Festpunkte vorhanden waren, wurden zusätzlich Verknüpfungspunkte eingebunden. Durch die äußeren und inneren Scanneraufnahmen ist es möglich, ein gesamtheitliches 3D Modell der Basilika A zu erstellen. Zur Vervollständigung der 3D-Dokumentation der Basilika A wurde der Innen- und Außenraum von M. Stephani mit einer photogrammetrischen Teilmesskammer der Fa. Rollei, Format 6cm x 6cm, erfaßt. Der große Bildmaßstab des Original-Bildes ist eine wichtige Voraussetzung für die Genauigkeit der Objektauswertung. Untersuchungen zur Standsicherheit der Apsis Der Frage der „Deformationen“ im Detail und ihrer Auswirkungen auf das bauliche Gefüge ging die Abschlussarbeit von Wilfried Wolff im Masterstudium Denkmalpflege nach, die sich mit den konstruktiven Grundlagen der Basilika A und der Standsicherheit der Apsis beschäftigte. Die vor Ort durchgeführte Analyse der Bauweise und des aktuellen Zustandes umfasste die Bauten des gesamten Stadtgebietes, bezog sich aber besonders auf die Beschaffenheit der Basilika A und ihrer Apsis. Im Rahmen der Abschlussarbeit wurden die bisherigen Ergebnisse der Forschung zu diesem Thema recherchiert, noch offene, ungeklärte Fragen benannt und Forschungsansätze formuliert. Ergänzend wurde versucht, die Eigenschaften der bei den Großbauten verwendeten Materialien zu beschreiben und Fragen des Materialverhaltens zu klären. Aus der Aufnahme der aktuellen Schäden und den schadenschronologischen Untersuchungen wird deutlich, dass eine erkennbare Zunahme der Risse hinsichtlich Anzahl und Größe weder in den Wänden der Apsis selbst, noch in den angrenzenden Wänden oder in der Kalotte nachgewiesen werden kann. Trotz der zum Teil erheblichen Schadensbilder scheint eine unmittelbare Gefährdung der Standsicherheit der Bauteile nicht gegeben. Die vorgenannten Schäden zeigen über einen fotografisch dokumentierten Zeitraum von 50, teilweise 90 Jahren keine nachweisbaren Veränderungen (siehe S. 66) . Weitere Schritte zum Erhalt der Basilika A erfordern sowohl bauliche Maßnahmen, wie z.B. das Einbringen von Abdichtungen, um eine Wasseraufnahme der Apsis zu verhindern, oder eine denkmalgerechte Stabilisierung gefährdeter Bauteile. Empfohlen wird eine dauerhafte ingenieurmäßige Begleitung, kontinuierliche Beobachtungen der Klimaschwankungen und weitere Präzisionsvermessungen des Bauwerks in regelmäßigen Abständen. Basilika A, Terrestrischer Laserscanner Leica HDS 3000, 2006. Basilika A, Punktwolke von einem Scannerstandpunkt, 2006. Basilika A, Lageplan, Festpunkte des Präzisions-Nivellements, 2006. Basilika A, Blick zur Apsis von Westen, 2006 (M. Gussone). Feldversuche zur angenäherten Bestimmung der Materialeigenschaften von Stein- und Mörtelproben, 2006 (W. Wolff). Restaurierungsgeschichte: Dorothée Sack, Martin Gussone, Standsicherheit: Wilfried Wolff Präzisionsmessungen: Hans Heister, Wolfgang Liebl, Denis Kowoll, Armin Sternberg, Photogrammetrie: Manfred Stephani, TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 22 msd-2005-07-cs.indd 22 24.01.2007 18:48:04 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, SITE MANAGEMENT Ein Konzept für die touristische Erschließung des Ruinengeländes Allgemeine Bemerkungen zur Konzeption Ziel ist es, dem Besucher von Resafa möglichst umfassende Informationen über die Ruine und ihre wechselvolle Geschichte auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Maßstäben – von der allgemeinen Stadtgeschichte bis hin zu den neuesten Ergebnissen aus Archäologie und Bauforschung – zu präsentieren. Dabei ist eine der vorrangigen Überlegungen, die Aufbereitung des Geländes so schonend wie möglich zu gestalten. So soll beispielsweise der bisher durch die Ruinen führende Weg etwas geebnet, aber nicht weiter befestigt werden; Schautafeln werden so aufgestellt, dass sie so wenig wie möglich in die historischen Bausubstanz (Bodenbeläge, Mauern) eingreifen. Die Besichtigung der einzelnen Monumente soll auch weiterhin ein wenig Klettern oder Umrunden von Hügeln und Mulden mit einschließen, um dem Besucher das Erleben des weitläufigen Ruinengeländes zu erhalten. Auf eine durch Geländer und Markierungen vorgebene Wegeführung und eine Erschließung der Monumente, die außerhalb des Hauptrundgangs liegen, wird deshalb verzichtet. Die Wegeführung wird grafisch in einer beim Erwerb der Eintrittskarten ausgegebenen Broschüre vorgeschlagen. Nur an einer Stelle wird das Erschließen einer Ruine, des Khans, durch die Installation einer leichten, reversiblen Stahltreppe erleichtert. Zu den Sicherungsmaßnahmen gehört auch die Abdeckung der über das gesamte Gelände verteilt liegenden Brunnenlöcher durch Gitterroste. Um die Anlage der Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik und andere im Umland der befestigten Stadt liegende Baustrukturen erlebbar zu machen, soll die Treppe auf den südöstlichen Eckturm der Stadtmauer, von dem aus man die beste Aussicht über das Umland besitzt, verkehrssicher hergerrichtet werden. Resafa, Bema in der Basilika A, Besuch einer Gruppe von Studenten im Herbst 2006 (A. Mollenhauer). Ausstellung im Besucherzentrum Im geplanten Besucherzentrum, das sich im Nordwesten außerhalb des ummauerten Stadtbezirks befinden wird, soll eine Dauerausstellung zur Stadtgeschichte, ihren verschiedenen Ausbauphasen und der Grabungsgeschichte seit den 1950er Jahren eingerichtet werden. Besucherführung Beim Kauf einer Eintrittskarte erhält der Besucher eine Broschüre, in der der Rundgang durch die Ruine beschrieben wird und eine Kurzinformation (Bezeichnung und Datierung) zu den einzelnen Monumenten enthalten ist. Am Nordtor, dem vom Besucherzentrum nächstliegenden Eingang in das Ruinengelände, wird eine Übersicht mit den wichtigsten Bauten und der Wegeführung auf einer Schautafel präsentiert. Schautafeln im Ruinengelände Im Ruinengelände werden auf großen Stelen einzelne Monumente in drei Sprachen (deutsch, englisch und arabisch) in Bild und Text vorgestellt. Die Tafeln werden im widerstandsfähigen und witterungsbeständigen Untereloxaldruckverfahren auf Aluminium hergestellt. Kleine Hinweisschilder an nicht ausgegrabenen Objekten verweisen auf Texte im Archäologischen Führer (Guide Book). Archäologischer Führer Ein archäolgischer Führer (Guide Book) informiert den interessierten Besucher detailliert über die Geschichte der Stadt, die einzelnen Bauten und die aktuellen Grabungsergebnisse. Hier werden auch nicht ausgegrabene, aber obertägig sichtbare Ruinen vorgestellt. Resafa, Nordtorstraße, Blick zum Zentralbau, 2006 (A. Mollenhauer). Resafa, Übersichtsplan mit dem Konzept der Wegeführung, Stand Dez. 2006 (A. Mollenhauer, Y. Khoury). Resafa, Khan, Erschliessungsituation, 2006 (A. Mollenhauer). Anne Mollenhauer, Youssef Khoury, Hanaa Saleh TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 23 msd-2005-07-cs.indd 23 24.01.2007 18:48:08 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-CHARLOTTENBURG, SCHLOSS CHARLOTTENBURG Der Neue Flügel – Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen Baugeschichte Der Neue Flügel wurde von Friedrich dem Großen unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1740 als neuer Wohn- und Repräsentationsflügel des Charlottenburger Schlosses beauftragt und unter Leitung des Architekten Knobelsdorff bis 1747 gebaut und ausgestattet. Spätere Veränderungen betrafen vor allem die baufeste und bewegliche Ausstattung in den Wohnbereichen, an denen mit jedem Herrscherwechsel Änderungen vorgenommen wurden. Sie hatten auch zum Ziel, den Komfort in den Wohnräumen zu verbessern, so wurden beispielsweise die ursprünglich einheitlich bis zum Fußboden reichenden Fensteröffnungen durch den Einbau von Brüstungen verkleinert. Hatte diese Maßnahme im Laufe der Zeit lediglich zu einem sehr uneinheitlichen Erscheinungsbild geführt, brachten die Umbauten zwischen 1834-38 entscheidendere Veränderungen mit sich: Die Fassade wurde im Sinne der Zeit um ein Attikageschoss (Drempel) erhöht und mit einem neuem Dachwerk mit flacherer Neigung versehen. Die freitragende Holzbalkendecke des weiträumigen Vestibüls erhielt zur Unterstützung einen Einbau von vier Pfeilern und entsprechenden Wandvorlagen. Anstelle der Voutendecke wurde eine durch Unterzüge gegliederte Felderdecke eingebracht und das Vestibül insgesamt im Formengut des Klassizismus umgestaltet. Nach der Umwandlung in Staatsbesitz sanierte man das Schloss in den 1930er Jahren, die repräsentativen Räume wurden museal aufbereitet und die untergeordneten im östlichen Bereich des EG fortan von der Musikhochschule genutzt. Ein Einschnitt bedeutete der Zweite Weltkrieg: Im November 1943 wurden bei einem Luftangriff bis zu 60% des Neuen Flügels (und des Schlosses insgesamt) zerstört. Während erste Sicherungsund Instandsetzungsarbeiten bereits 1947 in dem besser erhaltenen westlichsten Teil durchgeführt wurden, begann der Wiederaufbau des Ruinenbereiches erst 1953/54 und setzte sich über mehrere Bauabschnitte nach Osten bis zur Dacheindeckung 1956 fort. Der weitere Ausbau, mit dem zumindest in den repräsentativen friderizianischen Räumen eine vollständige Rekonstruktion angestrebt wurde, zog sich bis 1974 hin. 1981–1994 wurde die baufeste und bewegliche Ausstattung der Wohnräume überarbeitet, erneuert und ergänzt, um sich dem ‘historischen Bild’ weiter anzunähern. Das Forschungsprojekt 2004 wurde die TU Berlin von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten BerlinBrandenburg mit den bauhistorischen und bauarchäologischen Untersuchungen am Schloss Charlottenburg, zunächst am Neuen Flügel beauftragt. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Frage, was von dem Baubestand bis 1943 nach der Zerstörung noch vorhanden war und dann bei dem Wiederaufbau verloren ging. Darüber hinaus sind Bausubstanz und baukonstruktive Unterschiede der verschiedenen Bau- und Umbauphasen aus der heute erhaltenen Substanz des Schlosses ‘herauszuschälen’, zu erklären und zu dokumentieren. Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Südansicht (M. Gussone, 2005). Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Blick von Südosten, Messbildaufnahme zwischen 1912-21. Schloss Charlottenburg, Goldene Galerie, Blick nach Osten (Nottebaum1944), in: Eggeling/ Hanamann/ Julier, 1993, 116. Schloss Charlottenburg, Substruktion des Mittelrisalites. Links: Foto nach der ersten Freilegung; rechts: Lage und Grundriss in maßstäblicher, vor Ort aufgenommener Skizze (Mai 2005), auf Grundlage eines Aufmaßes der 1970er Jahre (E. v. Gaisberg). Als Grundlagen der Auswertung dienen die in einem Vorprojekt der TU (K. Abersfelder, C. Hertwig 2003, siehe MSD 2003-05, 29) recherchierten historischen Pläne aus verschiedenen Bestandsund Umbauphasen, historische Fotografien sowie die überlieferten Bauakten und das aktuelle Bauaufmaß (erstellt vom Büro Dienstleistung Denkmal, Berlin, 2006). Die Ergebnisse der Recherche werden vor Ort überprüft und durch die baubegleitende Untersuchung und Dokumentation bei den Instandsetzungsmaßnahmen im östlichen Ausstellungsbereich des Neuen Flügels (EG) ergänzt. Die gesamte Baudatensammlung, die die Archivalien zum Gebäude wie historischen Pläne, Fotos und Exzerpte aus den Bauakten, aber auch Dokumentationen der baubegleitenden Maßnahmen umfasst, ist digital in einer übergeordneten Struktur zusammengefasst worden und jederzeit abruf- und erweiterbar. Die Ergebnisse der Bauforschung sind innerhalb dieser Struktur in einem Fassaden- sowie Raumbuch geschoss- und raumweise verortet und überdies in zahlreichen Plankartierungen zu Bauphasen, baulichen Verlusten und zu einzelnen Bauteilen dargestellt. Ein zusammenfassender Bericht der Untersuchung mit einer tabellarischen Übersicht der Bauphasen und Maßnahmen schließt die Dokumentation ab. - MSD 2003-05: K. Abersfelder, C. Hertwig: Berlin – Charlottenburg, Schloss Charlottenburg, Erfassung und Auswertung von Plänen und Fotografien zur Vorbereitung der Bauforschung, in: MSD Jahrbuch 2003-05, Berlin 2005, 29. - T. Eggeling/ R. Hanemann/ J. Julier: Ein Schloss in Trümmern. Berlin, 1993. ELGIN VON GAISBERG, POSTER-LAYOUT: ISABELLE FRASE Mitarbeiter: Elgin v. Gaisberg, Antonia Brauchle, Christiane Hertwig, Dina Sperl, Haiko Türk TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VII, INSTITUT FÜR BAUGESCHICHTE, ARCHITEKTURTHEORIE UND DENKMALPFLEGE UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FG HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de Kooperation mit Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, FG Bau- und Stadtbaugeschichte, und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 24 msd-2005-07-cs.indd 24 24.01.2007 18:48:13 Prozessfarbe Schwarz Schloss Charlottenburg, Neuer Flügel, Südfassade, darunter Grundrisse EG und OG, Verlustkartierung der Zerstörung 1943 und des Wiederaufbaus 1954-1956, Stand 2006 (E. v. Gaisberg/ D. Sperl/ C. Hartwig/ I.Frase/ H.Türk/ A. Brauchle, Grundlage: Vermessung durch das Büro Dienstleistung Denkmal, Berlin). Die Ergebnisse Bekannt ist, dass nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch 40% der Bausubstanz des Neuen Flügels erhalten waren. Bis auf die acht westlichen Achsen waren sämtliche Decken im OG und EG zerstört und die Räume bis auf die Umfassungsmauern ausgebrannt. Überdies blieb die Ruine mit den spärlichen Resten der Innendekoration bis 1953/54 im westlichen Teil, der Risalit und der östlich anschließende Bereich bis 1955 ungedeckt. Dieser Zerstörungsgrad machte aber auch sichtbar, was anhand der überlieferten historischen Unterlagen nicht nachvollziehbar ist. So hatten sich die Maßnahmen der 1930er Jahre nicht auf die Reparatur und Ergänzung der Oberflächen oder die Veränderung der Ausstattung beschränkt, sondern man hatte überdies in die Deckenkonstruktionen eingegriffen und die bestehenden Balkendecken durch Stahlträgerkonstruktionen z.T. umfangreich ergänzt. Wie sich bei der weiteren Auswertung der Archivalien herausstellte, brachte der Wiederaufbau weitere Verluste mit sich und führte in manchen Bereichen zu einem Rückbau auf die friderizianische Raumfassung. So wurden die noch in Resten vorhandenen Pfeiler des 19. Jh.s im Vestibül 1955 in einer modernen Konstruktion zunächst wieder neu eingebaut, zugunsten des stützenfreien Raumes von Knobelsdorff aber 1956 wieder ausgebaut, das 1838 ergänzte Attikageschoss abgetragen und ein steileres Dach als Rekonstruktion des Zustandes aus dem 18. Jh. nach Plänen des frühen 19. Jh.s über dem vorhandenen Abschlussgesims in einer Stahlträgerkonstruktion neu aufgebaut. Rückgeführt und vereinheitlicht wurden auch die Fensterverschlüsse, die seither durchgehend als zweiteilige Schiebefenster ausgeführt sind; abweichend vom Zustand Knobelsdorff entschloss man sich jedoch, in den Fensteröffnungen des EG durchgehend eine einheitlich niedrige Steinbrüstung im Hinblick auf den Einbau von Heizungen auszuführen. In die friderizianische Bausubstanz eingegriffen wurde aber vor allem im östlichen Teil des EG, in dem einst die einfach ausgestatteten Appartements der Kavaliere untergebracht waren (später von der Musikhochschule genutzt). Die kleinteiligere Binnenstruktur wurde nun unter Aufgabe großer Teile der Substanz in eine großzügigere Raumfolge – zu Ausstellungszwecken – umgebaut, wobei den Baurechnungen zufolge 1955/56 „280 cbm altes Mauerwerk abgebrochen“ wurde. Während der Rohbau bis zur Dacheindeckung 1956 abgeschlossen war, zog sich der weitere Ausbau des Neuen Flügels bis 1962, in den Festsälen im OG sogar bis 1974 hin. Neben der Rekonstruktion der friderizianischen Ausstat-tung wurden aber auch moderne Elemente wie die Deckenmalereien Hann Triers aufgenommen, die sich allerdings von der Raumfassung des 18. Jh.s inspiriert zeigen sollte. Damit waren die Arbeiten jedoch nicht abgeschlossen; denn in einer zweiten Phase, in den Bauakten als ‘Endgültige Wiederherstellung’ bezeichnet, wurde zwischen 1981 und 1994 die bewegliche, aber auch die baufeste Ausstattung der Wohnräume in großen Teilen erneuert und ergänzt, mit dem Ziel, sich dem ‘historischen Bild’ weiter anzunähern. Einbauten des Wiederaufbaus, wie der Marmorfußboden im Vestibül oder Parkett und Wandverkleidungen in den museal hergerichteten Wohnräumen wurden zum Teil wieder entfernt und mit der Absicht, die historischen Raumfassungen dem angewachsenen Wissensstand gemäß wiederzugeben, neu angefertigt. Eine Aufwertung erfuhr nun auch die Raumfassung des 19. Jh.s, was dazu führte, im Vestibül einen Wiedereinbau der vier Mittelstützen erneut zu diskutierten. Mitte der 1980er Jahre wurde zudem die Fassade neu gefasst und die 1954-56 nach ‘historischem Vorbild’ gewählten grauvioletten Ziegel durch rote Biberschwanzziegel ausgetauscht. Zuletzt wurden 2005 im EG östlich des Mittelbaus Baumaßnahmen zur Umwandlung der ehemaligen ‘Galerie der Romantik’ (bis 2001) zu den neuen ‘Ausstellungsräumen im Neuen Flügel’ durchgeführt. Bei den baubegleitenden Untersuchungen konnten weitere Erkenntnisse über den Bau gewonnen werden: Sichtbar wurde, dass das Ziegelmauerwerk der aufgehenden Wände auf einem durchgehenden Natursteinfundament ruht, der vorgezogene SäulenMittelbau weist allerdings einen eigenen Unterbau auf. Als Substruktion wurden hier eine Folge Nord-Süd gerichteter Tonnengewölbe gegen das Wandfundament gesetzt, die im vorderen Drittel paarweise durch ein nach Süden abfallendes Segmentbogengewölbe zusammengefasst sind. Die einzelnen Ziegelgewölbe wurden auf niedrige Mauern aus grob behauenen Natursteinen mit Hilfe einer Schalung gesetzt. Die Lage der Schalungsbretter ist auf den Zwischenwänden (Naturstein) und im Mörtel der Gewölbeunterseite im Abdruck noch erkennbar. Darüber hinaus konnten die Fundamente des ehemals dreistufigen Unterbaus an der Südseite des Neuen Flügels, von dem heute nur noch eine Stufe erhalten ist, beobachtet und rekonstruiert werden. Insgesamt ist festzuhalten, dass der Neue Flügel in seiner heutigen Substanz bis auf Teile in den acht westlichen Achsen und die Außen- und Innenmauern ein Werk des Wiederaufbaues und der ‘Endgültigen Wiederherstellung’ ist. Trotz der Bemühungen um genaue Rekonstruktionen bleibt das Ergebnis eine Neuschöpfung – nicht nur durch die mutige Zutat moderner Deckengemälde, sondern auch durch neue Deckenkonstruktionen, mit denen die Deckenhöhe und damit die Raumform der friderizianischen Zeit nicht wiederhergestellt wurde. - 2005 Tagung „Schloss Charlottenburg in Berlin - Im Wandel denkmalpflegerischer Auffassungen“, Publikation der Tagungsbeiträge von D. Sack, D. Sperl, E. v. Gaisberg, im Druck. - 2006 Tagung „Ludwig Ferdinand Hesse - Architekt im Geiste Schinkels“ Vortrag E. v. Gaisberg: L.F. Hesse, Der Umbau des Vestibüls 1834. ELGIN VON GAISBERG, POSTER-LAYOUT: ISABELLE FRASE Mitarbeiter: Elgin v. Gaisberg, Antonia Brauchle, Christiane Hertwig, Dina Sperl, Haiko Türk TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VII, INSTITUT FÜR BAUGESCHICHTE, ARCHITEKTURTHEORIE UND DENKMALPFLEGE UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FG HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de Kooperation mit Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, FG Bau- und Stadtbaugeschichte, und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 25 msd-2005-07-cs.indd 25 24.01.2007 18:48:20 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-NIEDERSCHÖNHAUSEN, SCHLOSS SCHÖNHAUSEN Bauhistorische und bauarchäologische Untersuchungen Schloss Schönhausen Schloss Schönhausen, Südwestseite (M. Gussone, 2005). Schloss Schönhausen, Haupttreppenhaus (R36), Blick nach Westen (W. Bittner SPSG, 2005). Das Schloss Schönhausen Schloss Schönhausen in Berlin Niederschönhausen, das in seinem Kern aus der zweiten Hälfte des 17. Jh.s stammt, ist eines der wenigen Schlösser der preußischen Herrscherfamilie, das den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hat. Als Sommerschloss der Hohenzollern bereits in der Kurfürstenzeit beliebt und mehrfach umgebaut, erfuhr es seine erste Blütezeit als ständiger Wohnsitz Königin Elisabeth Christines (17401797). Die damit verbundenen Um- und Ausbauten, die nach 1763 auf Anweisung von Friedrich dem Großen durchgeführt wurden, waren die bisher umfangreichsten und gaben dem Gebäude seine endgültige Gestalt. So wurde bei dieser Erweiterung der große Saal mit hoher Voutendecke im Obergeschoss angelegt und mit reichem Stuckdekor ausgestattet und in dem bestehenden kleinen Ehrenhof ein großes zentrales Treppenhaus eingebaut; darüber hinaus wurden die bereits 1704/09 angebauten niedrigen Pavillons an der Nord- und Südseite nach Westen erweitert und bis zur Traufhöhe des Kerngebäudes erhöht, so dass die Einzelbauteile nun in einem geschlossenen Baukörper zusammengefasst waren. Nach der Umwandlung in Staatsbesitz begann man ab 1926 das inzwischen verwahrloste Schloss zu sanieren und 1935/36 zum Ausstellungsgebäude umzubauen (z.B. Einbau einer Heizung). Da das Gebäude aus dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet hervorgegangen war, wurde es zunächst als Kasino der russischen Militärregierung, dann als Schule für russische Kinder genutzt. Größere Baumaßnahmen erfolgten aber erst um 1950 mit der Bestimmung des Gebäudes zum Amtssitz des ersten Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, und vor allem 1965, als das Schloss zum Gästehaus der Regierung umgebaut, modernisiert und neu ausgestattet wurde; letzte Maßnahmen wurden Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahre durchgeführt. In der Funktion als Wohn- und Repräsentationsbau für hohe ausländische Staatsgäste der DDR-Regierung rückte Schloss Schönhausen vermutlich mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit als je zuvor und mit dem Außenministertreffen der „Zwei-plus-Vier-Gespräche“ 1990 ist der Ort zudem eng mit der jüngsten Geschichte Deutschlands verbunden. Das Forschungsprojekt Die bauhistorischen und bauarchäologischen Untersuchungen am Schloss Schönhausen wurden im Rahmen der Planung und Durchführung der ‘Sanierung und Restaurierung zum Schlossmuseum’ von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg beauftragt und werden seit 2005 bauvorbereitend sowie baubegleitend von der TU Berlin durchgeführt. Angesiedelt ist das Projekt bei dem Fachgebiet Historische Bauforschung mit dem Masterstudium Denkmalpflege unter Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack. Ziel der Untersuchungen ist es, Baubestand und baukonstruktive Unterschiede der verschiedenen Bau- und Umbauphasen aus der heute erhaltenen Substanz des Schlosses ‘herauszuschälen’, zu dokumentieren und zu erläutern. Dabei gilt ein besonderes Augenmerk der Frage, was von dem Bauzustand vor den Maßnahmen der 1930er und späterer Jahre noch nachzuweisen ist, wobei auch die baufeste Ausstattung (Wandvertäfelungen, Kaminumrahmungen und Stuckaturen) berücksichtigt wird. Als erste Grundlagen der Auswertung dienen das aktuelle Bauaufmaß (Büro ASD Berlin, 2006), die recherchierten historischen Pläne aus verschiedenen Bestands- und Umbauphasen, die vorliegenden Schlossinventare aus dem 18. und 19. Jh. sowie die überlieferten Bauakten. Die Erkenntnisse aus den Archivalien werden mit den Befunden vor Ort und mit den Ergebnissen aus den Untersuchungen der Restauratoren abgeglichen. Durch die laufende baubegleitende Dokumentation von freigelegten Bereichen wird der Arbeitsstand weiter überprüft und aktualisiert. Die Baudatensammlung, die sowohl die historischen Unterlagen zum Gebäude, die Archivalien, als auch die Dokumentation der laufenden Baumaßnahmen umfasst, ist digital in einer übergeordneten Struktur zusammengestellt worden und jederzeit abruf- und erweiterbar. Die Ergebnisse der Bauforschung (und auch die Dokumentation der restauratorischen Untersuchungen) sind innerhalb dieser Struktur in einem Gebäudebuch geschoss- und raumweise verortet und überdies in zahlreichen Plankartierungen zu Bauphasen, baulichen Verlusten und Deckenkonstruktionen dargestellt. In einer Bauphasentabelle zum Schloss sind die wichtigsten Maßnahmen übersichtlich zusammengefasst. Schloss Schönhausen (T. Tapp SPSG, 2005). Wilhelm Pieck mit Kindern vor der Ostseite des Schlosses. Aufnahme 1955 (in: Finkemeier/ Röllig, 1998, 233). Schloss Schönhausen nach 1965 als Gästehaus der DDR , (SPSG, o.Inv.). ELGIN VON GAISBERG, POSTER-LAYOUT: ISABELLE FRASE Mitarbeiter: Elgin v. Gaisberg, Christiane Hertwig, Dina Sperl, Monika Thiel, Haiko Türk TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VII, INSTITUT FÜR BAUGESCHICHTE, ARCHITEKTURTHEORIE UND DENKMALPFLEGE UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FG HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 26 msd-2005-07-cs.indd 26 24.01.2007 18:48:23 Prozessfarbe Schwarz Die Ergebnisse Wie die bisherigen Untersuchungen gezeigt haben, ist Schloss Schönhausen in seinem heutigen Baubestand vor allem durch die fünf Bau- und Umbauphasen 1664, um 1700, 1764, 1936 und 1965 geprägt. Im Unterschied zum bisherigen Forschungsstand ist aber den Maßnahmen nach dem Übergang in Staatsbesitz ein größeres Gewicht beizumessen. So wurde bei einer nach 1926 durchgeführten Schwammsanierung das Mauerwerk an der Südostecke des Gebäudes zu großen Teilen erneuert, in die Holzbalkendecken zusätzliche Konstruktionen eingebracht oder diese überhaupt durch Stahlsteindecken ersetzt. Der Umbau zum öffentlichen Ausstellungsgebäude im Jahr 1936 brachte weitere Eingriffe in die Bausubstanz mit sich, vor allem durch den Einbau technischer Einrichtungen. Dazu gehören eine Zentralheizung, für die ein eigener Heizraum im Erdgeschoss eingerichtet und Kanäle im Boden sowie in den Wänden eingebracht werden mussten oder aber die Einrichtung von WCs und einer Küche. Um zwei gerettete Barockdecken aus dem abgebrochenen „Hohen Hause“ in Berlin im Schloss einbauen zu können, wurde überdies eine Wand vollständig abgebrochen und an passender Stelle neu aufgebaut, die dort bestehende baufeste Ausstattung des 18. Jh.s (Boiserie mit Tafelbildern) ins OG versetzt und die Vertäfelungen der neuen Raumgröße entsprechen ergänzt. Vollständig abgebaut wurde in dieser Phase zudem die inzwischen abgesackte und nur notdürftig gestützte Haupttreppe von 1764, die der verantwortliche Architekt Erich Schonert in einer neuen Konstruktion mit Stahlträgern, aber unter Verwendung der alten Stufen und Geländer wieder einbauen ließ. Umfangreicher als bisher angenommen, sind auch die Maßnahmen um 1950 einzustufen, die der Einzug von Wilhelm Pieck verursachte. So wurde für die Wohnnutzung im Obergeschoss an der Nordseite ein Außenfahrstuhl angebaut, in der friderizianisch ausgestatteten „Galerie von Gipsmarmor“ im Obergeschoss ein Kinovorführraum mit den notwendigen technischen Einbauten eingerichtet, mit einem neuen Zugang von außen versehen und zudem die baufeste Ausstattung von 1936 in einigen Bereichen grundlegend verändert. Wie die Untersuchung überdies gezeigt hat, griff man sogar in die Holzkonstruktion der gewölbten Saaldecke im Obergeschoss ein und legte an der Nord- und Südseite in der Voute jeweils zwei 1.86 x 0.87 m große, durch Holzklappen zu verschließende Öffnungen an, deren Funktion allerdings nicht abschließend geklärt ist. Der Umbau zum Gästehaus 1965 brachte jedoch wesentlich größere Verluste an Bausubstanz mit sich: Durch die Erneuerung und Erweiterung der Heizungen waren neue Boden- und Wandkanäle notwendig, bei dem Einbau von neuen WCs im Erd- und Obergeschoss und einer großen Küchenanlage mit allen technischen Einrichtungen sowie durch den Einbau eines internen Aufzugs wurden bestehende Wände abgebrochen, weitere Holzbalkendecken ausgebaut und durch Massivdecken ersetzt. Erneuert und durch eine Rabitzdecke ersetzt wurde auch die reich mit Stuckornamenten verzierte Strohputzdecke der „Galerie von Gipsmarmor“, Schloss Schönhausen, Längsschnitt, Grundriss EG, Bauphasen, (E. v. Gaisberg, H. Türk, I. Frase) auf Grundlage der Vermessung duch das Büro ASD, Berlin, Stand 2006. wobei man die Stuckornamente teilweise wiederverwendete, teilweise aber auch neu anfertigte (Untersuchungsergebnis Restauratoren SPSG, Leitung T. Tapp). Im nördlichen Bereich des 1. Obergeschosses wurde überdies eine Gästewohnung für den Staatsgast unter Aufgabe bestehender Wände eingerichtet und im 2. Obergeschoss neue Wohneinheiten für Begleitpersonen geschaffen. Im gesamten Schloss wurde schließlich die baufeste Ausstattung wie Fußbodenbeläge und Wandbekleidungen in großen Teilen erneuert oder aber die Oberflächen zumindest neu gefasst. Ziel dieser Maßnahmen war es, das Schloss für seine Aufgabe als Staatsgebäude in seinen haustechnischen Anlagen zu modernisieren und ihm ein repräsentatives, seiner Bedeutung entsprechendes Erscheinungsbild zu verleihen. Wie die baubegleitende Untersuchung darüber hinaus zeigt, lassen sich am Mauerwerk der freigelegten Bereiche nun auch die bisher in historischen Ansichten oder anderen Archivalien nur unvollständig überlieferten Bauzustände und Baumaßnahmen Anfang des 18. Jh.s sowie die von 1764 (Baufugen, frühere Fensterund Türöffnungen) näher bestimmen und die bisherigen Ergebnisse ergänzen. Diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. - D. Finkemeier/ E. Röllig: Vom ‚petit palais‘ zum Gästehaus. Berlin-Pankow, 1998. Schloss Schönhausen, Raum 14/15, Ostwand mit ehemaligem Kaminzug (E. v. Gaisberg, 2006). Schloss Schönhausen, Raum 07, Barocke Stuckdecke aus dem „Hohen Hause“, Berlin, nach Abnahme der abgehängten Decke von 1978 (H. Türk, 2006). ELGIN VON GAISBERG, POSTER-LAYOUT: ISABELLE FRASE Mitarbeiter: Elgin v. Gaisberg, Christiane Hertwig, Dina Sperl, Monika Thiel, Haiko Türk TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VII, INSTITUT FÜR BAUGESCHICHTE, ARCHITEKTURTHEORIE UND DENKMALPFLEGE UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FG HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 27 msd-2005-07-cs.indd 27 24.01.2007 18:48:28 Prozessfarbe Schwarz Grußwort der Brandenburgischen Stadterneuerungsgesellschaft Strausbergs wechselvolle Geschichte spiegelt sich sehr augenscheinlich am Südeingang zur Altstadt wieder. Da steht der Mauerrest des mittelalterlichen Pulverturmes, aus einer Epoche, als die märkische Stadt zu den sieben bedeutendsten Handelsstädten der Mark gehörte. Wuchtig deutet die anschließende Stadtmauer an, dass der Reichtum der Bürger geschützt sein wollte. Die Zeiten änderten sich und mit ihr auch die Rolle der Kommune. Mit dem Aufblühen Berlins zu Lasten von Köpenick veränderte sich der Verlauf der Handelswege. Die Warenströme und damit der Wohlstand machten fortan einen Bogen um Strausberg und der Dreißigjährige Krieg brachte das Gemeinwesen beinahe zum Erliegen. Noch im Jahr 1700 gab es im Stadtgebiet 88 wüste Grundstücke. Es waren Fördermittel des Landes, die Anfang des 18. Jahrhunderts Impulse für die Errichtung zahlreicher Ackerbürgerhäuser gaben. Zu den daraufhin entstandenen Neubauten gehörte auch das erste Haus hinter dem Pulverturm, die heutige Georg-Kurtze-Straße 1. Ablesbar in fünf Hauptbauphasen durchlebte das heutige Einzeldenkmal am Südeingang zur Altstadt die Entwicklungsschübe und gesellschaftlichen Wandlungen der vergangenen drei Jahrhunderte. Bereits 1994 untersuchte die BSG Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft als Sanierungsträger das Gebäude im Rahmen einer Modernisierungsuntersuchung und zeigte Möglichkeiten einer neuen Nutzung auf. Zahlreiche Neubauangebote und der erhebliche Sanierungsrückstau führten jedoch zum Leerstand des städtebaulich wichtigen Gebäudes. Daran konnte auch die Erklärung der GeorgKurtze-Straße 1 zum Einzeldenkmal im Jahr 1998 nichts ändern. Mehrere Anläufe von Investoren für eine Modernisierung schlugen fehl. Meist fehlten ihnen die Visionen, weil steuerliche Abschreibungen und jahrzehntelange Gewohnheiten den Neubau favorisierten. Diffuse Ängste vor der Denkmalpflege mischten sich mit mangelnder Erfahrung und Phantasie im Umgang mit historischer Bausubstanz. In dieser Situation war es ein glücklicher Umstand, dass die Technische Universität Berlin für ihren Masterstudiengang Denkmalpflege 2005-07 ein geeignetes Untersuchungsobjekt suchte und in der Georg-Kurtze-Straße 1 auch fand. Was sich anfänglich als ein einfaches Wohn- und Geschäftshaus darstellte, entpuppte sich bei näherer Betrachtung als spannendes Bauwerk mit einer aufregenden Vita. Jede Veränderung des Daseins unserer Stadt Strausberg spiegelte sich in einer Erweiterung des Gebäudes nach hinten, zur Seite oder nach oben wider, die Zeitläufe hinterließen schmückend oder vereinfachend ihre Spuren. Durch die intensive Erforschung des Werdegangs unseres Gebäudes konnte zudem ein wichtiger Beitrag zur Strausberger Stadtgeschichte geleistet werden. Doch was nützt die Kenntnis der Vergangenheit ohne einen Schlüssel für die Zukunft? Wieder einmal ist es das Land, welches heute mit Städtebaufördermitteln unserem Standort eine Perspektive bescheren könnte. Doch vor der Investition steht in unserer Gesellschaft noch immer die Finanzierbarkeit. In langen Diskussionsrunden rangen die Teilnehmer des Masterstudienganges um eine denkmalverträgliche und zugleich wirtschaftliche Ausbauvariante für das so wichtige Gebäude in Strausbergs Altstadt. Die vorliegenden Untersuchungen und Bauvorschläge bilden eine wertvolle Hilfe für jenen Strausberger Bürger, der das Einzeldenkmal 2007 sanieren will. Sie sind nach nunmehr vierzehn Jahren unseres Strebens als Sanierungsträger um den Erhalt und eine neue Nutzung der Georg-Kurtze-Straße 1 hoch willkommen. Darüber hinaus schrieb der Masterstudiengang Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin hiermit ein spannendes Kapitel Stadtgeschichte nieder, welches bereits im Januar 2007 für die Bürger in einer Ausstellung im Rathaus Strausberg aufgeschlagen wurde. Dr. Uwe Schieferdecker BSG Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH Sanierungsträger der Stadt Strausberg 28 msd-2005-07-cs.indd 28 24.01.2007 18:48:32 Prozessfarbe Schwarz Das Jahrgangsprojekt des MSD 2005-07 – das Bürgerhaus Georg Kurtze Str. 1, Strausberg, Mark Brandenburg Alle Jahre wieder beginnt die Suche nach einem Gebäude, das als Jahrgangsprojekt für den Masterstudiengang geeignet ist. Diese Suche ist mitunter schwieriger als man denken könnte, muss das Objekt doch viele verschiedene Parameter erfüllen: zunächst einmal sollte es in oder in erreichbarer Nähe von Berlin liegen, da wir auch während der Bauaufnahme-Kampagnen den Studenten die Teilnahme an den abendlichen Vorlesungen ermöglichen möchten. Was das Gebäude selbst betrifft, muss es klein bzw. groß genug sein, um von 30 Studierenden „beforscht“ zu werden. Außerdem muss es leer stehen, darf aber nicht zu baufällig sein und es sollte in mehreren Bauphasen errichtet sein, um auch etwas herauszufinden zu können. Zudem, und das ist nahezu die schwierigste Voraussetzung, muss es einen Auftraggeber geben, der nicht nur Interesse an unserer Arbeit hat, sondern auch einen Teil der Kosten der Untersuchung zu finanzieren bereit ist. Bei der Suche nach einem Bauforschungsobjekt für den Jahrgang 2005-2007 kamen wir in Kontakt mit Dr. Uwe Schieferdecker von der Brandenburgischen Stadterneuerungsgesellschaft mbH (BSG), der uns sofort ein Gebäude anbieten konnte, allerdings nicht in Berlin, sondern in Strausberg im östlichen Berliner Umland. Die BSG ist als Sanierungsträger für das Land Brandenburg seit Anfang der 1990er Jahre auch in Strausberg tätig, wo sie in direkter Zusammenarbeit mit dem dortigen Stadtplanungsamt die Sanierung der Altstadt fachlich betreut und finanziell unterstützt. Obwohl die Entfernung zur Universität größer als bisher war, konnten wir uns wegen der guten Verkehrsanbindung durch das Berliner S-BahnNetz dennoch für die Bearbeitung dieses Objektes entscheiden. Die ältesten Teile der heutigen Altstadtbebauung von Strausberg reichen in das frühe 13. Jahrhundert zurück. Aus dieser Besiedlungszeit stammt sowohl die Anlage der beiden Hauptstraßen (die heutige Georg-Kurtze-Straße und die Große Straße) als auch die erhaltenen Reste der Stadtmauer und Stadttore, die der Altstadt ihre charakteristische Form verleihen. Im Bereich der Wohnbebauung hat sich aufgrund der verheerenden Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges kaum mittelalterliche Bausubstanz erhalten, der Großteil der heutigen Altstadtbebauung stammt aus dem späten 17. und frühen 18. Jahrhundert. Auch für das Gebäude, das uns zur Untersuchung anvertraut wurde, gab es die Vermutung, dass Teile des Baus noch aus dem 18. Jahrhundert stammen könnten. Es handelt sich um ein seit Mitte der 1990er Jahre leer stehendes Wohn- und Geschäftshaus am südlichen Ende der Strausberger Altstadt. Der Bau, im Sanierungsgebiet Georg-Kurtze-Straße gelegen Straussee Geo urtze rg-K Stra ße Große Straß e Sankt-Marien - Kirche Bahnhof Georg-Kurtze-Str- 1 Strausberg/ Mark Brandenburg. Lage der Bürgerhauses Georg-Kurtze-Str. 1 (Google-Earth, 20.Nov. 2006). 29 msd-2005-07-cs.indd 29 24.01.2007 18:48:33 Prozessfarbe Schwarz Zeichenarbeiten im Dach, 2005. Besprechung der Zeichnungen im Hof, 2005. und seit 1998 als Einzeldenkmal eingetragen, nimmt innerhalb Strausbergs eine besondere Stellung ein. Zum einen befindet es sich unmittelbar an der mittelalterlichen Stadtmauer und schließt direkt an Reste des 1950 abgebrochenen Landsberger Tores an, zum anderen bildet das Haus den architektonischen Abschluss der Großen Straße, die hier auf die Georg-Kurtze-Straße trifft. Nicht nur der neue Eigentümer, sondern auch die Stadt sind daher sehr an einer Instandsetzung und Wiederbelebung des Bürgerhauses in der Georg-Kurtze-Straße 1 interessiert. So wurde der MSD von der Stadt Strausberg beauftragt, die bauforscherische Voruntersuchung für eine denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes zu übernehmen, für die Fördermitteln der BSG beantragt und bewilligt wurden1. der Berg an Unstimmigkeiten, so dass die Baugeschichte am Ende des Wintersemesters noch jede Menge Fragen offen ließ. Im Sommersemester teilte sich das Semester auf: sechs Studenten übernahmen die vertiefende Bauforschung, dreizehn Studenten beschäftigten sich mit der Schadenskartierung und Maßnahmenplanung, und sieben Studenten verließen das Projekt, um mit Dr.-Ing. Caroline Rolka in Berlin-Zehlendorf ein eigenes kleines Projekt im Bereich der Gartendenkmalpflege zu bearbeiten. Mithilfe hartnäckigen Forschens und erweiterter Bauforschungsmethoden (Dendrochronologie, einer archäologischen Sondage und vergleichenden Fassungsuntersuchungen der Wände) konnten die Studierenden am Ende dennoch dem Haus seine Geheimnisse entlocken, so dass sich zum Schluss ein recht genaues Bild seiner Entstehungs- und Baugeschichte ergab, die sich in fünf Hauptbauphasen teilen lässt. Das Bürgerhaus begrüßte uns mit etwas sprödem Charme. Bevor wir überhaupt mit der Arbeit beginnen konnten, galt es erst, das Haus zu entrümpeln und von den Hinterlassenschaften verschiedenster Interimsbewohner (inklusive eines toten Waschbären im Dachwerk) zu befreien. Bei der anschließenden formtreuen Bauaufnahme und Bauforschung offenbarte sich schnell, dass das Gebäude nur widerwillig bereit war, seine Geschichte preiszugeben. Mit zunehmendem Erkenntnisgewinn wuchs auch 1 Das zweigeschossige Hofgebäude war nicht Bestandteil der Untersuchungen. Die anfängliche Vermutung, die ältesten Teile des Hauses könnten eventuell aus dem frühen 18. Jahrhundert stammen, konnte durch die Bauforschung bestätigt werden. Wenige erhaltene Wände aus Fachwerk, Deckenbalken sowie große Teile des heutigen Dachwerkes konnten als zu einer ersten Bauphase zugehörig identifiziert werden, die durch die dendrochronologische Untersuchung auch eine zuverlässige Datierung ins Jahr 1703/04 zulässt. 30 msd-2005-07-cs.indd 30 24.01.2007 18:48:33 Prozessfarbe Schwarz Die Konstruktion der erhaltenen Bauteile sowie Vergleiche innerhalb der Altstadt erlaubten eine ungefähre Rekonstruktion des Ursprungsbaus: Es handelte sich um ein traufständiges, teilweise unterkellertes zweistöckiges Fachwerkgebäude mit Gefachen aus Lehmwickelstaken, das wohl einer Weberfamilie als Wohnhaus mit integrierter Werkstatt gedient hat. Besonders wichtig in Hinblick auf den denkmalpflegerischen Umgang mit dem Gebäude war die Erkenntnis, dass nahezu das gesamte Dachwerk dieses Ursprungsbaus noch erhalten ist. Bei der zweiten Bauphase, die sich aus der relativen Bauchronologie ableiten ließ, handelt es sich mehr um eine Art Modernisierung des ursprünglichen Fachwerkgebäudes als um eine umfassende, tief in die Bausubstanz greifende Baumaßnahme. So wurde der große Rauchfang durch zwei Schornsteinzüge ersetzt, die Zimmer zum Teil vergrößert und verschiedene FachwerkInnenwände aus Lehmziegeln neu aufgemauert, eventuell sogar auch die Außenwände, die Kubatur des Hauses blieb jedoch erhalten. Diese wurde erst in der nächsten Bauphase verändert, die abermals mit Hilfe der Dendrochronologie genau datiert werden konnte, und zwar auf das Jahr 1860. Bei diesem Umbau wurde das Gebäude vom Keller bis zum Dach auf seiner gesamten Breite zum Hof hin erweitert. Die baulichen Maßnahmen im Hof wurden zum Anlass genommen, auch die übrigen Außenwände des Gebäudes in Backstein neu aufzuführen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fand eine erneute Erweiterung des Hauses statt, als die Lücke zum Landsberger Tor geschlossen wurde. Die an der Rückseite des mittelalterlichen Tores befindlichen Ställe wurden durch einen zweigeschossigen, unterkellerter Bau ersetzt, der vermutlich als Lager für das Delikatessengeschäft diente, das in dieser Zeit im Erdgeschoss des Gebäudes eingerichtet worden war. Der Anbau besaß eine breite Durchfahrt, deren rückwärtige Tür zum Hof noch erhalten ist. Die Unterbringung des Delikatessengeschäftes zog verschiedene Umbauten am bestehenden Bau nach sich. Zum einen wurde im westlichen Hofbereich ein zweigeschossiger Anbau als Küchentrakt angebaut. Zum anderen zog der gesteigerte Repräsentationsanspruch eine Vergrößerung der Fenster und ihre Dekoration mit Stuckverdachungen an der Straßenfassade nach sich. Für diese Maßnahme musste die Dachtraufe erhöht werden, was eine teilweise Kürzung der Deckenbalken des Obergeschosses erforderte, die daraufhin an einen neuen Überzug im Dach aufgehängt werden mussten. Die dendrochronologische Analyse des hölzernen Überzuges erlaubte eine Datierung dieser Bauphase in das Jahr 1888. Wahrscheinlich war es ebenfalls der Wunsch nach Repräsentation, der in der fünften Bauphase zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Umgestaltung des neuen Anschlussbaus zur Stadtmauer führte. Zunächst wurde das Obergeschoss in der Höhe dem Hauptbau angepasst und mit einem repräsentativen Erker und bekrönender Spitzdachhaube versehen. Im Erdgeschoss wurde die Durchfahrt geschlossen und große Schaufenster für den Laden eingebaut. Danach erfolgten nur noch kleinere Eingriffe in die Bausubstanz. Dazu gehören mehrfache Umgestaltungen der inneren Raumstruktur aufgrund wechselnder Wohnsituationen, Verän- Bauaufnahme in Strausberg, Projektbesprechung im Hof, 2006. 31 msd-2005-07-cs.indd 31 24.01.2007 18:48:34 Prozessfarbe Schwarz derungen der Fensteröffnungen sowie die Anbringung eines Zementkratzputzes an den Fassaden. Im zweiten Semester befasste sich der größte Teil der Studierenden zunächst mit den baulichen Schäden, die das Gebäude zu verzeichnen hat, um in einem nächsten Schritt eine Maßnahmenvorplanung erstellen zu können. Dabei konnte festgestellt werden, dass die gravierendsten Schäden auf den jahrelangen Leerstand und die damit zusammenhängende mangelnde Instandhaltung des Gebäudes zurückzuführen sind. Als Hauptproblem des Baus wurde die Feuchtigkeit ausgemacht, die aufgrund undichter Dächer, nicht funktionierender Regenwasserableitungen, Sickerwasser und aufsteigender Feuchte in das Gebäude eindringt. Dennoch sind die Schäden nicht so gravierend, dass eine denkmalgerechte Instandsetzung des Hauses unmöglich wäre. Der von den Studenten erarbeitete denkmalpflegerische Bindungsplan sieht vor, den gewachsenen Zustand des Gebäudes zu wahren, um seine komplexe Geschichte vom Weberhaus des 18. Jh. bis heute weiterhin ablesbar bleiben zu lassen und die ursprüngliche, bis zum Leerstand des Gebäudes überkommene Nutzung als Wohnund Geschäftshaus wieder zu reaktivieren. Die abschließenden Überlegungen zur zukünftigen Nutzung des Gebäudes bezogen sich direkt auf die besondere Situation, die mit der zu erwartenden Förderung der Sanierung durch die Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft in Zusammenhang stehen. Diese erfolgt in voller Höhe nämlich nur bei der Schaffung von Sozialwohnungen, deren optimale Vermietbarkeit von ihrer Größe abhängig ist. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wurden in Stegreifentwürfen zwei Varianten entwickelt, wie das Haus in Zukunft sinnvoll genutzt werden könnte: Bei der ersten Variante lag der Fokus darauf, die Eingriffe in die Bausubstanz so gering wie möglich zu halten und die überkommene Struktur zu bewahren. Der Entwurf sieht vor, entsprechend der letzten Nutzung im westlichen Teil des Erdgeschosses, wieder eine Zweizimmerwohnung einzurichten und den restlichen Bereich für gewerbliche Nutzung vorzusehen. Eine an der Stelle der jetzigen Flurtreppe neu zu errichtende Treppe, die den heutigen Anforderungen gerecht wird, erschließt das Obergeschoss, das eine Zweizimmerwohnung mit großer Wohnküche und eine größere Wohnung mit dreieinhalb Zimmern und ebenfalls großer Wohnküche aufnimmt. Auf einen Ausbau des Daches wurde verzichtet. Die zweite Variante sieht stärkere Eingriffe und dafür eine optimierte Flächennutzung im Oberund Dachgeschoss vor. Im Erdgeschoss sollen zwei Gewerbeeinheiten entstehen. Die Erschließung der Obergeschosse von der Straßenseite aus über die Flurtreppe wird aufgegeben. Stattdessen ist geplant, den rückwärtigen Küchenanbau durch ein neues Stahl/Glas-Treppenhaus zu ersetzen, das über Laubengänge an der Hoffassade die Wohnungen erschließt. Der Zugang zum Hof wird durch die Öffnung der ehemaligen Durchfahrt gewährleistet. Im Obergeschoss sieht der Entwurf den Einbau von vier Kleinwohnungen vor, wobei die Anbindung der eingestellten Sanitärräume über die stillgelegten Schornsteine erfolgen soll. Auch die Dachgeschosswohnung wird über den Laubengang erschlossen. Diese ist ausschließlich im hofseitigen Teil des Daches geplant und lässt das historische Dach des Ursprungsbaus unangetastet. Abschließend bleibt anzumerken, dass wir bei unserer Arbeit von der BSG wie auch vonseiten des Stadtplanungsamtes und des Eigentümers stets unterstützt wurden. Auch die Untere Denkmalbehörde hat das Jahrgangsprojekt wohlwollend begleitet. Gern sind wir daher der Einladung gefolgt, die Ergebnisse unserer Arbeit im Januar 2007 in Form einer Ausstellung unserer Poster im Foyer des Strausberger Rathauses vorzustellen. Entsprechend des hohen Engagements aller Beteiligten bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse der Untersuchungen, die als ein kleiner Baustein die Kenntnis der Strausberger Stadtgeschichte erweitern, bei der anstehenden Sanierung des Gebäudes Eingang in die Planung finden und zum Erhalt und zur denkmalgerechten Instandsetzung des Bürgerhauses beitragen. Jürgen Giese, Daniela Spiegel 32 msd-2005-07-cs.indd 32 24.01.2007 18:48:34 Prozessfarbe Schwarz Bauaufnahme Dachgeschoss, 2005. Bauaufnahme Dachgeschoss, 2005. Bauaufnahme, 2005, mit Maßband ... ... und TK-Bleistift, Zeichenarbeiten, 2006. Tachymetrische Vermessung eines Kellerbereichs, 2006. Hand-Vermessung im Keller, 2005. Anlage von Befundöffnungen, 2006. Bauaufnahme, 2006. Tachymetrie im Dachgeschoss, 2006. Dendrochronologie, 2006. 33 msd-2005-07-cs.indd 33 24.01.2007 18:48:35 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE1 Historische und städtebauliche Entwicklung Strausbergs Die Stadt Strausberg liegt am Straussee inmitten des Barnim, einer reizvollen brandenburgischen Wald- und Seenlandschaft nordöstlich von Berlin. Das am Anfang des 18. Jh. entstandene Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 in der Altstadt Strausbergs, das am ehemaligen Landsberger Tor an die mittelalterliche Stadtmauer angrenzt, war das Jahrgangsprojekt des Masterstudiums Denkmalpflege 2005/07. Anfänge der Stadt Ein schon zur Slawenzeit genutzter Handelsweg wurde an seinem höchsten Punkt am Ostufer des Straussees von einer Burg gesichert, welche den brandenburgischen Markgrafen ab 1225 als Herrschaftsmittelpunkt diente. Am Seeufer, unterhalb der Burg, ließen sich Dienstleute nieder, während sich die Ritter in der Georg-KurtzeStraße, ehemalige Ritterstraße, ansiedelten. Angrenzend entstand eine Siedlung von Kaufleuten um die nicht mehr erhaltene Nikolaikirche am heutigen Lindenplatz. Die Ritterstraße bildete mit der Großen Straße, ehemalige Hauptstraße, das Grundgerüst eines Zweistraßenortes3, der 1240 Stadtrecht erhielt. Die heute noch vorhandene Altstadtstruktur wurde 1254 durch eine Stadtmauer begrenzt. Die beiden Hauptachsen führten zum Landsberger Tor, dem südlichen Stadteingang1,2,3 [Abb. 2]. Kriegswirren 1320-1714 Nach dem Aussterben des askanischen Herrscherhauses 13204 wurde die strategisch günstig gelegene Stadt immer wieder zum Zankapfel bei kriegerischen Auseinandersetzungen. In den folgenden drei Jahrhunderten wurde die Stadt stark geschwächt, zum einen durch Eroberungen von Raubrittern (Ende des 14. Jhs.) und Hussiten (1432) und zum anderen durch den Bevölkerungsrückgang aufgrund mehrerer Pestepidemien (16. Jh.). Hinzu kamen die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges. Im Zuge des Wiederaufbaus der Stadt erbauten Weber und Tuchmacher bis Anfang des 18. Jhs. Häuser in der Ritterstraße und auch das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 [Abb. 3]4,5. 1a Abb. 1 Älteste Ansicht Strausbergs von 1537 A.Marsch, J.H.Biller, F .-D.Jacob (Hrsg.), Die Reisebilder des Pfalzgrafen Ottheinrich aus den Jahren 1536/37 (Weißenhorn 2001). Eine negative Auswirkung der Garnisonsstadt war im 18. Jh. die Einquartierung der Soldaten bei den Bürgerfamilien, wodurch der Wohnraum knapp wurde8. Um 1860 entstand im Süden die Strausberger Vorstadt, die 1867 einen Bahnhof für die Königliche Ostbahn zwischen Berlin und Küstrin erhielt. Dadurch wurde die Stadt Strausberg an das wirtschaftliche und politische Leben der Metropole angebunden. In der gleichen Zeit gab es Veränderungen im Erscheinungsbild der Altstadt, indem die Fassaden klassizistisch überformt wurden [Abb. 4]9. Die Garnisonsstadt im 20. Jahrhundert Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde die Garnisonsstadt Strausberg in die Kriegsvorbereitungen einbezogen und durch den Bau eines Militärflughafens zum Armeestützpunkt ausgebaut. Von Kriegszerstörungen blieb die Stadt weitgehend verschont, das beschädigte Landsberger Tor wurde 1950 abgerissen10, 2. 2 Höfe der adligen Burgmannen (ungefähre Lage) Kaufleutesiedlung mit Nicolaikirche 3 Städtebauliche Siedlung mit Marienkirche (vor 1252) 4 Erweiterung 1254 (Beginn des Stadtmauerbaus) Die vier Etappen der Entwicklung zur Stadt Rolf Barthel, Geschichte der Stadt Strausberg (Berlin 1987) 395 Literatur 1 Rolf Barthel, Geschichte der Stadt Strausberg, Berlin 1987, 1521 (Barthel 1987). 2 AKANTHUS, Verein für Regionalgeschichte und Denkmalpflege e.V., Strausberg; auf http://www.stadt-strausberg.de/ content/rubrik/45, 15.01.07, 14:30 Uhr. 3 Verein für die Geschichte Berlins, Mitteilungen 38, 1921, 39-41 4 Barthel 1987, 26-40, 50 5 Herma Klar (AKANTHUS), Stadtgründung; Bildtafel im Heimatmuseum Strausberg 6 Barthel 1987, 50-84, 92-94, 105-109 7 Herma Klar (AKANTHUS), Söldnerscharen, Kontributionen, Plünderungen und Misshandlungen; Bildtafel im Heimatmuseum Strausberg 8 Barthel 1987, 252 9 Barthel 1987, 101-104 10 Barthel 1987, 192-197 11 Barthel 1987, 226-230, 254-256 der mittelalterliche Stadtkern Stadterweiterung zwischen 1850 und 1945 vorwiegend mehrgeschossig vorwiegend Kleinhaussiedlung oder Häusergruppen Einzelgehöft oder Häusergruppe Georg-Kurtze-Straße Wohnungsbau seit 1945 Grundstück des Bürgerhauses GeorgKurtze-Straße 1, entstanden 1703/04(d) Grundgerüst des Zweistraßenortens Abb. 2 Entwicklung nach 1989 Trotz der Auflösung des Verteidigungsministeriums nach der Wende blieb der Garnisonsstandort erhalten, da die Bundeswehr die Militäreinrichtungen übernahm und erweiterte2. Unberührt von allen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten sind der landschaftliche Reiz und die Anziehungskraft des historischen Stadtkerns geblieben, die den Fremdenverkehr heute zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor machen. Um den Charakter der märkischen Altstadt zu bewahren bzw. wiederherzustellen, wurde 1994 eine Gestaltungssatzung festgelegt, die auch das Sanierungsgebiet Georg-Kurtze-Straße mit einschließt. Kloster (Abbruch 1787) Klostergarten Marienkirche Nicolaikirche (Reste 1787 beseitigt) altes Rathaus F (Abbruch 1805) Hauptwache G H/J Pfarrhäuser Ziegelscheune K der Kietz L Vor-Mühle M Hospitalkirche N O Scharfrichterei Stadthirten-Häuser P Q Judenfriedhof Schule R Kietz (Dienstleutesiedlung zur Burg) 1c Nach der Gründung der DDR wurde Strausberg als Kreisstadt zum regionalen Zentrum für Politik, Wirtschaft und Kultur. Der Charakter als Garnisonsstadt blieb durch die Ansiedlung des Verteidigungsministeriums erhalten. Vor allem im Norden entstanden neue Wohngebiete, die 1955 eine Anbindung an die S-Bahnstrecke von Strausberg nach Berlin erhielten [Abb. 4]11,2. Im Rahmen der Arbeiterfestspiele 1978 wurden „Stadtverschönerungsmaßnahmen“ vorgenommen, die die Entstuckung von Fassaden beinhalteten. Auch die Georg-Kurtze-Straße erhielt dadurch ein verändertes Erscheinungsbild. A B/C D E wettinische Burg 1b Tuchmacher- und Garnisonsstadt 1714-1918 Durch das seit 1714 angesiedelte preußische Heer entwickelte sich die Stadt bis in die Anfänge des 19. Jhs. zur Garnisonsstadt. Zunächst profitierte das ortsansässige Tuchmacherhandwerk davon, das den Stoff für die Uniformen her-stellte. Nach einem zeitweiligen Rückgang aufgrund verringerter Nachfrage florierte das Tuchmacherhandwerk erneut nach 1855 durch die Anwendung verbesserter Handwebstühle in Heimarbeit. Im Zuge der Industrialisierung wurde es um 1900 endgültig durch maschinelle Fabrikproduktion abgelöst.6,7 Abb. 3 Strausberg nach dem Plan von 1723 Rolf Barthel, Geschichte der Stadt Strausberg (Berlin 1987) 396 Wohnkomplexe Einzelwohnblock Abb. 4 Die bauliche Entwicklung Strausbergs Rolf Barthel, Geschichte der Stadt Strausberg (Berlin 1987) 399 Magdalena Baur, Kirsten Reiß, Ulrike Schmitz, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 34 msd-2005-07-cs.indd 34 24.01.2007 18:48:45 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Erforschung eines Hauses an der Stadtmauer beiden Geschossen ein hochrechteckiges Format. Über zwei Stufen und eine Doppelflügeltür im Erdgeschoss werden die Wohnbereiche erschlossen. Im Obergeschoss hebt sich der Erker nicht nur durch die Gestaltung mit einer größeren Segmentbogenöffnung und dreiteiligem Fenster von der Fassade ab, sondern auch durch die großzügigere Geschosshöhe und das Hineinragen in den Dachraum. Georg-Kurtze-Straße 1, Straßenfassade, Fotografie MSD 05-07 Einleitung Das Wohn- und Geschäftshaus, das in seinen ältesten Teilen aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt, ist seit 1998 ein eingetragenes Einzeldenkmal und liegt im Sanierungsgebiet GeorgKurtze-Straße der Stadt Strausberg. Städtebauliche Situation Das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 nimmt innerhalb Strausbergs eine besondere Stellung ein. Zum einen befindet es sich unmittelbar an der mittelalterlichen Stadtmauer und schließt direkt an Reste des 1950 abgebrochenen Landsberger Tores an, zum anderen mündet hier die Georg-Kurtze-Straße in die Hauptstraße der Stadt, die Große Straße, ein. An dieser Position bildet das Haus den architektonischen Abschluss der Großen Straße, der durch einen markanten Erker mit turmartiger Dachausbildung an der Straßenfassade noch zusätzlich betont wird. Der ungewöhnliche Zuschnitt der Parzelle zwischen Stadtmauer und Straße beeinflusste die Gebäudeform. Baubeschreibung Das heutige Erscheinungsbild des Wohn- und Geschäftshauses ist durch seine Mischnutzung und die zahlreichen Umbau- und Erweiterungsphasen geprägt. Der zweigeschossige, teilunterkellerte Bau ist traufständig zur Straße ausgerichtet und schließt mit Satteldach und rückwärtigem Schleppdach ab. Durch die Verlängerung des Gebäudes bis an die Stadtmauer ergibt sich in diesem Bereich eine unregelmäßige Struktur des ansonsten rechteckigen Grundrisses. Ein weiterer schmaler Anbau bildet den hofseitigen Abschluss zum Nachbargrundstück. Die Hofanlage wird durch Nebengebäude an der Stadtmauer ergänzt. Die Straßenfassade unterteilt sich in zwei schräg aufeinander treffende Wandabschnitte. Der kürzere Abschnitt besteht aus der massiven Feldsteinmauer des ehemaligen Stadttores. Der längere verputzte Abschnitt ist der als Wohn- und Geschäftshaus errichtete Gebäudeteil. Er weist in sieben Achsen regelmäßig geordnete Öffnungen auf, die aber seiner Mischnutzung entsprechend variieren. Der Ladenbereich im Erdgeschoss ist anhand dreier großer Schaufenster zu erkennen, zwischen denen eine ebenerdige Tür in den Verkaufsraum führt. Die übrigen Fenster der Fassade haben mit Ausnahme des Erkers in Georg-Kurtze-Straße 1, formtreues Handaufmaß, Grundriss Erdgeschoss, Originalmaßstab 1:25, MSD 05-07 Lageplan Strausberg, Georg-Kurtze-Straße Aufgaben und Methoden Das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 steht seit Mitte der 90er Jahre leer und weist erhebliche Schäden auf. Nach einem Eigentümerwechsel kann es nun mit Fördermitteln der Brandenburgischen Stadterneuerungsgesellschaft (BSG) instand gesetzt und modernisiert werden. Als Grundlage für eine denkmalgerechte Planung dieser Maßnahmen und zur wissenschaftlichen Dokumentation führten die Studenten des MSD im Wintersemester eine detaillierte Bauuntersuchung durch. Eingeteilt in sechs Gruppen erstellten sie vor Ort ein formtreues Handaufmaß des Gebäudes im Maßstab 1:25, das durch tachymetrische Messungen ergänzt wurde. Parallel dokumentierte jede Gruppe schriftlich und fotografisch erste Bauforschungsergebnisse und den Bauzustand in Form von Raum-, Fassaden- und Gespärrebüchern. Um weitere Rückschlüsse auf die Konstruktion des Gebäudes und seine Bauphasen ziehen zu können, vertiefte ein Teil der Studenten im Sommersemester die Bauforschung. Hierfür nahmen sie gezielte Befundöffnungen vor, legten Materialkartierungen an und entnahmen dendrochronologische Proben. Die Archivrecherche erbrachte zusätzliche bauhistorische Informationen. Die Ergebnisse wurden in einer Bauphasenkartierung und der Fortschreibung der angelegten Raumbücher festgehalten. Der andere Teil der Studenten erstellte anhand einer maßnahmenbezogenen Schadenskartierung eine Sanierungsvorplanung. Auf deren Grundlage konnte in Verbindung mit der erforschten Baugeschichte ein denkmalpflegerischer Bindungsplan entwickelt werden. Unter Berücksichtigung aller Ergebnisse sowie in Hinblick auf wirtschaftliche Anforderungen entstanden schließlich Entwürfe für eine denkmalgerechte Nutzung des Gebäudes. Georg-Kurtze-Straße 1, Bauaufnahme MSD 05-07 Eva Koch, Jocelyn Oth, Martin Sählhof, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 35 msd-2005-07-cs.indd 35 24.01.2007 18:48:48 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Ergebnisse der Bauforschung I Das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 vereint in sich bauliche Veränderungen verschiedener Jahrhunderte, die in ihrer Ausformung als beispielhaft für die jüngere Siedlungsgeschichte dieser Straße anzusehen sind. Mehrere Häuser der Nachbarbebauung sind vermutlich sehr zeitnah und auf gleicher typologischer Grundlage erbaut und später umgebaut worden. Die Entwicklung des Hauses, die eng mit der Geschichte seiner Bewohner verknüpft ist, spiegelt sich in vielen Elementen des Gebäudes wieder. Gerade in dieser außergewöhnlichen Komplexität liegt die Besonderheit und damit auch der Denkmalwert des Hauses [Abb.1]. Vorgängerbauten Das Grundstück liegt innerhalb des mittelalterlichen, von einer Stadtmauer umgebenen Siedlungsgebietes von Strausberg. Hinweise auf eine frühere Bebauung des Grundstückes konnten bei der Untersuchung nicht gefunden werden. In einer Stadtchronik wird das Gelände als Garten ausgewiesen1. Bauphase I – Fachwerkhaus, 1703/04(d) 1703/042 ließ die Weberfamilie Gericke3 ein zweigeschossiges, traufständiges Wohn- und Arbeitshaus errichten. Abb.1: Nachbarbebauung in der Georg- Kurtze-Straße, Typologie und Bauweise sind mit der Bauphase I des untersuchten Abb.2: Rekonstruktion der Bauphase I (unmaßstäbliche Skizze) Die heute noch an ursprünglichem Ort eingebauten Bauteile sind grau. Die Typologie des 2-Stuben-Hauses, die von einem Flur aus beidseitig je eine Stube für Wohnen und Arbeiten sowie eine Kammer zum Schlafen ermöglicht, ist dabei insofern variiert worden, als man im Obergeschoss diese Grundrisssituation wiederholte. Die große Erschließungszone, welche sich ungefähr in der Mitte des Hauses befand, bot neben der Treppe auch Raum für einen zentralen, offenen Rauchfang mit mindestens einer darunterliegenden Kochstelle. Konstruktiv handelte es sich um ein Fachwerkhaus, das größtenteils aus gebeiltem Kiefernholz bestand. Wände und Decken waren mit Lehmwickelstaken ausgefacht. Die Überdachung ermöglichte ein doppelt stehender Stuhl mit längs-, jedoch ohne querversteifende Kopfbänder. Neben dem auf der Nordseite angelegten Keller sind von diesem Ursprungsbau der Dachstuhl fast vollständig und einzelne Innenwandfragmente in Erd- und Obergeschoss erhalten [Abb.2]. Bauphase II – Umbau zwischen 1704 und 1860 Diese dendrochronologisch nicht zu erfassende Bauphase konnte anhand von Fassungsuntersuchungen und der stilistischen Einordnung von Innentüren belegt werden. Durch letztere lässt sich diese Baumaßnahme in die Jahre um 1800 einordnen. Der Abriss des offenen Rauchfangs und der Einbau zweier Schornsteinzüge beiderseits des Flurs sind für die Zeit typische, die Wohnqualität verbessernde Maßnahmen. Dabei wurden die inneren Fachwerkquerwände größtenteils durch Lehmziegelwände ersetzt. Vermutlich ebenfalls in diese Phase gehört ein aus Lehmziegeln gemauertes Fragment im hinteren Flurbereich des Erdgeschosses. Ob dieses Fragment Teil einer Außenwand oder eines massiv ummauerten Raumes war, konnte nicht geklärt werden. Außerdem erhielt der westliche Hausteil durch Einengung der Erschließungszone im hinteren Bereich mehr Raum. Bauphase III – Erweiterung nach Süden, 1860(d) Offensichtlich führte ein erhöhter Raumbedarf zur Erweiterung der rückwärtigen Kammern nach Süden. Dabei verwendete man Lehmziegel, die nach optischer Beurteilung in Format und Struktur denen der vorangegangenen Bauphase entsprechen. Ein gleichzeitiger Einbau scheidet aufgrund der Fassungsbefunde aus, was ein Hinweis dafür sein könnte, dass es sich um zweitverwendetes Material handelt. Anstelle der südlichen Außenwand sind dabei Unterzüge in Erd- und Obergeschoss eingebaut worden, die seither die Deckenbalken von Kern- und Erweiterungsbau tragen und zur dendrochronologischen Datierung herangezogen wurden. Unter dem Erweiterungsbau wurde der Keller um einen zweiten Raum vergrößert. Als oberer Abschluss der Hauserweiterung diente ein von Pfetten unterstütztes Pultdach, welches an den vorhandenen Dachstuhl über dem Kernbau angefügt wurde und in dieser Form bis heute vorhanden ist. [Abb.1 - Ergebnisse der Bauforschung II zeigt den zeitgenössischen Lageplan] Die so entstandene Raumstruktur in Kern- und Erweiterungsbau hat sich bis heute erhalten, wobei im Rahmen späterer Hauserweiterungen auch Umbauten in diesen Bereichen erfolgten. Bauphasenplan Umfasst alle Bauphasen von 1703/04 bis heute. Dachgeschoss Obergeschoss Erdgeschoss Kellergeschoss Legende mittelalterliche Stadtmauer Bauphase I 1703/04(d) Bauphase II zwischen 1704 und 1860, anhand stilist. Merkmale vermutl. um 1800 Bauphase III 1860(d) Bauphase IV 1888/89(d) Bauphase V zwischen 1900 und 1910 Veränderungen zwischen 1911 und 1945, keine einheitliche Bauphase Veränderungen nach 1945, keine einheitliche Bauphase Datierung nicht möglich Quellen 1 W. Sternbeck, Beiträge zur Geschichte der Stadt Strausberg, 2. Teil, Manuskript, 1893, BLHA, Rep. 8 Strausberg, Nr. 737. 2 Dendrochronologisches Gutachten, Dr. B. Heußner (Petershagen - 20.05.06). 3 Die Familie war seit 1653 in Besitz der Parzelle; s. W. Sternbeck 1893, 170. Andreea Banea, Eliska Fechnerova, Björn Grimm, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 36 msd-2005-07-cs.indd 36 24.01.2007 18:48:54 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Ergebnisse der Bauforschung II Bauphase IV – Schließung der Baulücke zum Landsberger Tor, 1888(d) Die an das Landsberger Tor grenzenden Stallgebäude wurden abgerissen [Abb.1]. Statt dessen entstand an dieser Stelle ein zweigeschossiger, unterkellerter Lagerraum. Zwischen diesem und dem Gebäude führte eine Tordurchfahrt in den Innenhof, wie auf der historischen Postkarte zu sehen ist [Abb. 2]. Im Obergeschoss befanden sich über der Durchfahrt zwei Räume, die in ihrer Geschosshöhe jedoch niedriger waren als die bereits existierenden Wohnräume und sich wohl auch in ihrer Nutzung von diesen unterschieden. Zeitgleich mit dieser Hauserweiterung kam es zur Änderung der Fassade. Die Applikation von Stuckverdachungen und die Vergrößerung der Fenster machten den Einbau eines Überzugs im Dachbereich notwendig, der sich dendrochronologisch auf das Jahr 1888 datieren lässt. Als dritte Baumaßnahme dieser Zeit ist der längliche, zweigeschossige Anbau1 in Richtung des Hofes zu betrachten, der die westliche Giebelwand des Gebäudes fortsetzt und als Küche genutzt wurde. Dadurch wurde sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss neuer Wohnraum geschaffen. Das könnte nötig gewesen sein, da archivalische Quellen spätestens für diese Bauphase eine Ladennutzung2 der straßenseitigen Räume im Erdgeschoss belegen. Dieser Raum verfügte schon über zwei Schaufenster und eine separate Erschließung [Abb. 3]. Das Fußbodenniveau wurde in diesem Bereich dem Straßenniveau angepasst. Bauphase V – Anbau des Erkers und Schließung der Durchfahrt, Anfang 20. Jh. Der Ladenraum im Erdgeschoss wurde um den straßenseitigen Teil der Durchfahrt erweitert, so dass hier ein großer Verkaufsraum mit drei Schaufenstern entstand [Abb. 4]. Im Obergeschoss wurden die niedrigeren Räume durch zwei großzügige Wohnräume ersetzt. Deren bauzeitliche Ausstattung mit einer großen Flügeltür als Verbindung und dem innen durch den Einbau eines Podestes betonten Erker unter- durch eine massive Ziegelwand ersetzt. Gleichzeitig wurde dem Erdgeschoss auf dieser Seite eine eingeschossige Veranda vorgestellt. Veränderungen nach 1945 1950 wurde das kriegsbeschädigte Landsberger Tor aus verkehrstechnischen Gründen zugunsten einer verbreiterten Straßenführung abgerissen. Die Veränderungen der DDR-Zeit am Gebäude Georg-Kurtze-Straße 1 betrafen hauptsächlich Modernisierungen in den Innenräumen. Die Einrichtung des Ladens wurde in Form von neuen Auslagen erneuert, die Decken im Erdgeschoss größtenteils abgehängt. Der prägendste Eingriff in die Fassadengestaltung war das Abschlagen des Stucks 19784, als das gesamte Stadtbild Strausbergs für die Arbeiterfestspiele modifiziert wurde. Bis auf wenige Ausnahmen, wie beispielsweise die Erkerfenster, wurden alle historischen Fenster durch moderne Verbundfenster ersetzt. Abb 1. Historischer Lageplan von 1876, BLHA, Findbuch Rep 2 A I Hb 1218 zur Abtragung der Stadtmauer. Zeichnung von Landinspektor Düsterkampf, 09.03.1876. streicht die repräsentative Wirkung dieser Räume. Auch an der sonst eher schlicht gestalteten Fassade nahm und nimmt der Erker mit seinen segmentbogenförmigen Fenstern einen dominanten Platz ein. Zudem hat er durch seine Positionierung am Eingang zur historischen Altstadt eine stadtbildprägende Wirkung. Veränderungen zwischen 1910 und 1945 Bis ca. 1910 waren die größten Baumaßnahmen des Hauses abgeschlossen. Es folgten kleinere Veränderungen, die teilweise darauf beruhten, dass das zu Beginn des 20. Jahrhunderts als durchgehende Wohnung genutzte Obergeschoss in kleine Wohneinheiten aufgeteilt wurde. Die Ladennutzung im Erdgeschoss blieb weiter bestehen. Nach dem Abriss des Nachbarhauses3 im Jahr 1938 wurde die Giebelwand, die bis zu diesem Zeitpunkt aus Fachwerk bestand, Abb. 2. Bauphase IV, kolloriertes Foto, Heimatmuseum Strausberg, ohne Datierung (um 1900) Rechts neben dem Landsberger Tor erkennt man den niedrigeren Anbau der Tordurchfahrt. Anmerkungen 1 BLHA Rep. 39, Strausberg, Karton 6, Gebäudesteuerrolle Strausberg Bd.1, 1910-1951, Nr. 253 2 Strausberger Wochenblatt Nr. 10, 26.01.1898 3 BLHA Rep. 39, Strausberg, Karton 6, Gebäudesteuerrolle Strausberg Bd.1, 1910-1951, Nr. 254 4 Information von Dr. Uwe Schieferdecker, BSG, Gespräch vom 15.06.2006 Abb 3. Bauphase IV, Postkarte, Heimatmuseum Strausberg, ohne Datierung (um 1900). Blick auf die Ritterstraße (Georg-Kurtze-Straße) Richtung Landsberger Tor; Fassadengestaltung mit Schaufenstern. Abb. 4. Bauphase V, Postkarte, Heimatmuseum Strausberg, ohne Datierung (nach 1910) Delikatessengeschäft Otto Gericke. Helena Ammerich, Stephanie Herold, Zoi Spyranti, Tobias Michael Wolf TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 37 msd-2005-07-cs.indd 37 24.01.2007 18:48:58 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Schadensuntersuchung und Maßnahmenplanung Das Gebäude Georg-Kurtze-Straße 1 steht seit Mitte der 1990er Jahre leer. Damit es wieder genutzt werden kann, hat der Masterstudiengang Denkmalpflege der TU Berlin die vorhandenen Schäden umfassend untersucht und die notwendigen Maßnahmen vorgeplant. Ziel war es dabei, soviel historische Substanz wie möglich zu erhalten. Schadensuntersuchung Die Erkennung und Einordnung der vorhandenen Schäden erfolgte durch Inaugenscheinnahme. Sie wurden in ihrer Art, Häufigkeit, Verteilung und Schwere erfasst und einer der drei Schadenskategorien „kein Handlungsbedarf“ (I), „Handlungsbedarf“ (II) oder „dringender Handlungsbedarf“ (III) zugeordnet. Die Dokumentation umfasst die textliche Beschreibung, die Fotodokumentation und die zeichnerischen bauteilbezogenen Material- und Schadenskartierungen. Die Analyse der Schadensdokumentation zeigt, dass sich das gesamte Gebäude zurzeit in einem sanierungsbedürftigen baulichen Zustand befindet. Stellenweise ist die Bausubstanz stark zerstört. Verformungen, vor allem des Dachtragwerks, und Rissbildungen in den Wänden sind auf statische und konstruktive Probleme durch die häufigen Umbaumaßnahmen zurückzuführen. Als besonders gravierend sind die fehlende Auflagerung der Dachbalken auf der straßenseitigen Außenwand und die offen stehende Baufuge zwischen Hauptbau und hofseitigem Anbau zu bewerten. Vor allem die Holzbauteile sind stark durch biogenen Befall geschädigt, außerdem sind sie teilweise mit toxischen Substanzen aus Holzschutzmitteln kontaminiert. An der Fassade wurden zudem Probleme durch eine falsche Materialwahl verursacht: der in der DDR-Zeit aufgebrachte Zementputz ist zu hart für das alte Mauerwerk und liegt inzwischen großflächig hohl. Weitere schwerwiegende Schäden sind Durchfeuchtungen und Salzbelastungen. Sie werden durch Regenwasser verursacht, das in Form von Schlagregen, Spritz- und Sickerwasser sowie aus defekten Regenrinnen, durch undichte Fenster und Türen und die undichte Dachdeckung in das Gebäude eindringt. Andere Feuchtequellen sind aufsteigende Feuchte in den Kellern und im Erdgeschoss sowie Tauwasserbildung aufgrund der derBÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Obergeschoss Abb. 1: Beispiel Materialkartierung: Wand 2.01b (Fechnerova, Oth, Schmitz, 2006) Abb. 2: Beispiel Schadenskartierung: Wand 2.01b (Fechnerova, Oth, Schmitz, 2006) zeitigen schlechten Heizungs- und Belüftungssituation. Als eine der Ursachen der Salzbelastungen sind Viehställe zu vermuten, die sich im 19. Jh. im Bereich der Stadtmauer befanden1. Maßnahmenplanung Die notwendigen Maßnahmen können in zwei Kategorien unterteilt werden: Sofortmaßnahmen, um das Gebäude in seiner Substanz zu erhalten, und weiterreichende Maßnahmen, mit denen das Gebäude wieder nutzbar gemacht werden kann. Die Sofortmaßnahmen umfassen die Säuberung und die Reparatur der Regenrinnen, die Reparatur der undichten Fenster und der Dachdeckung, die Entwässerung der Hofflächen und die Sicherstellung einer ausreichenden Belüftung. Die zu ergreifenden weiterreichenden Maßnahmen hängen zu einem großen Teil von der Art der vorgesehenen Nutzung ab. So müssen beispielsweise an Wohn- oder Geschäftsräume höhere Anforderungen hinsichtlich der Trockenheit, der Belüftung und der Beheizbarkeit gestellt werden, als an Abstellräume. SANIERUNGSVORPLANUNG Unabhängig von der Art der Nutzung ist auf jeden Fall die Behebung der konstruktiven und statischen Probleme durch Ertüchtigung des Tragwerks, Einbau von Bewegungsfugen und weitere Einzelmaßnahmen notwendig. Weiterhin sind Art und Umfang des biogenen Befalls und der Kontamination durch Holzschutzmittel, der vorliegenden Feuchtequellen und der Salzbelastungen zu untersuchen. Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann anschließend über Notwendigkeit und Umfang der Sanierungsmaßnahmen entschieden werden. Dabei sind alle Gebäudeteile, die für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, trockenzulegen, und gegen neuerliches Eindringen von Feuchte zu schützen. Zur genaueren Planung der durchzuführenden Maßnahmen müssen Gutachten zur Statik, zum Holzzustand, zur Durchfeuchtung und zur Salzbelastung erstellt werden. 1 s. Lageplan von 1876, BLHA, Findbuch Rep 2 A I Hb 1218, in diesem Heft auf S. 37 abgebildet. BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Obergeschoss Bearbeitet von: Thanaa Belal, Eliska Fechnerova, Jocelyn Oth, Ulrike Schmitz SANIERUNGSVORPLANUNG Bearbeitet von: Thanaa Belal, Eliska Fechnerova, Jocelyn Oth, Ulrike Schmitz Raum: 2.01, 2.01a Raum: 2.01, 2.01a Stand: Juni 2006 Stand: Juni 2006 Maßnahmenblatt Skizze/Foto Pos. Bauteil Schaden Ursache Maßnahme Kat. Wand b siehe Zeichnungen Abb. 5+6 Fachwerkwand (Raum 2.01a): Fehlstellen und einzelne lose Putzstel- kein Putzträger auf den Balken len, v.a. an den Balken einzelne Schädlingsspuren an den Balken gelöste Putzstellen entfernen (Lehmstrohputz soll wiederverwendet werden), Kalkanstrichreste auf den Balken mechanisch entfernen. Fehlstellen in den Gefachen mit Lehm-Stroh-KalkMischung (der vorhandenen angepasst) verputzen, aufrauen; Balken und Gefache mit dünner Kalkputzschicht verputzen Hausbockbefall (inaktiv) II I Lehmsteinwand (Raum 2.01): konstruktive Risse im Treppenbereich Abb. 7: Wand b, Fachwerkwand Abb. 8: Wand b, Tür T2.01/2.02 3 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Zustand des Mauerwerks feststellen (Putz entlang der Risse entfernen), ggf. durch Statiker beurteilen lassen Kalkputz entfernen, mit Lehmkalk- II Abb. 9: Wand b, Tür T2.01/2.09 Blatt-Nr.: Blatt-Nr.: bauliche Eingriffe (Umbauten im Schornsteinbereich, Einbringung des Unterzugs) MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE 6 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 PROJEKT 2005/2006 Schadenskategorien: Kat. I = z. Zt. keine Maßnahmen erforderlich/beobachten; Kat. II = kleinere Reparaturmaßnahmen/Handlungsbedarf; Kat. III = größere Reparaturmaßnahmen/dringender Handlungsbedarf Abb. 3: Beispiel Fotodokumentation: Wand 2.01 b (Fechnerova, Oth, Schmitz, 2006) Abb. 4: Beispiel Textdokumenatation: Wand 2.01 b (Fechnerova, Oth, Schmitz, 2006) Gabriele Krause, Fidaa Hlal, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 38 msd-2005-07-cs.indd 38 24.01.2007 18:49:01 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Denkmalpflegerischer Bindungsplan Zielstellung Das Wohn- und Geschäftshaus Georg-KurtzeStraße 1 ist ein Baudenkmal von besonderer städtebaulicher und geschichtlicher Bedeutung. Durch seine zentrale Lage am Landsberger Tor und den auffälligen Turmerker ist das Haus ein stadtbildprägendes Element für die Altstadt. Das Vorderhaus ist baulich mit dem Stadttorfragment verbunden und bildet mit seiner Hofbebauung an der historischen Stadtmauer eine gewachsene Baugruppe. Sie zeigt ihre Nutzungsgeschichte von dem Weberhaus Anfang des 18. Jahrhunderts bis zu dem Delikatessengeschäft des frühen 20. Jahrhunderts, und somit den Werdegang der Strausberger Familie Gericke. Das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Straße 1 wurde 1998 vom brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege als Einzeldenkmal eingetragen. Vorrangig für unsere Zielstellung ist die Erhaltung des gewachsenen Denkmalzustands zur Bewahrung der geschichtlichen Zeugnisfähigkeit der baulichen Anlage. Diese Zeugnisfähigkeit wird von der Originalsubstanz und der Raumstruktur getragen. Der heterogene Bestand soll in seiner vollen Komplexität erhalten bleiben, daher werden die verschiedenen Bauphasen, bis auf wenige Ausnahmen, als gleichwertig angesehen. Substanz soll unabhängig von Alter und Erhaltungszustand bewahrt werden Kleinste Eingriffe sind in die Substanz möglich Substanz ist zu halten oder in Funktion und Formsprache gleichwertig zu ersetzen Bei angemessenen Gründen ist es möglich, die Bausubstanz zu entfernen. Erwünschter Rückbau von Bauteilen Abb.1: Denkmalpflegerischer Bindungsplan, Obergeschoss (Darstellung aller Bindungspläne: H. Ammerich, B. Grimm, T. M. Wolf) Bindungsplan Der denkmalpflegerische Bindungsplan für das Bürgerhaus geht im Besonderen auf die erarbeitete Zielstellung ein. Im Rahmen der Bauforschung haben die Studenten des Masterstudiengangs Denkmalpflege diesen Plan exemplarisch für das Wohnhaus ausgearbeitet. Dabei konnte durch die Bestandsaufnahme die Schutzbedürftigkeit der einzelnen Bauteile belegt werden. Der Bindungsplan weist diese aus und zeigt die Bereiche auf, die Möglichkeiten für bauliche Veränderungen bieten. Auf diese Weise werden Richtlinien für die Planung bei einer folgenden Instandsetzung gegeben. Der Bindungsplan ordnet die Denkmalsubstanz in fünf Kategorien ein, die den Grad der denkmalpflegerisch vertretbaren baulichen Eingriffe darstellen. Die Eingriffe sind nach Abstimmung mit der Denkmalpflege zu entscheiden. Kategorie 1: Sie betrifft den Großteil der Substanz. Diese soll unabhängig von Alter und Erhaltungszustand bewahrt werden. Kategorie 2: Kleinste Eingriffe sind in die Substanz möglich, zum Beispiel Öffnungen. Kategorie 3: Diese Substanz ist zu halten oder in Funktion und Formsprache gleichwertig zu ersetzen. Sie bezieht sich auf Bauteile, die zwar eine geringere handwerkliche Qualität haben, aber wichtig für die Ablesbarkeit der Raumstruktur sind. Kategorie 4: Bei angemessenen Gründen ist es möglich, die Bausubstanz zu entfernen. Kategorie 5: Sie bedeutet einen erwünschten Rückbau von Bauteilen. Diese stammen vorwiegend aus Modernisierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte, besitzen keine handwerkliche Qualität und wirken störend auf die Raumstruktur. Abb.2: Denkmalpflegerischer Bindungsplan, Kellergeschoss Abb.3: Denkmalpflegerischer Bindungsplan, Erdgeschoss Maßnahmen Ab Mitte der 1990er Jahre kam es zum dauerhaften Leerstand des Bürgerhauses. Der Mangel an Instandhaltung und Klimatisierung führte zu erheblichen Schäden am Gebäude. Um ein Fortschreiten des Verfalls zu verhindern, sind Maßnahmen notwendig. Als Hauptelement der Maßnahmenplanung wird eine angemessene Nutzung betrachtet. Sie dient der Revitalisierung des Denkmals und gewähr- leistet damit die kontrollierte Beheizung und Belüftung sowie die laufende Instandhaltung durch die Nutzer. Notwendige bauliche Zutaten sollten additiv ausgeführt werden und als neue Bauteile erkennbar sein. Unabhängig von der Nutzung wurde aus der Untersuchung der Schäden am Gebäude ersichtlich, dass grundlegende, nachhaltige Maßnahmen durchzuführen sind. Diese werden in Verbindung mit der Schadenskartierung beschrieben. Um die Machbarkeit der Planungsziele zu untersuchen, wurden vom Studiengang Entwürfe zur Modernisierung ausgearbeitet. Hierbei zeigte sich, dass die Kontinuität der Wohn- und Geschäftsnutzung zu geringeren Veränderungen an der Bausubstanz führt und damit auch niedrigere Sanierungskosten ermöglicht. Fazit Die Erhaltung des Bürgerhauses und die Bewahrung seines Denkmalwertes sind realisierbar. Jedoch sollte die Hofbebauung bei diesen Erwägungen mit einbezogen werden, um den Zusammenhang des Denkmals mit seiner historischen Umgebung sicherzustellen. Abb.4: Denkmalpflegerischer Bindungsplan, Dachgeschoss Ana Teresa Criado del Arco, Andreas Salgo, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 39 msd-2005-07-cs.indd 39 24.01.2007 18:49:04 Prozessfarbe Schwarz STRAUSBERG, BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STRASSE 1 Überlegungen zur Nutzungskonzeption Einführung Nach dem weitgehenden Abschluss der Bauforschung und der maßnahmenbezogenen Schadenskartierung beschäftigten sich die Studierenden des MSD 2005-07 in Gruppenarbeit mit den Möglichkeiten einer neuen Nutzung des Bürgerhauses Georg-Kurtze-Straße 1. Dabei kristallisierten sich zwei grundsätzliche Varianten heraus. Jede wurde im Folgenden von einer Gruppe weiter durchdacht und skizzenhaft dargestellt. Dabei wurden die spezifischen Eigenheiten des Gebäudes zu Grunde gelegt. Problematik Das Ziel der erarbeiteten Nutzungsvorschläge war, den Anforderungen des Bauherrn soweit als möglich entgegen zu kommen, ohne dabei zu tief in die denkmalwerte Substanz einzugreifen. Das bedeutet, eine möglichst hohe Raumausnutzung durch vermietbare Wohn- und Ladeneinheiten mit der überkommenen Struktur des Gebäudes in Einklang zu bringen. Dies war um so wichtiger, als der Denkmalwert des Objektes in besonderem Maße in seiner in Jahrhunderten gewachsenen Struktur liegt. Da so jeder Eingriff eine Verminderung des Zeugniswertes zur Folge hat, war klar, dass sich alle Veränderungen auf ein Minimum beschränken sollten. Als ausschlaggebend sollte sich hierbei die Frage der Erschließung erweisen, da das derzeitige Treppenhaus nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügt. Außerdem wurde durch den Eigentümer die Frage einer Wohnnutzung des Dachgeschosses aufgeworfen, was aus denkmalpflegerischen Gründen eine große Herausforderung darstellte. Aus den unterschiedlichen Lösungsansätzen für diese Kernprobleme gingen die folgenden Varianten hervor. Die erste Variante beschränkt sich auf den heutigen Umfang des Gebäudes. Sie lässt eine Aufteilung in drei Wohnungen und einen Laden zu. Die zweite Variante, die eine Erschließung mittels eines hofseitigen Laubengangs vorsieht, teilt das Gebäude in zwei Geschäftseinheiten und fünf Wohneinheiten, von denen eine im ausgebauten Dachgeschoss untergebracht ist. Beide Entwürfe sind als Nutzungsvorschläge zu verstehen. Sie möchten gangbare Wege für den Umbau des Hauses aufzeigen. Variante 1 Bei dieser Variante bleibt die historische Erschließung durch das zentrale Treppenhaus bestehen, wobei die Treppe ersetzt wird. Diese nimmt in ihrer neuen Form mehr Platz in Anspruch (siehe Schnitt). Variante 1, Schnitt durch das Treppenhaus (Eva Koch) Die Ladennutzung im Erdgeschoss bleibt in ihrem Umfang bestehen, ebenso wie die rechts des Flures gelegene Wohneinheit. Im Obergeschoss wurden zwei unterschiedlich große Wohnungen untergebracht. In allen Wohnungen wurden Flurbereiche geschaffen, um eine getrennte Erschließung der einzelnen Zimmer zu ermöglichen und Durchgangsräume zu vermeiden. Das Dachwerk als einzig vollständig erhaltenes Bauteil der ersten Bauphase bleibt durch diese Konzeption unangetastet erhalten und kann von den Bewohnern als Abstellfläche genutzt werden. Variante 2 Die andere Variante geht von einer neuen Erschließung auf der Hofseite des Hauses aus, die durch die wieder geöffnete Durchfahrt erreichbar ist. Dazu wird das Treppenhaus im ehemaligen Küchenanbau untergebracht und die einzelnen Wohnungen durch einen Laubengang erschlossen. Im Erdgeschoss finden zwei Gewerbeeinheiten Platz, von denen eine als Laden, die andere als Büro oder Praxis konzipiert ist. Der Zwickel zwischen Stadtmauer und Durchfahrt wird als gemeinsamer Abstellraum für die Wohnungen vorgesehen. Im Obergeschoss befinden sich vier Wohneinheiten, von denen drei sowohl zur Straße als auch zum Hof orientiert sind. Die Anbindung der eingestellten Sanitärräume und Küchen an die Haustechnik erfolgt über stillgelegte Schornsteine. Der 1860 hinzugefügte Schleppdachbereich wird zugunsten einer Wohnnutzung aufgegeben. Dies geschieht unter vollständiger Erhaltung des Dachwerks von 1703/04, das als Lagerfläche dem neuen Geschäftsraum im Erdgeschoss zugeordnet wird. Fazit Beide Varianten zeichnen sich durch den weitgehenden Erhalt der historischen Substanz mit allen Zeitschichten aus. Bei Variante 1 bleibt die überkommene Struktur deutlicher ablesbar, während Variante 2 eine optimierte Flächennutzung des Ober- und Dachgeschosses zulässt. Begünstigt wird dies durch die additive Erschließung, die eine Aufteilung in kleinere Wohneinheiten ermöglicht. Anmerkung Variante 1 wurde erstellt von Stephanie Herold M.A., Dipl.-Ing. (FH) Eva Koch und Dipl.-Ing. (FH) Jens Meier. Variante 2 wurde erstellt von Martin Sählhof M.A., Dipl.-Ing. Andreas Salgo und Ibrahim Salman Arch. Variante 2, Grundriss Dachgeschoss (Andreas Salgo, Ibrahim Salman) Variante 1, Grundriss Obergeschoss (Eva Koch, Jens Meier) Variante 2, Grundriss Obergeschoss (Andreas Salgo, Ibrahim Salman) Variante 1, Grundriss Erdgeschoss (Eva Koch, Jens Meier) Variante 2, Grundriss Erdgeschoss (Andreas Salgo, Ibrahim Salman) Stephanie Herold, Eva Koch, Jens Meier, Andreas Salgo, Ibrahim Salman, Tobias Michael Wolf, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 40 msd-2005-07-cs.indd 40 24.01.2007 18:49:09 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Ansicht: Fotografie - Fassadenplan - Umzeichnung Fotografie des Hauses, Herbst 2005, MSD 2005-07. CAD-Umzeichnung der Strassenfassade auf Grundlage entzerrter Bildpläne, MSD 2005-07. Strausberg, Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1, Entzerrter Bildplan der Fassade. MSD 2005-07. 41 msd-2005-07-cs.indd 41 24.01.2007 18:49:12 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Handaufmaß: Grundriß Gesamtplan - Detail Strausberg, Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1, Grundriss Obergeschoss, Abbildung o.M., im Originalmaßstab 1: 25, 2006. Grundriss Obergeschoss, Detail-Abbildung im Originalmaßstab 1: 25, 2006. 42 msd-2005-07-cs.indd 42 24.01.2007 18:49:17 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Handaufmaß: Schnitt Gesamtplan - Detail Strausberg, Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1, Längsschnitt, Abbildung o.M., im Originalmaßstab 1: 25, 2006. Längsschnitt Detail-Abbildung, Ausschnitt des Ober- und Dachgeschosses im Originalmaßstab 1: 25, 2006. 43 msd-2005-07-cs.indd 43 24.01.2007 18:49:23 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Raumbuch Keller: Strausberg, Grundriss Keller, formtreue Bauaufnahme, Bleistift auf Folie, o.M., im Original M 1: 25, MSD 2005-07. Objekt: e f 0.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 1: c 0.01 b d a Stand: H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti Objekt: RAUMBUCH KELLERGESCHOSS Juni 2006 e f 0.02 Gruppe 1: RAUM: 0.01 Boden Wand Decke c 0.01 sonstiges b d a 0.01a 0.01a Stand: H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti Juni 2006 Pos. Bestand Boden: Der Boden ist durch Schutt nur partiell einsehbar. Vermutlich Mutterboden unter dem Schutt. Es ist unsicher, ob es überhaupt einen Bodenbelag gab, nur im Durchgang zum Raum 0.02 sind 4 gelbe Backsteine (25/12,5 cm) als Bodenbelag erhalten. Abb. 2: Raum 0.01, Blick Südwest Wände allgemein: Wände aus Feldsteinmauerwerk, geschlämmt mit mehreren Schichten weicher Kalk-SandSchlämme. Anstrich aus dicker Kalkfarbe in beige - weiß, die Streichrichtung ist noch zu erkennen. Die Schlämme ist in unterschiedlichen Stärken aufgetragen (0,5 - 2 cm), die Feldsteine bilden sich als Struktur ab. 1 Abb. 3: Boden Raum 0.01, Blick West Blatt-Nr.: 0.01- 1 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN RAUMBUCH KELLERGESCHOSS RAUM: 0.01 Boden Wand Decke sonstiges Kurzbeschreibung: Bei Raum 0.01 handelt es sich um einen rechteckigen Kellerraum (Größe 6.46 m², 340/190/165 cm) mittig unter dem Gebäude, der zum ältesten Teil des Gebäudes gehört. Zuletzt diente der Raum als Kohlenlager. Der Raum wird aus dem Raum 0.02 durch einen Durchgang in der Wand c erschlossen. Ein weiterer Durchgang in der Wand a führt über eine defekte Treppe ins Erdgeschoss. Dieser wurde in den letzten Jahren als Rutsche für die Kohlen genutzt. Der Boden ist durch Schutt verdeckt, im Durchgang zum Raum 0.02 liegen als restlicher Bodenbelag vier Backsteine. Die Wände bestehen aus Feldsteinmauerwerk, im oberen Wandbereich sind auch Backsteine verwendet worden. Die Decke ist tonnengewölbt. Alle Wände und die Decke sind geschlämmt und weiß - beige gestrichen. In der nördlichen Ecke der Wand a befindet sich ein Durchbruch zu einer Kammer, die annähernd quadratisch ist und als Verteilerraum für Abwasser- und Heizungsrohre dient. Skizze/Foto Abb. 1: Raum 0.01, Blick Nord Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Zustand / Bemerkung 1 Eine zeitlich genaue Einordnung der Wände ist schwer, da Keller aus Feldsteinmauerwerk in dieser Art ab dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert gebaut wurden. Beim Raum 0.01 handelt es sich aber vermutlich um den ältesten Teil im Kernbau des Gebäudes, worauf noch bei den folgenden Beschreibungen genauer eingegangen wird. Abb. 4: Boden Durchgang, Blick Süd MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: 0.01- 2 Strausberg, Raumbuch Keller, Raum 001, MSD 2005-07. 44 msd-2005-07-cs.indd 44 24.01.2007 18:49:28 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Raumbuch Keller: Objekt: e f 0.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 1: H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti c 0.01 b d a Stand: Juni 2006 Objekt: RAUMBUCH KELLERGESCHOSS e f 0.02 Gruppe 1: RAUM: 0.01 c 0.01 Boden Wand Decke sonstiges b d a 0.01a 0.01a Skizze/Foto Abb. 5: Wand a, Blick Nord 4 f 0.02 MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 1: b d a Stand: H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti c 0.01 RAUMBUCH KELLERGESCHOSS RAUM: 0.01 Boden Wand Decke sonstiges Pos. Zustand / Bemerkung 2 Ausbesserung mit Backsteinen aufgrund des Rohrdurchbruches. 3 4 5 Die Kammer wird nachträglich in Bauphase VII im Zusammenhang mit der Rohrverlegung eingebaut worden sein, da die Wände nicht wie beim ältesten Raum des Kellers aus Feldsteinen bestehen, sondern aus Backsteinen. Sie gehört somit zu den jüngsten Einbauten im Raum 0.01. Der Treppenaufgang ist nicht bauzeitlich, da es sich bei der Wand um eine durchgehende Feldsteinwand handelt, der Aufgang aber aus Ziegeln gemauert ist. Vermutlich stammt der Aufgang aus Bauphase III. Ein weiteres Indiz, dass dieser Aufgang später eingebaut wurde, ist die Knagge an der Decke vor Wand b (siehe auch Decke Raum 0.01), wo sich der ursprüngliche Kelleraufgang befunden haben könnte. An dieser Stelle wurde aufgrund der Knagge der ursprüngliche Kelleraufgang vermutet, jedoch ließen sich dafür keine weiteren Hinweise finden (siehe Decke Raum 0.01). Abb. 8: Wand a, Treppenaufgang TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Objekt: e Juni 2006 Wand b: Feldsteinmauerwerk, im oberen Bereich die gleichen roten Backsteine wie bei der tonnengewölbten Decke verwendet (Maße wegen Schlämme nicht messbar, siehe auch Decke). Geschlämmt, mit einem beige - weißen Anstrich, bindet in die Wände a und c ein. 2 Abb. 7: Wand a, Kammer 0.01a H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti Bestand 3 Blatt-Nr.: 0.01- 3 Stand: Wand a: Feldsteinmauerwerk, geschlämmt, bindet in die Wände b und d ein. In der nördlichen Ecke befindet sich 10 cm oberhalb des Bodens ein Rohrdurchbruch (Ø 12 cm). Um diesen Durchbruch ist die Wand mit roten Backsteinen ausgemauert (25/12,5/7 cm) und nicht verputzt. Es befindet sich ein weiterer Durchbruch 49 cm von der nördlichen Ecke entfernt, beginnend 37 cm über dem Boden, Höhe 89 cm, der sich zu einer Kammer (0.01 a) öffnet. Die Gewände des Durchbruches sind aus gelben Backsteinen (25/12,5/7cm) gemauert, die Wände der Kammer bestehen ebenfalls aus gelben Ziegeln. Der Boden besteht aus Estrich. In der östlichen Wandhälfte befindet sich ein Treppenaufgang, dessen östliche Wand aus roten Ziegeln (25/12,5/6cm) gemauert ist. Die westliche Seite des Treppenaufganges ist ein Mischmauerwerk aus Ziegeln und Feldsteinen. Die Treppe ist eine einläufige, aufgesattelte Holmtreppe aus Eichenholz mit ehemals 5 Trittstufen. Die Setzstufen sind ebenfalls aus Eichenholz. Abb. 6: Wand a, Schadensbild Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Juni 2006 PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Objekt: RAUMBUCH KELLERGESCHOSS e f 0.02 c 0.01 Wand Decke sonstiges b d a 0.01a 0.01a Skizze/Foto 6 Abb. 9: Wand b, Blick Ost H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti Juni 2006 Pos. Wand c: Feldsteinmauerwerk, im oberen Bereich aus roten Backsteinen (Maße wegen Schlämme nicht messbar). Bindet in die Wände b und d ein. In der westlichen Ecke befindet sich unterhalb der Decke ein Rohrdurchbruch. Mittig in der Wand befindet sich der Durchgang (Breite 78 cm, Höhe 148 cm) mit Segmentbogen zum Raum 0.02. Das Gewände ist aus gelben Ziegelsteinen (25/12,5/6cm). Über dem Durchgang ist eine Kappe, die auf ein ehemaliges Fenster hinweist. Wand d: Bindet in die Wände c und a ein. In der nördlichen Wandhälfte befindet sich ein Rohrdurchbruch (Ø 4 cm), der mit grauem Zementputz ausgebessert ist. Die Putzfläche beginnt direkt unter der Decke und hat eine Höhe von 24 cm und eine Breite von 30 cm. Weitere Rohre führen direkt vor dieser Wand vom Raum 0.02 in die Kammer 0.01a, von wo aus sie in die oberen Geschosse verteilt werden. Abb. 10: Wand c, Blick Südwest Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Stand: Bestand 5 PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: 0.01- 4 Gruppe 1: RAUM: 0.01 Boden MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE 6 7 8 RAUMBUCH KELLERGESCHOSS RAUM: 0.01 Boden Wand Decke sonstiges Zustand / Bemerkung An dem Rohrdurchbruch ist zu erkennen, dass es sich bei der Wand um eine einschalige Feldsteinwand handelt (Bauphase I). Daraus lässt sich ableiten, dass der Durchbruch mit dem Gewände aus Ziegeln später vorgenommen worden sein wird. Die gleichen Ziegel lassen sich auch in den Wänden von Raum 0.02 und im Fenster 0.02c/F1 finden, was bestätigt, dass der Durchgang zeitgleich mit dem Bau des Raumes 0.02 in der Bauphase III erfolgte. Dafür spricht auch die Ausbildung der Kappe über dem Durchgang (siehe auch Decke Raum 0.01). Die Rohrdurchbrüche und Ausbesserungen mit Zementputz stammen aus der jüngsten Bauphase VII. 8 7 Abb. 11: Wand c, Durchgang zum Raum 0.02 Blatt-Nr.: 0.01- 5 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Abb. 12: Wand d, Blick West MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: 0.01- 6 Strausberg, Raumbuch Keller, Raum 001, MSD 2005-07. 45 msd-2005-07-cs.indd 45 24.01.2007 18:49:34 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Gespärrebuch Dachgeschoss: Strausberg, Grundriß Dachgeschoss, fromtreue Bauaufnahme, Bleistift auf Folie, o.M., im Original M 1: 25, MSD 2005-07. Objekt: c b d a 3.04 3.03 3.05 3.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 6: 3.01 Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Juni 2006 GESPÄRREBUCH RAUM: 3.01-3.05 Wände Dachwerk Ausbau Deckung c b Objekt: d a 3.04 3.03 3.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 6: 3.01 3.05 Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Juni 2006 GESPÄRREBUCH RAUM: 3.01-3.05 Wände Dachwerk Ausbau Deckung Kurzbeschreibung Dach - Allgemein Hinsichtlich der Erschließung und der Konstruktion gliedert sich das Dach des Wohnhauses Georg-KurtzeStr. 1 im Wesentlichen in drei voneinander unabhängige Bereiche, die Dachräume 3.01 und 3.02, 3.03 bis 3.05 sowie einem weiteren über dem den Hof flankierenden Anbau an der Süd- Westecke (Abb. 1). Über dem, nur in Fragmenten überkommenen, ursprünglichen Fachwerkhaus von 1703(d) ist dessen doppelt stehender Stuhl mit in Ost- Westrichtung verlaufendem First fast vollständig erhalten (Raum 3.01). An diesen schließt sich im Süden eine spätere Erweiterung von 1860(d) mit einer Pfetten- Pultdachkonstruktion an (Raum 3.02). Diese beiden Dachräume sind gemeinsam über die Treppe OG/DG vom Raum 2.01 aus erschlossen. Sie haben einen rechteckigen Grundriss (ca. 130m²; 13m x 10m) und werden im Osten und Westen jeweils von einer in Backstein gemauerten Giebelwand abgeschlossen, wobei jedoch nur die westliche Giebelwand zugleich Außenwand ist. Nach Norden und Süden werden sie durch in Backstein gemauerte, unterschiedlich hohe Kniestöcke begrenzt. Die Zwischenräume der Zerr- bzw. Deckenbalkenlage sind mit Lehmwickelstaken (Wellertechnik) vollständig ausgefacht. In Raum 3.01 ist teilweise eine Holzdielung aufgenagelt. Als Raumabschluss nach oben sind hier Betonpfannen in Dachlatten eingehängt und vermörtelt, über 3.02 ist eine bituminöse Lage auf einer Bretterschalung verlegt. Durch Fenster im südlichen Kniestock, Dachflächenfenster und Glasdachziegel werden die Räume belichtet. Drei Schornsteine setzen sich aus den unteren Geschossen in die Dachräume fort: zwei von ihnen befindet sich im Dachraum 3.01, zu beiden Seiten der Treppe OG/DG, ein weiterer ist Teil des südlichen Kniestocks in Raum 3.02. Der Dachraum zerfällt durch den Einbau von Trennwänden in unterschiedlich große Grundrisskompartimente. Hierfür sind hauptsächlich zweitverwendete Bretter, Pressspanplatten und Möbelteile an die konstruktiven Dachbauteile genagelt. Aufgrund der mangelnden handwerklichen Qualität wird auf eine nähere Beschreibung dieser Einbauten verzichtet. Von Bedeutung ist hingegen eine weiß getünchte Kammer auf der Westseite von Raum 3.01. Diese ist nach Süden durch eine Lehmziegelwand und über der Kehlbalkenebene durch eine oberseitig mit Strohlehm abgedichtete Halbholzdecke begrenzt. Hier ist eine frühere Wohnnutzung zu vermuten. Nach Osten schließt sich eine Räucherkammer an, welche sich ebenfalls auf der Westseite des Raumes 3.01 befindet. In dieser Kammer ist offensichtlich Kaltgeräuchert worden. Bretterschalung (Raum 3.04). Die Räume werden über ein Dachflächenfenster belichtet. Ein Schornstein setzt sich aus Raum 2.03 in die Dachräume fort. Er ist Teil der westlichen Giebelwand und befindet sich am Übergang der Räume 3.03 und 3.04. Nördlich von Raum 3.03 schließt sich ein hohes Walmdach (Raum 3.05) an. Dieses überdeckt einen Erker rechteckigen Grundrisses (ca. 3m²; 1m x 3m) von Anfang des 20. Jh. Die Sparren werden mittig von zwei Holzständern unterstützt. Da dieses Dach im Süden auf den Sparren des vorgenannten einfach stehenden Stuhls steht, ist auch hier von einem konstruktiven Zusammenhang zu sprechen. Auf die Deckenbalken sind Holzdielen aufgenagelt. Die Dachdeckung besteht größtenteils aus einer Notsicherung mit Unterspannbahnen. Nach Süden hin sind noch handgestrichene Bieberschwanzziegel als Kronendeckung vorhanden, die auch den Übergang zu Raum 3.03 abdecken. Ursprünlich wurde der Raum 3.05 durch eine kleine Gaube, welche fragmentarisch erhalten ist, von Norden belichtet. An der Süd- Westecke befindet sich ein den Hof flankierender Anbau polygonalen Grundrisses (ca. 16,50m²; 5,50m x 3m), der ebenfalls auf die Zeit um die vorher genannte Jahrhundertwende zu datieren ist. Dieser ist mit einem ebenfalls eigenständigen Pfetten- Pultdach überdeckt. Dieses Dach ist jedoch nicht Bestandteil dieser Dokumentation, da es nicht zugänglich war. Außer den genannten Nutzungen für die Kammern in Dachraum 3.01 kann lediglich eine Lager- und Wäschetrocken- Nutzung für alle Dachräume angenommen werden. Ende des 19./ Anfang des 20. Jh wurde das Gebäude in mehreren Phasen nach Osten, zur Stadtmauer hin erweitert. Dieser Bereich, von polygonalem Grundriss (ca. 54m²; 9m x 6m), wird von einem einfach stehenden Stuhl mit in Ost- Westrichtung verlaufendem First (Raum 3.03) und einer südlich daran anschließenden Pfetten- Pultdachkonstruktion überdeckt (Raum 3.04). Beide Räume werden über eine mobile Leiter von Raum 2.04 aus erschlossen. Die Raumbegrenzung nach Westen ist die aus Backstein gemauerte, östliche Giebelwand der Räume 3.01 und 3.02. Die in Firstrichtung verlaufenden und lediglich Raum 2.03 überspannenden Deckenbalken binden in diese Giebelwand ein und lagern im Osten auf einer Fachwerkwand auf, welche die Trennwand zwischen den Räumen 2.03 und 2.04 darstellt. Somit erstreckt sich Raum 2.04 bis unter das sich zur Westwand des Landsberger Tors hin fortsetzende Pfetten- Pultdach (Beschreibung siehe Raum 2.04). Auf die Deckenbalken sind Holzdielen aufgenagelt. Die Dachdeckung besteht aus vermötelten Betonpfannen (Raum 3.03) und bituminöser Lage auf einer Blatt-Nr.: 4 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: 5 Strausberg, Ausschnitt des Gespärrebuchs (Dachgeschoss), Raum 301, MSD 2005-07. 46 msd-2005-07-cs.indd 46 24.01.2007 18:49:35 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Gespärrebuch Dachgeschoss: c Objekt: c b d a 3.04 3.03 3.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 6: 3.01 3.05 Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo GESPÄRREBUCH b 3.04 3.02 Gruppe 6: RAUM: 3.01 3.03 Juni 2006 Wände Deckung 3.01 Dachwerk Ausbau Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg d a 3.05 Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Juni 2006 GESPÄRREBUCH RAUM: 3.01 Wände Dachwerk Ausbau Deckung Pos. Zustand / Bemerkung Sparrenfüße I Feuchteschäden als allgemein zu vermutendes Schadensbild (augenscheinlich lediglich auf der Südseite in Gespärre 3 erkennbar, da die anderen Sparrenfüße entweder im nördlichen Kniestock eingemauert oder unter der Bodendielung verborgen sind). Sparren II Feuchteschäden oberseitig aufgrund an der Dachhaut abtropfendem Kondenswasser bzw. durch die Dachhaut eindringenden Niederschlag. Aufschieblinge und Hilfssparren III Unterdimensionierung. Z.T. unfachmännischer Einbau. Fehlböden IV Allgemein guter Zustand. Oberseitig sind augenscheinlich keine Schäden erkennbar. Gespärre 1 - Gebinde 1 Fachwerkgiebel der Hauptbauphase. Zusätzlich zur im allgemeinen Teil beschriebenen Konstruktion sind für diese Phase folgende Bauteile nachweisbar. Brustriegel (durch außenseitige Blattsassen an den Sparren und Zapflöcher, teilweise noch mit Zapfen und Holznagel, in den Stuhlsäulen). Mittelständer (durch an Kehlbalkenunterseite befindliches Zapfloch) Auch in diesen sind die Brustriegel vermutlich gezapft gewesen. Andreaskreuz in der oberen Giebelspitze (durch Blattsassen auf der Außenseite der Sparren und des Kehlbalkens). Die Sparren weisen unterseitig, der Kehlbalken ober- und unterseitig Kerben für vertikale Lehmwickelstaken auf, welche offensichtlich auf ursprünglich gewellerte Fachwerkwände hinweisen *Abb.5*. 1 Entfernte Bauteile: Südliche Stuhlsäule (gemauerte Pfeilervorlage als Ersatz) und dazugehöriges längsversteifendes Kopfband *Abb.4*. Mittelständer. Sämtliche Brustriegel. Andreaskreuz in der Giebelspitze. Alle Lehmgefache samt Holzstaken *Abb.5*. Gespärre 2 Keine Besonderheiten. 2 Bestand Skizze/Foto Abb. 4: Gespärre 1 - Gebinde 1 Gemauerte Pfeilervorlage Abb. 6: Gespärre 4 - Gebinde 2 Entferntes längsaussteifendes Kopfband Abb. 5: Gespärre 1 - Gebinde 1 Kerben für Lehmwickelstaken der Giebelwandausfachungen von 1703/04(d) Blatt-Nr.: 6 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN d a 3.04 3.03 3.05 3.02 Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg Gruppe 6: 3.01 Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Juni 2006 GESPÄRREBUCH b 3.02 Gruppe 6: RAUM: 3.01 3.03 Wände Ausbau Deckung 3.01 Dachwerk 3.05 7 PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 15344 Strausberg d a 3.04 Tragverhalten: Wie Gespärre 1. MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE c Objekt: c b Tragverhalten: Das gesamte Gespärre neigt sich nach Norden und hat sich im nördlichen Bereich abgesenkt. Die Verbindungen der noch vorhandenen Bauteile sind in gutem Zustand. Sparrenfüße und insbesondere Zerrbalkenköpfe nicht einsehbar!!! Stand: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Juni 2006 GESPÄRREBUCH RAUM: 3.01 Wände Dachwerk Ausbau Deckung Bestand 8 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN 4 Entfernte Bauteile: Längsversteifende Kopfbänder nach Westen (jeweils Blattsassen in Stuhlsäule und Stuhlrähm vorhanden) *Abb.6*. 5 Gespärredreieck zerstört!!! Die Sparren weisen außerdem im Firstbereich starke Feuchteschäden auf (Kaminstandort der Umbauphase zum Steinhaus). Offensichtlich wurde mit dieser Säule beabsichtigt die Dachlasten aus Gespärre 4 in Gespärre 5 und damit in die darunterliegende Querwand umzuleiten, um der Absenkung der Gespärre 2, 3 und 4 im nördlichen Bereich entgegenzuwirken. Diese Stuhlsäule sollte vermutlich das zwischen Gespärre 4 und 5 durchtrennte südliche Stuhlrähm abfangen. Südliche Stuhlsäule wahrscheinlich ebenfalls in Stuhlrähm gezapft und mit Futterholz auf darunterliegende Wand ablastentend. Südliche Stuhlsäule besitzt Zapflöcher für Brustriegel *Abb.8*, wobei jedoch keine entsprechenden Anschlußspuren wie Blattsassen in den gegenüberliegenden Bauteilen (z.B. südlicher Sparren) vorhanden sind. Gespärre 6 - Gebinde 3 Während von den innerhalb des Dachraums stehenden Stuhlsäulen in Gebinde 2 und von der nördlichen Stuhlsäule im Gebinde 3 längsversteifende Kopfbänder in Ost- und Westrichtung abgehen, besitzt die südliche Stuhlsäule in Gebinde 3 schon von Anfang an lediglich ein Kopfband in Westrichtung (keine Blattsasse in Ostrichtung und keine Zeichen eines oberen Anschlusses am Stuhlrähm) *Abb.9*. Eine Zweitverwendung der Stuhlsäule ist aufgrund der vorhandenen Abbundzeichen unwahrscheinlich. Weiterhin wech- Abb. 9: Gespärre 6 - Gebinde 3 Südl. Stuhlsäule ohne Kopfband nach Osten Blatt-Nr.: Tragverhalten: Wie Gespärre 1. Vermorschter Zerrbalkenkopf auf Südseite augenscheinlich erkennbar. Gespärre 5 Starke, jedoch augenscheinlich nur oberseitig erkennbare Eingriffe in den Zerrbalken (Ausklinkungen, evtl. sogar Durchtrennung). Zusätzliche Stuhlsäulen (offensichtlich zweitverwendet). Nördliche Stuhlsäule in Stuhlrähm gezapft und mit Schleifzapfen in den Zerrbalken eingeschoben *Abb.7*. Abb. 8: Gespärre 5 Zweitverwendete, zusätzliche südl. Stuhlsäule 3 Gespärre 4 - Gebinde 2 Keine Besonderheiten. Abb. 7: Gespärre 5 Mit Schleifzapfen zusätzlich eingestellte nördl. Stuhlsäule Zustand / Bemerkung Gespärre 3 Auf Nordseite ist am Zerrbalken ein Stakeneinschubloch für die Fehlbodenfüllung erkennbar. Skizze/Foto Pos. MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Tragverhalten: Die Verbindungen der noch vorhandenen Bauteile sind in gutem Zustand. Sparrenfüße und insbesondere Zerrbalkenköpfe nicht einsehbar!!! 6 Tragverhalten: Die Verbindungen der noch vorhandenen Bauteile sind in gutem Zustand. Sparrenfüße und insbesondere Zerrbalkenköpfe nicht einsehbar!!! MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 Blatt-Nr.: 9 Strausberg, Ausschnitt des Gespärrebuchs (Dachgeschoss), Raum 301, MSD 2005-07. 47 msd-2005-07-cs.indd 47 24.01.2007 18:49:44 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Schadenskartierung: BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Kellergeschoss c SANIERUNGSVORPLANUNG b d 0.05 a Allgemein Boden Bearbeitet von: Gruppe Turm + Dach Raum: 0.04 Wände 0.04 Ana Criado del Arco, Kirsten Reiß, Hanna Saleh, Ibrahim Salman, Wilfried Wolff Stand: Juni 2006 Decke Skizze/Foto Material: verputzt mit sandhaltigem Kalkputz, im Sockelbereich und am oberen -Wandabschnitt a.1, Mauerwerk: Wandabschluss teilweise Feldsteine (ca. Industrieller hellroter Ziegel 5%) enthalten, (24,5/11,5/6,5cm), Fl.= 10,90 m² (80 % beschädigt) verfugt mit Kalkmörtel (b=1,5-2cm), -Wand c: Wieder verwendeter industrielunverputzt ler roter Ziegel (25/12/6,5cm), Fl.= 2,30 m² (10 % beschädigt) im Bereich der Leibung gelber industriel- Wandabschnitt a.1, Pfeiler: Ziegel ler Ziegel (24,5/11,5/6,5cm) verfugt mit nicht ersichtlich, vermutlich industrieller Kalkmörtel, roter Ziegel, verputzt mit sandhaltigem Kalkputz, verfugt mit sehr festem Kalkmörtel, teilweise Feldsteine (ca. 15%) enthalten, verputzt mit sandhaltigem Kalkputz, Wand bindet nicht ein Pfeilerstärke: 2 Steine. Fl.= 2,10 m² (80 % beschädigt) Fl.= 0,90 m² (60 % beschädigt) - Wand d: Industrieller roter Ziegel - Wandabschnitt a.2: Industrieller roter (25/12/6,5cm), verfugt mit Kalkmörtel, Ziegel (25/12/6,5cm), verputzt mit sandhaltigem Kalkputz verfugt mit Kalkmörtel (b=1,5-2cm), Fl.= 12,40 m²(70 % beschädigt) verputzt mit sandhaltigem Kalkputz - Pfeiler: Roter Ziegel, Art nicht erkennFl= 10,50 m² (70-80 % beschädigt) bar. Auflager unterfüttert mit Flacheisen. - Wand b: Industrieller roter Ziegel (25/12/6,5cm), verfugt mit Kalkmörtel (b=1,5-2cm), 004 Schadensübersicht Kellerwände Blatt-Nr.: 5 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Kellergeschoss PROJEKT 2005/2006 c SANIERUNGSVORPLANUNG b d 0.05 a Allgemein Boden Bearbeitet von: Gruppe Turm + Dach 0.04 Raum: 0.04 Ana Criado del Arco, Kirsten Reiß, Hanna Saleh, Ibrahim Salman, Wilfried Wolff Stand: Juni 2006 Wände Decke Maßnahmenblatt Pos. Bauteil Schaden Ursache Maßnahme Kat. - Durchfeuchtung des Mauerwerks, Feuchtigkeit nimmt in Richtung Wand c zu. - Absanden des Ziegels und des Putzes, Absanden nimmt in Richtung Wand c ab. - Durch fehlende vertikale und horizontale Abdichtung dringt die Erdfeuchte in das Mauerwerk ein. - Erdfeuchte, fehlende Abdichtung, sehr hohe Luftfeuchtigkeit. - Freilegung des Mauerwerks durch Entfernung des Putzes, Abbürsten der losen Oberfläche, Auskratzen der Fugen (ca. 3cm tief), Belassung des blanken Mauerwerks wegen Kontrollierbarkeit und um den Vorgang des Abbürstens wiederholen zu können (nach ca. 4-5 Jahren) III - Unterschiedlich verteilte Salzausblühungen und Kristallisierung. - Die Salzausblühungen sind vermutlich durch die ehemalige Stallnutzung und damit einhergehende Belastung des Erdreichs verursacht. - Untersuchung und Bestimmung der Salze nach Art und Konzentration. III - Salzausblühungen, am Trägerauflager vermehrte Salzansammlung. - Fugen der gesamten Wand sind bis zu einer Tiefe von 2 cm verlustig. - Feuchtigkeit Wände_ Allgemein Für das gesamte Schadensbild: Siehe allgemeine Maßnahmen Wand a Blatt-Nr.: 6 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN II - Höhere Feuchtigkeit im Sockelbereichwegen Schutt III - Beseitigung des Schutts. III MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE PROJEKT 2005/2006 Schadenskategorien: Kat. I = z. Zt. keine Maßnahmen erforderlich/beobachten; Kat. II = kleinere Reparaturmaßnahmen/Handlungsbedarf; Kat. III = größere Reparaturmaßnahmen/dringender Handlungsbedarf Strausberg, Sanierungsvorplanung, Ausschnitt der Schadenskartierung von Raum 0.04/ 0.05, MSD 2005-07. 48 msd-2005-07-cs.indd 48 24.01.2007 18:49:46 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Beispiel Schadenskartierung: BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Kellergeschoss c SANIERUNGSVORPLANUNG b d 0.05 a Allgemein Boden Bearbeitet von: Gruppe Turm + Dach Raum: 0.04 Wände 0.04 Ana Criado del Arco, Kirsten Reiß, Hanna Saleh, Ibrahim Salman, Wilfried Wolff Stand: Juni 2006 Decke Skizze/Foto Abb. 4: 004-F-04-Feldsteine im Sockelbereich Blatt-Nr.: 11 Abb. 5: 004-F-05-korrodierter Träger, schadhafte Öffnung TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE BÜRGERHAUS GEORG-KURTZE-STR. 1 15344 STRAUSBERG Kellergeschoss Abb. 6: 004-F-06-Frostschaden der Kappe, korrodierter Träger PROJEKT 2005/2006 c SANIERUNGSVORPLANUNG b d 0.05 a Allgemein Boden Bearbeitet von: Gruppe Turm + Dach 0.04 Raum: 0.04 Ana Criado del Arco, Kirsten Reiß, Hanna Saleh, Ibrahim Salman, Wilfried Wolff Stand: Juni 2006 Wände Decke Maßnahmenblatt Pos. Bauteil Schaden Ursache Decke_ Kappen - Feuchtigkeit der Ziegel und des Putzes - Salzausblühungen - Schimmelbildung - Partieller Frostschaden einer Kappe mit abschalendem Putz und Ziegel (Abb.6, 004-F-06) - Keine Verformung bzw. Rissbildung der Kappen feststellbar. - korrodierter Eisensturz der Kelleröffnung zum Hof an Wand c (Abb.5, 004-F-05) Blatt-Nr.: 13 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Maßnahme Kat. Für das gesamte Schadensbild: Feuchtigkeit der angrenzenden Wände und hohe Luftfeuchtigkeit. Für das gesamte Schadensbild: Wenn die Tragfähigkeit der Träger gewährleistet ist: - Siehe allgemeine Ursachen. schadhafte Kelleröffnung mit Regenwassereintritt - Entfernen des Putzes zur Überprüfung des Kappenmauerwerks mit anschließender Maßnahmenfestlegung. III II II II I - Feuchtigkeitseintritt durch Regenwasser - Austausch MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE III PROJEKT 2005/2006 Schadenskategorien: Kat. I = z. Zt. keine Maßnahmen erforderlich/beobachten; Kat. II = kleinere Reparaturmaßnahmen/Handlungsbedarf; Kat. III = größere Reparaturmaßnahmen/dringender Handlungsbedarf Strausberg, Sanierungsvorplanung, Ausschnitt der Schadenskartierung von Raum 0.04/ 0.05, MSD 2005-07. 49 msd-2005-07-cs.indd 49 24.01.2007 18:49:47 Prozessfarbe Schwarz Das Gartendenkmalpflegeprojekt des MSD 2005-07 – die Steingartenanlage Schillerstraße 10, Berlin-Zehlendorf. Der Villengarten in Berlin Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden um das damalige Berlin herum zahlreiche Villen- und Landhauskolonien, die bis heute maßgeblich das städtebauliche Gesicht besonders von Dahlem und Zehlendorf prägen. Die erste Anlage dieser Art war die Villenkolonie Alsen entworfen von Gustav Meyer, dem damaligen Königlichen Hofgärtner in Potsdam Sanssouci. In diesem seit 1869 geplanten, parkartigen Gelände sind die Gebäude noch weitgehend von der Schinkel’schen Tradition der klassizistischen Villa geprägt, sie liegen eingebettet in landschaftliche Gärten, die von den Gestaltungstraditionen Lennés und Meyers geprägt sind. In einer zweiten Phase verschwimmt dieser noch aus der Tradition des 19. Jahrhunderts heraus geborene Planungsgrundsatz zugunsten einer langsam strengeren Formalisierung des Außenraums. Immer kleiner werdende Grundstücke lassen die Realisierung von rein landschaftlich geprägten Anlagen nicht mehr zu, so dass die seit dem 18. Jahrhundert aufgegebenen Gestaltungsprinzipien wieder Anwendung finden. Die Villen werden nun ebenerdig, ohne das traditionelle Sockelgeschoss gebaut, um eine direkte Verbindung zwischen Haus und Garten zu ermöglichen. Im Garten werden „klare axiale und wegemäßige Bezüge auf die Haupteingänge des Landhauses [geschaffen, die] Anordnung streng formaler Gartenpartien [steht] in inhaltlicher Korrespondenz zu den funktionalen Vorgaben des Hauses“ (Krosigk 2005, 14). Neben der formal architektonischen Anlage ist in dieser Phase die parallele und zumeist auch gleichberechtigte Entwicklung des rein landschaftlich geprägten Villengartens wichtig. Erst nach der Jahrhundertwende entstehen, in Nachahmung der englischen „Arts and Crafts“Bewegung räumlich deutlich strukturierte, geometrische Gärten, die das Wohnhaus in die Gestaltung mit einbeziehen. „Kunstwerke voll Spannung und Explosivität. Räumliche Brüche und ungewöhnliche Perspektiven, starke farbliche Kontraste und bewegte, rhythmische Kompositionen waren Mittel der ‚Ausdruckskunst’, die auch in den Visionen einer Reihe junger Architekten wiederkehrten“ (Krosigk 2005, 17, zit. nach Wolschke-Buhlmahn/ Fibich 2004, 27). Junge Landschaftsgestalter wie Gustav Allinger, Georg Bela Pniwoer, Otto Valentin, Herta Hammerbacher, Wilhelm Hübotter, Hermann Göritz oder Reinhold Lingner prägten nachhaltig die Gestaltungskunst der 1920er Jahre in Berlin und trugen so zu dieser bemerkenswerten Stadtlandschaft in Berlin-Zehlendorf bei. Ein wichtiges Zeugnis dieser dritten Gestaltungsperiode ist der in der Zwischenkriegszeit entstandene Villengarten des Hauses Springer in der Schillerstraße in Berlin-Zehlendorf. „Dieser 1922 angelegte Garten gilt unter Gartenhistorikern als ein besonders wichtiges Zeugnis der Gartenkultur der Zwischenkriegszeit und des Oeuvres von Berthold Körting, ein Umstand dem die Gartendenkmalpflege mit der am 01.03.1989 erfolgten Unterschutzstellung Rechnung trug“ (Krosigk 2005, 19). Schlachtensee U Krumme Lanke Schillerstr. 10 e le he in nt ge Al isc Ar S Mexikoplatz Berlin-Zehlendorf, Schillerstr. 10. Lage des Gartens Springer (Google-Earth, 20.Nov. 2006). 50 msd-2005-07-cs.indd 50 24.01.2007 18:49:47 Prozessfarbe Schwarz Das Studienprojekt „Springergarten“ Im Auftrag des Landesdenkmalamtes Berlin, Referat Gartendenkmalpflege erarbeitete eine Gruppe von 7 Studierenden des Masterstudiums Denkmalpflege, Jahrgang 2005-07 eine konzeptionelle Maßnahmenplanung zur Konservierung und Wiederherstellung des „Springergartens“ in Berlin-Zehlendorf mit dem Ziel, den Garten in seiner exakten Linienführung zu erhalten. Im Unterschied zur parallel laufenden Bauaufnahme an einem Wohnhaus in Strausberg haben sich die Studierenden S. Behan, M. Bunke, S. Edelhoff, K. Eisenacher, M. Gohlke, R. Nitschke und S. Palmer intensiv mit der gezielten Bauaufnahme in der Gartendenkmalpflege auseinandergesetzt und somit auch die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Disziplinen herausgearbeitet. Ein Gartendenkmal ist nach dem Denkmalschutzgesetz von Berlin „eine Grünanlage, eine Garten- oder Parkanlage, [...] oder ein sonstiges Zeugnis der Garten- und Landschaftsgestaltung [...]. Zu einem Gartendenkmal gehören sein Zubehör und seine Ausstattung, soweit sie mit dem Gartendenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden“ (§2, Abs. 3 DSchG Bln). Die Charta der historischen Gärten (Charta von Florenz 1981) definiert einen historischen Garten als ein mit baulichen und pflanzlichen Mitteln geschaffenes Werk, an dem aus historischen oder künstlerischen Gründen öffentliches Interesse besteht. Nach dieser internationalen Vereinbarung sind die historischen Gärten anderen Denkmalgattungen wie z.B. dem Baudenkmal gleichgestellt und des- wegen gleichrangig zu behandeln und zu schützen. „Ein historischer Garten besteht aus lebendigem pflanzlichen Material und ist folglich vergänglich und erneuerbar. Sein Aussehen resultiert aus einem ständigen Kräftespiel zwischen jahreszeitlichem Wechsel, natürlicher Entwicklung und naturgegebenem Verfall einerseits, und künstlerischem sowie handwerklichem Wollen andererseits, die darauf abzielen, einen bestimmten Zustand zu erhalten“ (Charta von Florenz 1981, Art. 2). Die Gestalt eines historischen Gartens ist gekennzeichnet durch: - Grundriss und Bodenrelief - Pflanzungen: ihre Zusammensetzung, ihre Ausmaße, ihre Farbwirkungen, ihre Anordnung im Raum, ihre jeweilige Höhe - Baulichkeiten oder sonstige Ausstattungselemente - bewegtes oder ruhendes (den Himmel spiegelndes) Wasser (Charta von Florenz 1981, Art. 4). Der Denkmalwert eines historischen Gartens ist in der Regel unter den oben genannten vier Eigenschaften zu finden. Von seiner räumlichen Konzeption bis zum einzelnen pflanzlichen Element, von der schmückenden Ausstattung bis zu den Baumaterialien, die die jeweilige Authentizität eines historischen Gartens ausmachen, wird alles bei der Bauaufnahme erfasst und inventarisiert. Dabei werden alle Anlage- und Bauwerkteile sowie Pflanzen systematisch dokumentiert, wobei die geschichtlichen Spuren ursprünglicher Gestaltungen und Strukturen gleichrangig und lückenlos erfasst werden. Begehung des Gartens Springer, Berlin-Zehlendorf, 2006. 51 msd-2005-07-cs.indd 51 24.01.2007 18:49:48 Prozessfarbe Schwarz Die Inhalte, die bei der gartendenkmalpflegerischen Bauaufnahme aufgenommen werden, hängen von der Eigenschaft bzw. dem Kennzeichen der Gestalt des historischen Gartens ab. Als Ergebnis der Untersuchung zum „Springergarten“ in Berlin-Zehlendorf ist eine umfassende Dokumentation entstanden, die in Form eines Parkpflegewerkes zusammengefasst zu folgendem Endergebnis gekommen ist: Zukünftiges Ziel in absehbarer Zeit für den Springergarten in Berlin-Zehlendorf sollte aus Sicht der im Sommersemester 2006 durchgeführten Untersuchungen eine Wiederherstellung der sich in Auflösung befindlichen Anlage sein. Es handelt sich bei diesem Senkgarten um ein Kulturdenkmal gemäß § 2 (4) des Berliner Denkmalschutzgesetzes vom 24. April 1995 (DSchG Bln). An seiner Erhaltung und bestandserhaltenden Sanierung besteht ein nachgewiesenes öffentliches Interesse. Der Garten ist in seiner Ausprägung von hohem Seltenheitswert und in seiner Gestaltung einzigartig. Von der ursprünglich reichen Gestaltung und Ausstattung der Villengärten der 1920er Jahre in Berlin-Zehlendorf haben sich nur wenige Beispiele erhalten. Besonders bedeutend ist dabei die Tatsache, dass auf Grund der erhaltenen Substanz eine detailgenaue Rekonstruktion dieses Gartens noch möglich ist. Garten Springer, Blick zum Haus, Winter 2005/ 2006. Garten Springer, Blick zum Wasserspiel, Bauaufnahme Sommer 2006. Garten Springer, Lagebesprechung auf der Terrasse, 2006. Caroline Rolka Literatur Berliner Denkmalschutzgesetz (DSchG Bln) Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin, in: Denkmalschutzgesetze, Schriftenreihe des deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 54 (3), Bonn 1997, 29 ff. [akt. Fassung: http: www.stadtentwicklung. berlin.de/service/gesetzestexte/de/denkmal.shtml] Charta von Florenz 1981 Charta von Florenz. Charta der historischen Gärten, 21. Mai 1981, in: Denkmalschutz. Texte zum Denkmalschutz und zur Denkmalpflege, Schriftenreihe des deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 52, Bonn 1996 Krosigk 2005 Krosigk v. K.H.: Gartendenkmale in Berlin, Privatgärten, Beiträge zur Denkmalpflege, Petersberg 2005. Wolschke-Bulmahn/ Fibich 2004 Wolschke-Bulmahn, J., Fibich, P .: Gartenexpressionismus, Anmerkungen zu einer historischen Debatte, in: Stadt und Grün 53, (8) 2004, 27ff. Garten Springer, Bauaufnahme, 2006. Garten Springer, Bauaufnahme, 2006. 52 msd-2005-07-cs.indd 52 24.01.2007 18:49:49 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-ZEHLENDORF, STEINGARTENANLAGE SCHILLERSTRASSE 10 Lage und Entstehungsgeschichte des Steingartens von Berthold Körting Topographische Lage des Steingartens Der Garten liegt in dem Villengebiet des Grunewaldes im Berliner Stadtbezirk SteglitzZehlendorf. Nur wenige hundert Meter vom Schlachtensee sowie der Krummen Lanke entfernt, befindet sich die Anlage auf dem Eckgrundstück Schillerstraße/Klopstockstraße. Die Steingartenanlage von Berthold Körting liegt südlich des Landhauses der Familie Springer, auf einer Fläche, die in der ursprünglichen Gesamtplanung für den Garten als Rasenfläche ausgelegt war. Geschichte des Gartens 1910 erwarb Julius Springer (Enkel des Verlagsgründers Julius Springer sen.) in der damaligen Villenkolonie Zehlendorf-West mehrere Parzellen. Die Grundstücksfläche betrug zum damaligen Zeitpunkt 4200 m². Die Architekten L. Eisenlohr und O. Pfennig planten und errichteten in den folgenden Jahren ein Haus im Landhausstil mit Garten (Abb. 1). Es ist bislang das einzige bekannte Objekt der beiden Stuttgarter Architekten in Berlin. Vor Baubeginn wurde ein, auf dem Gelände befindlicher, 20 Jahre alter Kiefernforst gerodet, anschließend das stark hügelige Gelände eingeebnet. Das Geländeniveau blieb aber ca. 1,50 m über dem Niveau der angrenzenden Straßen. Deshalb erhielt der Garten auf beiden Seiten zur Straße hin und zum angrenzenden Grundstück eine Mauer. 1921 erhielt Berthold Körting den Auftrag zur Umgestaltung einer Rasenfläche im bestehenden Garten (Abb. 4). Berthold Körting war sehr gut befreundet mit Karl Foerster, über den vermutlich auch die Verbindung zu der Familie Springer entstand. Beide Gestalter verband die gleiche Liebe und Begeisterung für Pflanzen, insbesondere für Stauden. Nach dem Tod von Julius Springer im Jahre 1968 erbten seine Kinder das Grundstück mit dem Haus. Das Grundstück wurde neu aufgeteilt und Teile von dem Kerngrundstück abgetrennt. 1989 erfolgte die Unterschutzstellung der Anlage als Gartendenkmal. Berthold Körting 6. Mai 1883 in Hannover geboren 1906 Studium an der Kunsthochschule in Dresden 1907 Teilnahme an Studienklassen an der Akademie der Bildenden Künste in München 1909 Mitglied der Malschule Heinrich von Zügels in München ab 1918 Wohnort in Neu-Babelsberg, schuf dort u. a. Gärten für den Reichskunstwart Dr. Edwin Redslob in Neu-Babelsberg 1919-1930 Mitbegründer eines Architekturbüros in Berlin 1924 Gründung der „Oranienburger Werkstätten“ 30. Mai 1930 in Babelsberg verstorben Aufbau und Beschreibung des Steingartens Die Anlage ist ein rechteckiger Senkgarten und hat eine Gesamtfläche von 374 m². Er ist durch Terrassen, deren Stützmauern aus Kalkstein bestehen, geprägt. Die terrassenförmige Absenkung erzeugt eine Tiefenwirkung des Gartens. Der tiefste Punkt befindet sich 2,40 m unter dem Gartenniveau in der Mitte des Senkgartens. Dort ist ein Wasserbecken aus Ziegelmauerwerk, das mit einem zweiten, höher gelegenen Becken durch einen Zulauf verbunden ist. Zentral zwischen den beiden Becken steht ein schmiedeeisernes Gitter. Es ist deutlich kleiner als ein normales Gitter und stellt somit eine optische Täuschung dar, die den Garten größer erscheinen lässt. Im rückwärtigen Bereich überragt die Anlage das Gartenniveau um einen halben Meter. Die Höhenunterschiede werden durch Treppen aus Ziegelstein überbrückt. Abb. 2 Der Steingarten, um 1922 Aus: Gartenschönheit (1922), 3 Abb. 4 Schillerstraße 10/Klopstockstraße (1911-12), Gartenplan von Eisenlohr u. Pfennig Aus: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1995 Der Steingarten ist streng architektonisch aufgebaut. Das zentral in der Anlage eingebettete Wasserspiel aus Ziegelmauerwerk unterstreicht maßgeblich die Symmetrie des Senkgartens. Wasserflächen in der Mittelachse vermitteln dem Betrachter den Eindruck von Weite. Die Wasserspiegelung soll die reiche Gliederung der Stufen und Terrassen auffangen und auflösen. Beidseitig des oberen Wasserbassins befindet sich je eine Pflanzterrassenabtreppung. Zur weiteren Gestaltung des Wasserzulaufes der Becken dienen integrierte Bronzeelemente (Abb. 2). Den besonderen Reiz der Anlage sollte das Gegenspiel zwischen Symmetrie und Asymmetrie ausmachen. Die Pflanzen sollten entsprechend ihrem lebendigen Wesen verwendet werden und wurden daher unsymmetrisch angeordnet. Zur Bepflanzung wurden blühende Staudengewächse und einige wenige Gehölze verwendet1. Hinter dem oberen Wasserbecken führen zwei Ziegelsteintreppen an das Ende der Steingartenanlage, von dort aus gelangt man wieder auf den umlaufenden Kiesweg des Gartens. Berthold Körting plante naturnahe, idealisierte und ästhetisch ansprechende Gärten, die einen Gegenpol zu den architektonischen Elementen bildeten und diese ebenso steigern sollten. Horizontale und vertikale Elemente, z.B. in Form von terrassierten Mauern oder Säulen-Eiben, wurden genutzt, um die Wirkung zu steigern. Er maß der Wirkung von Form und Farbe der Pflanzen eine hohe Bedeutung zu und setzte diese gezielt ein. Gleichzeitig berücksichtigte er die Wirkung der unterschiedlichen Belichtung je nach Tages- und Jahreszeit2. 1 vgl. Gärten der Zwanziger Jahre. In: Gartendenkmale in Berlin. Privatgärten (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Band 21), hrsg. Landesdenkmalamt Berlin, Berlin 2005, S. 279 2 vgl. Körting, Berthold: Zwei Gärten. In: Gartenschönheit (1929), 7, S. 197-202 Abb. 1 Das Haus, um 1926 Privatbesitz der Familie Springer Abb. 3 Der terrassierte Steingarten, um 1926 Aus: Gartendenkmale in Berlin. Privatgärten, Berlin 2005 Suleika Behan, Stefan Edelhoff, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 53 msd-2005-07-cs.indd 53 24.01.2007 18:49:56 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-ZEHLENDORF, STEINGARTENANLAGE SCHILLERTRASSE 10 Ergebnisse der Bauforschung Aufgaben und Methoden Mit Hilfe eines Nivellements wurde die Anlage im Juni 2006 in ihrer Struktur erfasst und zeichnerisch im Maßstab 1:25 dargestellt. Die Bestandserfassung des Steingartens erwies sich aufgrund der Vielgliedrigkeit der Anlage als außerordentlich schwierig. Weitere Untersuchungen in Form von Sondagen waren notwendig, um wichtige konstruktive Details des Wasser- und Wegesystems zu erfassen. Die freigelegten Bereiche wurden vermessen, beschrieben und fotografisch dokumentiert. Das Gesamtbild der Steingartenanlage wird bestimmt durch das Zusammenspiel einzelner Elemente. Aufgrund dieser Erkenntnis werden im Folgenden die Elemente einzeln beschrieben und ihre Verbindung zueinander herausgestellt. Elemente der Anlage Wege Die Gartenanlage ist begehbar über zwei Hauptrundwege auf der oberen und unteren Ebene. Die Verbindung bilden mehrere Nebenwege. Auf beiden Rundwegen wurde mit Hilfe von Befundöffnungen (Abb. 1) die historische Deckschicht aus weiss-gräulichem Kies nachgewiesen. Beide Wege verspringen in ihrer Ebene und werden durch rote Ziegeltreppen unterbrochen. Der Ziegel weist auf die Verbindung zum Wasserspiel der Anlage hin. Die Nebenwege führen über Natursteinplatten sowie Natursteintreppen aus Rüdersdorfer Kalksandstein durch die bepflanzten Terrassen. Um die Tiefenwirkung des Gartens zu verstärken wählt Berthold Körting verschiedene Wegebreiten. Die Entwässerung der Kies- und Natursteinwege erfolgt jeweils über ein leichtes Gefälle in Richtung des großen Wasserbeckens. Terrassen Lange Trockenmauern aus Rüdersdorfer Kalksandstein bilden das Terrassengefüge des Senkgartens. Durch dieses Element wird der Wechsel zwischen Wegen und Pflanzterrassen veranschaulicht. Mit der zum Haus hin vertikalen Gliederung der Anlage entsteht eine gewollte perspektivische Tiefengliederung. Somit wirkt der Garten für den Betrachter optisch größer. Der Kalksandstein hat einen durchgängig weißen bis hellgrauen Farbton. Die bis zu einem halben Meter hohen Mauern sitzen ohne Gründung auf dem Erdreich auf. Sie sind einschalig ausgeführt und ein- bis dreilagig geschichtet. Berthold Körting gestaltet die Sichtseiten der Trockenmauern als bruchraue Kanten. Dieses Gestaltungselement bricht die exakte Linienführung des roten Ziegelmauerwerks am Wasserspiel. Wasserspiel Wasser ist ein wesentliches Gestaltungselement des Senkgartens. Das Wasserspiel befindet sich zentral in der Anlage. Es zeichnet sich durch ein oberes und ein unteres Becken sowie ein verbindendes Zulaufbassin aus (Abb. 4). Das Sichtmauerwerk des oberen Wasserbeckens und des Zulaufbassins ist mit Rathenower Ziegeln ausgeführt. Als ornamentale Verzierung des Bassins dient ein verhältnismäßig kleines Schmuckgitter (Abb. 11, 12). Alle figürlichen Elemente des Ein- und Auslaufes sind aufwendig in Bronze (Abb. 5-10) gestaltet. Die Materialität des unteren Beckens wurde während der Bauaufnahme nicht erfasst. Eine Quelle von Frischwasser speist das obere Becken und fließt von dort zum verzierten Zuflussrohr des Bassins. Angekommen im unteren Becken versickert es in der randnahen Überlaufzone, welche durch Sumpfpflanzen bewachsen ist. Abb. 3 Senkgarten, Blick von Nordost Abb. 4 Wasserspiel, Blick vom Haus Wasserspeier, Ansicht - Draufsicht Abb. 1 Wegeaufbau, schematischer Schnitt Rüdersdorfer Kalksandstein anstehender Boden Schlackestein Humusauflage Kies Sand Terrassen Wege Wasserspiel Abb. 2 Entwurf von Berthold Körting, 1922 Aus: Gartendenkmale in Berlin. Privatgärten, Berlin 2005 Vegetation Die Pflanzterrassen präsentieren sich derzeit in einem stark verwilderten Zustand. Eine Rekonstruktion der originalen Bepflanzung ist anhand der vorhandenen Unterlagen nur annäherungsweise möglich. Nur wenige Hinweise in der Literatur geben Aufschluss darüber, wie die Bepflanzung der Terrassen ausgesehen hat. In einem Aufsatz von Berthold Körting in der Zeitschrift Gartenschönheit von 1929 beschreibt er die Gestaltung der Terrassen mit ihrer lockeren Bepflanzung. Stauden- und Zwiebelgewächse bildeten den gestalterischen Schwerpunkt der Planung. Er hebt hervor, dass die scheinbare Regellosigkeit der blühenden Polsterstauden diese Gartenarchitektur ausmacht. Literaturangaben geben Hinweis darauf, dass Berthold Körting sich in seiner vegetativen Gestaltung an den zeitgenössischen modernen Vorstellungen der 1920er Jahre orientiert. Er nimmt auch direkten Bezug auf die Ideen seines Freundes Karl Foerster zur Farbgebung, Höhenstaffelung und zu Blühaspekten1. Abb. 5-8 Wasserspeier Muschel, Draufsicht Abb. 9, 10 Muschel Gitter, Ansicht Abb. 11, 12 Ziergitter 1 vgl. Körting, Berthold: Zwei Gärten. In: Gartenschönheit (1929), 7, S. 197-202 Wenn nicht anders angegeben, stammen die Abbildungen von: Markus Bunke, Berlin 2006. Kristina Eisenacher, Sonja Palmer, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 54 msd-2005-07-cs.indd 54 24.01.2007 18:49:59 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-ZEHLENDORF, STEINGARTENANLAGE SCHILLERSTRASSE 10 Denkmalpflegerische Zielstellung und Maßnahmenplanung Denkmalpflegerische Zielstellung Der 1921 angelegte Garten ist ein wichtiges Zeugnis der beginnenden architektonischen Gartenkultur der Zwischenkriegszeit. Berthold Körting verlieh dem Garten durch den strengen Aufbau seine architektonische Sprache. Das oberste Ziel ist daher der Erhalt der Ablesbarkeit der Anlage. Zur Erhaltung des Werkes darf die exakte Linienführung der Terrassen nicht weiter verwischen und muss teilweise wieder hergestellt werden. Um einen weiteren Substanzverlust der Anlage zu verhindern, sind konservierende Maßnahmen dringend notwendig. Langfristig kann eine Ablesbarkeit der von Berthold Körting gewählten Gestaltungselemente nur durch die Instandsetzung weiter Teile des Steingartens gewährleistet werden. Schadenskartierung Trockenmauerwerk/Ziegelmauerwerk Bestandsplan Schnitt A-A , 2006, MSD 2005-07 Maßnahmenplanung Aufgrund dieser Zielstellung wird folgender Maßnahmenplan entwickelt: Dieser Plan gliedert sich in kurzfristige und langfristige Maßnahmen, wobei zwischen den einzelnen Elementen der Anlage unterschieden werden muss. Wege kurzfristig: Wiederherstellung der Kieswege (Abtragen der oberen Humusschicht, Ergänzung der fehlenden Kiesschicht), Wiederherstellung d. Entwässerungssystems langfristig: Pflege Mauern kurzfristig: Sicherung des Bruchsteinmauerwerks langfristig: neu setzen des Bruchsteinmauerwerks Wasserspiel kurzfristig: Abdeckscheibe zur Substanzerhaltung des oberen Beckens Bronzeelemente konservieren Schadenskartierung Bestandsplan Grundriss, 2006, MSD 2005-07 Instandsetzung kurzfristig: Abbau des Beckens und neu versetzen langfristig: Pflege Vegetation kurzfristig: sofortige Sicherung durch Bepflanzung mit Bodendeckern langfristig: Bepflanzung nach Stil von Körting (Farbfolgen und Ausrichtung nach d. Licht) Aufgrund der möglichen erläuterten Maßnahmen wird eine Rekonstruktion der Wege, Mauern und der Vegetation vorgeschlagen. Das Wassersystem wird konservierend behandelt, da eine Wiederherstellung einen erheblichen Substanzverlust bedeutet und mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Eine exakte Rekonstruktion der Vegetation nach Berthold Körting ist nicht möglich. Dennoch sollten bei einer gärtnerischen Neuplanung die pflanzlichen Gestaltungselemente von Körting als Grundlage dienen. Ebenso ist das Herstellen einer exakten Kopie der Bronzeelemente nicht möglich. Daher wird von dieser Maßnahme abgesehen. (1) offene Fugen u. Fugenflanken (2) Sprengung durch Vegetation Schadenskartierung Besonderes Augenmerk wurde bei der Schadenserfassung auf das Ziegelmauerwerk und die Trockenmauern gelegt. Hier erfolgte eine genaue Schadenskartierung. Diese bildet unter anderem die Grundlage für eine spätere Maßnahmenplanung. Als Schäden am Wasserspiel sind insbesondere das undichte obere Wasserbecken und fehlende Zierelemente aus Bronze zu erwähnen. Das Wegesystem ist in seiner ursprünglichen Form nicht mehr erlebbar. Große Teile der Kiesschicht sind durch eine geschlossene Grasnarbe überwachsen. Außerdem wurde das Gefälle der Terrassenebenen im Laufe der Jahrzehnte durch Erosion abgetragen. (3) Bruch des Mauergefüges (4) Risse einzelner Steine Die häufigsten Schäden am Ziegelmauerwerk sind: - partielle Verformungen, z.B. Absenkungen offene Fugen und Fugenflanken (1) Risse im Mauerwerk Sprengung durch Vegetation (2) biogener Bewuchs Für das Trockenmauerwerk konnten folgende Schäden festgestellt werden: - Sprengung durch Vegetation Bruch des Mauergefüges (3) Risse einzelner Steine (4) Schräglage der Mauer Absenkungen Wenn nicht anders angegeben, stammen die Abbildungen von: Markus Bunke, Berlin 2006. Markus Bunke, Michaela Gohlke, Rommy Nitschke, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 55 msd-2005-07-cs.indd 55 24.01.2007 18:50:09 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Gartendenkmalpflege: Grundriss Gesamtplan - Detail Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Grundriss, formtreue Bauaufnahme, o.M., im Original M 1: 25, MSD 2005-07. Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Grundrissausschnitt im Originalmaßstab, M 1: 25, MSD 2005-07. 56 msd-2005-07-cs.indd 56 24.01.2007 18:51:32 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Gartendenkmalpflege: Schnitt Gesamtplan - Detail Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Schnitt A-A, formtreue Bauaufnahme, o.M., im Original M 1: 25, MSD 2005-07. Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Schnitt B-B, formtreue Bauaufnahme, o.M., im Original M 1: 25, MSD 2005-07. Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Ausschnitt Schnitt B-B im Originalmaßstab, M 1: 25, MSD 2005-07. 57 msd-2005-07-cs.indd 57 24.01.2007 18:51:50 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Gartendenkmalpflege: Befunddokumenation Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.1 Wege 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.1 Wege Der streng architektonische Aufbau der Steingartenanlage findet sich auch im Wegesystem wieder. Das Wegesystem setzt sich aus zwei Hauptrundwegen zusammen, die über Natursteinwege und -treppen miteinander verbunden sind. Legende Rüdersdorfer Kalksandstein Ein Weg verläuft auf der obersten Ebene, dem rechtwinkligen System folgend um die gestaltete Gartenanlage. Der zweite Weg befindet sich auf der untersten Ebene und umgibt die rechteckige Überlaufzone. anstehender Boden Schlackestein Abb. 5: Wegeaufbau, schematischer Schnitt Humusauflage/Kulturschicht Kies Sand Beide Wege haben einen identischen Aufbau. Die Deckschicht besteht aus weiß-gräulichem Kies mit einer Korngröße von einem Zentimeter, einer darunter liegenden Ausgleichschicht aus Kies und Erde, sowie einer ca. zehn Zentimeter hohen Tragschicht aus Sandboden mit Schlackesteinen oder Schotter. (s. Abb. 5) Über parallel laufende Nebenwege werden beide Hauptrundwege miteinander verbunden. Diese bestehen aus Rüdersdorfer Kalksandstein und sind einfach in Mutterboden aus unregelmäßigen Platten verlegt. Die Hauptwege verspringen in ihrer Ebene und werden durch Ziegelsteintreppen unterbrochen. Diese Ziegeltreppen weisen auf den Weg zum kaskadenartigen Wasserspiel. Abb. 6: Wegeaufbau, schematischer Schnitt Um die Tiefenwirkung des Gartens zu unterstreichen, verwendete Berthold Körting zwei Wegebreiten. Für den Oberen wählte er eine Breite von 1,50 m und für den unteren 1,00 m. Die Entwässerung der Wege funktioniert wie bei den Pflanzebenen mit einem leichten Gefälle von ca. zwei Prozent in Richtung des Überlaufbeckens. Das Gefälle ist auf den Wegen noch vorhanden. Auf den Pflanzebenen ist kaum noch Gefälle nachweisbar, da die oberste Erdschicht mit der Zeit abgespült wurde. Hauptweg In der Bestandssituation im Juni 2006 liegt der größte Teil der historischen Kieswege unter einer Rasenschicht, sowie Efeu und Spontanvegetation. An der Hausseite wurde später auf den historischen Kies ein weiß-gelblicher Kies mit der Korngröße 6-8 mm hinzugefügt. Sichtig ist der historische Kies ausschließlich auf der östlichen Seite des oberen Hauptweges. (s. Grundriss, Katalog I Planwerk) Nebenweg Abb. 7: Wegestruktur Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.2 Trockenmauern 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.2 Trockenmauern Langgestreckte Stützmauern setzen die Architektur des Hauses terrassenartig in die Tiefe fort. Die 30 bis 50 cm hohen Trockenmauern sitzen ohne Gründung einschalig in ein bis drei Steinschichten auf dem Erdreich auf. Der verwendete Naturstein stammt aus dem Rüdersdorfer Kalksandsteinbruch. Die Abdecksteine des einschaligen Mauersystems werden teils von Bodendeckern der Pflanzbeete überwuchert. Das Entwässerungssystem ist für die gesamte Anlage mit einem Gefälle in Richtung Überlaufbecken ausgerichtet. Dadurch ist auch keine Drainage für die einzelnen Ebenen mehr nötig. Körting gestaltet die Sichtseite der Trockenmauern mit der naturbelassenen Bruchsteinkante. Der Stein hat durchgängig einen weißen bis hellgrauen Farbton. Die einzelnen Mauern der Terrassen laufen in ca. ein Meter breite Natursteintreppen aus die einerseits zum Begehen des Natursteinweges dienen, sowie andererseits zum Ranken der Pflanzen. Die Natursteintreppen sind mit einem Versatz von ca. fünf cm ohne Hinterfütterung auf den Mutterboden verlegt. Abb. 8: Die fünf goldenen Regeln des Trockenmauerbaus: Detailaufnahme Trockenmauer, Ansicht Süd 1. 2. Achten Sie darauf, dass die Steine versetzt platziert werden, damit keine über mehrere Schichten durchlaufenden Stossfugen entstehen. „Ein Stein auf zwei, zwei Steine auf einen“ lautet die Regel. 3. Füllen Sie alle Hohlräume zwischen und unter den Bausteinen minutiös mit Füllsteinen.... Je kompakter, desto besser! 4. Setzen Sie die Mauer so, dass deren Oberfläche immer waagerecht liegt. Ist die nicht der Fall, müssen Sie sie mit Keilen (spitzen Steinen) in die gewünschte Lage bringen. 5. Abb. 9: Setzen Sie die Steine so, dass jeder Stein seine beiden Nachbarsteine berührt, denn Lücken gefährden die Stabilität. Kontrollieren Sie immer wieder die Richtschnur um sicher zu gehen, dass sich Steine und Richtschnur nicht berühren. Sonst wird die Schnur herausgedrückt und dadurch die Form der Mauer verändert.5 Anmerkungen 5 Stiftung UmweltEinsatz Schweiz (Hrsg.): Trockenmauern, Steffisburg 1996, S. 22 Detailaufnahme Trockenmauer, Ansicht Nord Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Befunddokumentation - Bauforschung, MSD 2005-07. 58 msd-2005-07-cs.indd 58 24.01.2007 18:52:02 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Gartendenkmalpflege: Befunddokumenation Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.3 Wasserspiel 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.3 Wasserspiel Das Wassersystem mit seiner zentralen Ausrichtung ist ein wesentliches Gestaltungselement des Gartens. Es befindet sich in der Mittelachse der Steingartenanlage und setzt sich aus zwei terrassenartig angelegten Becken und einem verbindenden, brückenartig ausgebildeten Zulaufbassin zusammen. Perspektivische Wirkung der Anlage Das Wasserspiel fließt aufgrund der terrassenförmigen Anordnung der Becken kaskadenförmig zum Haus hin. Dies wird im Zentrum des Senkgartens durch die Absenkung des Terrains um etwa 2,40 m sowie im hinteren Teil durch die Anhebung des Geländes um etwa 0,50 m über das normale Niveau hinaus erreicht. Durch diese vertikale Gliederung der Anlage entsteht eine gewollte perspektivische Tiefengliederung, so dass der Garten für den Betrachter optisch größer wirkt. Darüber hinaus unterstreicht das zentral im Garten zwischen beiden Wasserbecken positionierte schmiedeeiserne Gitter durch seine auf etwa 2/3 verkleinerte Größe diese optische Wirkung. Abb. 10: Ansicht Wasserspiel, Blickrichtung Süd Abb. 11, 12: Hahneinfassung (oben) Wasserbassin (unten) Abb. 13: Ansicht Wasserspiel, Blickrichtung Süd-Ost Der Weg des Wassers Der Zulauf des Wassers wurde durch eine vermutlich vom Haus aus verlegte Frischwasserleitung gewährleistet, welche frostsicher verlegt ist und deren Ende sich oberhalb des oberen Beckens im hinteren Bereich der Gartenanlage befindet. Den Übergang vom frostsicher verlegten zum frostgefährdeten Teil der Zulaufleitung bildet ein Absperrventil, welches von einer kleinen Metalleinfassung mit Metalldeckel umgeben ist. Diese Einfassung war im historischen Wegeprofil ursprünglich ebenerdig verlegt, so dass sie durch das heute deutlich höhere Erdniveau verdeckt war. Nach Aussage des Eigentümers erfolgte der Zulauf des Wassers nicht permanent sondern nur zeitweise zu besonderen Anlässen. Dies geschah über eine Muschel aus Bronze am hinteren Beckenrand. Einige historische Abbildungen aus der Zeit kurz nach der Fertigstellung der Anlage lassen jedoch eine andere Zuführung des Wassers über eine kleine Mittelfontäne erkennen, deren Rohrende in der Mitte des Beckengrundes noch heute deutlich sichtbar ist. Über einen mittig angeordneten Auslauf an der Außenseite des oberen Beckens wird das Wasser in den brückenartig überbauten Zulauf des darunter liegenden Wasserbassins geleitet. Im unteren quer oblongen Becken angekommen, wird das Wasser in einer gestalteten Überlaufzone den Pflanzen zugeführt. Abb. 14, 15: Mittelfontäne (oben) Wasserspeier (unten) Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.3 Wasserspiel 3 Bauforschung 3.2 Elemente der Anlage 3.2.3 Wasserspiel Gestaltungsmerkmale Das obere ca. 3 x 3 m große Wasserbecken sowie der brückenartig ausgebildete Zulauf sind in Ziegelmauerwerk mit handgestrichenen Rathenower Ziegeln ausgeführt. Deren exakte Art der Ausführung als Sichtmauerwerk in Läufer- Binderverlegung stellt einen deutlichen gestalterischen Kontrast zum umliegenden Trockenmauerwerk aus grob behauenen Kalksteinen dar. Durch die Verwendung des Ziegelmauerwerkes im Zentrum der Anlage wird die strenge symmetrische Gliederung des Gartens optisch unterstrichen. Der Grund des oberen Beckens ist aus flach gelegten Ziegelsteinen im Ellebogenverband erstellt. Diese Art der Ausbildung des Bodens durch einen Schmuckverband hatte die optische Aufwertung des zumeist wasserfreien Beckens zum Ziel. Derzeit ist das Bassin mit einer blau gefassten Abdichtungsschlämme versehen, deren Zustand ruinös ist. Eine Fundamentierung des Beckens konnte nicht gefunden werden. Stattdessen befindet sich unter der gemauerten Bodenschicht eine weitere Mauerschicht aus Ziegeln, welche lediglich auf gewachsenem Boden aufliegt. Gestützt werden die gemauerten Beckenwände des oberen Beckens von außen durch eine Betonböschung als Rückenstütze. Diese liegt unter Erdniveau und ist somit nicht sichtbar. Der vordere, parallel zur Villa gerichtete Beckenrand ist zusätzlich durch eine vorgestellte Ziegelmauer zur Ausbildung einer Pflanzleiste zweischalig gestaltet. Das untere, etwa 9,90 x 2,40 m große Becken befindet sich an der tiefsten Stelle des Senkgartens. Das in seiner Längsausrichtung parallel zum Haus liegende quer oblonge Becken ist allseitig von grob behauenen Randsteinen aus Kalksandstein mit anschließender Überlaufzone umgeben. Der brückenartig gestaltete, ebenfalls gemauerte Zulauf des unteren Beckens bildet architektonisch das Bindeglied zwischen der streng gefassten Form des oberen Beckens und dem darunter liegenden, naturnahen und ausufernden Wasserbecken. Die Ausbildung einer etwa 25 cm hohen umlaufenden Sockelzone erfolgt durch die Verblendung der gemauerten Wände mit einer ca. 3 cm breiten Putzkante. Ein integriertes schmiedeeisernes Gitter zwischen den Stirnflächen beider Seitenwände des Zulaufs unterstreicht, als ein zentrales Gestaltungselement des Gartens, die perspektivische Wirkung der Anlage. Abb. 16: Schnittdarstellung Wassersystem, Ein- und Auslauf Die für das Wassersystem notwendigen Elemente des Ein- und Auslaufes sind künstlerisch aufwendig in Bronze gestaltet. Den oberen Zulauf bildet eine Muschel mit einem ehemals aufsitzendem Fisch, welcher als Wasserhahn fungierte und abnehmbar war. Den unteren Auslauf bildet ein ca. 32 cm langes ornamentiertes Rohr, auf welchem sich ehemalig ein stehendes Pferd befand. Abb. 17: Hahneinfassung mit Absperrhahn Abb. 18: Detail Absperrhahn Im nachfolgenden Katalog sind die einzelnen Bronzeelemente tabellarisch aufgelistet und beschrieben. Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Befunddokumentation - Bauforschung, MSD 2005-07. 59 msd-2005-07-cs.indd 59 24.01.2007 18:52:07 Prozessfarbe Schwarz Arbeitsproben – Gartendenkmalpflege: Schadenskartierung Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 4 4 Dokumentation vorhandener Schäden Dokumentation vorhandener Schäden Besonderes Augenmerk wurde bei der Schadenserfassung auf das Ziegelmauerwerk und die Trockenmauern gelegt. Hier erfolgte eine genaue Schadenskartierung (s. Anlage Katalog II, Schadenkartierung). Diese bildet unter anderem die Grundlage für eine spätere Maßnahmenplanung. Für das Trockenmauerwerk konnten folgende Schäden festgestellt werden: Die häufigsten Schäden am Ziegelmauerwerk sind: Ziegelmauerwerk Schäden Mögliche Ursachen - Biogener Bewuchs/Vegetation - mangelnde Pflege Beispiel (1) - Desolate Fugen/ - Witterungseinfluss (2) Offene Fugenflanken (biogener Bewuchs) - Sprengung durch Vegetation - Fehlstelle (aktives Schadbild) - Fehlstelle (passives Schadbild) (1) Abb. 36-38: Schäden am Ziegelmauerwerk (3) Beispiel (2) Beispiel (3) - Witterungseinfluss - Mechan. Einwirkungen - Risse/Rissbildungen - Verformung durch Schubkräfte (horizontal) - Fehlender Verbund Trockenmauerwerk (Kalksandstein) Mögliche Ursachen Beispiel (4) - Biogener Bewuchs/Vegetation - mangelnde Pflege Beispiel (5) (5) Schäden - Fehlstelle - Spontanvegetation/Wildwuchs Beispiel (6) - Bruch - Witterungseinfluss - Risse/Rissbildungen - Schräglage/Kipplage - Absenkung (4) Abb. 39-41: Schäden am Bruchsteinmauerwerk (6) Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 Berlin-Zehlendorf Steingartenanlage Schillerstraße 10 4 4 Dokumentation vorhandener Schäden Dokumentation vorhandener Schäden Wassersystem Schäden Mögliche Ursachen Beispiel (7) - undichtes Wasserbassin (Risse) - mangelnde Pflege, Wurzelsprengung - Baukonstruktive Ursachen - Mechan. Ursachen - fehlende Bronzeelemente Wegesystem Schäden Mögliche Ursachen Beispiel (8) - Kiesschicht überwachsen von Grasnabe - mangelnde Pflege - Wegegefälle erodiert - Spontanvegetation/Wildwuchs - Erosion Abb. 42: Schäden am Wasserbecken (7) Vegetation Mögliche Ursachen - Spontanvegetation/Wildwuchs Abb. 43: Schäden am Wegesystem Schäden mangelnde Pflege (8) Berlin-Zehlendorf, Garten Springer, Schadenskartierung, MSD 2005-07. 60 msd-2005-07-cs.indd 60 24.01.2007 18:52:19 Prozessfarbe Schwarz Verzeichnis der Dozenten und Förderer des MSD 2005-07 - Dr.-Ing. Udo Bode Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie SachsenAnhalt IV Historische Baukonstruktionen I und II - Dr. Christof Krauskopf Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum SE Einführung in die Archäologie - PD Dr. Christoph Brachmann FG Kunstwissenschaft VL Kunst des 14. Jahrhunderts VL Französische Architektur der Neuzeit - Univ.-Prof. Dr. Johannes Küchler ehem. FG Geschichte und Theorie der Landschaftsentwicklung - Univ.-Prof. Dr. Adrian von Buttlar FG Kunstwissenschaft - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer FG Bau- und Stadtbaugeschichte VL Faszination Antike – Renaissance, Barock, Klassizismus VL Architektur im Bestand SE Baustelle Denkmal - Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Dame PIV Städtebauliche Denkmalpflege I und II IV Einführung in die Industriedenkmalpflege I und II - Dr. Thomas Drachenberg Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum IV Denkmalpflege und Restaurierung in der Praxis - Univ.-Prof. Dr.-Ing. em. Klaus Dierks VL Tragwerkslehre für Denkmalpfleger und Kunsthistoriker - Prof. Dr. Gabi Dolff-Bonekämper FG Denkmalpflege VL Geschichte und Theorie der Denkmalpflege VL Stadtbaugeschichte - Dipl.-Ing. Wolfgang Frey SE Methoden erhaltender Objektsanierung - Dr. Michael Gauß SE Kommunikationstechniken - Dr.-Ing. Frank Gielsdorf FG Geodäsie und Ausgleichungsrechnung IV Geodäsie für Denkmalpfleger - Jürgen Giese M.A. FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege PJ Bauaufnahme PJ Bauaufmaß und Dokumentation IV Geodäsie für Denkmalpfleger - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lothar Gründig FG Geodäsie und Ausgleichungsrechnung - Prof. Dr. Jörg Haspel Landeskonservator, Landesdenkmalamt Berlin VL Denkmalkunde - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Olaf Hellwich FG Computer Vision and Remote Sensing - Dr. Gisela Holan Staatliche Museen zu Berlin (SMB), Bau, Technik, Innere Dienste IV Denkmalpflege in der Praxis - PD Dr. Annemarie Jaeggi FG Kunstwissenschaft VL Wohnbauten der Weimarer Republik - Dr. Ruth Klawun Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum PIV Städtebauliche Denkmalpflege I und II - Univ.-Prof. Cordula Loidl-Reisch FG Landschaftsbau-Objektbau - Prof. Dr.-Ing. Gert Th. Mader Exkursion Bauforschung in Bayern - Prof. Dr. Christoph Merzenich FH Erfurt, Fachbereich Konservierung und Restaurierung PIV Architektur- und Raumfassungen - Dr.-Ing. Thomas Nitz PIV Einführung in die Archivforschung VL Einführung in die Dendrochronologie - Dr.-Ing. Caroline Rolka FG Landschaftsbau-Objektbau PIV Gartendenkmalpflege I und II - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus Rückert FG Tragwerksentwurf und -konstruktion - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege PJ Bauaufnahme PJ Bauaufmaß und Dokumentation Ü Perzeption und Präsentation VL Methoden der Bauforschung VL Die orientalische Stadt zwischen Heute und Gestern - Univ.-Prof. Dr. rer.-pol. Rudolf Schäfer FG Baurecht und Bauverwaltungslehre VL Rechtliche Grundlagen des Denkmalwesens - Dr. Stefan Simon Saatliche Museen zu Berlin (SMB), RathgenForschungslabor SE Methoden erhaltender Objektsanierung - Dr. Sc.tec. Philipp Speiser FG Bau- und Stadtbaugeschichte IV Denkmalpflege im ländlichen Raum SE Theorien der Denkmalpflege - Daniela Spiegel M.A. FG Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege PJ Bauaufnahme PJ Bauaufmaß und Dokumentation PIV Inventarisation - Raumbuch Ü Perzeption und Präsentation - Dr. Jürgen Tietz IV Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und das Verfassen wissenschaftlicher Texte - Prof. Dr.-Ing. Karsten Westphal PIV Sanierungstechnologien I und II - Dipl.-Ing. Albert Wiedemann PIV Photogrammetrie für Denkmalpfleger Abkürzungen FG Fachgebiet IV Integrierte Veranstaltung PJ Projekt PIV Projektintegrierte Veranstaltung SE Seminar Ü Übung VL Vorlesung 61 msd-2005-07-cs.indd 61 24.01.2007 18:52:34 Prozessfarbe Schwarz Merseburg-Exkursion, 20. – 21. Oktober 2005 Alljährlich steht ganz am Beginn des Studiums eine zweitägige Exkursion, die dem gegenseitigen Kennenlernen dient und bereits an Fragestellungen und Methoden der Historischen Bauforschung heranführt. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich der Besuch der malerisch an der Saale gelegenen Bischofsstadt Merseburg bewährt, wo wir uns intensiv mit der Baugeschichte des dortigen Domes auseinandersetzten. Der erste Tag galt der Einführung in die bauforscherischen Methoden der Betrachtung und Analyse von Architektur. Den Studierenden wurde deutlich, wie bereits die einfachen Methoden der genauen Beschreibung und detaillierten Beobachtung maßgeblich zur Entschlüsselung von Bauphasen beitragen können. Unter der Anleitung von Dorothée Sack und Daniela Spiegel wurden genaue Beobachtungen am Westbau, an den Langhausfassaden, der Bischofskapelle und im Innern des Domes angestellt. Einen Einblick in die Gefügeforschung ermöglichte der von Jürgen Giese geführte Rundgang durch das Dachwerk. Dieselben Methoden wurden dann am zweiten Tag auf den an den Dom anschließenden Kreuzgang angewandt, wo es den Studierenden in Gruppenarbeit gelang, die wichtigsten Etappen seiner komplizierten Baugeschichte nachzuvollziehen. Mader/ Franken-Exkursion, 24. – 27. April 2006 Letztmalig wurde unsere alljährliche Exkursion nach Franken in diesem Jahr von Prof. Dr.-Ing. Gert Mader geleitet, den wir in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden mussten. Seit Beginn des Aufbaustudiengangs Denkmalpflege der TU Berlin hatte der ehemalige Leiter der Abteilung ‚Bauforschung’ im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege mit Begeisterung mit den Studierenden abgeschlossene und laufende Denkmalbaustellen besucht, um die komplexen Probleme der Restaurierung und Sanierung von Baudenkmälern direkt am Objekt zu erörtern. In brisanten Diskussionen forderte er stets die Studierenden auf, Maßnahmen und Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Themenschwerpunkte waren auch dieses Jahr wieder Haustein- und Dachwerksanierungen. Zur Einstimmung in das erste Thema begann die Exkursion auf der Kronacher Festung Rosenberg mit praktischen Übungen zur Erfassung historischer Steinbearbeitungen. Am nächsten Tag wurde die Ruine der Burg Altenstein besucht, um unterschiedliche Probleme der Ruinensicherung sowie der touristischen Erschließung des Geländes zu diskutieren. Am Nachmittag fuhren wir zum Zisterzienserkloster Birkenfeld, an dessen Werksteinfassaden unterschiedliche Restaurierungskonzepte im Vergleich beobachtet und bewertet werden konnten. Der dritte Tag, den wir in Bad Windsheim verbrachten, war dem zweiten Themenfeld der Dachwerksanierung gewidmet. Dort besuchten wir verschiedene Dachwerke, die besonders behutsame Sanierungen erfahren haben. Die Führung wurde begleitet von Walter Schwarz vom Büro Liebberger & Schwarz, der als Tragwerksplaner einige dieser Dachsanierungen geleitet hat. Den letzten Tag empfingen uns die Architekten Andreas Konopatzki und Eduard Knoll in Rothenburg ob der Tauber, um uns verschiedene ihrer Restaurierungs- und Sanierungsprojekte vorzustellen. Abschluss-Exkursion Erzgebirge, 24. – 27. Juli 2006 Zum Abschluss des Sommersemesters besuchen wir im Rahmen einer Exkursion stets eine Denkmalregion mit dem Ziel, innerhalb eines begrenzten Kulturkreises an unterschiedlichen Objekten denkmalpflegerische und bauforscherische Fragestellungen mit den jeweils zuständigen Fachleuten zu diskutieren. Die Exkursion wurde wieder von unserem Kollegen und Absolventen des 3. Jahrganges (2000-2002) Dipl.-Ing. Mike Schnelle in bewährter Weise organisiert und führte uns dieses Jahr in die Bergbaustädte des Erzgebirges. Anhand von Denkmälern in Schwarzenberg, Beierfeld, Schneeberg und Annaberg-Buchholz konnten wir teilweise sehr unterschiedliche Sanierungskonzepte besichtigen und mit den dortigen Architekten und Denkmalpflegern diskutieren. Einen sehr unmittelbaren und erlebnisreichen Einblick in die Entwicklung des Bergbaus in dieser Region konnten wir beim Einfahren in die Zinngrube „Sauberger Stollen“ gewinnen. Wieder über Tage genossen wir bei herrlichem Sommerwetter schließlich eine Führung durch den Park des Schlosses Lichtenwalde, wo uns die kürzlich abgeschlossenen gartendenkmalpflegerischen Sanierungsmaßnahmen erläutert wurden. 62 msd-2005-07-cs.indd 62 24.01.2007 18:52:35 Prozessfarbe Schwarz 63 msd-2005-07-cs.indd 63 24.01.2007 18:52:35 Prozessfarbe Schwarz Verzeichnis der Abschlussarbeiten des MSD, Jahrgang 2005-07 Die Abschlussarbeit wird im dritten Semester des Masterstudiums Denkmalpflege erstellt. Darin soll gezeigt werden, dass die Studierenden des MSD in der Lage sind, Fragestellungen der Denkmalpflege selbstständig nach praktischen und wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen zu bearbeiten. Die Fragestellung der Abschlussarbeit wird in Absprache mit den betreuenden Professoren festgelegt und in einem Zeitraum von vier Monaten bearbeitet. Die Arbeit kann einzeln oder – abhängig vom Umfang des zu bearbeitenden Themas – auch in Form einer Gruppenarbeit angefertigt werden. Die Abschlussarbeiten können im Fachgebiet Historische Bauforschung, Masterstudium Denkmalpflege eingesehen werden. Die Urheberrechte liegen bei den Autoren. Die Absolventen erstellen Poster von ihren Abschlussarbeiten, auf denen die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst werden. Diese werden im folgenden veröffentlicht, um die Ergebnisse der Arbeiten bekannt zu machen und den wissenschaftlichen Austausch zu ermöglichen. In diesem Jahr haben nicht alle Studierenden das Masterstudium Denkmalpflege abgeschlossen. Bei der Übersicht auf S. 78 wird deshalb zwischen Teilnehmern und Absolventen unterschieden. Einige der syrischen Studierenden haben noch die Gelegenheit die Kurse nachzuholen, die sie durch die Teilnahme an einem intensiven Sprachkurs zur Verbesserung der erforderlichen Deutsch-Kenntnisse im vergangenen Jahr nicht belegen konnten, andere Studierende haben das Studium – bedingt durch Schwangerschaft oder andere Verpflichtungen – einige Zeit ausgesetzt. In beiden Fällen werden die Studierenden ihre Abschlussarbeit mit einem anderen Jahrgang zu Ende bringen und ihre Ergebnisse in dem Jahrbuch des jeweiligen Jahrgangs vorstellen können. Qatna/ Syrien, Untersuchung zur Restaurierung von Lehmziegelbauten des 3. bis 1. Jahrtausends v. Chr. Fidaa Hlal B.A. Resafa / Syrien, Basilika A – Untersuchungen zur Standsicherheit der Apsis Dipl.-Ing. Wilfried Wolff Antiochia (Antakya) / Türkei, Stadtmauer Bestandsdokumentation und Bauforschung am „Eisernen Tor“ Dipl.-Rest. Andrea Banea, Dipl.-Ing. (FH) Björn Grimm Daphne (Antakya) / Türkei, Das MegalopsychiaMosaik und sein architektonischer Kontext Bestandsaufnahme, Bauphasen, Restaurierungskonzept Dipl.-Rest. (FH) Magdalena Baur Potsdam-Sanssouci, Der Bauschmuck des Ensembles Neues Palais. Exemplarische Bestandserfassung und Maßnahmenplanung an der Kolonade. Dipl.-Rest. (FH) Suleika Behan Potsdam-Sanssouci, Das Stibadium im Paradiesgarten Baudokumentation und Sanierungsvorplanung Dipl.-Ing. (FH) Stefan Edelhoff, Martin Sählhof M.A., Dipl.-Ing. Andreas Salgo Potsdam-Sanssouci, Die Pergola der Villa Liegnitz Bestandsdokumentation, Bauforschung und Sanierungskonzeption Dipl.-Ing. (FH) Markus Bunke, Dipl.-Ing. (FH) Kristina Eisenacher Brandenburg/ Havel, St. Johannis – Die ehemalige Stvolínky (Drum) / Tschechien, Allerheiligenkirche Franziskanerkirche und ihre nördlichen Anbauten Dokumentation und Bauforschung Baudokumentation und Bauforschung Dipl.-Ing. (FH) Helena Ammerich, Mgr. Eliška Fechnerová, Stephanie Herold M.A., Dipl.-Ing. Ulrike Schmitz Dipl.-Archäologin Zoi Spyranti Burg/Spreewald, Zweite Kolonie, Galeriestall von 1786 Berlin-Mitte, Ehemalige Jüdische Mädchenschule Bestandsdokumentation, Schadenskartierung, Bauforschung Ein Schulgebäude der Neuen Sachlichkeit in der Dipl.-Ing. Michaela Gohlke Spandauer Vorstadt Dipl.-Ing. Ana Criado del Arco, Dipl.-Ing. (FH) Kirsten Reiß Dortmund-Derne, Ehemalige Zeche Gneisenau Berlin-Brandenburg, Grenzlandschaft Dreilinden Bestandsdokumentation und Überlegungen zur Umnutzung einer denkmalgeschützten Maschinenhalle Geschichte, Bestandserfassung und Denkmalwert Dipl.-Ing. (FH) Sonja Palmer Dipl.-Ing. (FH) Jens Meier, Dipl.-Ing. Jocelyn Oth, Tobias Wolf M.A. 64 msd-2005-07-cs.indd 64 24.01.2007 18:52:43 Prozessfarbe Schwarz QATNA / SYRIEN, UNTERSUCHUNG ZU DER RESTAURIERUNG VON LEHMZIEGELBAUTEN DES 3. BIS 1. JAHRTAUSENDS V. CHR. Zur Problem- und Zielstellung Bis heute gibt es in Syrien keine wirksamen, methodisch fundierten Erhaltungsmaßnahmen, um die bei archäologischen Grabungen freigelegten Lehmziegelgebäude oder ihre Reste zu bewahren. Ziel der Masterarbeit war es daher, neue Erkenntnisse für einen dauerhaften Erhalt dieser bei archäologischen Grabungen freigelegten Lehmziegelbauten zu gewinnen. Die Masterarbeit umfasste folgende Schritte: - Erarbeitung eines Überblicks über die allgemeinen und lokal spezifischen Probleme bei der Restaurierung von Lehmziegeln in den archäologischen Stätten Syriens. - Analyse der unterschiedlichen Restaurierungsansätze an verschiedenen Ausgrabungsorten in Syrien. - Untersuchung der Haltbarkeit der verwendeten Materialien und der jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Restaurierungsmethoden. Restaurierungsmaßnahmen An vielen Ausgrabungsstätten wird eine Kombination verschiedener Restaurierungstechniken verwendet. Im Folgenden werden die verbreitetsten dieser Techniken vorgestellt. - Auftrag weiterer Putzschichten (Lehm-HäckselSchicht und Kalkschicht) auf das historische Mauerwerk , z. B. Tall Mardich (Tall Mard ) / Ebla. Die Restaurierung eines Lehmziegelpalasts, das Beispiel Tall Mishrife (Tall Mišrife)/Qatna Die Baukonstruktion des Königspalasts (von ca. 1700 v. Chr. bis ca. 1340 v. Chr.) ist nach heutigem Forschungsstand einmalig im Alten Orient. Durch das Anordnen von Horizontal- und Vertikalsteinschichten wurde hier versucht, das Lehmziegelmauerwerk vor Feuchtigkeit zu schützen. Dennoch ist die Ruine durch einen großen Verlust des Lehmziegelmaterials und geschädigte Fußböden gekennzeichnet, da die Stadt in einer niederschlagsreichen Region Syriens liegt. Fußboden aus Kalkmörtel Fußbodenfundament Steinverblendung Tall Mard / Ebla, 2006. Neue Kalkputzschicht. - Die Errichtung von Schutzkonstruktionen (Eisengerüste mit Zeltstoff) , z. B. Tall Mozan / Urkeš1. Reste der Mauerfundamente Tall Mišrife/ Qatna, 2003. Raum F. Substanzverlust Tall Mišrife/ Qatna, 2004. Raum F. Wiederaufbau und Verputzen. Übersicht der untersuchten archäologischen Stätten in Syrien Tall Mozan/ Urkeš, 2002. Eisen-Zeltmaterial-Konstruktion und die Fenster des Zeltmaterials (nach G. Buccellati). Allgemeine Schäden an historischen Lehmziegeln - Auswaschung der Oberfläche der Lehmziegel - Erosion und Zerstörung des Mauerwerks - Tiefe und lange Risse im Mauerwerk - Salzausblühungen. Allgemeine Ursachen der Schäden - Die Hauptursache der Schäden sind die natürlichen Zerstörungskräfte der Verwitterung. - Bewuchs schadet dem Lehmziegelbauwerk durch das sich ausdehnende Wurzelgeflecht. - Größere Tiere zertrampeln die Lehmziegel, Insekten fressen die Häckselzuschläge. - Durch Menschen verursachte Schäden sind zum Einen auf Bewohner, zum Anderen auf Besucher der historischen Stätten zurückzuführen. Nicht zuletzt sind wissenschaftliche Untersuchungen bzw. archäologische Ausgrabungen Ursache für Schäden/ Störungen der ursprünglichen Befunde. - Für Lehmziegelmauern mit direktem Erdkontakt ist aufsteigende Bodenfeuchtigkeit ein Problem. - Abtragung des originalen Mauerwerks und Wiederaufbau mit neuen Lehmziegeln z. B. Tall Baidar / Nabada - Ersetzen der schadhaften Lehmziegel durch neue Lehmziegel oder durch Zement und Kies z. B. Tall Hariri (Tall ar r ) / Mari2. Tall ar r / Mari, 2006. Verschiedenen Restaurierungsmaßnahmen. - Auftrag eines modifizierten Lehmputzes (LehmAcronal S 650- Dryssoil) auf einem zusätzlichen Putzträger, es erfolgt kein Verbund mit dem darunter liegenden Mauerwerk , z.B. Tall Schech Hamad (Tall Šē amad) / D r Katlimmu3. Salzausblühungen Tall Šē amad, 2003. Modifizierter Lehmputz(3) Absandung und Erosion des Mauerwerks Aushöhlung wegen aufsteigender Bodenfeuchtigkeit Tall Har r /Mari Schäden des Lehmziegelmauerwerks Tall Šē amad, 2003. Putzträger(3) Um die Ruine zu bewahren, wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Die Lehmziegelfundamente wurden bis zur unteren Fußbodenkante mit den Steinverblendungen an beiden Seiten wiederaufgebaut. Darauf wurden die Lehmziegelmauern bis zu einer Höhe von 60cm errichtet und verputzt. Die erste Ziegellage ist aus Lehm, Häcksel und 20% Luftkalk, die weiteren aus Luftkalk, Häcksel und Ocker. Die Fußbodenfundamentierung wurde mit Stampflehm und einer darauf liegenden Kiesschicht ergänzt. Für den Wiederaufbau wurden neuen Lehmziegel hergestellt. Die Herstellung der Besucherwege sowie die Umzäunung der Ausgrabungs- und Restaurierungsbereiche wird noch diskutiert. Fazit Die Restaurierungsarbeiten archäologischer Stätten mit Lehmziegelarchitektur müssen mit Berücksichtigung der folgenden, unterschiedlichen Bedingungen ausgeführt werden: - Äußere Einwirkungen - Baumaterialien - Baugrundlagenen für die Präsentation archäolog. Stätten. Im Bereich archäologischer Ausgrabungsstätten beruht die Qualität einer Restaurierung (außer der Maßgabe des Erhalts der historischen Substanz und Materialien) auch auf dem Erscheinungsbild und der Ästhetik des Ruinencharakters. Eine effektive Restaurierung ist nach den denkmalpflegerischen Standards und den Kapazitäten eines Restaurierungsprojektes zu planen. 1 G. Buccellati/ M. Kelly-Buccellati:Überlegungen zur funktionellen und historischen Bestimmung des Königspalastes von Urke , Bericht über die 13. Kampagne in Tall Mozan Urke : Ausgrabungen im Gebiet AA, Juni-August 2000, in: Mitteilungen der deutschen Orient-Gesellschaft zu Berlin. 133 (2001) S. 59- 76. 2 M. Bendakir - J.C. Margueron - F. Vitoux: Erhaltungsmaßnahmen für die Lehmziegelarchitektur. Bericht über den Stand der Forschungen in: Mari, in Baghdader Mitteilungen. Band 34. 2003. S. 165-179. 3 Frank Gerdesmeier: Bauwerkserhaltung in: Tell Schech Hamad, Kampagnen 2003 / 2004, Dezember 2004. Fidaa Hlal, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 65 msd-2005-07-cs.indd 65 24.01.2007 18:52:43 Prozessfarbe Schwarz RESAFA / SYRIEN, BASILIKA A – UNTERSUCHUNGEN ZUR STANDSICHERHEIT DER APSIS Schadensaufnahme 2006 Es wurden folgende typische Schäden erfasst: - Kippen von Wänden/Pfeilern senkrecht zur Wandebene und in Wandebene - Beulen und Schalenbildung von Wänden und Pfeilern - Materialversagen - Absenkung und Fehlen von Schlusssteinen in Bögen Zielstellung Das Projekt „Resafa intra und extra muros – Pilgerstadt und Kalifenresidenz“ ist am FG Historische Bauforschung angesiedelt und wird unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack durchgeführt (s.a. S. 18-23). In der vorliegenden Arbeit soll die Standsicherheit der Apsis im Osten des Mittelschiffes der Basilika A untersucht und beurteilt werden. Hierzu erfolgte im August und September des Jahres 2006 eine Untersuchung vor Ort. Schadenschronologie Der Vergleich historischer Fotos mit neuen Aufnahmen zeigt den Verlust von Bauteilen für Basilika A und andere Gebäude. Für Wände und Apsis sind kaum Veränderungen erkennbar. Die Schäden sind nach Art und Umfang abhängig von verschiedenen Einflussfaktoren. Die Ursachen von Veränderungen müssen in jedem Einzelfall geklärt werden. Topographie und Geologie Die Stadt Resafa liegt am Rande eines Wadi, das im Südosten von einem flachen Höhenrücken begrenzt wird. Die Landschaft ist leicht hügelig. Geologisch handelt es sich um einen ehemaligen Küsten- oder Lagunenbereich. Der Zustand des Baugrundes ist inhomogen mit Schichtenwasser und Hohlräumen. Aufnahme August 2006 Ulbert, T., Bartl , K.: Abschlußbericht zur Restaurierung der frühchristlichen Basilika des Heiligen Kreuzes Basilika A, 2004-2005. Konservierte Bereiche sind dunkel markiert (Plangrundlage Ulbert 1986) Um die Basilika wurden gegen Ende des 12. Jh. allseitig große Widerlagerblöcke zur Stabilisierung angeordnet. Deutsches Archäologisches Institut Orient-Abteilung Podbielskieallee 69-71 14195 Berlin-Dahlem Resafa-Archiv. Bild Nr. 5-38 Aufnahme 1981 Karte Syriens, SYRIA-Historical Places, 2nd Edition 2005 Sindbad printing & Graphic Art est, Damaskus 2005 Geschichte der Stadt - Um 300 n. Chr. Märtyrertod des römischen Offiziers Sergius wegen seines Bekenntnisses zum christlichen Glauben - Blüte des Pilgerwesens und der Stadt ab dem 5. u. 6. Jh. - 1. H. des 8. Jh. Residenz des Kalifen Hisham b. Abd al-Malik - Mitte/ Ende 13. Jh. Aufgabe der Stadt in Folge der Mongoleneinfälle - um 1691 Wiederentdeckung durch engl. Reisende. - Anfang 20. Jh. Besuch von F Sarre/ E. Herzfeld . in Resafa, Bauaufnahmen und kunsthistorische Einordnung der Bauten von H. Spanner und S. Guyer - 1952 Beginn der Ausgrabungen unter J. Kollwitz Baugeschichte Basilika A - 5. Jh. Vorgängerbau der Basilika A - 80er Jahre des 6. Jh. Anordnung von kleinen Doppelbögen in den Weitarkaden - Ende des 9. Jh. Reparaturen der Apsis - Ende des 11. Jh. Unterfangung der Westwandarkade - Ende des 12. Jh. Anordnung von Stützmassiven Baubeschreibung der Basilika A und ihrer Apsis Es handelt sich um eine dreischiffige Basilika. Die Orientierung erfolgt in Ost-West-Richtung. Im Osten des Mittelschiffes liegt die zu untersuchende Apsis. Für tragende Bauteile wurde hauptsächlich örtlich vorkommender Gipsstein in Quadern von 0,80x0,70x0,70 m bis 1,10x0,90x0,90 m verwendet. Die Querschnitte der Säulen aus Kalkstein betragen ca. 70 cm. Detailaufnahmen: Fenster in der Apsis Ansicht Basilika A von Südosten, 2006 Materialuntersuchung Steine und Mörtel Die Steinproben weisen erheblich voneinander abweichende Eigenschaften hinsichtlich Dichte (1,0 KN/m³ - 2,6 KN/m³) und Wasseraufnahmefähigkeit (bis zu 25%) auf. Die untersuchten Mörtel lieferten für alle Proben eine große Porosität und hohe Wasseraufnahmefähigkeit. In keinem Fall konnten wasserabweisende Eigenschaften nachgewiesen werden. Statische Betrachtung Probleme mit der Standsicherheit sind seit der Errichtung der Basilika A bezeugt. Erdbeben und schlechter Baugrund sind die wesentlichsten Schadensursachen. Die größten Setzungen im Bereich des Anschlusses zwischen Apsiswand und Südwand betragen ca. 1,20 m, obwohl die in Vergleichsrechnungen ermittelten Bodenpressungen relativ gering sind. Geringe Bewegungen, der Verlust von Substanz in den Widerlagern oder eine Verringerung des im Mauerwerk vorhandenen Verbundes können jedoch zum Kippen von Wänden führen. Untersuchungsergebnisse Anzahl und Größe von Rissen nehmen weder in der Apsis selbst, noch in den angrenzenden Wänden oder in der Kalotte erkennbar zu. Unzweifelhaft weisen die Bauteile jedoch erhebliche Schadensbilder auf. Da die vorgenannten Schäden über einen fotografisch dokumentierten Zeitraum von 50, teilweise 90 Jahren keine nachweisbaren Veränderungen zeigen, scheint eine unmittelbare Gefährdung der Standsicherheit nicht gegeben. Kurzfristige Maßnahmen - Entfernen des biogenen Bewuchses auf der Oberseite der Apsis-Kalotte - Verhinderung des Eindringens von Wasser in die Kalotte und die angrenzenden Wände Langfristige Maßnahmen - Stabilisierung der Südwand z.B. durch Wiederherstellung eines Bogens oder Verringerung der Auflast - Bauwerksvermessungen in zwei- bis vierjährigen Abständen - Schutz des Bauwerkes vor Souvenirmitnahme, Erkletterung und Ähnlichem - Messungen zu Temperatur, Luftdruck, Wind, Luftfeuchte und Niederschlag - systematische Untersuchung des Baugrundes - dauerhafte ingenieurmäßige Begleitung der o.g. Maßnahmen Wilfried Wolff, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 66 msd-2005-07-cs.indd 66 24.01.2007 18:52:49 Prozessfarbe Schwarz ANTIOCHIA (ANTAKYA) / TÜRKEI, STADTMAUER – Bestandsdokumentation und Bauforschung am Eisernen Tor Allgemein Der Chronist Libanius schreibt 358/59: „Antiochia übertrifft Rom, wenn nicht an Größe, so an Schönheit und Bildung“ 1. Nachdem man den Verteidigungsgürtel der Stadt in der Spätantike etwas enger zog, erreichte die sich im Osten über Gebirgskämme hinwegziehende Wehrmauer in der Parmeniusschlucht eine Höhe von über 30 Metern, und wird hier das Eiserne Tor genannt (Abb.1). Über mehrere Jahrhunderte entwickelte sich dieses zu einem Multifunktionsbauwerk, welches als Aquäduktbrücke, Stadttor und Talsperre diente. Die außerordentliche Bedeutung des Bauwerks für die heutige Zeit begründet sich darin, dass es der einzige konkrete Beleg dafür ist, dass bereits die Römer Bogenstaumauern bauten 2 (Abb.3). Die Perfektionierung dieses Konstruktionstyps gelang erst im 20. Jh., wodurch er zur Standardlösung für besonders hohe Stauanlagen wurde. Aufgrund dieser Einzigartigkeit, des beeindruckenden Erhaltungszustands, der Gefährdung durch Naturkatastrophen und Vernachlässigung sowie der Tatsache, dass es die ihm gewidmete Staufunktion seit rund 1500 Jahren erfüllt, ist das Eiserne Tor ein Kandidat für die Welterbeliste der UNESCO. Diese Arbeit ist der vorläufige Abschluss umfangreicher Aufmaßarbeiten und bauforscherischer Untersuchungen an diesem Bauwerk, die im Jahre 2004 unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Brands (Universität Halle- Wittenberg) begonnen und seither jährlich durchgeführt wurden. Sie umfasst eine erstmalig durchgeführte, genaue Beschreibung und Bauphasenscheidung auf Grundlage bauhistorischer Untersuchungen. Bisher galt: „Not many remains are left of the `iron gate dam´ to the east of Antakya“ 3. Diese Aussage ist unzutreffend. Ergebnisse der Bauforschung (Abb.2) Neben dem fragmentarisch erhaltenen Felskanal eines Aquädukts, stadtauswärts ca. 200m vom untersuchten Bauwerk entfernt gelegen, welcher höchstwahrscheinlich in Verbindung mit einem per Inschrift 4 datierten Felstunnel über der Petrus- Kirche zu sehen und daher wohl Mitte des 3. Jh. v. Chr. entstanden ist, lassen sich für das Eiserne Tor selbst, drei wesentliche Bauphasen nachweisen. 5m Bauphase I - Anf. 2. Jh. Bauphase II - 408 bis 553/560 Bauphase III - nicht vor 639 Neuzeitliche Reparatur Ansicht von Stadtseite (Blick nach Süden) Ansicht von Feldseite (Blick nach Norden) Vertikalschnitt (VS) Horizontalschnitt - HS2 (genordet) Horizontalschnitt - HS2 (gesüdet) Abb.2: Eisernes Tor, Bauphasenplan; Bauphase I: Aquäduktbrücke des zweiten Aquädukts Daphne- Antiochia; Bauphase II: Stadt- und Staumauer in zwei Bauabschnitten; Bauphase III: Reparatur des oberen Bereichs nach dessen Zerstörung; Neuzeitlich: Verkleinerung des Grunddurchlasses Der noch heute in der stadtseitigen Fassade ablesbare Kalksteinbogen bezeichnet Bauphase I. Er war Bestandteil einer Brücke des zweiten Daphne-Aquädukts 5, welches nach anerkanntem Forschungsstand Anfang des 2. Jh. unter Trajan begonnen und später vermutlich durch Hadrian vollendet oder repariert wurde 6. Für Bauphase II lässt sich ein Stadtmauerverlauf in diesem Bereich der Parmeniusschlucht erstmals nachweisen. Er wurde in einem ersten Bauabschnitt neben der Wasserleitung errichtet. Sinterungen auf diesen Bauteilen sind ein weiterer Beleg dafür, dass man das Aquädukt noch lange Zeit weiternutzte 7. In einem zweiten Bauabschnitt, mit gleichen materialspezifischen und konstruktiven Merkmalen, wurde dieser Mauer feldseitig eine Stauanlage vorgesetzt. Einer möglichen Datierung aufgrund des stilistischen Vergleichs mit der südlichen, theodosianischen Stadtmauer 8, steht die Beschreibung des Chronisten Prokop gegenüber, der die bergseitige Verkleinerung der Stadt und den Bau der Stauanlage als das Werk Justinians bezeichnet 9. Somit ergibt sich ein möglicher Datierungsrahmen von 408 bis 553/560 10, wobei der terminus ante quem durch die Datierung von Prokops Bauten geliefert wird. Das östliche Tor ist wohl ebenfalls in dieser Zeit entstanden, auch wenn die Bautechnik eine andere ist 11. Die groß angelegte Reparatur zur Wiederherstellung der Stadtmauer nach einem schweren Zerstörungsereignis erfolgte in Bauphase III. Entgegen bisheriger Vermutungen 12 ist sie keinesfalls eine antike Baumaßnahme, da hierfür Spolien verwendet wurden, die zumindest teilweise von einem Bauwerk stammen, welches selbst nicht als antik zu bezeichnen, sondern erst in der Zeit nach der arabischen Eroberung der Stadt entstanden ist. Dieser terminus post quem von 639 wird durch eine muslimische Inschrift in Kufi belegt 13. Ausblick Einige Schadensbilder weisen darauf hin, dass die Existenz des Eisernen Tores bis in die heutige Zeit ausschließlich der lediglich periodisch auftretenden und kurzen Stauseebildung zu verdanken ist. So ist eine Unterströmung des Bauwerks zu befürchten, die nur deswegen noch keinen Einsturz verursachte, weil es sich während der Trockenzeiten immer wieder konsolidieren konnte. Untersuchungen hinsichtlich der Standsicherheit sind schnellstens in Angriff zu nehmen. Ein Erhalt wird nicht zuletzt davon abhängen, inwieweit sich ein Wertegefühl gegenüber dem kulturellen Erbe in der Bevölkerung formen lässt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Abb.1: Der Mauerverlauf hinunter zu Parmenius und dem Eisernen Tor Abb.3: Der umfangreichste, belegbare Erhaltungszustand um 1930; oben: die Stadtseite mit dem Fragment der Aquäduktbrücke (rechts); unten: die Feldseite mit dem deutlich erkennbaren Bogenfragment der Stauanlage, östl. Tor bis heute zerstört, sonst unveränderter Zustand 12 13 Libanius gen. Der letzte Grieche, or. XI 270, in Downey, Water Supply, S.172 Die bisher älteste, erhaltene und baugleiche Bogenstaumauer „Bend-e-Kebar“ in der Nähe von Teheran/Iran entstand im 11.-13. Jh. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Bogenstaumauer von Antiochia das Vorbild für diese Talsperre war Schnitter, A History of Dams, Rotterdam/Brookfield, 1994, S.79 „COSSVTIVS“ Inschrift - Dat. nach Campbell, AJA Vol. XLII 1938, S.206 Die Quellen des ca. 6 km entfernten „Plateau de Daphne“ wurden seit dem 1. Jh. zur Wasserversorgung Antiochias herangezogen „Aquädukt des Trajan“ - Wilber, Antioch on the Orontes II, The Exc... 1933 Nach Johannes Phocas nutzte man eines der beiden Daphne- Aquädukte gar bis ins Mittelalter hinein (bei Wilber, vgl. 6), ob über die gesamte Länge (also auch am Eisernen Tor) ist noch zu untersuchen nach Malalas, bei Downey, A History of Antioch in Syria, S.452 Der Mauerabschnitt wurde im 19.Jh. abgerissen. Einziges Zeugnis ist ein Kupferstich von Cassas (1799), in Voyage pittoreque de la Syrie, de la Palestine et de la Basse-Egypt Prokop, Bauten; in der Übersetzung von Otto Veh, S. 131 Früh- bzw. Spätdatierung von Prokops Bauten, nach Cameron, Procopius and the 6th Century, S.84-86 Für das großformatige opus quadratum des Tores und das typische opus mixtum dieser Bauphase wurde der nach optischer Beurteilung gleiche Mörtel verwendet. Die Ausformung der Anlage ist heute lediglich durch historische Abbildungen zu belegen French and Lightfoot, The Eastern Frontier of the Roman Empire, BAR 553 Für deren Entzifferung danken wir Ibrahim Salman. Eine engere Eingrenzung ist von weitergehenden Untersuchungen dieser Bauphase, sowie von C-14 Analysen zu erwarten, deren Ergebnis zum Zeitpunkt dieser Arbeit noch nicht vorlag Andreea Banea Björn Grimm MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 67 msd-2005-07-cs.indd 67 24.01.2007 18:52:58 Prozessfarbe Schwarz DAPHNE (ANTAKYA) / TÜRKEI, DAS MEGALOPSYCHIA-MOSAIK UND SEIN ARCHITEKTONISCHER KONTEXT Bestandsaufnahme, Bauphasen, Restaurierungskonzept Das Mosaik und sein Fundort Antakya, in der Osttürkei gelegen, ehemals Antiochia, ist eine der bedeutendsten Städte der Antike. Seit den 1930er Jahren werden hier durch amerikanische und französische Wissenschaftler archäologische Ausgrabungen durchgeführt. 1932 wurde in dem von Antakya 8 km entfernten Dorf Harbiye, dem einstigen Daphne, bei Ausgrabungen ein kleiner Teil einer römischen Villa entdeckt. Darunter befand sich ein Raum mit dem Fußbodenmosaik der Megalopsychia. Das Mosaik wird auf das 5. Jh. n. Chr. datiert. chia, dargestellt. Dieser Charakterzug wird dem Hausherrn der Villa zugesprochen. Im Mittelfeld sind Jagdszenen mit verschiedenen männlichen Personen aus der griechischen Mythologie dargestellt. Das Bedeutendste an dem Stück bildet aber der Randfries. Hier werden Menschen und Gebäude dargestellt. Vermutet wird, dass es sich um Darstellungen aus Antiochia und Umgebung handelt. Eine 17-tägige Untersuchung vor Ort ermöglichte eine vollständige Zustandserfassung des Mosaiks. Diese erfolgte schriftlich, fotografisch und die Kartierung in digitaler Form. Dafür dienten als Grundlage entzerrte Detailfotografien. Die digitale Schadenskartierung ermöglichte in kurzem Zeitraum die Erfassung aller auftretenden Erscheinungsbilder. Abb. 3 Die Kartierung veranschaulicht in diesem Beispiel an einem Detail des Randfrieses den an dem Mosaik bestehenden Zustand und alle auftretenden Schäden. Abb. 1 Das Megalopsychia- Mosaik in seinem heutigen Erscheinungsbild. Das fast 50 qm große Mosaik wurde für die Bergung in 17 Einzelteile zersägt. Mit der fotografischen Dokumentation konnten die vorher schriftlich und digital kartierten Schäden auch bildlich festgehalten werden. Die folgenden Fotos (Abb. 4-7) zeigen eine kleine Auswahl der an dem Mosaik auftretenden Schäden und Störungen des optischen Erscheinungsbildes. Abb. 2 Diese Abbildung zeigt das 1932 gefundene Stück der Yakto-Villa mit integriertem Megalopsychia-Mosaik an seiner Fundstelle. Abb. 4-7 Ausgewählte Detailfotografien zur Veranschaulichung einiger an dem Mosaik auftretender Schäden. 4) durch Aufwerfung entstandener Riss 5) verschiedenfarbige Übermalungen von Fehlstellen 6) fehlende Mosaiksteinchen 7) Ergänzungen in der Mosaikschicht Die Kombination aus beschreibender, grafischer und fotografischer Zustandserfassung ermöglicht eine umfassende Dokumentation des Objekts und seiner Schäden. Restaurierung Der zweite Teil der praktischen Arbeit in der Türkei galt Proberestaurierungen, die an verschiedenen Stellen des Mosaiks mit unterschiedlichen Schadensbildern vorgenommen wurden. Zum einen handelte es sich um Festigungen von losen Mosaiksteinchen, zum anderen konnte durch Reinigungstests die starke Verschmutzung der Oberfläche dargestellt werden. Durch die voraus gegangene Objekterfassung und die Restaurierungstests konnte ein Konzept für eine mögliche und nötige Restaurierung des Mosaiks erarbeitet werden. Aufgrund des bedenklichen Zustandes des Mosaiks sollte damit bald begonnen werden. Das Objekt muss in seinem jetzigen Zustand bewahrt und vor weiterem, fortschreitenden Zerfall geschützt werden. Bauphasenplan Der theoretische Teil der Arbeit beinhaltete die Erstellung eines Bauphasenplans zur Entstehung und Entwicklung der Villa. Diesem Arbeitsschritt lagen die Publikationen von 1938, zwei Planskizzen und ein archäologischer Grundriss zugrunde. Die historischen Bauphasen konnten mit einigen Schwierigkeiten erarbeitet werden. Das Ergebnis ist jedoch letztendlich nicht zufrieden stellend. Teilweise widersprechen sich die Angaben der Literatur und der Pläne und können so in vielen Bereichen der Villa keine übereinstimmenden Resultate liefern. Der entstandene Plan (Abb. 8) ist als Grundlage für eine weitere archäologische Auseinandersetzung mit der Bausubstanz der Yakto-Villa und ihren Bauphasen zu sehen. In dem folgenden Jahr wurde fast die ganze römische Villa ausgegraben (Abb. 8). Fast überall waren die Fußböden mit figürlichen und geometrischen Mosaiken bestückt. In der Kampagne im August 2006 in der Türkei stand das Megalopsychia-Mosaik, das sich im städtischen archäologischen Museum Antakya befindet, im Vordergrund der Untersuchungen. Das Mosaik Das Mosaik wird aufgrund seiner Größe von fast 50 qm im archäologischen Museum liegend präsentiert. Zur Bergung 1932 wurde es in 17, für die Bergung handliche Teile zersägt (Abb. 1). In der Mitte des Mosaiks wird die Großherzigkeit personifiziert in Gestalt einer Frau, der Megalopsy- Abb. 8 Dieses Bild zeigt den erarbeiteten Bauphasenplan. Erkennbar sind drei Phasen: - Erbauung im 3. Jh. - Ergänzungen aus dem 4. Jh. - Wiederaufbau nach einer Zerstörung und Umbaumaßnahmen im 5. Jh. Magdalena Baur, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 68 msd-2005-07-cs.indd 68 24.01.2007 18:53:03 Prozessfarbe Schwarz STVOLÍNKY (DRUM) / TSCHECHIEN, ALLERHEILIGENKIRCHE Baudokumentation und Bauforschung Einleitung Das Dorf Stvolínky liegt im südlichen Teil des Landkreises Česká Lípa, der sich in Nordböhmen befindet und an Sachsen (Umgebung von Zittau) grenzt. Die zentral im Dorf gelegene Allerheiligen-Pfarrkirche blickt auf eine umfangreiche Baugeschichte zurück. Die ursprüngliche Baustruktur ist teilweise heute noch zu erkennen und erlaubt durch die Befunde weiterer Bauphasen Rückschlüsse auf die Geschichte des Kirchengebäudes und die Anforderungen, denen es ausgesetzt war. Der Zweite Weltkrieg löste den größten Einschnitt in der Geschichte der Kirche aus: Leerstand und Verfall. Das Gebäude wurde uns deshalb von einem tschechischen Verein nahe gelegt, der sich um den Erhalt sakraler Architektur in Nordböhmen kümmert. Unser Ziel war es, die Baugeschichte der Kirche zu erforschen und somit den Grundstein zu einer denkmalpflegegerechten Instandsetzung zu schaffen. Gotik 2. Hälfte 16. Jahrhundert 2. Hälfte 16. Jh. bis Barock Barock (1770) Klassizismus (1811) um 2000 Bauphasenplan, im Original M 1:50, 2006. Methoden Für die Arbeit wurde von uns ein verformungsgetreues Handaufmaß (Grundriss, Längs- und Querschnitt) im Maßstab 1:50 erstellt. Die Fassaden wurden photogrammetrisch aufgenommen und entzerrt. Vorhandene Holzkonstruktionen wurden dendrochronologisch datiert1. Zur Dokumentation wurde ein Raumbuch erstellt, in dem neben den Forschungsergebnissen am Bauwerk die Ergebnisse der Archivrecherche zusammengefügt wurden. Baugeschichte Die geostete Saalkirche mit angebautem Turm, Kapelle und Sakristei steht neben der ehemaligen Sommerresidenz der Bischöfe von Leitmeritz. Das Langhaus ist nachweislich gotischen Ursprungs: Neben den zugemauerten Spitzbogenfenstern in den Süd- und Westfassaden wurde ein entsprechendes Portal-Fragment in der Südfassade gefunden. Eine archivalische Niederschrift bestätigt für das Jahr 1608 eine überdachte Brücke, die die Kirche mit der damaligen Festung (dem heutigen Schloss) verband2. Baubefunde zeigen, dass in diesem Zusammenhang eine Empore eingebaut wurde. Weil die Empore Rücksicht auf den Durchgang zum Turm nahm und der Turm dendrochronolo- gisch auf das Jahr 1567 datiert werden konnte, kann man den Bau der Brücke und der Empore frühestens in die Zeit um 1570 zuordnen. 1770 erfolgte der Anbau der Hl.-Anna-Kapelle3. Aufgrund der zahlreichen Baubefunde und der Eintragung in die Pfarrchronik4 lässt sich die Überformung der Kirche von 1811 sehr detailliert nachvollziehen: Der Chor wurde neu gebaut, das Langhaus aufgestockt und die Sakristei errichtet. Die Fassaden wurden durch neue Tür- und Fensteröffnungen gegliedert. In das Langhaus wurde eine dreiseitige Empore eingebaut und der Chor mit klassizistischen Malereien ausgestattet, die noch heute unter den jüngeren Farbfassungen vorhanden sind. Im Jahr 1883 wurde das aus Holz bestehende 5. OG des Turmes durch massives Mauerwerk ersetzt und 1894 die Kirche im Innenraum mit einer zeitgemäßen Malerei neu gefasst5. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es keine feste Kirchengemeinde mehr. Obwohl bis in die 1980er Jahre vereinzelt Gottesdienste gehalten wurden, verfällt das Gebäude. Zwischen 1996 und 2000 fiel die gesamte Kircheneinrichtung organisiertem Kunstraub zum Opfer. Seit 2004 finden schrittweise Reparaturmaßnahmen am Dach statt. Denkmalpflegerische Stellungnahme Eine Notsicherung der einsturzgefährdeten Hl.Anna-Kapelle und die Reparatur des Daches sollte schnellstmöglich durchgeführt werden. Erst nach diesen grundlegenden Maßnahmen können weitere Reparaturen folgen. Ein restauratorisches Gutachten sollte den Wert und den Zustand aller erhaltenen Wandmalereien bestimmen. Offene Fragen, z.B. hinsichtlich eines Vorgängerbaues oder der Form des 1811 abgerissenen mittelalterlichen Chors, könnten durch eine archäologische Untersuchung geklärt werden. 1 Proben zu den dendrochronologischen Datierungen wurden von Mgr. Michal Panáček entnommen und von Ing. Tomáš Kyncl im November 2006 ausgewertet. 2 Archiv des Nationalmuseums Prag, Sammlung F, Kt. 177 - Stolinky, Taxa der Herrschaft 1608, Fol.1. 3 Staatliches Kreisarchiv in Česká Lípa, Pfarramt Drum, Liber Memorabilium Ecclesiae et Parochiae Drumensis (1723-1936), Pag. 185. 4 Ebd., Pag. 54-55. 5 Korb, E.: Die Pfarrkirche in Drum. In: Mitteilungen des Nord-böhmischen Excursions-Club 18 (1895), 257-259. Befund Verdeckter Linienverlauf des Befundes vermutete Rekonstruktion Innenansicht, Blick nach Osten, Zustand 1996, Nationales Denkmalamt Liberec, Fotoarchiv, Nr. 119857 (Foto R. Kursa). Nordseite, 1. Drittel des 20. Jh., Nationales Denkmalamt Prag, Fotoarchiv, Nr. F45.112 Farbbefund an der Nordwand im Langhaus, vermutlich 16. Jh., 2006. Innenansicht, Blick nach Osten, Zustand 2006. Ansicht Westfassade, im Original M 1:50, 2006. Rekonstruktion der gotischen Bauphase (Zustand vor 1567). Helena Ammerich, Eliška Fechnerová, Zoi Spyranti, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 69 msd-2005-07-cs.indd 69 24.01.2007 18:53:10 Prozessfarbe Schwarz BERLIN-MITTE, EHEMALIGE JÜDISCHE MÄDCHENSCHULE Ein Schulgebäude der Neuen Sachlichkeit in der Spandauer Vorstadt Schülerinnen im Klassenraum und auf der Dachterrasse, 1930er Jahre. (Katalog der Berliner Biennale: Von Mäusen und Menschen, 2006, Privatarchiv Hannah Schulze) Abschnitt der Hoffassade um die Haupttreppe,1930er Jahre. (Aus Wasmuths Monatshefte für Baukunst und Städtebau 15.1931, 1931) Fassade, Auguststraße 11-13, 2006. Die ehemalige jüdische Mädchenschule befindet sich in Berlin-Mitte und ist Teil des Denkmalbereichs der Spandauer Vorstadt. Das Schulhaus wurde im Auftrag der jüdischen Gemeinde von Berlin durch ihren Gemeindearchitekten Alexander Beer 1927-28 erbaut. Dem im Stil der Neuen Sachlichkeit, mit spätexpressionistischen Elementen gestalteten Baudenkmal kommt eine geschichtliche und städtebauliche Bedeutung zu. waagerechten Schichtung des Baukörpers. Das Raumprogramm umfasst neben den Klassenräumen eine Turnhalle, eine Aula, diverse Fachräume und eine Dachterrasse. Ziele Das Schulgebäude wurde 1996 an die Jüdische Gemeinde restituiert und hat seit diesem Zeitpunkt keine dauerhafte Nutzung. Dieser Leerstand begünstigt den Zerfall des Denkmals. Ziel der Arbeit war es, sowohl seinen Bestand zu dokumentieren als auch die Historie zu analysieren, um den Denkmalwert herauszustellen. Es wurde eine Planungsgrundlage erstellt, die neben einem Gebäudeaufmaß einen denkmalpflegerischen Bindungsplan und eine Analyse der Nutzungsmöglichkeiten beinhaltet. Baubeschreibung Das Schulgebäude befindet sich in geschlossener Bebauung in der Auguststraße 11-13 und ist ein Teil der jüdischen Gemeindeeinrichtungen in der Oranienburger Straße. Das Volumen ist in einer ungleichschenkligen U-Form organisiert, die von einem fünfgeschossigen Vorderhaus mit einem langen Seitenflügel am Hof und einem turmartigen Körper an der Straßenfassade gebildet wird. Diese ist mit dunklen Eisenklinkern verblendet, während die Hoffassaden verputzt sind. Durch ihre horizontale Gliederung entsteht der Eindruck einer Nutzungsgeschichte Das Gebäude entstand als eines der letzten Bauvorhaben der jüdischen Gemeinde vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten und wurde 1930 von der jüdischen Mädchenschule bezogen. Die Schulgeschichte vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war geprägt von der Politik der NS-Diktatur. 1941 begannen im Hof während des Schulbetriebes die Deportationen der sog. Alterstransporte. Die Schule in der Auguststraße wurde 1942 geschlossen, bis Ende des Krieges benutzte das katholische St. Hedwigs Hospital ihre Räume. Mitte der 1950er Jahre konnte die ursprüngliche Nutzung durch die Bertolt-Brecht Oberschule wieder aufgenommen werden. Diese Kontinuität wurde nach der Wiedervereinigung durch die 2. Gesamtschule des Bezirks Berlin-Mitte weitergeführt, bis diese 1996 wegen Schülermangel schließen musste. a Aula (Raum 4.08) d Foyer (Raum 1.00) b Turnhalle (Raum 1.08) e Klassenraum (Raum 2.05) c Duschraum (Raum 1.07) f Ausblick Das Potential des Gebäudes liegt in seiner Denkmalaussage, in der Quantität an brachliegenden großteiligen Flächen in der Innenstadt sowie in der Erhaltungsqualität bauzeitlicher Substanz und Raumstruktur. Um das Geschichtszeugnis zu erhalten, müssen in naher Zukunft eine Grundsicherung der Bausubstanz und eine Revitalisierung des Gebäudes durch einen neuen Nutzer erfolgen. Die vorliegende Arbeit bildet die Basis, auf der die erforderliche Planung aufbauen kann. Repräsentative Räume (Bild f aus Wasmuths Monatshefte für Baukunst und Städtebau 15.1931, 1931) Treppe (Raum 4.00) Aufmaß, Grundriss EG, im Original M.1:200 Ana Criado del Arco, Kirsten Reiß, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 70 msd-2005-07-cs.indd 70 24.01.2007 18:53:15 Prozessfarbe Schwarz BERLIN – BRANDENBURG, GRENZLANDSCHAFT DREILINDEN Geschichte, Bestandserfassung und Denkmalwert Lage Die von einer interdisziplinär besetzten Dreiergruppe entwickelte Masterarbeit beschäftigt sich mit dem mehrere Quadratkilometer großen Gebiet um den Kleinmachnower Ortsteil Dreilinden im Südwesten Berlins. Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Region ein beliebter Wohnort und galt als Großberliner Stadterweiterungsland. Die Abriegelung West-Berlins in Folge der deutschen Teilung zerschnitt die historischen Verbindungen. Zwischen 1961 und 1989 prägten die Grenzanlagen die Landschaft. An der Transitautobahn existierten zwei gegenüberliegende Grenzübergänge in Drewitz und Albrechts Teerofen. Im Zuge der Verlegung des Autobahnverlaufs 1969 entstanden zwei neue Übergänge bei Kleinmachnow und am Zehlendorfer Autobahnkreuz. Ab 1981 wurde auch der Teltowkanal wieder eröffnet. Dazu wurde eine Wasser-Grenzübergangsstelle bei Dreilinden errichtet. Bestandsaufnahme Die Bestandserfassung der einstigen Grenzanlagen erfolgte in mehreren Begehungen im Sommer und Herbst 2006. Auf Grundlage von historischem und aktuellem Karten- und Fotomaterial wurden die noch vorhandenen Bestandteile aufgenommen und soweit möglich in ihrer Funktion zugeordnet. Für die Kartierung wurde eine symbolhafte Legende erarbeitet, die eine summarische Erfassung der Spuren und Reste ermöglichte. Der ehemalige Grenzstreifen wurde im Maßstab 1:5000 aufgenommen. Der Bestandsaufnahme der ehemaligen Grenzübergänge ging eine Recherche zur Baugeschichte in Archiven und Bauämtern voraus. Lücken in der Überlieferung, die es vor allem bei den in Brandenburg gelegenen Objekten durch die Geheimhaltungsvorschriften der DDR gab, wurden soweit möglich durch den Vergleich von Luftbildern und Zuhilfenahme von Zeitungsartikeln geschlossen. Anschließend wurde eine schematische Kartierung im Maßstab 1:1000 angelegt. m Karte der Umgebung des Kleinmachnower Ortsteils Dreilinden (o. M. 2003). Das Bearbeitungsgebiet befindet sich etwa in der Bildmitte. Ziel der Bestandsaufnahme war es, die Veränderungen seit der deutschen Wiedervereinigung zu beschreiben und die derzeitige Situation zu bewerten. Dabei wurde neben baulichen Hinterlassenschaften und Resten von Grenzsicherungen auch die Vegetation einbezogen. Bewertung Der Bestandsaufnahme schloss sich die denkmalpflegerische Bewertung der Zeugnisse an. Dabei wurden schon bestehende Schutzmechanismen durch Denkmal- und Landschaftsschutz berücksichtigt, überprüft und Korrekturen vorgeschlagen. Außerdem wurde ein Maßnahmenkatalog für die Erhaltung formuliert. Fazit Die Einzelergebnisse flossen in das endgültige Konzept für die Denkmallandschaft Dreilinden ein. Der Denkmalwert des betrachteten Gebietes ergab sich aus der hohen Dichte von unterschiedlichen Zeichen der deutschen Teilung, die ein Netz von Denkmalbereichen bilden. Als verbindende Elemente erwiesen sich dabei neben dem Grenzstreifen die Verläufe der alten und neuen Autobahn. Unter Berücksichtigung schon bestehender oder geplanter Nutzungen wurden Vorschläge für ein Denkmalkonzept erarbeitet, das zukünftig einen weitgehenden Erhalt der Zeugnisse gewährleisten kann und die Entwicklung der Region als Denkmallandschaft in öffentlichkeitswirksamer Weise unterstützt. m 12 BR 13 14 15 BR 18 16 19 BR 20 22 K 23 17 s BR 21 s BR BR BR 87 96 24 26K 25 27 F 32 28 97 29 98 30 F Blick entlang des ehemaligen Grenzstreifens westlich der Siedlung Dreilinden nach Süden (2006). 99 BA B 11 5 31 BR 75 BR o 76 74 o o BR BR o Schematischer Plan der Denkmallandschaft Dreilinden. Dargestellt sind die einzelnen Denkmalbereiche und die verbindenden Elemente (2006). o ST M. 1:5000 0 100 200 Ausschnitt aus der Kartierung der ehemaligen Grenzanlagen. Die Karte zeigt das Gebiet des Grenzstreifens nordwestlich der ehemaligen GÜSt Drewitz (2006). Blick entlang des Teltowkanals nach Westen im Bereich der ehemaligen GÜSt Dreilinden für Transitschiffe. Im Hintergrund die 1993 abgebrochene strategische Brücke mit Postenturm. Abbildungsnachweis Kartenausschnitt oben: Bezirkskarte Steglitz-Zehlendorf 1:20000. Herausgegeben von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2003 Pläne unten links und rechts: Jocelyn Oth Fotografie oben: Jens Meier Fotografie unten: Hettler & Lange GmbH Jens Meier, Jocelyn Oth, Tobias Michael Wolf, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 71 msd-2005-07-cs.indd 71 24.01.2007 18:53:28 Prozessfarbe Schwarz POTSDAM-SANSSOUCI, DER BAUSCHMUCK DES ENSEMBLES NEUES PALAIS Exemplarische Bestandserfassung und Maßnahmenplanung an der Kolonnade Das Ensemble Neues Palais Bei der vorliegenden Arbeit wird der Bauschmuck des Ensembles Neues Palais, Communs und Kolonnade betrachtet. Die Gebäude befinden sich im Park Sanssouci in Potsdam und bilden dessen westlichen Abschluss. An den Bauplanungsphasen zur Entstehung der Gebäude waren mehrere Baumeister beteiligt. Die erste Planungsphase erfolgte bereits im Jahre 1755. Durch den Siebenjährigen Krieg kam sie aber zum Erliegen. Zwischen 1763 und 1769 ließ Friedrich II. die Gebäude dann errichten. Von der allgemeinen Baubeschreibung geht die Arbeit auf den Bauschmuck über. Das Ensemble hat ein reiches Programm an figürlichem und ornamentalem Skulpturenschmuck. Am Neuen Palais stellt der Bauschmuck der Gartenseite den Schrecken des Krieges und die Verherrlichung antiken Heldentums dar, während an der Hofseite Sinnbilder der Segnungen des Friedens zu finden sind. Die dem Neuen Palais gegenüberliegende dreiteilige Baugruppe Communs und Kolonnade glorifiziert den Sieg im Siebenjährigen Krieg. Skulpturen und szenische Reliefs zeigen Kriegsund Siegesgötter, Siegestrophäen, Wappenkartuschen, Fahnenarrangements, tubablasende Genien, Lorbeerkränze sowie Girlanden. Die Thematik von Krieg und Frieden gipfelt in der Bauplastik der Kolonnade mit dem mittleren Triumphtor. 1- Neues Palais, Fassadenfront zur Ehrenhofseite. 2- Nördliche Communs mit Kolonnadenpavillon. 4- Bauschmuck an der Ostseite des Südpavillons der Kolonnade. Rötelskizzen Auf dem Bauschmuck sowie an der Fassade befinden sich Schriftzüge, Steinmetzzeichen und Markierungen, die mit Rötel auf den Stein gebracht worden sind. Im Rahmen der Arbeit wurden diese kartiert. Dazu wurde ein Katalog erstellt. Den Abschluss der Arbeit bildet die aus der Bestandserfassung resultierende Maßnahmenplanung. 5 bis 7- Schäden am Bauschmuck , Nordseite des Südpavillons. Abb. 73 : K11 Abb. 75 : K12 Literatur: Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin 1993 Drescher, Badstübner-Gröger, Das Neue Palais in Potsdam, Berlin 1991 Abb. 74: K11 Abb. 76: K12 Legende kavernöse Auswitterung Absanden Verschmutzungen, Filme und Krustenbildung hohlaufliegende Krusten festanhaftende Krusten oberflächliche Verschmutzung biogener Bewuchs Salzausblühungen eingewanderte Kupferionen Fehlstellen defekte Altergänzungen defekte Vierungen defekte Fugen Risse / Schalen Bestandserfassung In naher Zukunft findet eine umfangreiche Restaurierung der Kolonnade statt. Aufgrund der Zugänglichkeit an der Musterachse, die sich am Südpavillon befindet, erfolgte hier eine exemplarische Bestandsaufnahme und Maßnahmenplanung. Der aufgenommene Bauschmuck wurde über-wiegend aus unterschiedlichen Sandstein-varietäten sowie vereinzelt aus Stuckele-menten hergestellt. Dem Material entsprechend differiert der Schadensgrad. Folgende Schäden lassen sich feststellen: 1. entfestigte Bereiche, sandende Partien 2. Verschmutzungen und Krustenbildung a. hohlaufliegende Krusten mit darunter befindlichen einzelnen Kornlagen b. festanhaftende Krusten c. oberflächliche Verschmutzung d. biogener Bewuchs e. Salzausblühungen 3. Fehlstellen 4. defekte Altergänzungen 5. defekte Vierungen 6. defekte Fugen 7. Risse / Schalen 8. korrodierte Metallverbindungen Maßnahmenplanung Nach der Beurteilung der Schäden kann nun die Maßnahmenplanung erfolgen: 1. Festigung 2. Reinigung a. Abnahme der hohlaufliegenden Krusten b. Ausdünnen / Abnahme der festanliegenden Krusten mit darunter absandender Oberfläche -mit Laser an Bauschmuckteilen -mit Mikrostrahlgerät / FM-Technik an weniger hochwertigen Teilen c. Entfernen der oberflächlichen Verschmutzung d. Entfernen des biogenen Bewuchses e. Entsalzung 3. Fehlstellenergänzung mittels RM 4. Austausch defekter Altergänzungen 5. Austausch defekter Vierungen 6. Austausch defekter Fugen 7. Risssanierung und Sicherung von Zonen mit Riss- und Schalenbildung a. Verdübeln von tiefen Rissen und Andübeln von Schalen b. Injizieren tiefer Risse unter Isolierung der Rissflanken c. Schließen von Rissoberflächen und aller sonstiger Risse d. Schlemmen 8. Sanierung korrodierter Metallverbindungen a. Vor Ort b. Ausbau aller sichtbaren und korrodierten Metalle mit zerstörerischer Wirkung 9. Retusche für farblich nicht stimmige Bereiche korrodierte Metallverbindungen alte Risssanierung Schadenskartierung, Kolonnade Südpavillon, Nordfassade. Bauschmuck - obere Ranke, o.M., im Original M 1: 20, 2006 Suleika Behan, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 72 msd-2005-07-cs.indd 72 24.01.2007 18:53:35 Prozessfarbe Schwarz POTSDAM-SANSSOUCI, DAS STIBADIUM IM PARADIESGARTEN Baudokumentation und Sanierungsvorplanung Abb. 4: Zustand der Mosaikbodenplatten Abb. 1: Carl Graeb, Innenansicht des Stibadiums (Farblithographie um 1860), nach: Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin – Brandenburg (Hrsg.), Friedrich Wilhelm IV. – Künstler und König zum 200. Geburtstag, Austellungskatalog Potsdam (Frankfurt/Main 1995), Abb. 7.22a Abb. 2: Formtreues Handaufmaß, Grundriß, o.M., im Original M 1: 25, 2006 Abb. 3: Formtreues Handaufmaß, Längsschnitt, o.M., im Original M 1: 25, 2006 Aufgabenstellung Das Stibadium im Paradiesgarten befindet sich in Potsdam-Sanssouci und ist als Bestandteil der „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ in die Liste des UNESCO-Welterbes eingetragen. Das Stibadium wurde 1846 nach Entwürfen von Ludwig Persius (1803–1845) für König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795–1861) als Gartenhaus errichtet. Im Zeiten Weltkrieg unbeschädigt, weist es dennoch ein umfangreiches Schadensbild auf. Für eine zukünftige Instandsetzung bestand seitens der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten der Bedarf, den gegenwärtigen Bauzustand zu dokumentieren, das Schadensbild zu bewerten und Maßnahmen vorzuschlagen. Der Paradiesgarten Die Anlage des Paradiesgartens erfolgte zwischen 1841 und 1845 im Stil eines italienischen Abb. 5: Terrakottasäule S4, Kapitell Abb. 6: Zustand des Sandsteingebälks Großflächige Estrichausbesserungen nach Absenkung der Mosaikplatten in den Randbereichen und Verlust einzelner Mosaiksteine. Die zwölf Säulen bestehen aus mehreren vorgefertigten Terrakotta-Einzelteilen. 1936 wurden Teile ersetzt und Ausbrüche geschlossen. Das Kapitell von S4 ist um ca. 5 cm aus der Achse verschoben. Durch Umwandlung des Kalium-Karbonats zu Kalium-Sulfat bei karbonatisch gebundenen Sandsteinen treten an den Oberflächen Gipsanreicherungen auf. Am Gebälk führt die Verkrustung zu Substanzverlust. Nutzgartens durch Hermann Sello (1800–1876) und Peter-Joseph Lenné (1789–1866), wobei vorhandene Maulbeerbäume mit Weinfestons versehen wurden. Als Zwischenpflanzungen wählte Sello Mais, Kürbisse und andere schnellwüchsige Blattpflanzen. Seit den 1950er Jahren wird der Paradiesgarten als botanischer Garten genutzt und ist in diesem Zusammenhang stark verändert worden. Von seiner ursprünglichen Anlage sind nur noch Teile erhalten. Hierunter nimmt das Stibadium einen besonderen Stellenwert ein, da es als zentrales Element des Gartens in außerordentlich starker Weise Gebäude- und Gartenarchitektur miteinander verknüpfte. Ergebnisse der Bauuntersuchung Bei der Untersuchung erwies sich das Stibadium in seiner Gesamtheit als bauzeitlich, jedoch wurden Teile der Substanz bei Reparaturen durch Austausch oder Ergänzung mehrmals instand gesetzt. Das aktuelle Schadensbild ließ sich sowohl in konstruktive und substanzielle Schäden, als auch in Schäden der Oberfläche einteilen. Ursächlich hierfür war im Wesentlichen neben der ungeeigneten Nutzung als Abstellraum und Lager auch das langjährige Ausbleiben der Wartung. In der Folge kam es zu mechanischen Schäden und einer fortschreitenden Schädigung durch freie Bewitterung. Das Stibadium Der Bau mit einer geschlossenen streng kubischen Form wird von einem weithin sichtbaren dorischen Gebälk bekrönt, in dessen offenen Metopenfeldern ursprünglich bunte Glasvasen eingestellt waren. Der nicht unterkellerte Massivbau besteht aus verputztem Ziegelmauerwerk. Der zum Teil auch tragende Bauschmuck ist in Sandstein und Terrakotta ausgeführt. Der Innenraum mit axialsymmetrisch strukturiertem Grundriss besteht aus der Abfolge von Atrium, der kleineren quadratischen Exedra und der abschließenden halbrunden Apsis. Im Atrium sind um ein Becken zwölf Terrakottasäulen aufgestellt, die das nach innen entwässernde Dach tragen. Die Exedra wird von einer flachen Zeltdachkonstruktion nach oben abgeschlossen, die Apsis besitzt ein flaches Halbkegeldach. Alle Dächer sind als Holzkonstruktionen ausgeführt und mit einer Zinkblechdeckung versehen. Maßnahmenplanung Um einem weiteren Verfall vorzubeugen sind dringend konservierende Maßnahmen erforderlich. Standsicherheit und Tragfähigkeit des konstruktiven Gefüges im Mauerwerk und der Dächer sind zu verbessern. Hierzu gehören die Sicherung der ausbrechenden Teile des Kranzgesimses und die fachgerechte Behandlung der Mauerwerksrisse. Zudem müssen die Dächer gepflegt und ein geeigneter Bewitterungsschutz für den Winter entwickelt werden. Langfristig ist die Originalsubstanz zu erhalten und das Erscheinungsbild sowie der innere Raumcharakter zu bewahren. Für die Materialien Stein, Holz und Putze sind restauratorische Maßnahmen zu ergreifen. Die nachvollziehbare Wiederherstellung eines geschlossenen Raumeindrucks und der Zusammenhänge zum Gartenraum sind wünschenswert. Abb. 7: Bestands- und Schadenskartierung, Westfassade, o.M., Original M 1: 50, 2006 Stefan Edelhoff, Andreas Salgo, Martin Sählhof, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 73 msd-2005-07-cs.indd 73 24.01.2007 18:53:41 Prozessfarbe Schwarz POTSDAM-SANSSOUCI, DIE PERGOLA DER VILLA LIEGNITZ Bestandsdokumentation, Bauforschung und Sanierungskonzeption Abb. 1 Situationsplan (1862) Aus: A.D. Schadow, Villa der Frau Fürstin von Liegnitz im Garten von Sanssouci, Arch. Skizzenbuch 52,1861, Blatt 5 Abb. 2 Historische Darstellung der Pergola (vor 1861) Aus: A.D. Schadow, Villa der Frau Fürstin von Liegnitz im Garten von Sanssouci, Arch. Skizzenbuch 52,1861, Blatt 3 1841 errichtete der Architekt A. D. Schadow (1797–1869) im Auftrag des Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV. (1795 - 1861) die Villa Liegnitz. Diese wurde als Wohnsitz der Fürstin von Liegnitz (1800–1873), zweite Gemahlin des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) erbaut und liegt am östlichen Rand des Parks von Sanssouci. Als architektonischer Bestandteil der ehemals aufwendig gestalteten Gartenanlage liegt die 1841 errichtete Pergola in unmittelbarer Nähe gegenüber dem Haupteingang der Villa. Die Pergolakonstruktion ist rund 25 m lang und asymmetrisch konzipiert. Eine dezentral angeordnete Exedra verbindet den nördlichen und südlichen Pergolagang und bildet den gestalterischen Mittelpunkt der Anlage. Bestandserfassung Die Pergola an der Villa Liegnitz zählt aufgrund ihres Aussagewertes für den handwerklichtechnischen Entwicklungsstand und als ein bedeutendes Zeugnis für die Vorliebe der Zeit für Laubengänge und Pergolen zu den bedeutenden Pergolenanlagen der ersten Hälfte des 19. Jh.1 Leider befindet sie sich zur Zeit in einem stark gefährdeten Zustand. Dieser ist Ausdruck einer lang andauernden Bedeutungslosigkeit der Anlage. Einzelne Bauteile wie z. B. der Fußboden, die Pfeiler auf der Exedrarückwand und die halbrunde Exedrabank sind nicht mehr vorhanden. Die sichtbaren Schadensphänomene sind primär auf eine mangelnde Instandhaltung und dauerhafte Durchfeuchtung der Bauteile sowie auf den Einfluss des uneingeschränkten Bewuchses zurückzuführen. Bau- und Nutzungsgeschichte Die Baugeschichte der Pergola steht in einem direkten Zusammenhang mit der Nutzungsgeschichte der Villa. Die wichtigsten Bauphasen sind der Ursprungsbau von 1841 sowie die ersten Umbaumaßnahmen vor 1861, welche noch heute in hohem Maß das Erscheinungsbild der Anlage prägen. Neben weiteren baulichen Veränderungen um 1900 erfolgten nach 1907 nur noch kleinere Instandsetzungsmaßnahmen. Sanierungskonzeption Die Planung der Einzelmaßnahmen sowie die Bewertung und der Umgang mit den vorhandenen Bauphasen des Bauwerks kann nur auf der Grundlage einer denkmalpflegerischen Gesamtzielsetzung erfolgen. Neben dem Ursprungsbau gehören die Umbauphasen vor 1907 heute zur gewachsenen Struktur der Anlage, so dass diese als erhaltenswert eingestuft werden. Baukonstruktiv fehlerhaft ausgeführte Maßnahmen dieser Abb. 3 Ansicht Ost der Pergola und Villa (vor 1907) SPSG, Glasplattensammlung Abb. 4 Pergola (Zustand 2006) Zeitspanne sind hinsichtlich ihrer bauschädigenden Wirkung zu untersuchen und gegebenenfalls denkmalpflegerisch neu einzuschätzen. 1 vgl. D. Fischer- Leonhardt, Die Wiederverwendung der Römischen Pergola an den Bauten Karl Friedrich Schinkels im Berliner Raum, Diss., TU- Berlin, 1999, 165 Legende Bauphasenkartierung Phase I, Ursprungsbau (1841) Phase II, Veränderungen (vor 1861) Phase III, Veränderungen (um 1900) Phase IV, Veränderungen (nach 1907) vermutete Bauzeit (Farbe entsprechend Zeitpunkt der Ausführung) Aufsicht Bauteil (Farbe entsprechend Zeitpunkt der Ausführung) Abb. 5 Bauphasenplan: Grundriss, Original im Maßstab 1:50 Schadenskartierung Mauerwerk aktive Rückwitterungszone passive Rückwitterungszone mechanische Überarbeitung Mauerziegel ohne Verbund intakte Fugen- und Fugenflanken Schräglage/ Setzung Schadenskartierung Putz geschädigte Putzoberfläche Oberflächenverlust Hohllagen Oberflächenrisse in der Putzschicht tiefe, ins Mauerwerk reichende Risse Schadenskartierung Allgemein Abb. 6 Schadenskartierung: Ansicht West, Original im Maßstab 1:50 (2006) Fehlstelle/ mechanische Beschädigung Risse/ Rissbildung Kalkmörtelergänzung Zementmörtelergänzung/ -schlämme Salzausblühungen Schadenskartierung Naturstein biogener Bewuchs/ Vegetation rostende Eisenteile gebrochene Zinkgußelemente alte Sanierungsmaßnahme Verschmutzung, leichte Krustenbildung starke Krustenbildung partielle Abwitterung/Reliefbildung Formverlust/Abwitterung >3 mm Herauswitterung Gesteinskomponenten Markus Bunke, Kristina Eisenacher, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 74 msd-2005-07-cs.indd 74 24.01.2007 18:53:59 Prozessfarbe Schwarz BRANDENBURG / HAVEL: ST. JOHANNIS Die ehemalige Franziskanerkirche und ihre nördlichen Anbauten - Dokumentation und Bauforschung Die ehemalige Franziskanerklosterkirche St. Johannis liegt am Ufer der Havel in der Altstadt Brandenburgs. An ihrer Nordseite befinden sich aus unterschiedlichen Zeiten stammende niedrigere Anbauten. Von diesen wurde, basierend auf einer Bauaufnahme, ein detaillierter Baualtersplan erstellt. Eine Verbandsanalyse der Nordwand des Langhauses half bei der zeitlichen Zuordnung der einzelnen Bauphasen. Ergebnisse der Bauforschung Nachdem zunächst um 1250 die Kirche in Saalform erbaut wurde, folgte der Anbau eines einstöckigen tonnengewölbten Gebäudeteils im Norden, der wahrscheinlich als Sakristei genutzt wurde. Vermutlich um 1320 wurde die Kirche aufgestockt und für eine Wölbung vorbereitet. Dabei erhielt sie einen provisorischen Ostabschluss. Dieser bestand bis zum Bau des Chors Anfang des 15. Jahrhunderts. Stilistische Verglei- Abb. 1 St. Johannis, Ansicht Ost Abb. 2 St. Johannis, nördliche Anbauten, Ansicht Nordost Abb. 3 St. Johannis, Grundriss Erdgeschoss (erstellt von der Messbildstelle GmbH Dresden im Auftrag der UD Brandenburg), o.M. che und die Einbeziehung in den historischen Kontext ergaben hier, dass man die überlieferte mittelalterliche Inschrift,1 welche die Wölbung der Kirche auf das Jahr 1420 datiert, in Bezug zum Bau des neuen Chores setzen kann. Die Datierung bezieht sich also offenbar auf die Wölbung der Kirche inklusive des Chores. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die nördlichen Anbauten in westlicher Richtung um einen repräsentativen, kapellenartigen Raum erweitert. Dieser war jedoch nicht öffentlich zugänglich, sondern verfügte nur über eine Verbindung zum Mönchschor. Die aufwändige Gestaltung dieses Sakralraums lässt auf das Florieren des Brandenburger Konvents zu dieser Zeit schließen, was sich auch durch dessen Vorreiterrolle innerhalb der franziskanischen Observanzbewegung widerspiegelt.2 Abb. 4 St. Johannis, nördliche Anbauten, Abwicklung Südwand Obergeschoss (ehemalige Außenwand des Langhauses) Analyse des Mauerverbandes im Rahmen der Bauforschung, o.M. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts kam es zur Aufstockung und Erweiterung der nordöstlichen Anbauten. Die geplante Bibliotheksnutzung des Obergeschosses beruhte wahrscheinlich auf einer Änderung der Ansprüche an Bibliotheken, die sich in Deutschland im 15. Jahrhundert durchsetzte und sich in einer Verschiebung der bis dahin vom Streben nach Sicherheit geprägten Anforderungen zugunsten besserer Arbeitsbedingungen ausdrückt. Obwohl viele Fragen beantwortet werden konnten, musste doch auch einiges ungeklärt bleiben, so beispielsweise der Grund für die Vergrößerung der Sakristei an der Nordseite der Kirche zu dieser Zeit. Da sich die Klausur auf der Südseite befand, wäre eine Anordnung der Sakristei auf dieser Seite wahrscheinlicher. Insgesamt zeigte sich, dass es sich bei der Brandenburger Franziskanerkirche von Anfang an um ein Gebäude mit einem gewissen repräsentativen Anspruch handelte, soweit sich dieses mit den Bauauflagen der Bettelorden vereinbaren ließ. Dabei ist zu vermuten, dass dies auch auf der besonderen Rolle der Markgrafen als Wohltäter und Unterstützer des Klosters beruhen könnte. Dieser in der Literatur nicht beachtete Umstand deckt sich mit der zeitlichen Einordnung der baulichen Entwicklung von Kloster und Kirche und unterstützt diese. Nach Beendigung der Baumaßnahmen des 15. Jahrhunderts kam es in der Folgezeit mehrfach zu Ausbesserungen und Renovierungsmaßnahmen, die in erster Linie durch die widrigen Baugrundverhältnisse in diesem Gebiet begründet sind. Durch einen Bombeneinschlag am 31. 3. 1945 wurden der Westgiebel der Kirche und große Teile des westlichsten Jochs zerstört. Ausblick Die Abrissplanungen zu DDR-Zeiten erhielten durch den Einsturz des Langhausdaches 1986 neuen Auftrieb. Nach der Wende wurde mit umfangreichen Sicherungsmaßnahmen begonnen, die sich bis heute fortsetzen. Seit 1992 wird die Ruine durch ein flaches Notdach geschützt. Die Zukunft der Kirche wird jedoch nicht nur vom erfolgreichen Abschluss der laufenden statischen Sicherungsmaßnahmen abhängen, sondern auch von einem zukünftigen Nutzungskonzept, das das Gebäude wieder ins Bewusstsein der Stadt und ihrer Bewohner bringt. 1 Die Inschrift ist durch den Stadtschreiber Garcaeus aus dem Jahre 1582 überliefert. Vgl. Finke, Daniel: Nachrichten von Alterthümern und Urkunden der Chur- und Hauptstadt Brandenburg, gedruckt von 1749 bis 1753 in fünf Einladungsschriften und jetzt wegen ihrer Seltenheit und Erheblichkeit aufs neue zusammen gedruckt. In: Magazin für die neue Historie und Geographie 13 (1779). 2 Observanz bezeichnet die (strenge) Beachtung der Ordensregeln. Vgl. Doelle, Ferdinand: Die Observanzbewegung in der sächsischen Franziskanerprovinz bis zum Generalkapitel von Parma 1529 (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 30-31). Münster 1918. St. Johannis, nördliche Anbauten, Baualterspläne Abb. 5 Schnitt B-B, o.M. (auf Grundlage des Schnittes der Messbildstelle GmbH Dresden) Abb. 6 Grundriss Obergeschoss, o.M. Abb. 7 Grundriss Erdgeschoss, o.M. Stephanie Herold, Ulrike Schmitz, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 75 msd-2005-07-cs.indd 75 24.01.2007 18:54:06 Prozessfarbe Schwarz BURG / SPREEWALD, ZWEITE KOLONIE, GALERIESTALL VON 1786 Bestandsdokumentation - Schadenskartierung - Bauforschung Der seit 2002 unter Denkmalschutz stehende Galeriestall ist in die Landschaft des Spreewalds eingebunden. Der Galeriestall ist einer der selten gewordenen Bauten im Spreewald. Als relativ gut erhaltenes Gebäude der ländlichen Bauweise ist es ein Vertreter der Stallbauten. Der Stall steht einzeln auf dem heute dreiteiligen Hof. Besonders auffällige Merkmale sind die vorkragende Galerie und die ungleichen Dachtraufenhöhen, die auch als Einhüftigkeit bezeichnet werden. Ansicht Nord, Fassade mit Galerie Bei einer kurz- bis mittelfristigen Teilrekonstruktion des Galeriestalls sollte eine Einheitlichkeit der Konstruktionsverbindungen und die Gefache so weit wie möglich erhalten bleiben, hierzu ist eine zimmermannsmäßige Ausführung anzuwenden. Obergeschoss: Nutzung 1786 als Unterkunft und Futterkammer, Erschließung durch vorstehende Galerie über eine Treppe Grundriss Erdgeschoss mit Bauphasen und Schadenskartiertung, o.M., im Original, M 1:50 Die Bauaufnahme wurde im Handaufmaß durchgeführt. Alle Bauteile sind in den Zeichnungen mit der Genauigkeitsstufe III dargestellt („Anforderungen an eine Bestandsdokumentation in der Baudenkmalpflege“, BLDAM, Wünsdorf 2002). Die Aufmaßpläne dienten anschließend zur Kartierung der Bauphasen und Schäden. Parallel dazu wurde eine Dokumentation der Quellen, des Gefüges und der Schäden sowie ein Raumbuch des Galeriestalls angefertigt. Insgesamt weist der Galeriestall vier verschiedene Bauphasen auf. Dabei spielen die dritte und vierte Phase eine eher untergeordnete Rolle. Die meisten Veränderungen im Inneren und Äußeren wurden in der zweiten Phase von 1920-1930 vorgenommen. Durch die Unterfütterung der geschädigten Grundschwellen des Galeriestalls mit Ziegelmauerwerk entstand ein heterogenes Erscheinungsbild, an dem sich die unterschiedlichen Bauphasen ablesen lassen. Dies ist an der Außenseite besonders an der Südwand sichtbar. Alle Schäden wurden in der Schadensanalyse explizit beschrieben. Dabei wurden hauptsächlich Schäden durch baukonstruktive Fehler und durch den Einbau falschen Baumaterials festgehalten. Eine bis vor kurzem falsche Nutzung der Futterkammer als Holzlager führte zu einer deutlichen Verformung der begrenzenden Trennwände. Als Folge einer Umbaumaßnahme in der zweiten Bauphase versagte die Schlussbohle im Bereich der Nordwand der östlichen Kammer des Erdgeschosses. Zusätzlich zur baugeschichtlichen Betrachtung wurden die konstruktiven Elemente untersucht. Dabei wurden Spitzsäulen in den Giebelseiten und im mittleren Bereich des Galeriestalls sowie eine besondere Ausführung des Längsverbandes identifiziert. Des weiteren konnte ein Farbbefund an der Gefachoberfläche festgestellt werden. Von der West- zur Ostrichtung verlaufende Abbundzeichen geben Auskunft über den Vorgang der Aufrichtung des Dachwerks. Die einzigen metallischen Bauteile sind Nägel an den Giebeldreiecken und die eisernen Türbeschläge. Ansicht Westfassade, beidseitige Einhüftigkeit der Giebel Erdgeschoss: hauptsächliche Nutzung des Galeriestalls um 1786 als Viehstall Bis in die 1960er Jahre wurden die Ställe des Erdgeschosses als solche verwendet. Anschließend wurden sie als Schuppen genutzt. Die ehemalige Futterkammer fungiert heute als Holzlager. Kohle wird in der östlich liegenden Kammer gelagert. Das Obergeschoss wurde ebenfalls zu einer Lagerungsstätte. Grundriss Obergeschoss mit Bauphasen und Schadenskartierung, o.M., im Original, M 1:50 Längsschnitt mit Bauphasen und Schadenskartierung, o.M., im Original, M 1:50 Legende Bauphase I, 1786, Erbauung Bauphase II, 1920-1930, Umbau und Bauteilersatz Bauphase III, 1960-1970, Ersatz- und Umbaumaßnahmen Bauphase IV Unterstützungs-, Sicherungs- und Ersatzmaßnahmen , HM Bezeichnung für baugeschichtlich bedeutende Bauteile Kennzeichnung vorhandener Schäden Innenseite Ostgiebel mit baugeschichtlich bedeutender Spitzsäule und überkämmenden Kehlbalken Querschnitt, Blick auf den Westgiebel, mit Bauphasen und Schadenskartierung, o.M., im Original, M 1:50 Baugeschichtlicher Befund, rote Farbfassung mit blauem Rand Knotenpunkt mit Längsverband als historisches Merkmal QUELLEN: - Gutachterliche Äußerung zum Denkmalwert durch das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege (BLDAM) - Gutachten zur dendrochronologischen Untersuchung, Deutsches Archäologisches Institut (DAI), Zentrale, 2006 Michela Gohlke, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 76 msd-2005-07-cs.indd 76 24.01.2007 18:54:12 Prozessfarbe Schwarz DORTMUND-DERNE, EHEMALIGE ZECHE GNEISENAU Bestandsdokumentation und Überlegungen zur Umnutzung einer denkmalgeschützten Maschinenhalle Lage Die ehemalige Zechenanlage Gneisenau befindet sich im Ruhrgebiet Nordrhein-Westfalens im Regierungsbezirk Arnsberg. Sie liegt im Norden der Stadt Dortmund, in der dem Stadtbezirk Scharnhorst zugehörigen Gemeinde Dortmund- Derne. Die Industriedenkmale der Zeche Gneisenau sind sehr zentral an der Hauptstraße des Ortes gelegen, in unmittelbarer Umgebung der ehemaligen Arbeiterwohnsiedlungen, dem Bahnhof und dem Autobahnanschluss. Geschichte Die gesamte Zechenanlage, benannt nach August Wilhelm Anton Graf Neithardt von Gneisenau, wurde 1985, nach fast 100 jähriger Tätigkeit, stillgelegt. Der Gebäudebestand wurde bis auf Schacht II und IV abgerissen, das Gelände als Bauland überarbeitet. Die übrig gebliebenen Schächte stehen unter Denkmalschutz. Sie sind verfüllt, und über ihnen thronen hohe Fördertürme. Beide Fördertürme besitzen noch ihre dazugehörigen Maschinenhäuser, wobei der Schacht IV durch seine doppelte Förderung eine Zwillingsdampfmaschine besitzt und entsprechend auch zwei Maschinenhäuser. Mit dem Südlichen dieser Maschinenhäuser setzt sich diese Arbeit genauer auseinander. Ziel der Arbeit Aufgabe und Ziel der Arbeit war es, eine exakte Bestandsaufnahme zu erstellen und weiterführende Überlegungen zur Umnutzung anzustellen. Durch den Vergleich des historischen Planmaterials mit dem heutigen Bestand wurden neue Bestandspläne im Maßstab 1:50 angefertigt, wobei vorhandene Schäden aufgenommen und in die Bestandspläne eingetragen wurden. Vor Ort entstand ein Raumbuch für die Maschinenhalle, das mit Hilfe von angefertigten Zeichnungen und Fotos den aktuellen Zustand dokumentiert. Weitere Schäden am Gebäude wurden in einem Schadenskatalog aufgezeigt, um eine komplette Zustandsübersicht zu erhalten. In einem zweiten Schritt wurde ein Bauphasenplan aufgestellt sowie die Bau-und Nutzungsgeschichte recherchiert. Ansicht der Fördertürme mit Maschinenhäusern von Schacht II und Schacht IV der ehem. Zeche Gneisenau, Blickrichtung Nord-Ost, 2006. Industriegeschichte des Ortes Durch die Industrialisierung wurde das Landschafts- und Siedlungsbild der Ortschaft Derne geprägt. Zunächst war Derne eine kleine Bauernschaft mit Fachwerkhäusern der Handwerker und Kötter in den Siedlungskernen im Malbachtal. Mit den ersten Abteufarbeiten für den Kohlebergbau im Jahr 1873 begann die industrielle Nutzung des Ortes. Durch die Industrie stiegen die Einwohnerzahlen. Das bedingte den Bau von Zechenhäusern und Zechensiedlungen für die Bergarbeiterfamilien. Baukörper Schacht IV Die beiden 1933/34 errichteten, denkmalgeschützten Maschinenhäuser befinden sich im südöstlichen Bereich des ehemaligen Zechengeländes. Die in Funktion und Struktur identischen Gebäude sind ca. 15 m hoch, rechteckig und aus kohlegebranntem Klinker gemauert. Den Abschluss bildet ein flachgeneigtes Satteldach mit umlaufender Brüstung. Beide Gebäude umrahmen das 58 m hohe Fördergerüst. An der Südseite des südlichen Maschinenhauses erstreckt sich eine 7 m breite und 9 m hohe Gebäudeabtreppung. Von 1985 bis Ende 1999 wurde der Schacht IV nur noch für die zentrale Wasserhaltung benötigt. Im Zuge dieser Umstellung kam ein kleines Fördergerüst und Maschinenhaus unterhalb des Fördergerüstes dazu. Denkmalwert des Schachtes IV Für die Wertigkeit eines Baudenkmals wird zwischen einer geschichtlichen, städtebaulichen, künstlerischen und wissenschaftlichen Bedeutung unterschieden. Die Entwicklung der Zeche Gneisenau zu einem der größten und bedeutendsten Bergwerke des Ruhrgebietes führte zur vollständigen Umformung des ehemals ländlichen Raumes, zu einer ausschließlich von der Schwerindustrie geprägten Stadtlandschaft. Das Fördergerüst mit seinen Maschinenhäusern dokumentiert ausschnittartig diesen Umwandlungsprozess. Es ist ein Identifikationsobjekt der Bevölkerung hinsichtlich ihrer ehemaligen Arbeitsstätte mit Wahrzeichencharakter für Dortmund-Derne. Zustand Feuchteschäden, Salzausblühungen und Rissbildungen am Hauptbaustoff Ziegel bestimmen die häufigsten Schadensbilder der beiden Gebäude. Biogener Befall an den Außenwänden und Deformationen am Dachtragwerk sind im Innern der Gebäude festzustellen. Bei länger andauernder Brache wird sich der Zustand zunehmend verschlechtern und auf die gesamte Stabilität der Gebäude einwirken, nicht nur bezogen auf die vorhandenen Schäden, sondern auch auf den fortschreitenden Vandalismus. Treppenh. Maschinenhalle Heizzentrale WC 0 5m Lochblech Grundriss Obergeschoss, Bestandszeichnung 2006 Verschmutzung Rissbildung 0 5m Ansicht Süden, Bestandszeichnung 2006 Sonja Palmer, MSD 2005-07 TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTITUT FÜR ARCHITEKTUR UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERSTUDIUM DENKMALPFLEGE, STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, 10623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de 77 msd-2005-07-cs.indd 77 24.01.2007 18:54:24 Prozessfarbe Schwarz Verzeichnis der Absolventen und Teilnehmer des MSD 2005-07 Absolventen MSD 2005-2007 Dipl.-Ing. (FH) Helena Ammerich helenaclp@gmx.de Dipl.-Ing. (FH) Sonja Palmer palmersonja@aol.com Dipl.-Rest. Andreea Banea andre_banea@yahoo.com Dipl.-Ing. (FH) Kirsten Reiß kirstenreiss@gmx.de Dipl.-Rest. (FH) Magdalena Baur lenabaur@gmx.de Martin Sählhof M.A. martinsaehlhof@gmx.de Dipl.-Rest. (FH) Suleika Behan s.behan@web.de Dipl.-Ing. Andreas Salgo a.salgo@web.de Dipl.-Ing. (FH) Markus Bunke markus-bunke@web.de Dipl.-Ing. Ulrike Schmitz schmitz_ulrike@web.de Dipl.-Ing. Ana Teresa Criado del Arco criado_ana@yahoo.es Diplom-Archäologin Zoi Spyranti zoespyranti@yahoo.gr Dipl.-Ing. (FH) Stefan Edelhoff edel0712@yahoo.de Tobias Michael Wolf M.A. t.m.wolf@gmx.de Dipl.-Ing. (FH) Kristina Eisenacher kristina.eisenacher@web.de Dipl.-Ing. Wilfried Wolff mehl@ingbuero-wolff-meibert.de Mgr. Eliška Fechnerová e.fechnerova@web.de Teilnehmer MSD 2005-2007 Dipl.-Ing. Michaela Gohlke michaela_gohlke@web.de Mohamed Anas Al Saeed B.Sc. anassaeedeng@hotmail.com Dipl.-Ing. (FH) Björn Grimm grimmbjoern@compuserve.de Dipl.-Ing. Gabriele Krause gabrielekr@web.de Stephanie Herold M.A. stephanie.herold@gmx.de Dipl.-Ing. (FH) Eva S. Koch evakuhne@gmx.de Fidaa Hlal B. Arch. fidaahlal@hotmail.com Dipl.-Ing. Rommy Nitschke rommy.nitschke@gmx.de Dipl.-Ing. (FH) Jens Meier meier_jens@t-online.de Hanaa Abdulkarim Saleh Arch. hanaa2s@yahoo.com Dipl.-Ing. Jocelyn Oth joth@gmx.net Ibrahim Salman Arch. ibrahim-salman@hotmail.com 78 msd-2005-07-cs.indd 78 24.01.2007 18:54:31 Prozessfarbe Schwarz Abbildungsnachweis Abbildungsnachweise S. 7 S. 8 S. 9 S.10 S. 11 S. 13 S. 14 S. 15 S. 17 S. 18-23 S. 24/25 S. 26/27 S. 29 S. 30 S. 31 S. 33 S. 34-40 S. 41 S. 42-43 S. 44-45 S. 46-47 S. 48-49 S. 50 S. 51 S. 52 S. 53-55 S. 56-60 S. 63 S. 65-77 S.78 S.80 A. Salgo O.: J. Meier, U.: M. Gussone A. Mollenhauer J. Giese, D. Spiegel auf Grundlage von o.: R. Goscinny, A. Uderzo: Asterix bei den Olympischen Spielen, 1972, u.: R. Goscinny, A. Uderzo: Asterix als Legionär, 1971. M. Taschner/ M. Gussone Museumsinsel: in: C. Wedel (Hrsg.), Die neue Museumsinsel, Berlin 2002, 23; Kabel: in: B. Maaz (Hrsg.), Alte Nationalgalerie Berlin, Stuttgart - London, 2001, 88; Faltblatt Koldewey: M. Gussone / Vorlage Staatliche Museen Berlin Vorderasiatisches Museum; Ishtar-Tor: W. Andrae, in: E.W. Andrae, R.M. Boehmer, Bilder eines Ausgräbers, Berlin 1989, T. 56; Zeughaus + Köpenick: M. Gussone; Luftbild Köpenick: U. Techel/ Motzen. Schoeler-Schlösschen: M. Gussone; Messene: J. Giese; Pisa: P Zalewski; Rheinsberg: D. Dorse. magen; Whitney-Museum: H. Searing, New American Art Museums, New York 1982, 60. Karl Friedrich Schinkel, Führer zu seinen Bauten, Bd. 1, München – Berlin 2006; Masterstudium Denkmalpflege Jahrbuch 2004-06, Berlin 2006; Resafa-Umland, Archäologische Geländebegehungen, geophysikalische Untersuchungen und Digitale Geländemodelle zur Prospektion in Resafa, in: Damaszener Mitteilungen 14, 2004; C. Mohn: Mittelalterliche Klosteranlagen der Zisterzienserinnen, Petersberg 2006 Resafa Grabung u. Basilika A: M. Gussone; Postamente Altes Museum: E. v. Gaisberg; Messene: J. Giese Poster Resafa / Syrien: Bildnachweise dort Poster Charlottenburg: Bildnachweise dort Poster Schönhausen: Bildnachweise dort Google Earth, 20. November 2006 M. Gussone J. Meier 1. - 3., 4. Reihe li: M. Gussone; 4. re., 5. Reihe: B. Grimm Poster Strausberg Bürgerhaus, Bildnachweise dort Foto o.: M. Gussone, Arbeitsproben: F. Hlal, G. Krause Arbeitsproben: MSD 2005-07 Arbeitsproben: H. Ammerich, A. Criado del Arco, E. Fechnerova, F. Hlal, Z. Spyranti Arbeitsproben: A. Al Saeed, S. Edelhoff, B. Grimm, M. Sählhof, A. Salgo Arbeitsproben: A. Criado del Arco, K. Reiß, H. Saleh, I. Salman, W. Wolff Google-Earth, 20. November 2006 J. Giese von oben nach unten: 1. B. Grimm; 2.-5. M. Bunke Poster Berlin – Zehlendorf, Garten Springer, Bildnachweise dort Arbeitsproben: S. Behan, M. Bunke, S. Edelhoff, K. Eisenacher, M. Gohlke , R. Nitschke, S. Palmer Merseburg: Y. Khoury; Franken: 1. u. 2. Reihe li.: J. Meier; 1. u. 2. Reihe re.: A. Salgo; Erzgebirge: J. Meier Poster Abschlussarbeiten MSD 2005-07: Bildnachweise dort A. Salgo o. li, u.: M. Gussone; o. re: F. Hlal, G. Krause Abbildungen ohne gesonderten Nachweis stammen von den Autoren der jeweiligen Seiten. 79 msd-2005-07-cs.indd 79 24.01.2007 18:54:32 Prozessfarbe Schwarz Die letzte Seite Vom Backwerk zum Bauwerk - Ein Haus und sein Eigentümer Ist Denkmalpflege konsumierbar? Wir wollen hier nicht über Geschmack sprechen, sondern über Handwerk. Das Bürgerhaus Georg-Kurtze-Str. 1 in Strausberg ist vor rund 300 Jahren von ehrlichen Handwerkern errichtet worden, die etwas von ihrem Geschäft verstanden. So hat das Haus einige Kriege, schwierige Zeiten und Umbauphasen überstanden und hat sich bis in unsere Zeit erhalten. Auch der jetzige Eigentümer des ehrwürdigen Bürgerhauses, Herr Bäckermeister Benno Klein, versteht etwas von seinem Handwerk. Nur mit der richtigen Hingabe, der entsprechenden Erfahrung und dem Wissen um die richtigen Rezepte und die entscheidenden Zutaten kann das Werk gelingen. So können wir also hoffen, dass das ehrwürdige Bürgerhaus am ehemaligen Stadttor von der Einsicht seines Eigentümers profitiert, dass vor allem ein handwerklicher, denkmalgerechter Umgang, der die Substanz schont und den Charakter des Hauses berücksichtigt, der Bedeutung des Hauses am Eingang zum historischen Zentrum entspricht. Die eines Tages gelungene Restaurierung wird gewiss dem Stolz seines Eigentümers und der Stadt Strausberg zugute kommen. Guten Appetit. 80 msd-2005-07-cs.indd 80 24.01.2007 18:54:32 Prozessfarbe Schwarz bisher erschienene Jahrbücher des Masterstudium Denkmalpflege (MSD): – – – Berlin, 2006: MSD-Jahrbuch 2004-06 (Heft 2) Berlin, 2005: MSD-Jahrbuch 2003-05 (Heft 1) Berlin, 2004: Jahrbuch 5 Jahre Aufbaustudium Denkmalpflege (Sonderheft) JAHRBUCH MSD 2005-07 ISBN-Nr.: 978-3931278-46-5 Masterstudium Denkmalpflege der Technischen Universität Berlin Heft 3